TE Vwgh Beschluss 2019/3/27 Ra 2019/13/0017

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Veröffentlicht am 27.03.2019
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Index

E1P
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
32/04 Steuern vom Umsatz

Norm

BAO §275 Abs6
B-VG Art133 Abs4
UStG 1994 §11 Abs14
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs sowie Senatspräsident Dr. Nowakowski und Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Dr. G F als Masseverwalter im Insolvenzverfahren der K GmbH in W, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 4. Juli 2017, Zl. RV/7102793/2006, betreffend

u. a. Umsatzsteuer 2003, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Revisionswerber ist der Masseverwalter im - mit Beschluss vom 28. August 2017 eröffneten - Konkurs über das Vermögen der K GmbH.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht u.a. der Beschwerde der K GmbH gegen den Umsatzsteuerbescheid 2003 teilweise Folge und änderte diesen Bescheid ab.

3 Begründend verwies es eingangs darauf, der vorliegende Fall gleiche hinsichtlich des Sachverhaltes der Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom 23. Juli 2012. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 21. September 2016, 2013/13/0040, abgelehnt.

4 Gegenstand der K GmbH sei die Entwicklung und der Vertrieb von Management-Software-Systemen gewesen.

5 Die K GmbH habe im Mai und im Juni 2003 zwei Rechnungen an die E KG gelegt.

6 Das Finanzamt sei davon ausgegangen, dass diesen Rechnungen keine ernsthaft gewollten Leistungen zugrunde gelegen seien. Eine Finanzierungsmöglichkeit der vereinbarten Geschäfte seitens der E KG habe nicht glaubhaft gemacht werden können. Eine Berichtigung der zugrunde liegenden Rechnungen sei nur dann möglich, wenn der Rechnungsaussteller die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt habe; diese Voraussetzungen seien nicht gegeben, es werde daher Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994 geschuldet.

7 Das Bundesfinanzgericht gehe davon aus, dem von der K GmbH an die E KG in Rechnung gestellten immateriellen Wirtschaftsgut (Überlassung einer Marke C für bestimmte Länder) sei ein Wert zugekommen. Die Höhe dieses Wertes habe sich aus Synergieeffekten auf Grundlage einer Businessidee ergeben, die aber mangels Finanzierung nie habe realisiert werden können.

8 Es sei davon auszugehen, dass die E KG den Businessplan mit der Absicht erstellt habe, durch Ausnützung des in Vereinbarungen mit der K GmbH und anderen Gesellschaften der K Gruppe ausbedungenen Schadenersatzes Umsatzsteuer ungerechtfertigt zu lukrieren. Sie hätten sich dazu eines fragwürdigen Geschäftspartners bedient. Der K GmbH sei jedenfalls jeglicher Nachweis misslungen, dass sie die Geschäfte gutgläubig abgeschlossen habe.

9 Die Rechnungen hätten nur der Realisierung von ungerechtfertigten Umsatzsteuerguthaben gedient, weil die K GmbH bereits beim Abschluss der den Rechnungen zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte mit der E KG gewusst habe, dass sie von diesen zurücktreten werde. Dies ergebe sich im Wesentlichen daraus, dass die E KG nicht über die Mittel zur Finanzierung der in Rede stehenden Geschäfte verfügt habe, was der K GmbH, die wie die E KG der unter einheitlicher Leitung stehenden K Gruppe angehört habe, bekannt gewesen sei.

10 Lege die K GmbH zur Rückabwicklung noch in den Berufungen gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide dar, dass keine Gefährdung der Umsatzsteuerabfuhr auf Seiten der E KG vorliege, so verweise sie in der Berufung gegen den Jahresbescheid darauf, dass über das Vermögen der E KG zwar ein Konkursverfahren eröffnet worden sei, dieses inzwischen aber aufgrund eines Zwangsausgleiches aufgehoben worden sei, was darauf hinauslaufe, dass die E KG in Höhe der erfüllten Quote die Umsatzsteuer bezahlt habe.

11 Forderungen des Finanzamtes aus der Vorsteuerrückverrechnung der Voranmeldungszeiträume 5/2003 und 6/2003 seien in der Forderungsanmeldung des Finanzamts im Konkurs der E KG inkludiert gewesen; der Zwangsausgleich sei mit 20% angenommen und auch erfüllt worden. Damit habe sich der aus der verweigerten Umsatzsteuerrückverrechnung entstandene Schaden in diesem Ausmaß verringert. Der angefochtene Bescheid sei insoweit abzuändern gewesen.

12 Wenn die K GmbH den Zeugen O zum Thema beantrage, dass es sich bei den Rechtsgeschäften zwischen der K GmbH und der E KG nicht um Scheingeschäfte, sondern um werthaltige Rechtsgeschäfte gehandelt habe, so sei festzustellen, dass O bei der E KG weder als Prokurist noch als Geschäftsführer fungiert habe; es sei auch nicht einmal behauptet worden, dass dieser in die Vertragsverhandlungen betreffend die Finanzierung involviert gewesen sei. Der Beweisantrag bleibe auch unkonkret, weil nicht nachvollziehbar dargestellt werde, wie weit der Zeuge Aussagen zur Ernsthaftigkeit der Rechtsgeschäfte hätte treffen können. Es liege insoweit ein Erkundungsbeweis vor.

13 Die K GmbH erhob gegen dieses Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 26. November 2018, E 2734/2017-11, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

14 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

17 Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der Revision unter Hinweis auf Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) Verfahrensmängel geltend. Es seien nur betreffend eine Schwestergesellschaft Ermittlungen durchgeführt und Beweise aufgenommen worden (resultierend im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 2016, 2013/13/0040). Die K GmbH betreffend seien derartige Erhebungen aber nicht durchgeführt worden, obwohl vorgebracht worden sei, dass sich der Sachverhalt teilweise unterscheide, vor allem was den Vertragsgegenstand der Rechtsgeschäfte anlange. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung sei lediglich der umfangreiche Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, der der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 2016 zugrunde gelegen sei, verlesen worden. Das Bundesfinanzgericht habe demnach seine Beweiswürdigung nur auf jenen Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, nicht aber auf die jener Entscheidung zugrunde liegenden Beweismittel gestützt; dies obwohl die K GmbH darauf hingewiesen habe, dass "die Sachverhalte nicht ganz in beiden Fällen ident" seien. Beweisanträge der K GmbH seien abgewiesen worden. Zum Thema des Vertragsgegenstandes der K GmbH seien die Zeugen sohin gar nicht befragt worden. Auch wird geltend gemacht, eine Vernehmung von Zeugen müsse im Rahmen einer Beschwerdeverhandlung erfolgen, um auch den Parteien ein Fragerecht an die Zeugen zu ermöglichen (§ 275 Abs. 6 BAO).

18 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.

19 Die Überprüfung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision hat im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe zu erfolgen. Auch Fragen des Verfahrensrechts können Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sein. Es reicht aber im Allgemeinen nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (vgl. VwGH 22.11.2018, Ra 2018/15/0022, mwN). Dazu muss dargetan werden, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit besteht, zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 17.10.2018, Ra 2015/13/0058, mwN).

20 Mit dem Vorbringen, der Sachverhalt weiche teilweise von jenem (nicht "ganz identem") Sachverhalt, der der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 2016 zugrunde lag, ab, wird nicht konkret dargetan, worin der Unterschied besteht und welche für den Revisionswerber günstigere Sachverhaltsgrundlage bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensmängel hätte erzielt werden können.

21 Soweit - allerdings schon außerhalb des gesonderten Vorbringens zur Zulässigkeit der Revision - geltend gemacht wird, es hätten Sachverhaltsfeststellungen dahingehend getroffen werden können, dass keine Scheingeschäfte vorlägen, so handelt es sich hiebei um eine Rechtsfolgenbehauptung, nicht um konkrete Sachverhaltselemente. Die behauptete teilweise Unähnlichkeit betrifft überdies den Vertragsgegenstand (Übertragung von Rechten an Marken durch die K GmbH an die E KG). Das Bundesfinanzgericht ging aber ohnehin davon aus, dass diesem Vertragsgegenstand ein Wert zukam (dessen Höhe nicht näher festgestellt werden konnte). Die Beurteilung, dass es sich bei diesem Rechtsgeschäft um ein bloßes Scheingeschäft handelte, wurde hingegen darauf gestützt, dass der Erwerberin - wie auch im parallelen Fall, der der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 2016 zugrunde lag - die finanziellen Mittel zur Anschaffung dieser Gegenstände nicht zur Verfügung gestanden seien, was den Vertretern der K GmbH und der E KG bekannt gewesen sei.

22 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019130017.L00

Im RIS seit

08.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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