TE Lvwg Erkenntnis 2019/2/5 LVwG-AV-71/001-2016, LVwG-AV-72/001-2016

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Veröffentlicht am 05.02.2019
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Entscheidungsdatum

05.02.2019

Norm

GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §75 Abs2
GewO 1994 §77
BauO NÖ 1996 §6 Abs2
BauO NÖ 1996 §48 Abs1
BauO NÖ 1996 §48 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Wimmer als Einzelrichter über die Beschwerden von B und C, ***, ***, sowie der Gemeinde *** und A, beide vertreten durch Rechtsanwalt D, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 24.11.2015, Zl. *** und ***, betreffend

1.   gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung (protokolliert zu LVwG-AV-71/001-2016)

2.   baurechtliche Bewilligung (protokolliert zu LVwG-AV-72/001-2016)

für die Änderung der Betriebsanlage der E GmbH (vormals F Gesellschaft m.b.H.) im Standort *** ***, KG ***, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Aus Anlass der Beschwerdeentscheidung wird im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides unter Spruchpunkt I. „Betriebsanlagengenehmigung“ nachstehende zusätzliche Auflage hinzugefügt:

Medizin
62. Der Fahrbahnbelag auf Werksgelände nächst dem Wohnobjekt *** ist in einem verkehrssicheren Zustand zu halten. Allfällige Fahrbahnunebenheiten und Schlaglöcher in diesem Bereich sind umgehend zu sanieren.“

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Folgender für die Entscheidung relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

1.1.     Behördliches Verfahren

1.1.1.  Mit Schreiben vom 01.04.2014 beantragte die F Gesellschaft m.b.H. die gewerbebehördliche Genehmigung bzw. die Baubewilligung für einen Siloumbau, Siloneubau, Werkstätte Lagerhalle und Dieseltankstelle als Neubau im Mischfutterwerk in ***, ***.

1.1.2.  Nach umfangreicher Vorprüfung, die auch eine mehrmalige Überarbeitung der Projektsunterlagen zur Folge hatte, wurde von der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung am 02.12.2014 eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

In dieser Verhandlung wurde von C und B eingewendet, dass die Erweiterung der Anlage eine Erhöhung der Immissionen mit sich bringen werde, die zu einer unzumutbareren Belästigung führen werde. Das eingereichte lärmtechnische Projekt sei mangelhaft. Gefordert wurde eine umfassende und vollständige Erfassung der Schallemissionen und eine darauf basierende Planung der lärmreduzierenden Maßnahmen, die so ausgeführt werden müssten, dass die Planungswerte einhalten werden können. Gefordert wurde ein Nachtfahrverbot für LKW´s am Betriebsgelände und ein Abschalten der Rückfahrwarner. Die Verkehrsfrequenzen seien nicht nachvollziehbar und es würden bereits jetzt gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Geruch, Lärm und Staub stattfinden.

Die Gemeinde ***, vertreten durch Rechtsanwalt D, wendete als Straßenerhalterin unter Hinweis auf § 6 Abs. 3
NÖ Bauordnung ein, dass die Benutzbarkeit der *** und deren Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet sei. Dieses Vorbringen werde auch vor dem Hintergrund des im § 355 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) normierten Anhörungsrechtes vorgebracht. Im Detail wurde dargelegt, dass aus dem Projekt nicht nachvollziehbar sei, von welchen Verkehrsfrequenzen auszugehen sei. Die Projektsunterlagen seien in diesem Zusammenhang insbesondere aus schalltechnischer und verkehrstechnischer Sicht widersprüchlich. Eine erschütterungstechnische Untersuchung sei in den Einreichunterlagen überhaupt nicht vorhanden. Dies sei schon deswegen beachtlich, weil vor allem durch die projektbedingten Erschütterungen und Vibrationen eine Substanzbeeinträchtigung des Eigentums der Einschreiter zu befürchten sei, was vor allem auf die Liegenschaft *** des Herrn A – ebenfalls vertreten durch RA D - zutreffe, welche der Betriebsliegenschaft in unmittelbarer Nähe (ca. 8m) gegenüberliege. Weiters wurde vorgebracht, dass die *** bereits im Bestand enormen Belastungen ausgesetzt sei, sodass davon ausgegangen werden müsse, dass eine Steigerung des Verkehrsaufkommens um 100 % dem Genehmigungskriterium des § 74 Abs. 2 Z 5 Gewerbeordnung widerspreche und die Gemeinde vor dem Hintergrund des § 6 Abs. 3 NÖ Bauordnung in ihren subjektiv öffentlichen Rechten verletzt sei. Dies werde auch von Herrn A vorgebracht. Zusammenfassend hielten die Einschreiter fest, dass sie durch das gegenständliche Projekt in ihren subjektiv öffentlichen Rechten (Gewerbeordnung und NÖ Bauordnung) verletzt werden würden, das Projekt widersprüchliche Angaben enthalte, das Ausmaß der zu erwartenden Auswirkungen daher nicht feststehe und das Projekt daher jedenfalls einer Überarbeitung bedürfe, derzeit daher Entscheidungsreife nicht vorliege. Vor allem werde der Antragsteller den Antragsgegenstand klarzustellen sowie gesetzeskonforme Antragsunterlagen vorzulegen haben.

Zur Konkretisierung des Projektgegenstandes wurde seitens des Vertreters der Konsenswerberin in der Verhandlung erklärt, dass die im Gutachten von G Ziviltechniker GmbH dargestellten 187 LKW/ Tag bzw. 374-Fahrten/Tag das beantragte Maximum sind. Diese Anzahl wurde bereits jetzt erreicht und wird auch in Zukunft nicht erhöht.

Darauf aufbauend wurde vom Verhandlungsleiter aufgetragen, den Bestand im Detail zu ermitteln und der Behörde bekannt zu geben.

Die Amtssachverständigen für Bautechnik, Maschinenbautechnik, Elektrotechnik, Verfahrenstechnik und Brandschutztechnik erstatteten ihre Gutachten. Die lärm-, luftreinhalte- und verkehrstechnischen Amtssachverständigen legten in ihren Stellungahmen im Detail dar, welche ergänzenden Projektsunterlagen bzw. -ergänzungen für eine Begutachtung erforderlich sind.

Vom Verhandlungsleiter wurde erklärt, dass nach Vorliegen dieser Unterlagen und Prüfung durch die jeweiligen Sachverständigen gegebenenfalls eine neuerliche Verhandlung anberaumt werde. Zudem werde ein Ortsbildgutachten und ein wasserbautechnisches Gutachten eingeholt und zudem werde nach Vorliegen der lärm- und luftreinhaltetechnischen Gutachten auch ein Gutachten des Amtsarztes eingeholt.

1.1.3.  In weiterer Folge wurde ein Ortsbildgutachten erstattet. Dieses Gutachten vom 13.03.2015, Zl. ***, kommt zusammengefasst zum Schluss, dass bei einer Realisierung des geplanten Bauvorhabens aus ortsbildfachlicher Sicht keine relevante Beeinträchtigung des Gesamteindruckes des bestehenden Ortsbildes eintreten wird.

1.1.4.  Von der Konsenswerberin wurden die in der Verhandlung geforderten Projektsergänzungen bzw. -überarbeitungen vorgelegt und einer Vorprüfung durch die dafür zuständigen Amtssachverständigen zugeführt.

1.1.5.  Schließlich wurde von der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung am 12.06.2015 neuerlich eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

In dieser Verhandlung wurden insbesondere wiederum von B und C Einwendungen erhoben. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung durch Geruch, Lärm und Staub größer werde. Diese Belästigungen seien für sie als Nachbarn nicht zumutbar, da diese Immissionen unzumutbare Auswirkungen auf ihre Gesundheit darstellen würden.

Ebenso wurde wiederrum von der Gemeinde *** und Herrn A, beide vertreten durch Rechtsanwalt D, Stellung gegen das Projekt bezogen.

In dieser zweiten Verhandlung erstatteten insbesondere der Luftreinhaltetechniker und der Verkehrstechniker ihre Gutachten. Der lärmtechnische Amtssachverständige forderte abermals eine Überarbeitung des Einreichprojektes.

1.1.6.  Schließlich konnte nach Projektsergänzung auch der lärmtechnische Amtssachverständige am 18.06.2015 sein Gutachten, Zl. ***, erstatten.

1.1.7.  Einer naturschutzfachlichen Bewertung gemäß § 10 Naturschutzgesetz vom 07.07.2015 kann entnommen werden, dass festgestellt wurde, dass für das Vorhaben die Durchführung einer Naturverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist.

1.1.8.  Vom medizinischen Amtssachverständigen wurde sodann am 14.7.2018 nachstehendes Gutachten erstattet:

„[…]

1. Aufgabenstellung:

Es wurde um eine amtsärztliche Stellungnahme angesucht, wie das Projekt aus medizinischer Sicht zu beurteilen ist und zwar einerseits

A. Betreffend Luftimmissionen aufgrund des Gutachtens des ASV für Luftreinhaltetechnik.

B. Betreffend Lärmauswirkungen aufgrund des Gutachtens des ASV für Lärmtechnik.

2. Verwendete Unterlagen:

?    Lufttechnische Untersuchung/Revision 3 der Firma H vom 30.4. 2015.

?    Befund und Gutachten des Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik vom 12.Juni 2015.

?    Schalltechnische Untersuchung/Revision 4 der Firma H vom 16.6.2015.

?    Befund und Gutachten des Amtssachverständigen für Lärmtechnik vom 18. Juni 2015.

A. Luftschadstoffe:

1.1 Beurteilungsgrundlagen

1.1.1 Immissionsschutzgesetz - Luft, IG-L

Die entscheidende gesetzliche Grundlage für die Messung von Luftschadstoffen in Österreich ist das Immissionsschutzgesetz Luft (IG-L), das in seiner ursprünglichen Fassung aus dem Jahr 1997 stammt (BGBl I 115/1997). Im Jahr 2001 wurde das Gesetz umfassend novelliert (BGBl I 62/2001) und damit an neue Vorgaben der Europäischen Union angepasst. Die wesentlichste Änderung darin betrifft die Festlegung eines Feinstaubgrenzwertes. Die bisher letzte Anpassung erfolgte mit BGBl. 77/2010.

Die wesentlichen Ziele dieses Gesetzes sind:

? der dauerhafte Schutz der Gesundheit des Menschen, des Tier- und Pflanzenbestands, sowie der Kultur- und Sachgüter vor schädlichen Luftschadstoffen

? der Schutz des Menschen vor unzumutbar belästigenden Luftschadstoffen

? die vorsorgliche Verringerung der Immission von Luftschadstoffen

? die Bewahrung und Verbesserung der Luftqualität, auch wenn aktuell keine Grenz- und

Zielwertüberschreitungen registriert werden.

Zur Erreichung dieser Ziele wird eine bundesweit einheitliche Überwachung der

Schadstoffbelastung der Luft durchgeführt. Die Bewertung der Schadstoffbelastung erfolgt

? durch Immissionsgrenzwerte, deren Einhaltung bei Bedarf durch die Erstellung von

Maßnahmenplänen mittelfristig sicherzustellen ist,

? durch Alarmwerte, bei deren Überschreitung Sofortmaßnahmen zu setzen sind und

? durch Zielwerte, deren Erreichen langfristig anzustreben ist.

Tabelle 1: Immissionsgrenzwerte (Alarmwerte, Zielwerte) in µg/m³ (für CO in mg/m³)

Luftschadstoff

HMW

MW3

MW8

TMW

JMW

Schwefeldioxid

200 1)

 

 

120

 

Kohlenstoffmonoxid

 

 

10

 

 

Stickstoffdioxid

200

 

 

 

30 2)

PM10

 

 

 

50 3)

40

Blei im Feinstaub (PM10)

 

 

 

 

0,5

Benzol

 

 

 

 

5

1) Drei Halbstundenmittelwerte SO2 pro Tag, jedoch maximal 48 Halbstundenmittelwerte pro Kalenderjahr bis zu einer Konzentration von 350 µg/m³ gelten nicht als Überschreitung

2) Der Immissionsgrenzwert von 30 µg/m3 gilt ab 1.1.2012. Bis dahin gelten Toleranzmargen, um die der Grenzwert überschritten werden darf, ohne dass die Erstellung von Statuserhebungen oder Maßnahmenkatalogen erfolgen muss. Bis dahin ist als Immissionsgrenzwert anzusehen (in µg/m³):

2005 - 2009  40

2010 - 2011  35

3) Pro Kalenderjahr ist die folgende Zahl von Überschreitungen zulässig:

2005 -2009

30

ab 2010

25

Tabelle 2: Immissionszielwerte gemäß Anlage 5b IG-L (Gesamtgehalt in der PM10-Fraktion als Durchschnitt eines Kalenderjahres)

Schadstoff

Zielwert

Arsen

6 ng/m³

Cadmium

5 ng/m³

Nickel

20 ng/m³

Benzo(a)pyren

1 ng/m³

Tabelle 3: Immissionsgrenzwerte für die Deposition

Luftschadstoff

Depositionswerte als Jahresmittelwert

[mg/(m².d)]

Staubniederschlag

210

Blei im Staubniederschlag

0,100

Cadmium im Staubniederschlag

0,002

1.1.2 Irrelevanzkriterium

Wenn in einem Gebiet Grenzwertüberschreitungen auftreten, so erhöhen zusätzliche Emissionen die Wahrscheinlichkeit des Überschreitens von Grenzwerten. Um in diesen Gebieten aber dennoch Maßnahmen durchführen und Projekte umsetzen zu können, wurde das Irrelevanzkriterium aufgestellt und z.B. im Immissionsschutzgesetz Luft in BGBl I Nr.34/2006 in § 20 Abs. 3 Zif. 1 umgesetzt. Es besagt, dass Immissionszusatzbelastungen unter der Geringfügigkeitsschwelle toleriert werden können.

Bei der Festlegung der Schwellenwerte wird auf folgende Grundlagen Bezug genommen:

In der Publikation „Grundlagen für eine technische Anleitung zur thermischen Behandlung von Abfällen“ (UBA-95-112 Reports; ALFONS et. al. 1995) wird unter anderem auf Irrelevanzschwellen eingegangen. Darin wird festgelegt, dass für Kurzzeitmittelwerte (bis

95%-Perzentile) 3% des Grenzwertes und für Langzeitmittelwerte 1% des Grenzwertes als Zusatzbelastung auftreten kann, um als irrelevant im Sinne des Schwellenwertkonzeptes beurteilt werden zu können.

Der „Leitfaden UVP und IG-L, Hilfestellung im Umgang mit der Überschreitung von Immissionsgrenzwerten von Luftschadstoffen in UVP-Verfahren“ (Baumgartner et al., UBA Berichte Band 274, Wien, 2007) legt fest, dass in Gebieten, in denen bereits derzeit Grenzwertüberschreitungen bei PM10 oder NO2 auftreten, in dieser Grundlage als Irrelevanzkriterium eine Jahreszusatzbelastung von 1% des Grenzwertes für den Jahresmittelwert empfohlen wird. Falls besondere Umstände es erfordern, kann aber auch ein niedrigerer Schwellenwert erforderlich sein. Dies wird von der Behörde im Einzelfall zu entscheiden sein. Beim Grenzwertkriterium für den Tagesmittelwert von PM10 kann dieses Irrelevanzkriterium auf den korrespondierenden Jahresmittelwert angewandt werden.

Dabei darf jedoch nicht außer Betracht bleiben, dass unabhängig von der Genehmigung eines konkreten Vorhabens jedenfalls die Einhaltung der entsprechenden Grenzwerte bis zum jeweiligen Einhaltedatum auch bei Berücksichtigung der Zusatzbelastung durch ein Programm und/oder Maßnahmenkataloge gewährleistet sein muss.

1.2 Medizinische Grundlagen

1.2.1 Staub, Feinstaub PM10 + PM2.5

Schwebstaub (TSP = total suspended particels) sind Teilchen mit einem aerodynamischen Durchmesser von ? etwa 35 µm. TSP umfasst die Fraktion PM 10 zuzüglich noch größerer mechanisch erzeugter Teilchen. TSP zählt zu den klassischen Luftschadstoffen und wird erst seit Jahrzehnten in Österreich gemessen. Der Grenzwerte für TSP beträgt 150 µg/m3 als Tagesmittelwert. Die TSP-Fraktion liegt zur Gänze im Bereich der einatembaren Teilchen. Lungengängig sind jedoch nur Teilchen mit einem aerodynamischen Durchmesser von ? etwa 10 µm, wobei die größeren Korngrößenfraktion eher zu Belästigungswirkungen führen. Die Ergebnisse der Messungen des Gesamtschwebestaubes sind daher nur eine Näherung für die aus gesundheitlicher Sicht relevanteren Fraktion des PM10, PM 2,5 oder gar der Partikelanzahl. Von der International Standards Organisation (ISO) und dem American Council of Government Industrial Hygienists (ACGIH) wurde eine Einteilung der Partikelfraktionen nach der Möglichkeit verschiedener Tiefen des Atemtraktes zu erreichen vorgenommen.

?    einatembare (inhallable) Partikel können über Mund- bzw. Nasenöffnung in den

Körper eindringen und sind kleiner als etwa 40 bis 60 µm.

?    thorakale (thoracic) Partikel können Atemwege jenseits des Kehlkopfes erreichen.

Der Cut off liegt etwa bei 10 µm. Die Grenzziehung erfolgt ebenso wie die Messung nicht mit einem exakten Cut off, sondern streut um den jeweiligen Wert.

Bei Tagesmittelwerten über 0,3 mg/m³ wurde beobachtet, dass sich der Zustand von Patienten mit chronischer Bronchitis akut verschlechterte. Bei Kindern, die in Gebieten mit Staubkonzentrationen von 0,1 mg/m³ und darüber und zusätzlich S02- Konzentrationen von über 0,12 mg/m³ (Jahresmittelwerte) wohnten, war eine erhöhte Häufigkeit bestimmter Erkrankungen des Atemtraktes nachweisbar.

Die gesundheitlichen Risiken, die von Partikeln in der Umwelt ausgehen, wurden in den letzten 10 Jahren gründlich untersucht. Die amerikanische Umweltbehörde hat im Oktober 2004 eine umfassende Bewertung von Feinstäuben vorgelegt (UA-IPA 2004). Darin wurde festgestellt, dass die Exposition gegenüber Feinstaub negative gesundheitliche Auswirkungen im Hinblick auf Atemwege- und Herzkreislauferkrankungen hat. Folgende Zusammenhänge mit der Kurzzeitexposition wurden festgestellt: Erhöhte Mortalitätsraten, vermehrte Krankenhausaufnahmen und Arztbesuche wegen Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen bis hin zu Veränderungen von Entzündungs- und Funktionsparametern an Tagen mit hohen Partikelkonzentrationen. Studien zur Langzeitexposition gegenüber Feinstaub ergeben einen statistischen Zusammenhang mit der Sterblichkeit an kardiopulmonalen Ursachen und Lungenkrebs. Epidemiologen beobachten zudem, dass die Langzeitexposition mit Feinstaub zu chronischen Atemwegssymptomen und Erkrankungen führen kann. Im Hinblick auf die Partikelgröße zeigen die vorhandenen Studien, dass sowohl grobe als auch feine und ultrafeine Partikel Einfluss auf Mortalität und Krankheitsgeschehen nehmen. Eine zunehmende Zahl von epidemiologischen Studien zeigt klarere Assoziationen zwischen der Exposition gegenüber PM 2,5 - Feinstaub und adversen Gesundheitseffekten, woraus sich ergibt, dass PM 2,5 gesundheitlich relevanter als PM 10 sind.

Weder die Partikelgrößenverteilung noch die chemische Zusammensetzung der Partikel werden derzeit bei der gesetzlichen Regelung der Luftreinhaltung berücksichtigt. Es ist aber sicher nicht so, dass alle Bestandteile der Partikel dieselbe gesundheitliche Relevanz haben. So wird die Gefährlichkeit inhalierter Partikel tatsächlich nicht nur durch ihre Masse, sondern durch die Oberfläche bestimmt. Ferner sind Partikel, die aus Verbrennungsprozessen stammen erheblich relevanter als Bodenpartikel oder Reifenabrieb (US-EPA 2004). Derzeit ist offen, welche gesundheitliche Bedeutung lösliche und nichtlösliche Anteile flüchtiger und nichtflüchtiger Komponenten, anorganische und organische Verbindungen haben. Es konnte nachgewiesen werden, dass Feinstaub bedeutsamer ist als gasförmige Schadstoffe wie etwa Ozon, NO2, SO2 und CO. In den USA wird derzeit ein Messnetz und ein Grenzwert als Jahresmittelwert und 24 Stunden-Mittelwert für PM 2,5 (fine particles) implementiert.

Hygienegrenzwerte:

Für einatembaren Staub gilt eine maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK) von 15 mg/m³, die sogar 2 x pro Arbeitsschicht bis 30 mg/m³ überschritten werden darf. Dagegen hat die deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) den Langzeitmittelwert auf 4 mg/m³ gesenkt.

Für einen besonders gefährlichen alveolengängigen Staub hat die DFG schon 1997 einen MAK von 1,5 mg/m³ medizinisch begründet und der Gesetzgeber hat als Kompromiss mit der Wirtschaft 3 mg/m³ festgelegt. Dagegen sind in Österreich immer noch 6 mg/m³ zulässig, was aus ärztlicher Sicht auch für sogenannten „Inertstaub“ und gesunde Arbeiter unverantwortlich hoch ist.

Seit 2005 darf der Tagesmittelwert für PM10 an 30 und ab 2010 an 25 Tagen im Jahr überschritten werden. In der Schweiz ist schon heute nur mehr eine jährliche Überschreitung zulässig.

Als Jahresmittelwert gilt in der EU derzeit ein Grenzwert von 0,04 mg/m³, in Kalifornien von 0,03 mg/m³ und in der Schweiz von 0,02 mg/m³.

1.2.2 Stickstoffdioxid (NO2)

Stickstoffoxide (NOX) entstehen fast ausschließlich als Nebenprodukte von Verbrennungsprozessen etwa in Feuerungsanlagen aller Art sowie in Motoren. Hierbei wird vorwiegend Stickstoffmonoxid (NO) freigesetzt, das je nach Luftchemismus innerhalb von Minuten bis Stunden zu Stickstoffdioxid (NO2) aufoxidiert wird. Die Daten zu NO erlauben noch keine abschli

Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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