TE Lvwg Erkenntnis 2019/1/31 LVwG-AV-772/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.01.2019
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Entscheidungsdatum

31.01.2019

Norm

NAG 2005 §11 Abs5
ASVG §293 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde des A, geb. ***, StA. Marokko, vertreten durch B Rechtsanwalts-Partnerschaft, ***, *** und vertreten durch C, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 28. Mai 2018, ***, mit dem der am 27. März 2018 gestellte Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ abgewiesen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ gemäß § 47 Abs. 2 iVm § 8 Abs. 1 Z. 8 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) mit der Gültigkeitsdauer von 12 Monaten erteilt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am 27. März 2018 hat A, geb. ***, StA. Marokko, einen Erstantrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Familienangehöriger“ persönlich bei der Bezirkshauptmannschaft Baden eingebracht.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 28. Mai 2018, ***, wurde dieser Antrag gemäß § 11 Abs. 2 Z. 3 und 4 NAG, § 3 Abs. 1 NAG iVm der Verordnung der Landeshauptfrau von Niederösterreich über die Vollziehung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes abgewiesen.

In der Begründung wurde dazu ausgeführt, dass dem Antrag zufolge die Familienzusammenführung mit der Ehegattin, C, geb. ***, angestrebte werde, welche österreichische Staatsbürgerin und in ***, *** niedergelassen sei.

Derzeit verfüge der Antragsteller über eine von der Landeshauptstadt ***, Ausländerbehörde ausgestellte Aufenthaltserlaubnis mit Gültigkeit bis 26. Juni 2018, womit er seinen eigenen Angaben zufolge am 2. März 2018 nach Österreich eingereist sei.

Als Nachweis der Mittel zum Lebensunterhalt sei eine Mitteilung über den Leistungsanspruch nach dem KBGG der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse sowie eine Bestätigung über den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag vorgelegt worden, sodass sich ein monatliches Einkommen in der Höhe von Euro 1.370, 60 ergebe. Die freiwillige Zuwendung der Schwiegermutter in Höhe von Euro 150,-- monatlich könnte nicht berücksichtigt werden, da der Antragsteller darauf keinen Rechtsanspruch habe. Gemäß § 293 ASVG müssten ausgehend von einem Ehepaar im gemeinsamen Haushalt mit einem minderjährigen Kind monatliche Unterhaltsmittel in Höhe von zumindest Euro 1.503,84 gesichert sein, sodass der Tatbestand des § 11 Abs. 2 Z. 3 NAG nicht gegeben sei. In Bezug auf die Interessenabwägung gemäß § 11 Abs. 3 NAG wurde nach ausführlicher Darlegung des Urteils des EuGH vom 15. November 2011 in der Rechtssache C-256/11, Murat Dereci u.a., sowie der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Zambrano, C-34/09, ausgeführt, dass nach der Aktenlage im Ergebnis nicht davon ausgegangen werden könne, dass die österreichische Ankerperson gezwungen wäre, Österreich und das Gebiet der Europäischen Union verlassen zu müssen, wenn kein Aufenthaltstitel erteilt würde. Aus der Aktenlage würden sich keinerlei Hinweise darauf ergeben, dass sich die Ehegattin in einer Ausnahmesituation befinde, die bei Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels an den Antragsteller bedeuten würde, dass der Zusammenführende de facto gezwungen wäre, das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen. Vielmehr sei das Vorbringen als bloßer Wunsch nach einem gemeinsamen Familienleben in Österreich zu werten bzw. würden dem Begehren nach einem gemeinsamen Familienleben in Österreich wirtschaftliche Überlegungen zugrunde liegen. Weder der bloße Wunsch nach einem Zusammenleben in Österreich, noch wirtschaftliche Überlegungen würden jedoch für sich genommen die Annahme eines de facto Zwanges im Sinn der Rechtsprechung rechtfertigen. Weitere besondere Umstände, die auf eine Ausnahmesituation schließen lassen könnten, seien weder vorgebracht worden, noch würden sich diese unmittelbar aus dem Akteninhalt ergeben.

Zwar würden durch den Aufenthalt des Ehepartners familiäre Bindungen in Österreich bestehen, jedoch sei die Sicherung des Lebensunterhaltes im NAG eine wichtige Grundvoraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels, wobei ein ausreichender Nachweis über einen gesicherten Lebensunterhalt nicht erbracht worden sei. Die Abwägung der gegenüberstehenden Interessenslagen gehe daher zulasten des Antragstellers, weil das öffentliche Interesse an der Einhaltung einschlägiger Zuwanderungsbestimmungen das persönliche Interesse an einer Neuzuwanderung überwiege.

Dagegen hat A, fristgerecht Beschwerde erhoben und sinngemäß beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Erteilung einer fremdenrechtlichen Bewilligung stattgegeben werde. Dazu wurde vorgebracht, dass er sehr wohl über einen Krankenversicherungsschutz verfüge und definitiv keine finanzielle Belastung darstelle. Seine Ehefrau beziehe ein Einkommen in Höhe von Euro 1.370,--, er würde mit ihr gemeinsam bei der Schwiegermutter wohnen und weder für Miete, Strom, etc. etwas bezahlen müssen. Unter diesen Umständen seien die geforderten Euro 1.503,84 viel zu hoch.

Nichtsdestotrotz habe seine Ehefrau ab 1. Juli 2018 eine geringfügige Beschäftigung gefunden, wodurch sie monatlich Euro 290,-- dazu verdienen würde, sodass damit ihr Einkommen den geforderten Betrag überschreiten würde.

Mit Schreiben vom 18. Juli 2018 hat die Bezirkshauptmannschaft Baden die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben vom 9. Juli 2018 wurde bekannt gegeben, dass der Beschwerdeführer die Rechtsanwalts-Partnerschaft B bevollmächtigt habe und die Anmeldung sowie Änderungsmeldung für die niederösterreichische Gebietskrankenkasse betreffend die Ehegattin des Beschwerdeführers und die Mitteilung der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse betreffend den Leistungsanspruch nach dem KBGG vorgelegt.

Mit Schreiben vom 14. September 2018 wurde die Gehaltsabrechnung der Ehefrau des Beschwerdeführers für August 2018 vorgelegt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 30. November 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis aufgenommen wurde durch Verlesung des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Baden, ***, und des Aktes des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich, LVwG-AV-772-2018, sowie durch Einvernahme der Ehefrau des Beschwerdeführers, C, welche an der Verhandlung auch als seine bevollmächtigte Vertreterin teilgenommen hat. Weiters wurde der Auszug aus dem Fremdenregister betreffend den Beschwerdeführer verlesen.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurde seitens des Beschwerdeführers ein Dienstvertrag zwischen Medizinalrat I und der Ehegattin des Beschwerdeführers nachgereicht sowie die Anmeldung zur Gebietskrankenkasse ab 12. Dezember 2018 und eine Bestätigung des Dienstgebers vom 11. Jänner 2019, wonach das Dienstverhältnis ab 12. Jänner 2019 in ein unbefristetes übergegangen ist. Mit Schreiben vom 14. Jänner 2019 wurde diese Bestätigung der belangten Behörde mit der Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Seitens der Bezirkshauptmannschaft Baden wurde dazu keine Stellungnahme abgegeben.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens geht das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen aus:

Der nunmehrige Beschwerdeführer A ist Staatsbürger Marokkos. Er wurde am *** geboren. Seit 17. März 2018 ist er mit C verheiratet, welche österreichische Staatsbürgerin ist. Sie hat aus einer früheren Beziehung ein minderjähriges Kind, D, geb. ***, wofür sie bis 23. Oktober 2018 Kinderbetreuungsgeld in Höhe von Euro 33,28 täglich und eine Beihilfe in Höhe von Euro 6,06 täglich erhalten hat. Danach hat sie Arbeitslosengeld in der Höhe von Euro 25,41 täglich bezogen, seit 23. November 2018 hat sie Notstandshilfe in der Höhe von Euro 25,11 täglich bekommen. Die Höhe der Familienbeihilfe beträgt monatlich Euro 172,40.

Der Vater des minderjährigen Sohnes hat seit 1. Mai 2018 bis auf weiteres Euro 286,-- monatlich an Unterhalt zu leisten.

Von 1. Juli 2018 bis 13. September 2018 war die Ehefrau des Beschwerdeführers bei der Firma E GmbH als Reinigungskraft geringfügig beschäftigt, ihr Lohn hat im Juli und August 2018 jeweils Euro 188,-- pro Monat betragen, im September 2018 unter Berücksichtigung der aliquoten Sonderzahlung Euro 209,37. Sie ist ausgebildete Ordinationsassistentin und hat bereits einmal bei einem Arzt als Ordinationsassistentin gearbeitet, und zwar von 2. Mai 2006 bis 12. August 2007 bei F, ***, ***. Seit 12. Dezember 2018 ist sie bei G, ***, ***, als Ordinationsgehilfin mit 30 Stunden pro Woche beschäftigt, nach Ablauf des Probemonats ist ihr zunächst bis 11. März 2019 befristetes Dienstverhältnis ab 12. Jänner 2019 in ein unbefristetes Dienstverhältnis übergegangen. Ihr Gehalt beträgt Euro 1.347,01 + Euro 87,71 Zulage brutto.

Sie verfügt über ein Sparguthaben in der Höhe von Euro 1.500,--.

Sie hat ihren späteren Ehemann bei einem Verwandtenbesuch in Deutschland im Dezember 2017 kennengelernt.

Der nunmehrige Beschwerdeführer hat am 3. Juli 2015 das Goethe-Zertifikat B1 bestanden, am 2. Februar 2016 das Goethe-Zertifikat B2. Am 27. Juni 2017 wurde ihm in Deutschland ein Aufenthaltstitel zur Zahl *** mit Gültigkeit bis 26. Juni 2018 erteilt, aufgrund dieses Aufenthaltstitels ist er am 2. März 2018 legal nach Österreich eingereist. Am 5. September 2018 wurde der nunmehrige Beschwerdeführer festgenommen, da der deutsche Aufenthaltstitel bereits abgelaufen und das Visum im marokkanischen Reisepass seit 18. Februar 2017 nicht mehr gültig war und sich der nunmehrige Beschwerdeführer somit illegal im Schengener Gebiet aufgehalten hat. Er hält sich nunmehr in Marokko auf, wo er bei seinen Eltern lebt. In Marokko lebt noch eine Schwester des nunmehrigen Beschwerdeführers, eine weitere Schwester lebt mit ihrem Mann in ***, ein Bruder in Brasilien. Derzeit beginnt er eine Ausbildung zum Herrenfriseur in Marokko.

Der nunmehrige Beschwerdeführer hat mit der Mutter seiner Frau, H, am 27. März 2018 eine Wohnrechtsvereinbarung abgeschlossen, wonach die Unterkunftgeberin ihm ein unbefristetes unentgeltliches Wohnrecht in ***, *** ab 19. März 2018 einräumt, welches nur aus wichtigen Gründen unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist gerichtlich aufgekündigt werden kann. Die Wohnung ist 50,60 m² groß und verfügt über zwei Wohnräume, derzeit wohnen dort seine Ehefrau, deren minderjähriger Sohn aus einer früheren Beziehung und deren Mutter. H ist Hauptmieterin der gegenständlichen Wohnung. Auch die Ehefrau des Beschwerdeführers braucht für die Benützung der Wohnung kein Entgelt zu leisten. Die Ehefrau des Beschwerdeführers hat keine Schulden oder Kreditverbindlichkeiten.

Der nunmehrige Beschwerdeführer ist unbescholten.

Im Übrigen kann nicht festgestellt werden, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels an den nunmehrigen Beschwerdeführer sonstigen öffentlichen Interessen widerstreitet.

Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur Heirat des nunmehrigen Beschwerdeführers beruht auf der unbedenklichen Heiratsurkunde vom 17. März 2018, welche im vorgelegten Verwaltungsakt ebenso enthalten ist wie der Staatsbürgerschaftsnachweis der Ehefrau des Beschwerdeführers vom 19. März 2018. Weiters sind in diesem Akt das Goethe Zertifikat B1 vom 3. Juli 2015 und das Goethe Zertifikat B2 vom 2. Februar 2016 enthalten, welche anzuzweifeln das erkennende Gericht keine Veranlassung hat.

Dass der nunmehrige Beschwerdeführer in Deutschland über einen bis 26 Juli 2018 befristeten Aufenthaltstitel verfügt hat, ergibt sich aus der Aufenthaltstitelkarte zur Zahl ***, welche ebenfalls in Kopie im Verwaltungsakt enthalten ist.

Schließlich sind in diesem Verwaltungsakt auch die Mitteilung über den Leistungsanspruch nach dem KBGG für die Ehefrau des nunmehrigen Beschwerdeführers enthalten, womit der Leistungsanspruch in Höhe von Euro 33,88 pro Tag an Kinderbetreuungsgeld sowie Euro 6,06 pro Tag an Beihilfe, beides bis 23. Oktober 2018, belegt ist. In der Verhandlung wurde schließlich der Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 26. September 2018, *** vorgelegt, woraus die Höhe des Unterhaltsanspruches des minderjährigen Sohnes der Ehefrau des Beschwerdeführers hervorgeht. Im Beschwerdeverfahren wurde schließlich die Anmeldung zur Gebietskrankenkasse für die geringfügige Beschäftigung der Ehefrau des nunmehrigen Beschwerdeführers bei der E GmbH sowie die Lohnabrechnungen für die Monate Juli bis September 2018 nachgereicht. In der Verhandlung hat die Ehefrau des Beschwerdeführers die Mitteilung des AMS über den Leistungsanspruch vom 7. November 2018 vorgelegt.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurde weiters der Dienstzettel betreffend die Beschäftigung der Ehefrau des Beschwerdeführers, C, als Ordinationsassistentin bei G vorgelegt, wobei dieses Dienstverhältnis am 12. Dezember 2018 begonnen hat und nach Ablauf der Probezeit bis 11. Jänner 2019 zunächst in ein befristetes Dienstverhältnis vom 12. Jänner 2019 bis 11. März 2019 übergehen sollte und ab 12. März 2019 schließlich in ein unbefristetes Dienstverhältnis. Am 11. Jänner 2019 hat der Dienstgeber der Ehefrau des Beschwerdeführers jedoch schriftlich bestätigt, dass das Dienstverhältnis bereits mit 12. Jänner 2019 in ein unbefristetes übergeht. Dafür, dass dieses Dienstverhältnis innerhalb der nächsten zwölf Monate vorzeitig beendet wird, bestehen keinerlei Anhaltspunkte, zumal die Ehefrau des Beschwerdeführers ausgebildete Ordinationsassistentin ist und bereits einmal bei einem Arzt als Ordinationsassistentin gearbeitet hat, und zwar von 2. Mai 2006 bis 12. August 2007 bei F, ***, ***. Zudem hat sie in der Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass während der Zeit, in der sie arbeitet, ihre Mutter auf ihren Sohn aufpassen kann, welche bereits in Pension ist.

Weiters wurde bereits der belangten Behörde der unbedenkliche Mietvertrag zwischen Frau H und der Stadtgemeinde *** vom 13. November 2002 vorgelegt, wonach die Schwiegermutter des Beschwerdeführers Hauptmieterin der Wohnung in ***, *** im Ausmaß von 50,60 m² ist und das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde. Die Schwiegermutter hat schließlich eine unbedenkliche Wohnrechtsvereinbarung mit dem Schwiegersohn abgeschlossen, wonach dieser ab 19. März 2018 auf unbefristete Zeit die Unterkunft unentgeltlich mitbenutzen darf.

Die Feststellung zur privaten Lebenssituation des Ehemanns der Beschwerdeführerin in Marokko beruhen auf der Aussage von dessen Ehefrau, die in der Verhandlung insgesamt einen sehr glaubwürdigen Eindruck hinterlassen hat. Ihren Angaben folgt das erkennende Gericht auch hinsichtlich der Höhe der Ersparnisse, wobei nachvollziehbar ist, dass sie sich diesen Betrag tatsächlich im Lauf der Zeit zusammengespart hat. Dass sie keine Schulden oder Kreditverbindlichkeiten hat, ergibt sich aus dem Auszug des Kreditschutzverbandes von 1870 vom 10. April 2018.

Im Übrigen beruhen die Feststellungen auf der Einsichtnahme in den unbedenklichen Verwaltungsakt, sie sind auch nicht strittig.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu rechtlich wie folgt erwogen:

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:

§ 2 Abs. 1 Z. 1, 6, 9 und 10 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) lauten:

(1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

1.

Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt;

6.

Drittstaatsangehöriger: ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist;

9.

Familienangehöriger: wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels;

10.

Zusammenführender: ein Drittstaatsangehöriger, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder von dem ein Recht im Sinne dieses Bundesgesetzes abgeleitet wird;

§ 8 Abs. 1 Z. 8 NAG lautet:

(1) Aufenthaltstitel werden erteilt als:

8.

Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ für die befristete Niederlassung mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ (Z 7) zu erhalten;

§ 21a NAG lautet auszugsweise:

(1) Drittstaatsangehörige haben mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.

(2) Abs. 1 gilt auch für Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 im Zuge eines Verfahrens gemäß § 24 Abs. 4 oder § 26 stellen.

(3) Der Nachweis gilt überdies als erbracht, wenn

1.

die Voraussetzungen zur Erfüllung des Moduls 1 oder 2 der Integrationsvereinbarung (§§ 9 und 10 IntG) vorliegen oder

2.

der Drittstaatsangehörige die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a für die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte anstrebt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

§ 11 Abs. 1 bis 5 NAG lauten:

(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1.

gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2.

gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3.

gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4.

eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5.

eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6.

er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.

der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.

der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.

der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.

der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.

durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6.

der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

7.

in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2.

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.

der Grad der Integration;

5.

die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6.

die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9.

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.

sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2.

der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

§ 47 Abs. 1 und 2 NAG lauten:

(1) Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 sind Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

(2) Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ist ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

§ 293 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lautet:

(1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2

a)

für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

aa)

wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben (Anm.: gemäß BGBl. II Nr. 391/2016 für das Kalenderjahr 2019:
1.398,97 €)

1 120,00 €,

bb)

wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und sublit. cc nicht anzuwenden ist (Anm.: für 2019: 933,06 €)

882,78 €,

                            

cc)

wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und die pensionsberechtigte Person mindestens 360 Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben hat (Anm.: für 2019: 1.048,57 €)

1 000 €,

b)

für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259 (Anm.: für 2019: 933,06 €)

747,00 €,

c)

für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:

aa)

bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres (Anm.: für 2019: 343,19 €)

274,76 €,

 

falls beide Elternteile verstorben sind (Anm.: für 2019: 515,30 €)

412,54 €,

                            

bb)

nach Vollendung des 24. Lebensjahres (Anm.: für 2019: 609,85 €)

488,24 €,

                            

 

falls beide Elternteile verstorben sind (Anm.: für 2019: 933,06 €)

747,00 €.

                            

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 120,96 € (Anm.: für 2019: 143,97 €) für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

(2) An die Stelle der Richtsätze und der Richtsatzerhöhung gemäß Abs. 1 treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2001, die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachten Beträge.

(3) Hat eine Person Anspruch auf mehrere Pensionen aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, so ist der höchste der in Betracht kommenden Richtsätze anzuwenden. In diesem Fall gebührt die Ausgleichszulage zu der Pension, zu der vor Anfall der weiteren Pension Anspruch auf Ausgleichszulage bestanden hat, sonst zur höheren Pension.

(4) Haben beide Ehegatten oder eingetragenen PartnerInnen Anspruch auf eine Pension aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz und leben sie im gemeinsamen Haushalt, so besteht der Anspruch auf Ausgleichszulage bei der Pension, bei der er früher entstanden ist.

(5) Aufgehoben.

§ 20 Abs. 1 NAG lautet:

(1) Befristete Aufenthaltstitel sind für die Dauer von zwölf Monaten oder für die in diesem Bundesgesetz bestimmte längere Dauer auszustellen, es sei denn, es wurde jeweils eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

Der Antrag des Beschwerdeführers lautet auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Familienangehöriger“ gemäß § 47 Abs. 2 NAG. Die Ehefrau des Beschwerdeführers ist österreichische Staatsbürgerin, der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger Marokkos Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 6 NAG und. Familienangehöriger des Zusammenführenden.

Gemäß § 47 Abs. 2 NAG ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, demnach müssen insbesondere die allgemeinen Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 und 2 NAG vorliegen.

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergeben sich zunächst keinerlei Hinweise darauf, dass ein Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 NAG vorliegen würde. Weiters ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt, dass der Aufenthalt des nunmehrigen Beschwerdeführers nicht öffentlichen Interessen widerstreitet.

Der Beschwerdeführer kann bei seiner Ehefrau in der Krankenversicherung mitversichert sein, womit die Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z. 3 NAG gegeben ist.

Weiters gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtsobjekt wesentlich beeinträchtigt würden.

Der nunmehrige Beschwerdeführer hat mit der Mutter seiner Frau, H, eine Wohnrechtsvereinbarung abgeschlossen, wonach die Unterkunftgeberin ihm ein unbefristetes unentgeltliches Wohnrecht in ***, *** ab 19. März 2018 einräumt, welches nur aus wichtigen Gründen unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist gerichtlich aufgekündigt werden kann. Die Wohnung ist 50,60 m² groß und verfügt über zwei Wohnräume, derzeit wohnen dort seine Ehefrau, deren minderjähriger Sohn aus einer früheren Beziehung und deren Mutter. Bei dieser Wohnmöglichkeit handelt es sich um eine ortsübliche Unterkunft, sodass ein Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft gemäß § 11 Abs. 2 Z. 2 NAG besteht.

Sodann war zu prüfen, ob die Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG vorliegt.

Die diesbezüglichen einschlägigen Bestimmungen des § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 NAG stellen auf die Richtsätze des § 293 ASVG ab, die durch die vom Beschwerdeführer nachzuweisenden (zu erwartenden) Einkünfte zu erreichen sind. Dazu ist bei der Unterhaltsberechnung nach § 11 Abs. 5 NAG bei einem gemeinsamen Haushalt unter Berücksichtigung der zu versorgenden Personen zu prüfen, ob das Haushaltsnettoeinkommen den „Haushaltsrichtsatz“ nach § 293 Abs. 1 ASVG erreicht. Auf das Existenzminimum des § 291a der Exekutionsordnung ist in einer solchen Konstellation nicht Bedacht zu nehmen. Es bedarf zur Existenzsicherung nicht für jede Person eines Einkommens nach dem für einen alleinstehenden Pensionsempfänger vorgesehenen Richtsatz, sondern das Haushaltsnettoeinkommen ist eben am „Familienrichtsatz“ zu messen, sofern der Anspruchsberechtigte mit einem Ehepartner (und allenfalls Kindern) im gemeinsamen Haushalt lebt (vgl. VwGH 3.4.2009, 2008/22/0711). Gemäß § 293 Abs. 1 ASVG beträgt der Richtsatz für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung, die mit dem Ehegatten im gemeinsamen Haushalt leben, für das Kalenderjahr 2019 Euro 1.398,97, wobei sich der Richtsatz nach lit. a um Euro 143,97 für jedes Kind erhöht.

§ 11 Abs. 5 zweiter Satz NAG zählt jene Beträge („regelmäßige Aufwendungen“, z.B. Miet- und Kreditbelastungen) demonstrativ auf, die vom Einkommen in Abzug zu bringen sind, wobei jedoch einmal ein Betrag in Höhe des sog. „Werts der freien Station“ unberücksichtigt zu bleiben hat (vgl. etwa VwGH 26.1.2012, 2010/21/0346).

Da die Benützung der Wohnung jedoch unentgeltlich erfolgt, schmälert der in § 11 Abs. 5 dritter Satz NAG 2005 angesprochene Betrag des § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG (Wert der freien Station) die notwendigen Unterhaltsmittel in Höhe der in Betracht kommenden Richtsätze des § 293 ASVG nicht (vgl. etwa VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0024; 28.5.2015, Ra 2015/22/0009), sodass im konkreten Fall von einem zu erreichenden monatlichen Einkommen von Euro 1.542,94 (1.398,97 + 143,97) auszugehen ist.

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass der Aufenthalt des nunmehrigen Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könne, da die Ehefrau des Beschwerdeführers für die Dauer des beabsichtigten Aufenthaltes im Bundesgebiet über kein dem ASVG-Richtsatz entsprechendes regelmäßiges Einkommen verfügen werde.

Dazu wurde vom Landesverwaltungsgericht festgestellt, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers bis 23. Oktober 2018 Kinderbetreuungsgeld in Höhe von Euro 1.198,20 monatlich erhalten hat, welches daher bei der Prognose nicht berücksichtigt werden kann. Danach hat sie Arbeitslosengeld in der Höhe von Euro 25,41 täglich bezogen, seit 23. November 2018 Notstandshilfe in der Höhe von Euro 25,11 täglich. Von 1. Juli 2018 bis 13. September 2018 war sie bei der Firma E GmbH als Reinigungskraft geringfügig beschäftigt, ihr Lohn hat im Juli und August 2018 jeweils Euro 188,-- pro Monat betragen, im September 2018 unter Berücksichtigung der aliquoten Sonderzahlung Euro 209,37. Dieses Dienstverhältnis ist endgültig beendet und kann daher bei der Prognose ebenfalls nicht berücksichtigt werden.

Seit 11. Dezember 2018 ist die Ehefrau des nunmehrigen Beschwerdeführers allerdings wieder eine – unbefristete - Anstellung als Ordinationsgehilfin mit 30 Wochenstunden eingegangen.

Da die Ehefrau des Beschwerdeführers schon vor der Geburt ihres Kindes als Ordinationsgehilfin beschäftigt war und keinerlei Anlass für die Annahme besteht, dass das seit 12. Dezember 2018 eingegangene Dienstverhältnis vorzeitig aufgekündigt werden wird, ist daher davon auszugehen, dass sie für die beabsichtigte Dauer des Aufenthaltstitels ihres Ehemannes ein monatliches Einkommen von Euro 1.432,72 brutto unter Berücksichtigung der Zulage erzielen wird, was gemäß dem Brutto-Netto-Rechner des BMF unter Berücksichtigung des Alleinverdiener/Alleinerzieherabsetzbetrages und der Weihnachtsremuneration bzw. des Urlaubszuschusses Euro 1.374,44 netto entspricht. Bei Geltendmachung des vollen Familienbonus plus ergibt dies monatlich Euro 1.411,96 netto. Zusätzlich kommen Ersparnisse in Höhe von Euro 1.500,-- hinzu, was auf 12 Monate aufgeteilt Euro 125,-- entspricht. Das monatliche Einkommen in Höhe von Euro 1.536,96 entspricht damit ungefähr dem erforderlichen Richtsatz nach § 293 ASVG in Höhe von Euro 1.542,94.

Der Vollständigkeit halber bleibt zu erwähnen, dass die Unterhaltsansprüche des minderjährigen Kindes der Ehefrau des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt werden können, da diese der Deckung der Bedürfnisse des Kindes ebenso dienen wie die Familienbeihilfe (vgl. VwGH 22.9.2011, 2009/18/0121; 8.11.2018, Ra 2018/22/0246).

Zusammenfassend ist somit davon auszugehen, dass das erforderliche Mindesteinkommen für die Dauer des Aufenthaltstitels gegeben ist und somit der Aufenthalt des Beschwerdeführers zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen kann und wird.

Im Verfahren vor der belangten Behörde wurden durch Vorlage des Goethe-Zertifikats B1 und B2 zudem entsprechende Kenntnisse der deutschen Sprache nachgewiesen, sodass auch die Voraussetzung des § 21a Abs. 1 NAG gegeben ist.

Damit werden vom Beschwerdeführer sämtliche Erteilungsvoraussetzungen erfüllt, sodass der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen ist.

Die spruchgemäße Befristung des erteilten Aufenthaltstitels auf 12 Monate gründet sich auf § 20 Abs. 1 NAG.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht das gegenständliche Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Fremden- und Aufenthaltsrecht; Aufenthaltstitel; Familienangehöriger; Einkünfte; Richtsätze;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.772.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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