Entscheidungsdatum
11.01.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W110 2186901-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Peter CHVOSTA als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Margret KRONEGGER sowie den Richter Dr. Christian EISNER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch XXXX Rechtsanwälte GmbH, Volksgartenstraße 3,
2. OG, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Schienen-Control Kommission vom 16.1.2018, Zl. SCK-17-016, betreffend Maßnahmen der Wettbewerbsaufsicht, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 74 Abs. 1 Eisenbahngesetz und § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.01.2018 erklärte die Schienen-Control Kommission als nunmehr belangte Behörde gemäß § 74 Abs 1 Z 4 - 6 Eisenbahngesetz, BGBl. 60/1957 idF BGBl. I 137/2015 (im Folgenden: EisbG), einzelne Bestimmungen in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen 2018 für unwirksam (Spruchpunkt I.1.), nämlich
"die in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen für das Jahr 2018, gültig gemäß Punkt 1.5. der Schienennetz-Nutzungsbedingungen 2018 vom 10.12.2017 bis zum 08.12.2018, gemäß Punkt 2.3.4. im Anhang 4 ‚Bahnstromnetznutzung' unter Punkt 3. a) und unter Punkt 3. b) veröffentlichten Tarife ‚Nutzung Umformung XXXX Bahnstrom' und ‚Verteilung XXXX Bahnstrom' (...) in ihrer mit 16.11.2017 geänderten und veröffentlichten Fassung in der Version 2.0".
In Spruchpunkt I.2. trug die belangte Behörde der Beschwerdeführerin auf, die für unwirksam erklärten Tarifbestimmungen binnen drei Tagen ab Bescheidzustellung aus dem Anhang 4 "Bahnstromnetznutzung" zu den Schienennetz-Nutzungsbedingungen 2018 (im Folgenden: SNNB) zu entfernen, die Bestimmungen durch die Tarife in ihrer mit 09.12.2016 veröffentlichten Fassung der Version 1.0 der SNNB 2018 zu ersetzen und ab Bescheidzustellung jede Berufung auf die für unwirksam erklärten Tarifbestimmungen zu unterlassen (Spruchpunkt I.3.). Des Weiteren wies die belangte Behörde Anträge der mitbeteiligten Partei ab (Spruchpunkt II.).
In ihrer Bescheidbegründung stellte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges die Erhöhung der im Anhang 4 unter Punkt 3.a) und unter Punkt 3.b) festgelegten Tarife für die "Nutzung Umformung XXXX Bahnstrom" und für die "Verteilung XXXX Bahnstrom" in der Version 2.0 der SNNB für das Jahr 2018 gegenüber den Tarifen der Version 1.0 der SNNB 2018 fest.
Die mitbeteiligte Partei habe - so die belangte Behörde - die Erhöhung der Bahnstromnetznutzungstarife als Verstoß gegen die eisenbahnrechtlichen Veröffentlichungspflichten gerügt und beantragt, die entsprechenden Bestimmungen in den SNNB für unwirksam zu erklären und ihre Verwendung zu untersagen. Dagegen habe die Beschwerdeführerin die Änderung der SNNB damit begründet, dass mit Inkrafttreten der Systemnutzungsentgelte-Verordnung 2018 eine Erhöhung der vorgelagerten Netzkosten auf den Netzebenen 1 und 2 und damit bei der Beschwerdeführerin ein Anstieg der Kosten bewirkt werde, die wiederum im Bahnstromnetznutzungstarif zu berücksichtigen seien. Andernfalls würde die Beschwerdeführerin diese Kosten endgültig tragen müssen, was eine Subventionierung der Bahnstromnetznutzungstarife zugunsten der Eisenbahnverkehrsunternehmen bedeute.
Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass die SNNB gemäß § 59 Abs. 8 EisbG mindestens vier Monate vor Ablauf der Frist, die in § 65 Abs. 4 EisbG genannt wird, zu veröffentlichen seien. Dies gelte auch für Änderungen der SNNB. Gemäß § 65 Abs. 4 EisbG dürfe die Frist für die Einbringung von Begehren auf Zuweisung von Fahrwegkapazität nicht mehr als zwölf Monate vor dem Inkrafttreten des Netzfahrplanes ablaufen. Da als Termin für den jährlichen Wechsel der Netzfahrplanperiode gemäß den Bestimmungen der SNNB der 10.4.2017 verlautbart worden sei, sei die Veröffentlichung der Entgeltbestimmungen in den SNNB folgerichtig am 9.12.2016 erfolgt, wogegen die Veröffentlichung der SNNB 2018 in der Version 2.0 mit 16.11.2017 ein Jahr später erfolgt sei, wobei es sich um die Änderung des Tarifs einer zentralen Serviceleistung in erheblichem Umfang handle.
2. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides, mit der die Erhöhung der Bahnstromnetznutzungsentgelte durch die Beschwerdeführerin für unzulässig erklärt wurde, richtete sich die vorliegende Beschwerde vom 16.02.2018, die von der belangten Behörde am 22.02.2018 samt Verwaltungsakt vorgelegt wurde.
Inhaltlich wendete sich die Beschwerdeführerin gegen die behördliche Unwirksamerklärung der (angepassten) Tarifbestimmungen u.a. mit der Begründung, die Rechtsansicht der belangten Behörde bewirke, dass eine Weitergabe der aufgrund der Systemnutzungsentgelte-Verordnung 2018 erfolgten Erhöhung der Bahnstromkosten an die Netznutzer unmöglich sei und sie, die Beschwerdeführerin, selbst die Kostenerhöhung tragen müsse. Dies widerspreche der vom Gesetzgeber vorgesehenen vollen Deckung der Kosten des Netzbetreibers und bewirke eine Marktverzerrung zulasten der Beschwerdeführerin, die - entgegen § 69b Abs. 1 EisbG - tatsächlich anfallende Kosten nicht weiterverrechnen dürfe. Richtigerweise sei die Erhöhung der Systemnutzungsentgelte den Netznutzern (und damit den Eisenbahnverkehrsunternehmen) weiterzugeben, womit "die Kosten der Netznutzung dem Infrastrukturbetreiber voll abgegolten werden" würden. Insbesondere die Transparenzvorschriften im Zusammenhang mit den SNNB dürften nicht zu einer Überwälzung der Bahnstromnetznutzungskosten auf den Bahnstromnetzbetreiber führen.
Die Version 1.0 der SNNB 2018 sei - so die Beschwerdeführerin weiter - rechtzeitig am 9.12.2016 veröffentlicht worden. Als im Vorfeld der Erlassung der Systemnutzungsentgelte-Verordnung 2018 klargeworden sei, dass die Netzentgelterhöhung in der geplanten Form per 1.1.2018 in Kraft treten würde, habe die Beschwerdeführerin einen dringenden Handlungsbedarf gesehen und ihre SNNB 2018 im Interesse der Eisenbahnverkehrsunternehmen frühestmöglich am 16.11.2017 angepasst. Trotz ihrer raschen Reaktion habe die Beschwerdeführerin die Erfüllung der gesetzlichen Frist für die Veröffentlichung der SNNB - aufgrund des spät gestarteten Normsetzungsverfahrens zur Systemnutzungsentgelte-Verordnung - nicht gewährleisten können. Die Erhöhung der Bahnstromnetztarife in den SNNB sei notwendig gewesen, weil durch die Erlassung der Systemnutzungsentgelte-Verordnung 2018 die vorgelagerten Netzkosten um Euro XXXX . höher ausgefallen seien als nach der bis dahin gültigen Systemnutzungsentgelte-Verordnung 2012 idF 2017. In diesem Zusammenhang machte die Beschwerdeführerin auch einen Begründungsmangel geltend.
Würde man der Ansicht der belangten Behörde folgen, hätten - so die Beschwerdeführerin - § 59 Abs. 2 EisbG und Art. 27 Abs. 3 der Richtlinie 2012/34/EU keinen Anwendungsbereich. Außerdem sei unsachlich, wenn - wie im vorliegenden Fall - keine Möglichkeit bestehe, die tatsächlich entstehenden Bahnstromnetznutzungskosten rechtzeitig bekannt zu geben und daraus eine erhebliche Zusatzbelastung für den Eisenbahninfrastrukturbetreiber resultiere. Deshalb sei § 59 Abs. 8 EisbG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass er die Abänderungspflicht nach Abs. 2 leg. cit. in jenen Fällen nicht betrifft, in denen ein nicht in der Ingerenz der Beschwerdeführerin stehender Umstand eine faktische Änderung der Tarife bewirke. Nach Wiedergabe der verfassungsgerichtlichen Judikatur zum Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, dass die Tragung der in Rede stehenden Kosten durch sie selbst in keinem öffentlichen Interesse stehe. Eine Veröffentlichung aktualisierter SNNB nach Ablauf der gesetzlichen Frist treffe alle Eisenbahnverkehrsunternehmen gleichermaßen und stehe dem Wettbewerb nicht entgegen.
3. Mit Beschluss vom 6.3.2018 gab das Bundesverwaltungsgericht dem Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht statt.
4. In ihrer Äußerung vom 28.3.2018 trat die belangte Behörde den Beschwerdeausführungen entgegen und betonte, dass nach ihrer Ansicht die Einhaltung der Veröffentlichungsvorschriften bei Erhöhung der Systemnutzungsentgelte keineswegs zu einer endgültigen Kostentragung durch die Beschwerdeführerin führe, sondern nur für den in Frage stehenden Zeitraum des Jahres 2018 bis zur gesetzlich zulässigen Veröffentlichung der Tarifänderung. Die Abbildung der entstandenen Netzkosten sei daher in der folgenden Tarifperiode möglich. Die Leistung des Bahnstromnetzbetreibers stelle ein qualifiziertes natürliches Monopol dar, weshalb nicht von einer "Marktverzerrung zulasten der Beschwerdeführerin" gesprochen werden könne. Die gesetzliche Preisregulierung sei Ausdruck der weiterbestehenden Monopolstellung des Infrastrukturbetriebs nach Marköffnung in den Sektoren der Netzwirtschaften. Die vorgebrachte verfassungskonforme Interpretation der Beschwerdeführerin führe zu einer erheblichen Diskriminierung der den SNNB unterworfenen Eisenbahnverkehrsunternehmen. Um einseitige und überraschende Änderungen der SNNB, denen die Eisenbahnverkehrsunternehmen mangels möglicher Alternativanbieter nicht ausweichen könnten, zu verhindern, bedürfe es der gesetzlichen Einschränkung der Marktmacht von Infrastrukturbetreibern und Betreibern von Serviceeinrichtungen, weshalb die in Rede stehenden Regelungen keinen unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit des Eigentums darstellen würden.
5. Die mitbeteiligte Partei trat in ihrer Beschwerdebeantwortung vom 10.4.2018 ebenfalls den Ausführungen der Beschwerdeführerin entgegen. U.a. hob sie die Planungssicherheit, die durch die Fristen des EisbG angestrebt worden sei, für die Eisenbahnverkehrsunternehmen hervor, die ihrerseits Endkundenpreise kalkulieren und das Leistungsangebot planen müssten. Eine nachträgliche Erhöhung von Vorleistungskosten könne zur Insolvenz des Eisenbahnverkehrsunternehmens führen, da es die höheren Vorleistungspreise am Endkundenmarkt nicht nachträglich weitergeben könne. Was die behauptete Wettbewerbsverzerrung zulasten der Beschwerdeführerin anbelangt, nahm die mitbeteiligte Partei den Standpunkt ein, dass sie sich mit der Beschwerdeführerin in keinem Wettbewerbsverhältnis befinde. Auch wenn dies - so die mitbeteiligte Partei - für das vorliegende Verfahren nicht maßgeblich sei, vertrat sie die Ansicht, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Leistung der Bahnstromnetznutzung nicht um die Gewährung von Serviceleistungen iSd § 58b Abs. 2 Z 2 EisbG, sondern um den Zugang zum Mindestzugangspaket iSd § 58 Abs. z 3 EisbG handle.
6. Die Äußerungen wurden den Parteien des Verfahrens zur Kenntnis gebracht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitig erhobene und zulässige Beschwerde - durch einen gemäß § 7 Abs. 1 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz gebildeten Senat - erwogen:
1. Folgender Sachverhalt steht fest:
Die Beschwerdeführerin ist Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Betreiberin einer Serviceeinrichtung iSd § 62a Abs. 1 EisbG.
Die SNNB für das Jahr 2018 enthielten in der am 9.12.2016 veröffentlichten Version 1.0, gültig vom 10.12.2017 bis zum 08.12.2018, nach Punkt 2.3.4. im Anhang 4 "Bahnstromnetznutzung" unter Punkt 3. a) und unter Punkt 3. b) die Tarife ‚Nutzung Umformung XXXX Bahnstrom' und "Verteilung XXXX Bahnstrom". Die Tarife betrugen Euro XXXX im Hochtarif und Euro XXXX im Niedertarif für die Tarifpositionen "Nutzung Umformung XXXX Bahnstrom" und Euro XXXX im Hochtarif und Euro XXXX im Niedertarif für die Tarifposition "Verteilung XXXX Hz Bahnstrom".
Die in den SNNB für das Jahr 2018 im Anhang 4 "Bahnstromnetznutzung" unter Punkt 3. a) und unter Punkt 3. b) veröffentlichten Tarife betrugen laut Version 2.0 Euro XXXX im Hochtarif und Euro XXXX im Niedertarif für die Tarifpositionen "Nutzung Umformung XXXX Bahnstrom" und Euro XXXX im Hochtarif und Euro XXXX im Niedertarif für die Tarifposition "Verteilung XXXX Bahnstrom". Die Version 2.0 wurde am 10.11.2017 veröffentlicht.
Als Termin für den jährlichen Wechsel der Netzfahrplanperiode legte die Beschwerdeführerin in den SNNB 2018 den zweiten Samstag im Dezember, 24.00 Uhr, fest; als Bestellfrist für die Fahrwegkapazität hinsichtlich der Netzfahrplanperiode 2018 hat die Beschwerdeführerin den 10.4.2017 als Hauptbestelltermin in den SNNB 2018 verlautbart.
Die Systemnutzungsentgelte-Verordnung 2018 wurde am 21.12.2017, BGBl. II 398/2017, kundgemacht und trat am 1.1.2018 in Kraft. Gemäß § 5 dieser Verordnung kommt es zu einem erheblichen Anstieg der Kosten auf den Netzebenen 1 und 2.
2. Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen beruhen auf dem Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakts. Der Sachverhalt war bereits im Verfahren vor der belangten Behörde unstrittig.
3. Rechtlich folgt daraus:
Zu A) In der Sache:
3.1 Die maßgebenden Bestimmungen des EisbG lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 59. (1) [...]
(2) Ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen hat seine Schienennetz-Nutzungsbedingungen auf dem neuesten Stand zu halten, bei Bedarf zu ändern und gegenüber jedem Fahrwegkapazitätsberechtigten in gleicher Weise anzuwenden.
[...]
(8) Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen haben die Schienennetz-Nutzungsbedingungen sowie deren Änderungen mindestens vier Monate vor Ablauf der Frist (§ 65 Abs. 4) für die Einbringung von Begehren auf Zuweisung von Fahrwegkapazität unentgeltlich in elektronischer Form auf ihrer Internetseite in für jedermann zugänglicher Weise zu veröffentlichen und der Schienen-Control Kommission innerhalb eines Monats ab Erstellung oder Änderung derselben vorzulegen.
[...]
§ 65. (1) [...]
(4) Die Frist für die Einbringung von Begehren von Fahrwegkapazitätsberechtigten auf Zuweisung von Fahrwegkapazität, die in den Netzfahrplan aufgenommen werden soll, darf nicht mehr als zwölf Monate vor dem Inkrafttreten des Netzfahrplanes ablaufen. Spätestens vier Monate nach Ablauf der Frist für die Einbringung von Begehren auf Zuweisung von Fahrwegkapazität durch die Fahrwegkapazitätsberechtigten hat die Zuweisungsstelle einen Netzfahrplanentwurf zu erstellen."
Diese innerstaatliche Rechtslage ist vor allem vor dem Hintergrund der RL 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.11.2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums, ABl L 343 vom 14.12.2012, S 32, mit der die RL 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.2.2001, ABl L 75 vom 15.3.2001, S 29, aufgehoben wurde, zu sehen, deren Art. 27 Abs. 3 und 4 lauten:
"Artikel 27
Schienennetz-Nutzungsbedingungen
(1) Der Infrastrukturbetreiber erstellt und veröffentlicht nach Konsultation mit den Beteiligten Schienennetz-Nutzungsbedingungen, die gegen Zahlung einer Gebühr, die nicht höher sein darf als die Kosten für die Veröffentlichung dieser Unterlagen erhältlich sind.
[...]
[...]
(3) Die Schienennetz-Nutzungsbedingungen sind auf dem neuesten Stand zu halten und bei Bedarf zu ändern.
(4) Die Schienennetz-Nutzungsbedingungen sind mindestens vier Monate vor Ablauf der Frist für die Beantragung von Fahrwegkapazität zu veröffentlichen."
3.2 In Umsetzung des Art. 27 Abs. 4 der RL 2012/34/EU soll mit der Pflicht zur rechtzeitigen Veröffentlichung der SNNB Transparenz und ein diskriminierungsfreier Zugang zu den Eisenbahnfahrwegen und Leistungen in Serviceeinrichtungen für alle Eisenbahnunternehmen sichergestellt werden (vgl. 34. Erwägungsgrund der RL 2012/34/EU). Dass die Veröffentlichungsfrist auf die Zuweisung von Fahrwegkapazität Bezug nimmt, verdeutlicht, dass diese Vorlauffrist im Wesentlichen die bessere Planbarkeit des Verkehrsangebotes der Eisenbahnverkehrsunternehmen und die effizient-wirtschaftliche Nutzung der Schieneninfrastruktur bewirken soll (vgl. auch 49. Erwägungsgrund der RL 2012/34/EU). Es soll damit das Verfahren der Netzplanerstellung in zeitlicher Hinsicht strukturiert und den Zugangsberechtigten rechtzeitig klare Informationen über Fahrwegkapazitäten gegeben werden (idS zur alten Rechtslage vgl. VwGH 16.12.2015, 2013/03/0034). Dies steht wiederum vor dem Hintergrund, dass Eisenbahnverkehrsunternehmen als Marktteilnehmer und Zugangsberechtigte Kundenpreise rechtzeitig kalkulieren und Leistungsangebote planen müssen.
Gemäß § 65 Abs. 4 EisbG darf die Frist für die Einbringung von Begehren auf Zuweisung von Fahrwegkapazität nicht mehr als zwölf Monate vor dem Inkrafttreten des Netzfahrplanes ablaufen. Mindestens vier Monate vor Ablauf dieser Frist sind die SNNB - sowie deren Änderungen - in näher genannter Weise zu veröffentlichen (§ 59 Abs. 8 EisbG).
3.3 Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass angesichts des Hauptbestelltermins für Fahrwegkapazität am 10.4.2017 die SNNB 2018 in der Version 1.0 gemäß den eisenbahnrechtlichen Vorschriften rechtzeitig am 9.12.2016 veröffentlicht wurden (vgl. S. 3 der Beschwerde). Ebenfalls unbestritten blieb der Umstand, dass die Veröffentlichung der SNNB 2018 in der Version 2.0 nach Ablauf der gesetzlichen Frist erfolgt ist (vgl. S. 4 der Beschwerde).
Die Rechtmäßigkeit der Änderung in den SNNB rechtfertigte die Beschwerdeführerin aus ihrer Sicht damit, dass die Einhaltung der Veröffentlichungsfrist im vorliegenden Fall weder faktisch möglich noch rechtlich erforderlich gewesen sei. Letzteres begründete die Beschwerdeführerin u.a. mit einer verfassungskonformen Interpretation der eisenbahnrechtlichen Vorschriften einerseits sowie mit dem Hinweis auf § 59 Abs. 2 EisbG andererseits, demzufolge die SNNB auf dem neuesten Stand zu halten und bei Bedarf zu ändern seien. Der erkennende Senat vermag sich der Ansicht der Beschwerdeführerin jedoch aus folgenden Erwägungen nicht anzuschließen:
3.3.1 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass § 59 Abs. 8 EisbG nach seinem klaren Wortlaut nicht nur die (Erst-)Veröffentlichung der SNNB sondern auch deren Änderung an die Einhaltung der dort näher präzisierten Frist bindet. Angesichts der Bedeutung der Veröffentlichungsvorschriften des EisbG zugunsten der Transparenz und der Planbarkeit hinsichtlich der Inanspruchnahme der Schieneninfrastruktur durch die Eisenbahnverkehrsunternehmen kann die Regelung des § 59 Abs. 2 EisbG, wonach die SNNB bei Bedarf zu ändern sind, nicht dahingehend interpretiert werden, dass jede beliebige Änderung der SNNB ungeachtet der Transparenzvorschriften zulässig wäre. Dies würde der Zielsetzung dieser Vorschriften (und damit den Intentionen des nationalen und des europäischen Gesetzgebers) eklatant zuwiderlaufen. Folglich liegt die Lösung des Verhältnisses zwischen den Anordnungen in § 59 Abs. 8 und in § 59 Abs. 2 in der Auslegung des Begriffs des "Bedarfs", der an einer Änderung der SNNB bestehen muss.
Wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführte, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits im oben zitierten Erkenntnis vom 16.12.2015, 2013/03/0034, mit dieser Thematik in einer etwas anders gelagerten Konstellation auseinandergesetzt: Den hier interessierenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes lag der Sachverhalt zugrunde, dass die Infrastrukturbetreiberin Entgelte für bestimmte Leistungen als Konsequenz einer behördlichen Entscheidung in die SNNB aufgenommen hatte, da die Regulierungsbehörde zuvor der Annahme der Infrastrukturbetreiberin, dass jene Entgelte nicht in die SNNB aufzunehmen seien, eine Absage erteilt hatte. In der Folge sei - so der Verwaltungsgerichtshof - die Infrastrukturbetreiberin gehalten gewesen, der rechtskräftigen behördlichen Entscheidung Rechnung zu tragen und entsprechende Regelungen in die SNNB aufzunehmen, um diese auf dem neuesten Stand zu halten. Im Hinblick auf die Vorgängerregelung des aktuellen § 59 Abs. 8 EisbG, nämlich § 59 Abs. 2 EisbG idF BGBl. I 38/2004, führte der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus:
"Mit der die beschwerdeführende Partei treffenden Verpflichtung, die Schienennetz-Nutzungsbedingungen auf dem neuesten Stand zu halten und bei Bedarf zu ändern, ist es nicht vereinbar, wenn die belangte Behörde die von der beschwerdeführenden Partei vorgenommene Änderung deshalb für unwirksam erklärt hat, weil dabei die Frist für die Einbringung von Begehren auf Zuweisung von Zugtrassen nicht eingehalten wurde. § 59 Abs. 2 EisbG steht einer ‚bei Bedarf' erfolgenden Änderung bereits - unter Einhaltung der in dieser Frist normierten Frist - veröffentlichten SNNB, um einer behördlichen Entscheidung zu entsprechen, nicht entgegen".
Grund dieser Änderung der SNNB war somit - anders als im vorliegenden Fall - die Aufnahme von Entgelten für bestimmte Leistungen als Folge einer durch die belangte Behörde getroffenen Entscheidung gewesen, wobei die Infrastrukturbetreiberin gehalten war, der behördlichen Entscheidung nachzukommen.
Im gegenständlichen Verfahren ist die in Rede stehende Änderung der SNNB nicht auf eine Entscheidung der belangten Behörde zurückzuführen, sondern auf einen Anstieg des Netznutzungsentgelts. Dass dies in gewisser Weise wiederum auf einen Hoheitsakt, nämlich eine Verordnung der Regulierungskommission der E-Control, zurückgeht, macht - anders als die Beschwerdeführerin behauptet (S. 9 der Beschwerde) - die gegenständliche Konstellation nicht mit jener vergleichbar, die dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2015 zugrunde lag.
In Anbetracht des vorliegenden Falles kann dahingestellt bleiben, unter welchen Voraussetzungen - abgesehen von der Bedachtnahme auf eine Entscheidung der belangten Behörde (wie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes zu 2012/03/0034) - von einem solchen Bedarf für eine Änderung der SNNB auszugehen ist, der von der Einhaltung der Transparenzvorschriften nach § 59 Abs. 8 leg.cit. entbindet. Die kurzfristig - im Übrigen noch vor Erlassung der Systemnutzungsentgelte-Verordnung 2018 - vorgenommene Änderung der Bahnstromnetznutzungstarife in den SNNB greift in Anbetracht des Umfangs des Entgeltanstiegs (siehe S. 4 der Beschwerde) erheblich in die bereits getroffenen Dispositionen der Eisenbahnverkehrsunternehmen hinsichtlich der begehrten Fahrwegkapazitäten ein, wogegen die Infrastrukturbetreiberin - wie die belangte Behörde mehrfach ausführte - die Kostenerhöhung in der nächstfolgenden Tarifperiode unter Beachtung der Publikationsvorschriften durchaus berücksichtigen könnte (siehe auch S. 2 der Beschwerde unter 1.1 zweiter Absatz). Vor diesem Hintergrund kann im vorliegenden Fall kein Bedarf einer Änderung der SNNB angenommen werden, der die Außerachtlassung der Anordnung des § 59 Abs. 8 EisbG rechtfertigen könnte.
Am Ergebnis dieser Abwägung ändert auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Vollkostendeckung des Infrastrukturbetreibers nichts, da die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Konsequenz, nämlich dass die Erhöhung der Bahnnetznutzungstarife in den SNNB für eine bestimmte Netzfahrplanperiode wegen des mittlerweile eingetretenen Fristablaufs zeitlich nicht (mehr) möglich ist, mit dem Umstand, dass die Einhaltung bestimmter Fristen gesetzlich vorgeschrieben sind, zwangsläufig einhergeht.
3.3.2 Soweit die Beschwerdeführerin ihren Standpunkt auf verfassungsrechtlichen Überlegungen gründet, ist Folgendes zu bemerken:
Der Gleichheitsgrundsatz bindet nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch den Gesetzgeber (vgl. z.B. VfSlg. 13.327/1993, 16.407/2001, 20.151/2017). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. z.B. VfSlg. 14.039/1995, 16.407/201). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl. etwa VfSlg. 16.176/2001, 16.504/2002). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (siehe VfSlg. 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003).
Im vorliegenden Fall sollen die in Rede stehenden Veröffentlichungsvorschriften des EisbG - wie bereits erwähnt - einen diskriminierungsfreien Zugang zum Bahnnetz und Wettbewerb im Schienenverkehr fördern sowie die verlässliche Planbarkeit und Kalkulierbarkeit hinsichtlich des Leistungsangebotes der zugangsberechtigten Eisenbahnverkehrsunternehmen und damit die effiziente Nutzung der Schieneninfrastruktur gewährleisten (siehe oben 3.2). Die Tatsache, dass die Veröffentlichungsfristen einer allfälligen relativ kurzfristigen bzw. umgehenden Überwälzung der Kosten des Betreibers der Schieneninfrastruktur auf die Marktteilnehmer entgegenstehen, stellt eine Konsequenz der gesetzlichen Anordnung solcher Fristen dar und macht diese Regelungen - hält man sich ihre bereits erwähnten Zielsetzungen vor Augen - auch nicht unsachlich. Es kann aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts eine Überschreitung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums nicht erkannt werden, wenn der Gesetzgeber mit seinen gesetzlichen Anordnungen zur Förderung der Transparenz und des Wettbewerbs eine bloß zeitversetzte Überwälzung bestimmter Kosten des Infrastrukturbetreibers als natürlichen Monopolisten gegenüber den Eisenbahnverkehrsunternehmen (gewissermaßen als Begleiteffekt dieser Regelungen) in Kauf genommen hat.
Schon aus diesen Erwägungen geht der erkennende Senat vor dem Hintergrund der diesbezüglichen verfassungsgerichtlichen Judikatur auch nicht von einem unverhältnismäßigen bzw. zur Erreichung eines öffentlichen Interesses ungeeigneten und insgesamt unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums - wie ihn die Beschwerdeführerin behauptete - aus. Der erkennende Senat hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken, die einen Antrag nach Art. 140 B-VG rechtfertigen würden.
4. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.
5. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 iVm Abs. 4 VwGVG entfallen, weil dadurch eine weitere Klärung des Falles nicht zu erwarten ist und auch Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegen steht:
Der EGMR vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass ein Beschwerdeführer grundsätzlich das Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, wenn nicht außergewöhnliche Umstände, die eine Ausnahme davon rechtfertigen, vorliegen (vgl. EGMR 10.5.2007, 7401/04, Hofbauer gegen Österreich II; 3.5.2007, 17912, Bösch gegen Österreich; 13.3.2012, 13556/07, Efferl gegen Österreich). Von solchen außergewöhnlichen Umständen ist der EGMR ausgegangen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft (vgl. iSd jüngst EGMR 18.7.2013, 56422/09, Schädler-Eberle gegen Liechtenstein); eine Verhandlung ist dann nicht geboten, wenn etwa keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen unbestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann; die staatlichen Behörden können auch auf Aspekte der Effizienz und Verfahrensökonomie Rücksicht nehmen und auf das Gebot der angemessenen Verfahrensdauer Bedacht nehmen (vgl. VwGH 29.1.2014, 2013/03/0004 mwH).
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im vorliegenden Fall geklärt; er war schon im verwaltungsbehördlichen Verfahren als solcher unstrittig (siehe oben II.2). In der Beschwerde wurden diesbezüglich keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Mit einem Parteiengehör auf schriftlichem Weg konnte daher das Auslangen gefunden werden. Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision
Für das vorliegende Verfahren ist die Revision gemäß § 25a Abs. 1 VwGG iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, da der gegenständliche Fall von der Lösung von Rechtsfragen abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt:
Normbedenken gegen maßgebliche Gesetzesbestimmungen, zu deren Beantwortung der Verfassungsgerichtshof zuständig wäre, stellen zwar keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG dar (siehe VwGH 27.4.2015, Ra 2015/11/0011), eine solche ist jedoch aus einem anderen Grund gegeben: Wenn auch aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts die Gesetzeslage einer Änderung der SNNB im gegenständlichen Fall entgegensteht, liegt - ungeachtet des oben zitierten Erk. vom 16.12.2015, 2013/03/0034, das lediglich eine Facette denkbarer Änderungsgründe betroffen hat - noch keine abschließend klärende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur gegenständlichen Konstellation vor.
Schlagworte
Aufsicht, Diskriminierungsverbot, Entgeltfestlegung, Frist,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W110.2186901.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.03.2019