TE Lvwg Erkenntnis 2019/1/23 LVwG-2018/16/2721-4

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Veröffentlicht am 23.01.2019
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Entscheidungsdatum

23.01.2019

Index

90/02 Kraftfahrgesetz;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §45 Abs1 Z4;

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Lehne über die Beschwerde des Herrn AA, D-Z, vertreten durch BB, Adresse 1, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 19.11.2018, Zl ****, betreffend eine Übertretung nach dem KFG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht erkannt:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Ziffer 4 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Aufgrund einer Lenkeranzeige gegen den Beschwerdeführer wegen Übertretungen des § 4 StVO 1960 hat die belangte Behörde an den Beschwerdeführer eine Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe gerichtet. Dieser hat die Lenkeranfrage dahingehend beantwortet, dass ihn die Auskunftspflicht trifft, aber ihm der Lenker nicht bekannt wäre. Daraufhin wurde das Straferkenntnis der belangten Behörde wegen Übertretung des § 103 Abs 2 KFG 1967 erlassen mit dem über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 250,--, Ersatzarrest von 122 Stunden zuzüglich der Verfahrenskosten I. Instanz verhängt wurde. Dagegen hat der Beschwerdeführer mit der wesentlichen Begründung Beschwerde erhoben, dass die Lenkeranfrage unnötig gewesen wäre, der Beschwerdeführer nie bestritten habe, den Unfall verursacht zu haben und dass er auch einen Verständigungszettel am seinerzeitig beschädigten Unfallfahrzeug hinterlassen habe. Es wurde beantragt das Verfahren einzustellen bzw das Verfahren mit einer Ermahnung abzuschließen.

Im Beschwerdeverfahren wurde Beweis aufgenommen durch die Einholung einer Stellungnahme jenes Polizisten, der den Unfallbericht erstellt hat, sowie die Verlesung von Erklärungen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau. Weitere Beweisanträge wurden nicht gestellt. In der Schlussäußerung wurde auf das bisherige Vorbringen verwiesen.

II.      Sachverhalt:

Es ist unbestritten dass der Beschwerdeführer am 21.07.2018 im Bereich der W-Bahn am Parkplatz einen Sachschaden an einem Fahrzeug mit deutscher Zulassung verursacht hat, einen Verständigungszettel mit seinem Namen und seiner Telefonnummer an der Windschutzscheibe des beschädigten Fahrzeuges hinterlassen hat und dass sich sodann der Beamte, der den Unfall aufnahm unter dieser Nummer bei seiner Frau meldete, die nicht bestritten hat, dass der gegenständliche Sachschadenunfall durch den Beschwerdeführer verursacht wurde und dass auch der Beschwerdeführer der Lenker war. Die Lenkeranfrage hat der Beschwerdeführer unrichtig beantwortet.

III.     Beweiswürdigung:

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer Lenker des Fahrzeuges war, ergibt sich sowohl aus der Anzeige als auch den Erklärungen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau sowie der Stellungnahme des Polizisten. Es bestand keinerlei Verschleierungsabsicht. Dass die Lenkeranfrage falsch beantwortet wurde, ergibt sich aus dem ausgefüllten Formular.

IV.      Rechtliche Beurteilung:

§ 103 Abs 2 KFG

„§ 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

(1) …

(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

(3) …“

Als Verschuldensgrad ist leichte Fahrlässigkeit anzunehmen. Der Unrechtsgehalt der Übertretung ist in diesem Fall entscheidend geringer als bei vergleichbaren typischen Fällen dieser Art. Der Beschwerdeführer hat nie bestritten, den Unfall verursacht zu haben. Er hatte keinerlei Absicht den Unfallhergang zu verschleiern. Er hat sich zu der Verursachung des Sachschadens bekannt. Das Gericht sieht daher die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Ziffer 4 VStG als gegeben an, weshalb das Verfahren nach dieser Gesetzesstelle einzustellen ist.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum früheren § 21 VStG (der der Vorläufer der Bestimmung des § 45 Abs 1 Ziffer 4 VStG 1991 ist), die auch nicht als uneinheitlich zu bezeichnen ist, wurde nicht abgewichen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Lehne

(Richter)

Schlagworte

Unrichtig beantwortete Lenkeranfrage;
Unrechtsgehalt aber ein wesentlicher geringerer;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2018.16.2721.4

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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