TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/26 98/03/0137

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Veröffentlicht am 26.05.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §37;
BetriebsO 1986 §32 Abs1 Z3 impl;
BetriebsO 1994 §13 Abs1;
BetriebsO 1994 §16 Abs4;
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3;
KFG 1967 §36 lita;
KFG 1967 §36 litd;
KFG 1967 §44 Abs4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des PS in Wien, vertreten durch Dr. Volkmar Schicker, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jasomirgottstraße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 29. Dezember 1997, Zl. MA 63 - St 178/97, betreffend Taxilenkerausweis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 16. Juli 1997 auf Ausstellung eines Taxilenkerausweises gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr - BO 1994, BGBl. Nr. 951/1993, in der Fassung der Verordnung

BGBl. Nr. 1028/1994, abgewiesen.

Nach der Begründung dieses Bescheides sei der Beschwerdeführer

rechtskräftig schuldig erkannt worden:

"von der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro,

1.) mit Strafverfügung vom 24.5.1995, S 88167/FR/95, vom 2.10.1994 bis 18.5.1995 sich in Wien 16, T-Gasse, als Fremder, ohne im Besitz eines Sichtvermerks, einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Asylgesetz oder einer Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes zu sein, somit nicht rechtmäßig, im Bundesgebiet aufgehalten zu haben, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §§ 15 Abs. 1 iVm 82 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz begangen zu haben (Strafe: Geldstrafe in der Höhe von S 1.600,--),

von der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Wieden,

2.) mit Strafverfügung vom 19.4.1995, S 62670/W/95, sich am 30.11.1994 um 21.50 Uhr in Wien 22, Kaisermühlen, die Beförderung durch eine dem öffentlichen Verkehr dienende Einrichtung Zug U1 2085 verschafft zu haben, ohne das nach den Tarifbestimmungen und Beförderungsbedingungen dieser Einrichtung festgesetzte Entgelt ordnungsgemäß entrichtet zu haben, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG begangen zu haben (Strafe: Geldstrafe in der Höhe von S 500,--),

3.) mit Strafverfügung vom 1.6.1995, S 89890/W/95, sich am 22.1.1995 um 14.45 Uhr in Wien 9, Alserstraße, die Beförderung durch eine dem öffentlichen Verkehr dienende Einrichtung Zug U6 4922 verschafft zu haben, ohne das nach den Tarifbestimmungen und Beförderungsbedingungen dieser Einrichtung festgesetzte Entgelt ordnungsgemäß entrichtet zu haben, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG begangen zu haben (Strafe: Geldstrafe in der Höhe von S 500,--),

4.) mit Strafverfügung vom 12.11.1996, S 217967/W/96, am 16.9.1996 um 8.38 Uhr in Wien 6, Mariahilfer Straße 89A Richtung Andreasgasse, mit dem Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen das vor der Kreuzung deutlich sichtbar aufgestellte Gebotszeichen 'Vorgeschriebene Fahrtrichtung geradeaus' nicht beachtet zu haben, weil die Fahrt linksabbiegend fortgesetzt wurde, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a iVm § 52 Z. 15 StVO begangen zu haben (Strafe: Geldstrafe in der Höhe von S 700,--),

5.) mit Straferkenntnis vom 21.4.1997, S 27476/W/97, es als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem (befristeten) Kennzeichen unterlassen zu haben 1.) die Kennzeichentafeln und den Zulassungsschein nach Aufhebung der Zulassung am 16.1.1997 unverzüglich bei der Behörde abzuliefern und das Kraftfahrzeug seit diesem Zeitpunkt auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Großraum Wien verwendet zu haben, 2.) das Kraftfahrzeug ohne aufrechte Zulassung verwendet zu haben und 3.) das Fahrzeug ohne bestehenden Versicherungsschutz verwendet zu haben und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach zu 1.) § 44/4 KFG, zu 2.) § 36 lit. a KFG und 3.) § 36 lit. d KFG begangen zu haben (Strafe: Geldstrafe in der Höhe von zu 1.) S 2.000,--, zu 2.) S 2.000,-- und zu 3.) S 1.000,--) und

6.) mit Strafverfügung vom 28.2.1997, S 30045/W/97, am 30.1.1997 um 15.00 Uhr in Wien 20, Wallensteinstraße Kreuzung Treustraße Richtung Webergasse, mit dem Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen das vor der Kreuzung deutlich sichtbar aufgestellte Gebotszeichen 'Vorgeschriebene Fahrtrichtung geradeaus oder rechts' nicht beachtet zu haben, weil die Fahrt linksabbiegend fortgesetzt wurde, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a iVm § 52 Z. 15 StVO begangen zu haben (Strafe: Geldstrafe in der Höhe von S 700,--)."

Wie es in der Begründung dieses Bescheides weiters heißt, sei die für die Ausübung des Taxigewerbes geforderte persönliche Vertrauenswürdigkeit dann zu verneinen, wenn aus bestimmten Tatsachen zu schließen sei, dass der Betreffende in Zukunft nicht die Gewähr für die Erfüllung der für dieses Gewerbe bestehenden besonderen Anforderungen biete. Der Beschwerdeführer habe innerhalb des letzten Jahres insgesamt dreimal "gegen diese Vorschriften" verstoßen, wobei die Übertretungen des KFG als schwer wiegend zu bezeichnen seien. Das Verwenden eines Kraftfahrzeuges, deren Zulassung aufgehoben worden und für welches kein Versicherungsschutz bestehe, schädige im besonderen Maße das Interesse an der Verkehrssicherheit. Das Nichtbeachten der vorgeschriebenen Fahrtrichtung zeige, dass der Beschwerdeführer gesetzlichen Vorschriften nicht die gehörige Bedeutung beimesse. Dieser Charaktermangel verdeutliche sich auch aus der zweimaligen Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels ohne der Entrichtung des dafür vorgesehenen Entgeltes. Damit müsse beim Beschwerdeführer von einem Mangel an Vertrauensbewusstsein und Rechtstreue ausgegangen werden. Personen, die über diese Charaktereigenschaften verfügten, seien für den Beruf eines Taxilenkers ungeeignet, stellten sie doch durch die Bereitschaft, gesetzliche Bestimmungen zu verletzen, eine zusätzliche Gefahr im Straßenverkehr dar.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Als eine der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Taxilenkerausweises sieht § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 vor, dass der Bewerber vertrauenswürdig ist; die Vertrauenswürdigkeit muss mindestens in den letzten fünf Jahren vor Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, sollen mit dem Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der Sicherheit der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden. Die Frage, ob eine Person vertrauenswürdig ist, ist auf Grund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens des Taxilenkers zu beurteilen. Entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Gleichklang steht, deren Wahrung der Behörde obliegt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. Juli 1995, Zl. 95/03/0003, und die dort zitierte Vorjudikatur). In diesem Sinne ist die für die Ausübung des Taxigewerbes geforderte persönliche Vertrauenswürdigkeit dann zu verneinen, wenn aus bestimmten Tatsachen zu schließen ist, dass der Taxilenker in Zukunft nicht die Gewähr für die Erfüllung der für dieses Gewerbe bestehenden besonderen Anforderungen bietet (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1994, Zl. 93/03/0266).

Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, legte die belangte Behörde bei ihrer Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers das entscheidende Gewicht auf dessen rechtskräftige Bestrafungen wegen Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967 (3. bis 6. der angeführten Bestrafungen). Wenn sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang dagegen wendet, im angefochtenen Bescheid sei lediglich "postuliert", er habe innerhalb des letzten Jahres insgesamt dreimal gegen "diese" Vorschriften verstoßen, und er damit offenbar zum Ausdruck bringen will, es sei unklar, welche Übertretungen gemeint seien, so ist dem nicht zu folgen. Lässt sich doch aus den nachfolgenden Begründungsdarlegungen, in denen inhaltlich auf Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960 eingegangen wird, hinreichend klar erkennen, dass unter "diese" die unter 3. bis 6. angeführten Bestrafungen gemeint sind.

Wenn nun aber die belangte Behörde die (unter 5. angeführten) Übertretungen des KFG 1967 als schwer wiegend bezeichnete, so ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Meinung der belangten Behörde, dass die Verwendung eines Kraftfahrzeuges, dessen Zulassung aufgehoben wurde und für welches kein Versicherungsschutz besteht, im besonderen Maße das Interesse an der Verkehrssicherheit schädigt.

Der Beschwerdeführer bekämpft auch gar nicht die (vom Verwaltungsgerichtshof geteilte) Auffassung der belangten Behörde, meint jedoch, die Behörde hätte seine Behauptung überprüfen müssen, dass er die Kennzeichentafeln rechtzeitig in einem Wachzimmer (und nicht wie es erforderlich gewesen wäre, beim Verkehrsamt) abgegeben habe und derart kein schädliches Verhalten hervorgekommen wäre. Die Rechtswidrigkeit liege in der bloßen Zugrundelegung der Rechtskraft eines Strafbescheides, "auch wenn dieser kein schädliches Verhalten aufzeigt".

Der Beschwerdeführer ist zwar insofern im Recht, dass die Behörde an rechtskräftige Bestrafungen (nur) insofern gebunden ist, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgte, feststeht, die Bindung an rechtskräftige Bestrafungen die Behörde aber nicht davon befreit, die Kriterien für die Vertrauenswürdigkeit des Bewerbers - also insbesondere sein Persönlichkeitsbild - zu untersuchen (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1999, Zl. 98/03/0161). Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen zeigt aber dennoch keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf. Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, dass nach dem Straferkenntnis vom 21. April 1997 die Kennzeichentafeln und der Zulassungsschein "nach Aufhebung der Zulassung am 16.01.1997 unverzüglich" bei der Behörde abzuliefern war. Auf dem Boden der nicht näher konkretisierten Beschwerdeausführungen ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie in ihrer Gegenschrift aufzeigt, dass eine allenfalls Ende Februar erfolgte Abgabe der Kennzeichentafeln in einer Wachstube keinesfalls rechtzeitig sein könne. Der Verwaltungsgerichtshof vermag somit gar nicht zu erkennen, die Kennzeichentafeln wären an sich, wie der Beschwerdeführer meint, "rechtzeitig in einer Wachstube" abgegeben worden.

Dazu kommt noch, dass die belangte Behörde in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise die Bestrafungen wegen Nichtbeachtens der vorgeschriebenen Fahrtrichtung für ihre Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit als wesentlich heranzog (4. und 6. der angeführten Bestrafungen). Gerade der Umstand, dass ein Lenker trotz der Verhängung von Verwaltungsstrafen weiterhin gleichartige Verwaltungsübertretungen begeht, lassen den Schluss zu, dass er derzeit nicht die Gewähr für die Erfüllung der für Taxilenker bestehenden Anforderungen bietet (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. März 1996, Zl. 96/03/0042, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Schon im Hinblick auf diese - in einem relativ kurzen Zeitraum erfolgten - Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960 ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die Annahme der Vertrauenswürdigkeit ausschloss. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob, was vom Beschwerdeführer bekämpft wird, die belangte Behörde zu Recht - wenn auch nur zur "Verdeutlichung", dass der Beschwerdeführer gesetzlichen Vorschriften nicht gehörige Bedeutung beimesse - die zweimalige Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels ohne Entrichtung des dazu vorgesehenen Entgeltes zur Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers heranzog. Gleiches hat für das Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit der rechtskräftigen Bestrafung wegen Übertretung des Fremdengesetzes (1. der angeführten Bestrafungen) zu gelten, und zwar unabhängig von der Frage, ob diese Handlung, derentwegen die Bestrafung erfolgte, von der belangten Behörde für ihre Beurteilung überhaupt herangezogen wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 26. Mai 1999

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998030137.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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