TE Lvwg Erkenntnis 2019/1/2 VGW-151/073/11548/2018

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Veröffentlicht am 02.01.2019
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Entscheidungsdatum

02.01.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

AVG §73 Abs1
VwGVG §8 Abs1
B-VG §130 Abs1 Z3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Linkenhöller über die Säumnisbeschwerde des Herrn A. B. im Verfahren des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, Zl. MA35...,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG wird die Säumnisbeschwerde abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Gang des Verfahrens und festgestellter Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, ein am ...1982 geborener philippinischer Staatsangehöriger, brachte mit Eingabe vom 21.9.2017 bei der belangten Behörde im Postweg einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ ein.

Mit Schreiben vom 14.12.2017 lud die belangte Behörde den Beschwerdeführer, am 28.12.2017 zur persönlichen Vorsprache. Am 22.12.2017 ersuchte der Beschwerdeführer die belangte Behörde per Email, infolge Abwesenheit seines Rechtsanwaltes, den Termin auf den 8.1.2018 zu verschieben. Diesem Ersuchen kam die Behörde nach.

Mit Schreiben vom 21.4.2018 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, bis 14.5.2018 sich auf einen Aufenthaltszweck zu beschränken, da dieser mehrere Anträge gleichzeitig gestellt hatte.

Mit Schreiben vom 24.4.2018 fordere die belangte behörde den Beschwerdeführer überdies auf, nachstehende Unterlagen zu übermitteln:

-    Aktuelles EU-Paßbild

-    Semesterzeugnis 16/17

-    Jahr...bschlusszeugnis 17

-    Semesterzeugnis 17/18

-    Aktuelle Schulbesuchsbestätigung

-    Aktueller Kreditschutzverbandsauszug

-    Nachweis der Bezahlung der Miete

-    Nachweis des gesicherten Lebensunterhaltes

Mit Schreiben vom 8.5.2018 übermittelte der Beschwerdeführer:

-    Antrag auf Ausstellung der KSV-1870-Auskunft

-    „Transcript auf Records vom 28.7.2017 der C.“

-    „Confirmation of enrolment vom 12.2.2018 der C.“

-    Studienbesuchsbestätigung vom 12.2.2018 der C.

-    Bescheidausfertigung des AMS ein vom 23.4.2018

Weiters wurde vorgebracht, die schriftliche Antwort des KSV-1870 werde er ca. am 18.5.2018 erhalten. Sein Aufenthaltszweck sei „Student“ mit freiem Zugang zum Arbeitsmarkt.

Mit Schreiben vom 18.5.2018 wurden nachgereicht:

-    EU-Paßbild

-    Zahlungsbestätigung für die Miete Mai 2018

-    KSV-Auskunft

Mit Schreiben vom 1.6.2018 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass er einen Aufenthaltstitel „Schüler“ benötige und forderte ihn auf, innerhalb einer Frist von 14 Tagen mitzuteilen, ob er mit diesem Titel einverstanden sei. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 21.9.2017 einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ gestellt, da er als Küchenkraft 15 Stunden bei der Firma D. arbeiten wolle. Anläßlich amtlicher Vorsprachen am 21.9.2017 sowie am 1.2.2018 sei ihm persönlich mitgeteilt worden, dass die gewünschte Zweckänderung nicht möglich sei und dem Beschwerdeführer geraten, sich um eine Beschäftigungsbewilligung zu bemühen. Eine solche sei ihm mittlerweile im Ausmaß von 10 Stunden pro Woche bei der Firma A. B. erteilt worden. Der Beschwerdeführer sei seit Sommersemester 2018 ordentlicher Hörer eines einjährigen …-Tageslehrgangs, wobei es sich bei dieser Schule um eine zertifizierte Nichtschulische Bildungseinrichtung handele. Mit Schreiben vom 5.8.2018 habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, einen Aufenthaltstitel „Student“ erlangen zu wollen.

Mit Schreiben vom 11.6.2018 teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit, dass er mit dem Aufenthaltstitel „Schüler“ einverstanden sei.

Mit Schreiben vom 7.6.2018, eingelangt am 22.6.2018, brachte der nunmehrige Rechtsanwalt des Beschwerdeführers eine Säumnisbeschwerde ein, in der Nachstehendes ausgeführt wurde:

„ Betrifft: A. B., geb. ...1982

MA 35...

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

Ich vertrete rechtsfreundlich Herrn A. B..

Mein Mandant hat am 21.9.2017 beim Landeshauptmann von Wien, MA 35, den Antrag auf Erteilung einer fremdenrechtlichen Bewilligung eingebracht, diesem Antrag waren beigeschlossen sämtliche anspruchsbegründenden Urkunden.

Bereits im Antragsformular sowie im Begleitschreiben zum Antrag wurden behauptet und bewiesen die Gründe, welche eine Inlandantragstellung rechtfertigen (§ 21 Abs 1 NAG).

Die persönliche Antragstellung wurde bereits vor dem Landeshauptmann von Wien, MA 35, vorgenommen..

Da von der Verwaltungsbehörde (Landeshauptmann von Wien, MA 35) bis zum 07.06.2018 kein Bescheid erlassen und zugestellt wurde, das alleinige Verschulden an der Nichterledigung bei der Verwaltungsbehörde (Landeshauptmann von Wien, MA 35) liegt, wird hiermit die Säumnisbeschwerde erhoben.

Mit vorzüglicher Hochachtung

mittels Facsimile übermittelt“

Rechtslage:

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Rechtliche Beurteilung:

Einleitend wird festgestellt, dass der gegenständliche Antrag vom 21.9.2017 bei der belangten Behörde eingebracht wurde.

Weiters ist festzuhalten, dass das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz keine von § 73 Abs. 1 AVG abweichende Entscheidungsfrist vorsieht. Die Entscheidungsfrist ist daher am 21.3.2018 abgelaufen.

Der Ablauf der behördlichen Entscheidungsfrist begründet allerdings für sich allein noch nicht das Recht des Beschwerdeführers auf eine Sachentscheidung durch das Verwaltungsgericht. Dazu ist es gemäß § 8 Abs. 1 letzter Satz VwGVG zusätzlich erforderlich, dass die Fristversäumnis auf das überwiegende Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Diese Voraussetzung liegt gegenständlich aus folgenden Gründen nicht vor:

Der Beschwerdeführer brachte – wie sich aus dem Verfahrensgang ergibt - mehrere Anträge auf Erteilung unterschiedlicher Aufenthaltstitel ein, zudem waren dem Antrag vom 21.9.2017 sowie den weiteren Anträgen keineswegs sämtliche erforderliche Unterlagen beigelegt. Vielmehr forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer mehrfach auf, Unterlagen nachzulegen bzw. sich für einen Aufenthaltstitel zu entscheiden. Auch erfolgte anläßlich zweier persönlicher Vorsprachen eine Belehrung des Beschwerdeführers, denen keine Konkretisierung seiner Anträge bzw. Vorlage von Unterlagen folgten.

Angesichts dessen wird daher festgestellt, dass die Versäumung der am 21.3.2018 abgelaufenen behördlichen Entscheidungsfrist nicht auf ein überwiegendes Versäumnis der belangten Behörde zurückzuführen ist, sondern vielmehr in erster Linie darauf, dass der Beschwerdeführer der an ihn gerichteten Aufforderungen, entscheidungswesentliche Unterlagen vorzulegen nicht bzw. nur schleppend und verspätet nachgekommen ist, sowie mehrere Anträge auf Erteilung unterschiedlicher Aufenthaltstitel stellte.

Zuletzt wurde ihm mit Schreiben vom 1.6.2018 mitgeteilt, dass in seinem Fall der Aufenthaltstitel „Schüler“ möglich wäre. Erst mit Schreiben vom 11.6.2018 teilte der Beschwerdeführer der Behörde mit, mit diesem Aufenthaltstitel einverstanden zu sein, sodass die belangte Behörde überhaupt erst ab 11.6.2018 wußte, welchen Aufenthaltstitel der Beschwerdeführer – von mehreren beantragten – nun tatsächlich beantragte.

Entscheidend für die Verschuldensfrage ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht der fiktive Ablauf des Ermittlungsverfahrens oder der Umstand, ob das Verfahren bei regulärem Ablauf innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist tatsächlich beendet hätte werden können, sondern ob die tatsächlich eingetretene Verzögerung (überwiegend) von der Behörde verschuldet wurde (VwSlg 10.758A/1982). Die Partei kann das Verfahren dadurch schuldhaft verzögern, dass sie sich durch längere Ortsabwesenheiten oder Unauffindbarkeit der Teilnahme am Verfahren entzieht oder – wie gegenständlich - der sie treffenden Mitwirkungspflicht nicht nachkommt (VwSlg. 12.559/1987). Relevanz kommt dem Parteiverschulden allerdings nur dann zu, wenn es kausal für die nicht fristgerechte Erledigung des Verfahrens war (VwGH vom 12.4.2005, 2005/01/0003).

Gegenständlich war die nicht gesetzeskonforme Mehrfach-Antragstellung und in Folge die verspätete, schleppende und bis zuletzt nicht vollständig erfolgte Vorlage von Unterlagen durch den Beschwerdeführer in überwiegendem Maße ausschlaggebend für den Eintritt der Fristversäumnis.

In Ermangelung eines überwiegenden Verschuldens der belangten Behörde an der Versäumung der Entscheidungsfrist war im Ergebnis die Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 letzter Satz VwGVG spruchgemäß abzuweisen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer nicht beantragt und ergibt sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt unstrittig aus der Aktenlage. Vor diesem Hintergrund hielt das Verwaltungsgericht Wien die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich und konnte selbige in Ansehung des § 24 Abs. 1 und 3 VwGVG entfallen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Säumnisbeschwerde; Verletzung der Entscheidungspflicht; überwiegendes Verschulden; Parteiverschulden; Verletzung der Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.151.073.11548.2018

Zuletzt aktualisiert am

06.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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