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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision des M R in W, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 14. März 2018, LVwG 30.17- 2487/2017-6, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruchs über die Strafe und die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis vom 10. August 2017 erkannte die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde den Revisionswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer einer näher genannten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild iVm § 2 Abs. 2 und 4, § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) iVm § 9 Abs. 1 VStG in fünf Fällen für schuldig und verhängte über ihn gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 52 Abs. 2 GSpG eine Geldstrafe von EUR 30.000,-- sowie im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit dem angefochtenen Erkenntnis dem Grunde nach mit der Maßgabe einer Konkretisierung der Tatzeiträume als unbegründet ab. Hinsichtlich des Strafausmaßes gab es der Beschwerde insofern Folge, als es die Strafe mit EUR 15.000,-- (165 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) festsetzte und dahingehend aufteilte, dass für jedes Glücksspielgerät eine Geldstrafe von EUR 3.000,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden) verhängt werde. Es reduzierte den Kostenbeitrag für das behördliche Strafverfahren entsprechend; die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
3 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 12. Juni 2018, E 1670/2018-5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
4 In der nach § 26 Abs. 4 VwGG eröffneten Frist erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde erstattete im durchgeführten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Liegen - wie hier in Bezug auf den Ausspruch von Schuld und Strafe - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision getrennt zu überprüfen (vgl. VwGH 27.9.2018, Ra 2017/17/0391).
8 Soweit der Revisionswerber zunächst einen Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG releviert, unterlässt er es konkret darzulegen, dass die Tatumschreibung nicht so präzise gewesen wäre, dass er seine Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 20.9.2018, Ra 2018/09/0064). Zudem übergeht das Zulässigkeitsvorbringen in diesem Zusammenhang, dass im angefochtenen Erkenntnis die Eigentümerschaft der vom Revisionswerber vertretenen Gesellschaft an den Glücksspielgeräten und das Veranstalten der verbotenen Ausspielungen durch dieses Unternehmen auf eigene Rechnung und Gefahr ausdrücklich festgestellt wurde.
9 Ebenso wenig gelingt es dem Revisionswerber durch selektives Wiedergeben von Feststellungen zum Ablauf des Glücksspiels ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Unterscheidung von Zufall und Geschick durch das Landesverwaltungsgericht darzulegen. Soweit sich die Revisionsausführungen aber vom festgestellten Sachverhalt entfernen, wird schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, von deren Lösung eine Entscheidung über die Revision abhängt (vgl. VwGH 27.6.2018, Ra 2018/09/0041).
10 Zum Zulässigkeitsvorbringen betreffend einer Meldung der Geräte nach § 29 Steiermärkisches Glücksspielautomaten- und Spielapparategesetz 2014 ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach mit einer bloßen Anmeldung eines Glücksspielgerätes nach landesgesetzlichen Vorschriften ein Verstoß gegen das Glücksspielgesetz mit diesem Gerät noch nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. VwGH 27.6.2018, Ra 2018/09/0041).
11 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen, soweit es sich gegen den Schuldspruch richtet, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
12 Der Revisionswerber ist jedoch im Recht, wenn er die Zulässigkeit seiner Revision in einem Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius angesichts der vom Verwaltungsgericht verhängten Ersatzfreiheitsstrafe erblickt. Die Revision ist in diesem Umfang auch berechtigt.
13 Gemäß § 42 VwGVG darf auf Grund einer vom Beschuldigten oder auf Grund einer zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde in einem Erkenntnis oder in einer Beschwerdevorentscheidung keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid.
14 Dieses Verbot der Verhängung einer höheren Strafe umfasst nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch die Ersatzfreiheitsstrafe (vgl. VwGH 20.9.2018, Ra 2018/09/0060, ua).
15 Angesichts der im behördlichen Straferkenntnis für alle fünf Glücksspielgeräte verhängten Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen (was 144 Stunden entspricht), war es dem Landesverwaltungsgericht nach dem zuvor Ausgeführten daher verwehrt, die Ersatzfreiheitsstrafe mit 33 Stunden pro Gerät (insgesamt daher 165 Stunden) festzusetzen.
16 Stellt sich jedoch der Ausspruch der Ersatzfreiheitsstrafe als rechtswidrig dar, ist der Strafausspruch zur Gänze aufzuheben (siehe auch dazu VwGH 20.9.2018, Ra 2018/09/0060, mwN).
17 Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang seines Strafausspruches sowie hinsichtlich der behördlichen Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
18 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
19 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und 4 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 24. Jänner 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018090146.L00Im RIS seit
15.02.2019Zuletzt aktualisiert am
20.03.2019