TE Lvwg Beschluss 2018/12/7 LVwG-AV-1164/001-2018

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Veröffentlicht am 07.12.2018
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Entscheidungsdatum

07.12.2018

Norm

WRG 1959 §138 Abs1 lita
WRG 1959 §138 Abs6
AVG 1991 §58 Abs1

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch den Richter Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A und B, beide vertreten durch C, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen die Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 18. Juni 2018, Zl. ***, sowie über den Antrag (in der Beschwerde) auf Erlassung eines gewässerpolizeilichen Auftrages in Form eines Bescheides, den

BESCHLUSS:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) mangels Vorliegens eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

2.   Der Antrag auf Erlassung eines Bescheides wird gemäß § 31 VwGVG wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.

3.   Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen diesen Beschluss nicht zulässig.

Begründung:

Mit einem in Briefform samt Anrede „Sehr geehrte Frau B! Sehr geehrter Herr A!“ abgefassten Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 18. Juni 2018, Zl. ***, wurden die Beschwerdeführer ersucht, die Wasserentnahme aus dem *** Badeteich mittels einer elektronischen Pumpe einzustellen. Es wurde darauf hingewiesen, dass gemäß

§ 8 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG) das Schöpfen mit Handgefäßen erlaubt sei, aber nach § 9 Abs. 1 WRG jede über diesen Gebrauch hinausgehende Benützung einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfe. Angemerkt wurde des Weiteren, dass eine Entnahme aus derartigen Gewässern mittels Pumpen nicht dem Stand der Technik entspreche und demnach nicht bewilligungsfähig sei.

Dagegen richtet sich die als Berufung bezeichnete Beschwerde und der in eventu gestellte Antrag auf Erlassung eines Bescheides vom 02. Juli 2018. Zunächst führten die Beschwerdeführer aus, dass das Schreiben vom 18. Juni 2018 nicht als Bescheid aufzufassen sei, zumal es weder als solcher bezeichnet sei und keinen Spruch sowie keine Rechtsmittelbelehrung enthalte. Für den Fall, dass dieses Schreiben doch einen Bescheid darstelle, werde jedoch Beschwerde dagegen erhoben. Begründend wurde dann vorgebracht, dass die Beschwerdeführer nie über ein anhängiges Verfahren informiert worden seien und ihnen keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden sei. Zudem werde der Garten schon mehr als 40 Jahre mit dem gepumpten Seewasser bewässert und hätten die Beschwerdeführer ein entsprechendes Recht längst ersessen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Wasserentnahme mit einer Pumpe nicht dem Stand der Technik entsprechen würde und fehle eine entsprechende Begründung der belangten Behörde. Es werde daher der Antrag gestellt den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

Im Falle, dass das Schreiben der belangten Behörde nicht als Bescheid zu werten sei, werde jedoch der Antrag auf Erlassung eines entsprechenden Bescheides gestellt, um diesen bekämpfen zu können.

Aufgrund der klaren Aktenlage wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Zur Bewässerung ihres Gartens pumpen die Beschwerdeführer mittels einer elektronischen Pumpe Wasser aus dem *** Badeteich. Beim *** Badeteich handelt es sich um einen privaten Teich.

Dieser festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus der Erledigung der belangten Behörde vom 18. Juni 2018 und wurde von den Beschwerdeführern auch nicht bestritten. Vielmehr bestätigen diese in ihrer Beschwerde, dass sie seit Jahren Wasser aus dem See zur Bewässerung ihres Gartens pumpen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 leg.cit. erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Die für gegenständlichen Fall relevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise:

„Gemeingebrauch an öffentlichen und privaten Gewässern

§ 8. (1) …

(2) Der Gebrauch des Wassers der privaten Flüsse, Bäche und Seen zum Tränken und zum Schöpfen mit Handgefäßen ist, soweit er ohne Verletzung von Rechten oder öffentlicher oder privater Interessen mit Benutzung der dazu erlaubten Zugänge stattfinden kann, jedermann ohne besondere Erlaubnis und ohne Bewilligung der Wasserrechtsbehörde unentgeltlich gestattet.

[…]

Besondere Wasserbenutzung an öffentlichen Gewässern und privaten Tagwässern

§ 9. (1) Einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedarf jede über den Gemeingebrauch (§ 8) hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer sowie die Errichtung oder Änderung der zur Benutzung der Gewässer dienenden Anlagen. Auf Antrag hat die Behörde festzustellen ob eine bestimmte Benutzung eines öffentlichen Gewässers über den Gemeingebrauch hinausgeht.

[…]

Zuständigkeit

§ 98. (1) Wasserrechtsbehörden sind, unbeschadet der in den einzelnen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes festgelegten Zuständigkeit des Bürgermeisters, die Bezirksverwaltungsbehörde, der Landeshauptmann und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Sofern in diesem Bundesgesetze keine anderweitigen Bestimmungen getroffen sind, ist die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig.

[…]

Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes

§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a)   eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

[…]

(6) Als Betroffene im Sinne des Abs. 1 sind die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen.“

Gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde ist daher das Vorliegen eines Bescheides.

Bestehen Zweifel, ob es sich bei einer Erledigung um einen Bescheid handelt, ist die Bescheidqualität der Erledigung zu klären (vgl. VwGH vom 01.09.2015,

Ra 2015/03/0060).

In § 58 Abs. 1 AVG ist festgelegt, dass jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen ist und einen Spruch sowie eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.

Die Erledigung der belangten Behörde vom 18. Juni 2018 wurde nicht als „Bescheid“ bezeichnet. Vielmehr ähnelt sie in ihrer Form einem Brief, wie sich auch aus der Anrede „Sehr geehrte Frau B! Sehr geehrter Herr A!“ ergibt.

Nach der ständigen Rechtsprechung ist das Fehlen der Bezeichnung als Bescheid für die Qualifikation einer Erledigung als Bescheid dann unerheblich, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat; für die Wertung als Bescheid ist in diesem Fall ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. VwGH vom 14.06.1995, 95/12/0110).

Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung, ergeben. (VwGH vom 14.06.1995, 95/12/0110). Die Wiedergabe einer Rechtsansicht oder von Tatsachen, sowie Hinweise auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden (VwGH vom 01.09.2015, Ra 2015/03/0060).

Zunächst ist festzuhalten, dass das gegenständliche, nicht als Bescheid bezeichnete Schreiben vom 18. Juni 2018 keine verbindliche Erledigung, die als Spruch gewertet werden kann, enthält.

In diesem Fall gilt: Bringt die sprachliche Gestaltung einen normativen Inhalt nämlich nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, so liegt kein Bescheid vor (vgl. VwGH vom 25.9.1989, 89/12/0122 und vom 14.6.1995, 95/12/0110). Die Formulierung Sie werden ersucht, diese Wasserentnahme aus dem gegenständlichen *** Badeteich einzustellen.“ lässt geradezu nicht erkennen, dass eine normative Anordnung gegenüber den Adressaten getroffen werden soll. Dem Wortsinn nach stellt das „Ersuchen“ auf eine Bitte, etwas zu tun oder zu unterlassen, ab. Es wird dadurch aber keine Pflicht zu einer Handlung oder Unterlassung begründet. In der Formulierung der gegenständlichen Erledigung kann ein normatives Tätigwerden der Behörde nicht erkannt werden.

Im Zusammenhang mit der oben zitierten Rechtsprechung, wonach auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden kann, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat, ergibt sich für das erkennende Gericht, dass es sich bei dem Schreiben vom 18. Juni 2018 um keinen Bescheid handelt.

Darüber hinaus spricht auch die Anrede „Sehr geehrte Frau B! Sehr geehrter Herr A!“ gegen das Vorliegen eines Bescheides, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits erkannt hat, dass eine Erledigung mit der Anrede „Sehr geehrter Herr…“ und abschließenden „freundlichen Grüßen“ schon aufgrund der äußeren Form nicht als Bescheid zu werten ist (vgl. VwGH vom 19.12.1992, 92/12/0025, vom 17.6.1992, 92/03/0052 und vom 9.9.1993, 92/01/0741).

Des Weiteren enthält die Erledigung auch keine Rechtsmittelbelehrung. Es fehlen somit sämtliche, gemäß § 58 Abs. 1 AVG geforderte Bescheidmerkmale. Da im vorliegenden Fall der angefochtenen Erledigung die Bescheidqualität mangelt, fehlt es an einem tauglichen Beschwerdegegenstand. Die Beschwerde erweist sich als unzulässig. Auf das weitere Beschwerdevorbringen war nicht mehr einzugehen.

Da die Erledigung nicht als Bescheid qualifiziert wurde, war auch der Eventualantrag auf Erlassung eines entsprechenden Bescheides zu prüfen. Der Bescheid soll, entsprechend der Erledigung vom 18. Juni 2018, die Wasserentnahme aus dem *** Badeteich zum Gegenstand haben.

Wie oben bereits dargelegt, ergibt sich aus dem Schreiben der belangten Behörde vom 18. Juni 2018, dass die Beschwerdeführer die Wasserentnahme aus dem *** Badeteich einstellen sollen, zumal diese über den Gemeingebrauch hinausgehe und somit einer wasserrechtlichen Bewilligung nach § 9 Abs. 2 WRG bedürfe, die im konkreten Fall aber nicht vorliege.

Die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde, ist als eigenmächtige Neuerung gemäß § 138 Abs. 1 lit a WRG zu verstehen. Es kann sich dabei um völlig konsenslose, aber auch um konsensüberschreitende Maßnahmen handeln (vgl. VwGH vom 21.3.2002, 2001/07/0174; 20.9.2001, 2000/07/0222, mwN).

Im gegenständlichen Fall kann es sich beim Antrag in der Beschwerde auf Erlassung eines Bescheides daher nur um einen Antrag auf Erlassung eines gewässerpolizeilichen Auftrages im Sinne des § 138 Abs. 1 lit a WRG handeln.

Die Erlassung eines derartigen Bescheides obliegt gemäß § 98 Abs. 1 WRG jedoch für gegenständlichen Sachverhalt der Bezirksverwaltungsbehörde und fällt nicht in die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes. Dem Landesverwaltungsgericht war somit eine Entscheidung über den Antrag in erster Instanz verwehrt und war der Antrag aufgrund Unzuständigkeit zurückzuweisen.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass ein gewässerpolizeilicher Auftrag nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG entweder aufgrund öffentlicher Interessen von Amts wegen oder auf Verlangen eines Betroffenen nach § 138 Abs. 6 WRG erlassen werden kann (vgl. VwGH vom 26.4.2007, 2006/07/0058).

§ 138 Abs. 6 WRG gibt den Inhabern bestimmter Rechte die Möglichkeit, bei der Wasserrechtsbehörde den Antrag auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages gegen denjenigen zu stellen, der eine eigenmächtige Neuerung vorgenommen hat. Zweck dieses Antragsrechtes ist es, unbefugte Eingriffe in die im § 138 Abs. 6 WRG genannten Rechte abzuwehren. Die Eigenschaft als Betroffener kann daher demjenigen nicht zukommen, der für die Neuerung, die zur Beeinträchtigung der im § 138 Abs. 6 WRG genannten Rechte führt, selbst einzustehen hat (vgl. VwGH vom 26.4.2007, 2006/07/0058 mit Hinweis auf VwGH vom 28.7.1994, 92/07/0154).

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden, da die Beschwerde und der Antrag zurückzuweisen waren.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche oder liegt eine nicht einheitliche Rechtsprechung vor.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; gewässerpolizeilicher Auftrag; Verfahrensrecht; Bescheidqualität;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1164.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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