TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/9 W222 1422101-1

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Veröffentlicht am 09.11.2018
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Entscheidungsdatum

09.11.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W222 1422101-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. VR Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.09.2011, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.04.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF wird das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 05.08.2011 einen Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz und wurde dazu am gleichen Tag vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. Zu seiner Person gab er an, dass er verheiratet sei und zuletzt als LKW-Fahrer gearbeitet habe. Er gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an und sei sunnitischen Glaubensbekenntnisses. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er für die amerikanischen Soldaten in Afghanistan Treibstoff gebracht habe. Die Taliban hätten nicht wollen, dass jemand für die Amerikaner arbeite. Vor ca. 6 Monaten hätten die Taliban seinen Bruder XXXX umgebracht. Deswegen habe ihn sein Onkel nach Europa geschickt.

Bei der Einvernahme am 14.09.2011 vor dem Bundesasylamt, Außenstelle XXXX, gab der Beschwerdeführer Folgendes an:

"A: Ja, ich habe meine Tazkira mit und Papiere wegen dem Vorfall.

Anm.: Der AW legt eine Tazkira vor mit Inhalt: ausgestellt in Nangarhar im Distrikt XXXX, Dorf XXXX. Ausgestellt am XXXX (=XXXX)

Name: XXXX Name des Vaters XXXX, Großvater XXXX. Geburtsort XXXX.

Geburtsdatum: XXXX Jahre alt im Jahre XXXX. Religion Islam, Nationalität Afghan, Beruf Gelegenheitsarbeiter.

F: Sie haben noch andere Papiere mitgebracht. Was bedeuten diese?

A: Sie sind vom Öl die Papiere und vom Auto. Mein Auto wurde in XXXX verbrand und mein Bruder war darin. Die Papiere hatte ich bei mir. Die anderen sind verbrand.

F: Was bedeuten diese Papiere?

A: Dass sind die Papiere vom Öl, dass ich nach XXXX gebracht habe. Ich habe dann bei der Polizei angezeigt dass mein Auto verbrand ist und dann haben mich die Taliban verfolgt.

F: Wo haben Sie das Kuvert der Übersendung?

A: Habe ich nicht mit. Mit diesem Kuvert sind auch andere Dokumente für jemanden gekommen.

F: Für wen sind noch Dokumente gekommen?

A: Ich habe seinen Namen vergessen.

F: Woher kennen Sie den Anderen, wenn Sie nicht einmal den Namen wissen?

A: Er heißt XXXX. Nachfrage: Woher wissen Sie den Namen auf einmal?

Er war mit mir zusammen in XXXX. Ich habe mich jetzt erinnert.

F: Wer hat Ihnen diese Dokumente zugeschickt?

A: Mein jüngerer Bruder.

F: Sie haben also regelmäßigen Kontakt mit zuhause?

A: Ich habe ihn nur dreimal angerufen wegen der Papiere.

F: Wie ist Ihr Bruder zu diesen Papieren gekommen?

A: Die Papiere waren zuhause.

F: Die Tazkira auch?

A: Ja.

V.: Wie können Sie mir dann erklären dass die Tazkira am XXXX ausgestellt wurde, also XXXX Tage nach Ihrem Asylantrag in Österreich?

A: Ich habe es ungefähr ein Jahr vorher machen lassen.

F: Können Sie lesen und schreiben?

A: Ich kann nur meinen Namen schreiben.

V.: Das Datum ist eindeutig. Möchten Sie etwas dazu angeben?

A: Ich bin jetzt XXXX Jahre alt, als ich XXXX Jahre alt war habe ich es machen lassen.

F: Wo haben Sie es ausstellen lassen?

A: In Nangarhar. In XXXX.

Anm.: Der AW wird auf die Wahrheitspflicht hingewiesen.

V.: Wie können Sie mir dann erklären, dass diese Tazkira aber im Distrikt XXXX ausgestellt wurde?

A: Ich selber komme aus XXXX, die Tazkira wurde in XXXX ausgestellt.

F: Sind Sie anwaltlich vertreten oder haben Sie einen Zustellbevollmächtigten?

A: Nein.

F: Entsprechen Ihre bisherigen Angaben im Zuge der früheren Einvernahmen im Asylverfahren der Wahrheit?

A: Ja, ich habe die Wahrheit gesagt.

F: Wer in Ihrer Heimat könnte zu Ihrem Fall Auskunft geben? Wie ist diese Person erreichbar?

A: Mein Bruder, meine Verwandten, mein Onkel.

F: Sonst weiß niemand etwas davon?

A: Nein. Nur meine Familie. F: Sind Sie in Behandlung wegen einer Erkrankung, nehmen Sie Medikamente, machen Sie eine Therapie?

A: Nein, ich bin völlig gesund.

F: Welche Staatsangehörigkeit haben Sie? Welcher Volksgruppe und welcher Religion gehören Sie an?

A: Ich bin XXXX ich bin XXXX von XXXX.

F: Wissen Sie was ein Staat ist?

A: Ja, zum Beispiel Afghanistan.

F: Was für eine Staatsbürgerschaft haben Sie und welcher Volksgruppe gehören Sie an?

A: Ich bin Afghane und Pashtune.

F: Was war Ihre letzte Wohnadresse im Heimatland?

A: XXXX, Nangarhar.

F: Haben Sie direkt in der Stadt XXXX gelebt?

A: Ja, ich habe in der Stadt gelebt. Die Stadt heißt XXXX, es ist die Stadt neben XXXX.

F: Sie haben also in XXXX gelebt?

A: Nein, es war in der Nähe von unserer Stadt und von dort habe ich die Sachen geholt.

F: Was für Sachen?

A: Es war ca. 1 Stunde mit dem Auto und eine halbe Stunde zu Fuß und habe dort Mehl, Zucker und Öl geholt.

F: Wo haben Sie jetzt genau gelebt?

A: Ich habe von Pakistan die Sachen nach Afghanistan transportiert.

F: Können Sie mir nicht Ihre genaue Adresse angeben, wo Sie gelebt haben und wo Ihre Familie offenbar noch lebt?

A: XXXX, Zazubi. Neben Zed Keli.

F: Wie heißt der Distrikt ?

A: XXXX.

F: Wielange haben Sie dort gelebt?

A: Ich bin dort geboren und habe immer dort gelebt.

F: Wie können Sie mir erklären, dass XXXX ein eigener Distrikt ist und XXXX ein eigener Distrikt ist. Ihre Angaben können also nicht stimmen?

A: In XXXX leben alle XXXX. XXXX gehört zu XXXX.

F: Heißen alle dort lebenden Afghanen XXXX ?

A: Ja.

F: Wie groß ist diese Stadt? Wie viele Einwohner hat sie?

A: Es gibt viele. Nachfrage: Ungefähr?

Ich weiß nicht. Es ist sehr groß. Nachfrage: Wieviele Häuser? 100, 1000 ?

Sehr groß und tausende Häuser.

F: Können Sie mir angrenzenden Dörfer oder Städte nennen?

A: XXXX ist eine sehr große Stadt. XXXX ist auch eine große Stadt.

F: Ich wollte von Ihnen wissen, wie die angrenzende Dörfer heißen?

A: Die Häuser von XXXX und XXXX sind dort. Es sind sehr reiche Leute.

F: Kennen Sie XXXX?

A: Nein, kenne ich nicht. Ich glaube ich habe den Namen gehört.

F: Haben Sie jemals die Schule besucht?

A: Nein, habe ich nicht.

F: Besitzen Sie einen Führerschein?

A: Ja, habe ich in Afghanistan.

F: Wie bekommt man den Führerschein in Afghanistan?

A: Wenn man Fahrer ist geht man und dann gibt es eine Prüfung. Dann nach sechs Monaten bekommt man den Führerschein.

F: Warum haben Sie sich diesen nicht schicken lassen?

A: Es ist mit dem Auto verbrand. Das Original habe ich zuhause. Ich habe es aber nicht selber bestellt.

F: Was meinen Sie damit, dass Sie es nicht selber bestellt haben?

A: Kopie habe ich zuhause und das Original ist verbrand. Kopie braucht hier keiner.

F: Sie haben angegeben in diesem Kuvert der Übersendung waren auch Dokumente eines anderen Asylwerbers. Wie können Sie mir dies erklären?

A: Er heißt XXXX. Es hätte viel mehr gekostet wenn wir es getrennt bestellt hätten.

F: Sie haben angegeben Ihr Bruder hätte es versendet. Wie kam Ihr Bruder zu den Dokumenten eines Fremden?

A: Er hat auch seinen Bruder angerufen und deshalb haben wir gesagt mein Bruder soll beide schicken.

F: Wo lebt dieser XXXX?

A: In Afghanistan weiß ich es nicht. Hier lebt er mit mir in der Pension.

F: Wie kam dann Ihr Bruder zu den anderen Dokumenten?

A: Wir leben in einem Zimmer und sind gute Freunde geworden. Wir haben gesagt sie sollen einen Treffpunkt ausmachen und dann die Dokumente zusammen schicken.

F: Besitzen oder besaßen Sie einen Reisepass?

A: Nein, ich hatte noch nie einen Reisepass.

F: Haben Sie andere Dokumente die Ihre Identität beweisen?

A: Nein. Nur die Tazkira.

F: Welche Verwandte haben Sie noch im Heimatland?

A: Mein Onkel, meine Cousins. Sonst habe ich niemand.

F: Sie haben zuvor angegeben Ihr Bruder hätte die Dokumente versandt. Wie können Sie mir erklären, dass Sie "sonst niemand" haben?

A: Ja, das stimmt. Die Dokumente hat mein Bruder geschickt und nicht meine Onkel.

F: Verstehen Sie meine Fragen nicht? Ich wollte von Ihnen wissen wer von Ihrer Familie noch in Afghanistan lebt?

A: Ich habe einen Onkel, der Bruder von meiner Mutter. Ich habe selber 6 Brüder, einer ist mit meinem Auto verbrand und die anderen sind jünger als ich. Ich habe auch eine ältere Schwester und eine Tante.

F: Sonst gibt es niemand mehr?

A: Nein.

F: Wo lebt Ihre Mutter?

A: Sie lebt auch im Dorf. Sie ist alt.

F: Wo leben diese?

A: Meine Schwester und meine Tante sind verheiratet und sie leben in XXXX. Zwei Brüder gehen in die Schule und lernen noch. Die anderen Brüder transportieren auch Stoff und Tee nach Pakistan. Sie leben in Afghanistan in unserem Dorf.

F: Leben Verwandte von Ihnen in Österreich?

A: Nein, hier habe ich niemanden.

F: Was genau und wie lange haben Sie in Ihrer Heimat gearbeitet?

A: Ich war Fahrer. Nachfrage: Von wann bis wann?

Ungefähr sieben oder acht Jahre.

F: Haben Sie bis zu Ihrer Ausreise gearbeitet?

A: Ja. Ich habe vorher so kleine arbeiten gehabt. Dann habe ich mein eigenes Auto gekauft. Als die Nato gekommen ist habe ich für sie Sachen transportiert.

F: Wie war Ihre wirtschaftliche Lage in Ihrer Heimat?

A: Wir hatten ein gutes Leben. Wir haben ein eigenes Haus. Wir hatten Grundstücke, Felder und eine eigene Landwirtschaft.

F: Wie leben Ihre in der Heimat verbliebenen Familienangehörigen und wie ist deren wirtschaftliche Lage?

A: Es geht ihnen gut.

F: Ist Ihre Versorgung in Österreich in irgendeiner Form gesichert?

A: Nein, ich bekomme nur die Grundversorgung. Ich hab Geld gespart für meine Ausreise, weil die Taliban mich immer genervt haben.

F: Seit wann hatten Sie die Absicht Ihr Heimatland zu verlassen?

A: Es war ungefähr 2 Jahre, dass mich die Taliban gequält haben. Sie haben immer gesagt warum ich der Nato Öl bringe.

F. Haben Sie Ihr Heimatland früher schon einmal verlassen?

A: Nein.

F: Ich dachte Sie hätten Transporte von Pakistan nach Afghanistan gemacht?

A: Ja, das stimmt.

F: Haben Sie in Österreich oder in anderen Staaten früher schon einmal um Asyl angesucht?

A: Nein.

F: Wann haben Sie Ihre bei der früheren Einvernahme angegebene letzte Wohnadresse im Heimatland endgültig verlassen?

A: Es ist ungefähr 7 bis 8 Monate her.

F: Wie gelangten Sie nach Österreich?

A: Weil mich die Taliban immer genervt haben, sie haben immer gesagt warum ich für die Nato Öl transportiere.

F: Meine Frage war wie Sie nach Österreich gekommen sind?

A: Ich habe mit meinem Bruder deswegen gesprochen dass ich Afghanistan verlassen soll. Deshalb habe ich beschlossen Afghanistan zu verlassen.

F: Verstehen Sie meine Frage? Ich wollte von Ihnen wissen wie Sie nach Österreich gekommen sind?

A: Mein Bruder hat mich nach Pakistan gebracht und dann bin ich bis zur Türkei gekommen.

F: Wie hat Ihr Bruder Sie nach Pakistan gebracht?

A: Mein Bruder hat mich nicht hingebracht. Er hat mit dem Schlepper geredet. Der Schlepper hat mich nach Pakistan gebracht.

F: Wie ging es dann weiter?

A: Über den Iran nach Istanbul und dann weiß ich nicht wie. Mein Bruder hat mir am Anfang schon gesagt ich soll nach Österreich gehen, es ist ein gutes Land.

F: Sie haben angegeben 5 Monate unterwegs gewesen zu sein. Da müssten Sie sich ja irgendwo länger aufgehalten haben?

A: Ich war ungefähr 1 Monat und ein paar Tage in Pakistan. Im Iran war ich auch 15 bis 20 Tage. In Istanbul war ich 5 Nächte. Dann ein paar Tage in der Türkei.

F: Dies sind aber immer noch ungefähr 2 Monate. Wo waren Sie die restlichen 3 Monate?

A: Dann war ich in Griechenland ein paar Nächte. Ich war dort ungefähr ein Monat oder eineinhalb Monate in Griechenland.

F: Wie viel haben Sie für die Schleppung bezahlt?

A: Ich weiß nicht es hat mein Bruder bezahlt.

F: Sie haben aber vorher angegeben Sie hätten das Geld für die Reise zusammengespart?

A: Ich habe nicht gespart. Mein Bruder hat mir 20.000.- Afghani gegeben als Taschengeld.

F: Woher stammt das Geld für die Flucht?

A: Er hat mir zuhause das Geld gegeben. Wir haben viel Geld. Wir waren immer schon reich. Wir hatten ja alle eine gute Arbeit.

F: Sind Sie Mitglied einer Partei, parteiähnlichen oder terroristischen Organisation?

A: Nein.

F: Ist gegen Sie in Ihrer Heimat ein Gerichtsverfahren anhängig?

A: Nein. Keiner hatte ein Problem mit mir.

F: Haben Sie in Ihrer Heimat eine Straftat begangen?

A: Nein, niemals.

F: Wurden Sie polizeilich gesucht, wird nach Ihnen gefahndet oder wurden Sie behördlich verfolgt?

A: Nein.

F: Waren Sie in Ihrem Herkunftsland jemals in Haft oder wurden Sie festgenommen?

A: Nein.

F: Aus welchem Grund suchen Sie in Österreich um Asyl an. Schildern Sie möglichst ausführlich und konkret Ihre Flucht und Asylgründe!

A: Die Taliban waren hinter mir her, weil ich das Öl für die Nato transportiert habe. Die Taliban haben gesagt ich soll denen nicht helfen. Am Anfang haben die Taliban es nicht gewusst. Ich habe heimlich Öl transportiert.

F: Was meinen Sie mit Öl?

A: Benzin, Diesel, GP8, GP1.

F: Erzählen Sie weiter?

A: Die Taliban haben es von Anfang an nicht gewusst. Ich habe es heimlich transportiert. Nachdem mein Bruder gestorben ist, haben sie es heraus bekommen. Sie haben immer gesagt ich soll den Leuten nicht helfen. Ich dachte aber dass ich keine andere Arbeit finde. Die Leute bauen ja auch unser Land neu auf und deshalb helfe ich ihnen.

F: Was hatten Sie jetzt aber für ein konkretes Problem, das Sie flüchten mussten?

A: Dann bin ich hierhergekommen und neben XXXX in XXXX wurde ein Terroranschlag verübt, wo 13 Auto¿s verbrand sind. Da war mein Bruder dabei.

F: Wann war dieser Anschlag?

A: Es ist mehr als ein Jahr her. Dann konnte ich nicht weiter arbeiten. Ich musste Afghanistan verlassen. In Pakistan wollte mir sogar ein reicher Mann ein Auto geben. Ich habe aber abgelehnt und gesagt es ist gefährlich für mich.

F: Sie haben gesagt, dass dieser Terroranschlag mehr als ein Jahr zurückliegt. Sie haben Afghanistan vor ungefähr 6 Monaten verlassen. Sie haben also 6 Monate ganz normal in Afghanistan gelebt und sind auch bis zu Ihrer Ausreise Ihrer Arbeit nachgegangen. Was hatten Sie also konkret für ein Problem?

A: Ich bin ca. 2 Monate zuhause geblieben. Dann war ich ein paar Nächte bei meiner Schwester und bei meiner Tante. Bei der Nato gibt es meinen Fingerabdruck. Wenn man dorthin kommt, muss man seinen Fingerabdruck abgegeben und dann werden die Augen gecheckt.

V.: Sei haben heute angegeben 6 Brüder zu haben, die alle Sachen transportieren. Die hätten ja dasselbe Problem wie Sie, leben aber offenbar ganz normal?

A: Meine zwei Brüder lernen noch. Die anderen zwei transportieren auf dem Esel, Stoff und Tee und Öl für Essen nach Pakistan.

V: Sie hätten ja auch andere Dinge transportieren können um dem Problem zu entgehen?

A: Ich bin jetzt in Österreich. Wie soll ich andere Sachen dort transportieren.

F: Mit was für einen LKW sind Sie gefahren für die Nato?

A: Es war ein Auto von XXXX. Ein altes Auto.

F: Was war es genau für ein Auto?

A: Es war XXXX draufgeschrieben und XXXX.

F: Wie lange sind Sie diese Transporte für die Nato mit diesem Auto gefahren?

A: Es waren ungefähr 4 Jahre.

V.: Wenn Sie 4 Jahre mit einem LKW fahren, dann müssten Sie mir doch mehr erzählen können über dieses Fahrzeug?

A: Es ist ein Auto von XXXX und hat große Scheinwerfer. Die Maschine hat sechs Zylinder. Es war sehr groß.

F: Was haben Sie alles transportiert damit?

A: Es war ein großer Öltanker. Ich habe nur Öl transportiert.

F: Für wen genau haben Sie gearbeitet?

A: Mit Nato.

F: Wie heißt konkret Ihr Arbeitgeber? Wer hat Ihnen die Aufträge erteilt?

A: Es war ein Pakistaner und er war Geschäftsmann und hat die Aufträge bekommen. Er heißt XXXX.

F: Wo lebt er?

A: Er arbeitet in XXXX und XXXX.

F: Sie haben also Öl transportiert. Wo haben Sie es geladen und wohin haben sie es gebracht?

A: In XXXX habe ich es geladen und nach XXXX transportiert.

F: Immer die Gleiche Strecke?

A: Ich habe auch nach XXXX transportiert.

F: Da ist aber offenbar nie etwas passiert?

A: Die Taliban haben manchmal auf die Tanker geschossen. Zum Beispiel in XXXX oder XXXX. Das letzte Mal war es in XXXX.

F: Sie selbst hatten aber immer Glück?

A: In XXXX wurde auf uns einmal geschossen. Dort gab es eine Attacke gegen die Amerikaner. Die haben auf normale Menschen auch geschossen.

F: Wieviel Liter Öl haben Sie laden können?

A: 40.000 Liter.

F: Wie viele Tonnen hatte der LKW insgesamt?

A: Ich glaube 55 oder 60 Tonnen.

F: Haben Sie da auf allen Strassen zwischen Pakistan und Afghanistan fahren können?

A: Ja, ich bin selber überall gefahren.

F: Wie oft sind Sie gefahren?

A: Einmal im Monat bin ich gefahren. Es gab aber auch einen anderen Fahrer mit mir. Er ist aber Pakistani. Er hat XXXX geheißen.

F. Waren Sie bei diesem Terroranschlag wo Ihr Bruder ums Leben kam dabei?

A: Ja, ich war dabei. Ich bin nur in das Restaurant gegangen etwas zu essen. Als ich zurückgekommen bin habe ich gesehen, dass in einer Rikscha eine Bombe war und die ist explodiert.

F: Schildern Sie mir was Sie da erlebt haben?

A: Mein Bruder ist eine Strecke geflüchtet. Er ist aber sehr verbrand. Ich habe ihn aber erkannt und mitgenommen.

F: Wie haben Sie dies erlebt? Sie kamen aus dem Restaurant?

Anm.: Der AW schildert emotionslos.

A: Als ich hergekommen bin habe ich gesehen dass mein Bruder sehr weit weg von den LKW liegt. Es sind 4 Leute ums Leben gekommen es waren zwei Pakistani dabei und mein Bruder.

F: Was haben Sie gemacht?

A: Ich war im Restaurant. Als ich zurückgekommen bin, haben die Amerikaner meinen Bruder mitgenommen und haben ihn ein bisschen gereinigt. Wir sollten draußen warten. Sie haben gesagt wir sollen weiter weg gehen. Es hätten die Autos explodieren können weil soviel Öl drinnen war.

F: Verstehe ich Sie richtig? Die Tanker waren geladen?

A: Ja, alle waren voll.

F: Wieviel Fahrzeuge waren es?

A: Es waren dreizehn Autos.

F: War Ihr Bruder im Auto als die Bombe explodierte?

A: Er war ein wenig weg vom Auto und ist gerannt. Vier Autos waren schon explodiert. Alle anderen sind dann auch explodiert.

F: Wie weit war das Restaurant von den Fahrzeugen entfernt?

A: Wir haben sie sehen können. Zu Fuß waren es 15 Minuten.

F: Wie sollen Sie dann noch etwas sehen können?

A: Es gibt ja nicht so viele Gebäude.

F: Wurden Sie aus Gründen Ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Überzeugung verfolgt?

A: Nein, sonst hatte ich keine Probleme.

F: Hatten Sie jemals selbst Kontakt mit den Taliban?

A: Nein, ich selber nie. Ich hab nur gesehen wie sie auf die Leute geschossen haben.

F: Wann haben Sie dies gesehen?

A: Öfter als wir gefahren sind.

F: Sie haben erzählt Sie hätten diese Transporte für die Nato gemacht. Ist es nicht üblich, dass solche Transporte von der Nato auch begleitet werden?

A: Es waren ein paar Polizisten und ein paar von der Armee dabei.

F: Was haben die gemacht als die Rikscha kam?

A: Die haben als die Taliban geschossen haben auch mitgekämpft. Die Taliban waren immer mehr.

F: Bei diesem Terroranschlag sind keine Soldaten ums Leben gekommen?

A: Nein. Sie waren ein bisschen weiter weg.

Anm.: Der AW schaut auf die Uhr und schmunzelt.

F: Wohin war der Transport damals unterwegs, von wo kamen Sie?

A: Wir waren nicht unterwegs. Wir haben gegessen und wollten den Anderen auch Essen bringen.

F: Von wo kam dieser Transport und wohin sollte er gehen?

A: Wir haben nach XXXX transportiert zum Flughafen. Wir kamen aus

XXXX.

F: Als Sie aus dem Restaurant kamen, sind Sie direkt zu den Autos gelaufen?

A: Wir sind zu den Amerikanern und haben gesagt unsere Autos sind verbrand.

F: Was ist dann passiert?

A: Wir haben gesagt, dass dort noch Leute drinnen sind. Sie haben gesagt wir sollen nicht hingehen.

F: Wollen Sie noch weitere Gründe geltend machen?

A: Nein, sonst habe ich keine Gründe.

F: Was spricht aus heutiger Sicht gegen eine Rückkehr in die Heimat?

A: Es wäre gefährlich für mich.

F: Aus welchem Grund wäre es gefährlich? Die ganze Familie lebt dort offenbar ohne Probleme?

A: Meine Familie hat nicht für die Nato gearbeitet. Für mich ist es gefährlich.

F: Wollen Sie noch irgendetwas ergänzen?

A: Sonst habe ich nichts zu sagen. Ich möchte nur sagen, dass ich meine Frau auch hier haben will.

F: Sie haben eine Frau? Ich habe Sie mehrfach nach Verwandten und Familie im Heimatland gefragt und Sie haben dies nie erwähnt?

A: Ich habe eine Frau, ich habe einen Sohn und eine Tochter. Ich habe es vielleicht nicht verstanden.

F: Wollen Sie Gründe geltend machen, die gegen eine Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet sprechen? Haben Sie besondere Bindungen zu Österreich?

A: Es ist ein schönes Land und ein sehr gutes Land.

F: Liegt eine anderweitige Integrationsverfestigung Ihrer Person vor bzw. inwieweit würde ihr Privat- und Familienleben durch eine Aufenthalts beendende Maßnahme beeinträchtigt werden. Zum Beispiel besuchen Sie einen Sprachkurs, arbeiten Sie?

A: Nein, es gibt keinen dort.

Ihnen werden die aktuellen Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat übersetzt und nachweislich zur Kenntnis gebracht. Wollen Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

A: Es stimmt alles so. Ich bin Analphabet und möchte hier lernen.

Nach vollständiger Rückübersetzung durch den Dolmetscher um 11:19 Uhr.

F: Möchten Sie etwas korrigieren oder ergänzen?

A: Mein Bruder war neben dem LKW als die Rikscha gekommen ist. Ich bin zum Essen gegangen und dann habe ich gesehen dass die Rikscha explodiert war und auch die anderen LKW¿s.

F: Wurde alles richtig aufgenommen?

A: Ja.

V.: Sie haben bei der Erstbefragung angegeben 5 Brüder zu haben, heute sind es sechs. Von einer Schwester haben Sie nichts angegeben, auch diese erwähnen Sie heute. Sie gaben auch an verheiratet zu sein und eine Tochter zu haben, heute haben sie auch noch einen Sohn. Wie können Sie mir dies erklären?

A: Im Camp habe ich ja drei Nächte nicht geschlafen. Ich war nicht konzentriert. Ich habe eh nur eine Tochter. Sie heißt XXXX. Ich wurde nicht gefragt ob ich eine Schwester habe.

V: Dann haben Sie also gelogen als Sie heute gesagt haben Sie hätten einen Sohn?

A: Ich habe von Sohn nichts gesagt. Vielleicht hat man XXXX falsch verstanden.

V.: Sie gaben an in Nangarhar, Distrikt XXXX, XXXX gelebt zu haben. XXXX ist aber ein eigener Distrikt und auch XXXX ist ein eigener Distrikt. Hätten Sie tatsächlich dort gelebt, müssten Sie dies doch wissen? Es wurden Ihnen angrenzende Dörfer genannt, sie kannten die Namen nicht. Es ist nicht glaubhaft, dass Sie tatsächlich dort gelebt hätten. Möchten Sie etwas dazu angeben?

A: Ich war ja viel unterwegs und ich kenne diese Namen nicht. Ich war ja nur 4 Tage zuhause und sonst immer unterwegs.

V.: Bei Ihrer Erstbefragung gaben Sie auch an, als Kraftfahrer für ein deutsches Unternehmen von 2002 bis 2011 in XXXX gearbeitet zu haben. Auch das schildern Sie heute völlig anders. Offenbar haben Sie Ihre heutigen Angaben den vorgelegten Dokumenten angepasst. Wie erklären Sie diesen Widerspruch?

A: Das letzte Mal hat ein Iraner übersetzt. Ich habe es nicht so gesagt.

V.: Es ist auch nicht glaubhaft dass ein so großer Transport von 13 Tankfahrzeugen 15 Gehminuten entfernt abgestellt wird und die zur Bewachung eingesetzten Soldaten und Polizeibeamte sich nicht dort zum Schutz befanden. Möchten Sie dazu etwas angeben?

A: Alle Leute waren weiter weg von den Autos. Sie hatten ja Angst dass vielleicht eine Bombe kommt. Deshalb waren alle sehr weit weg von den LKW¿s.

V.: Wären dort auch tatsächlich 13 Tankfahrzeuge explodiert, hätten Sie dies auch im Restaurant 15 Gehminuten entfernt (auf Sichtweite) wahrnehmen müssen. Möchten Sie etwas dazu sagen?

A: Die Autos sind nicht alle auf einmal explodiert. Das Feuer hat uns nicht erreicht. Wir haben es aber gesehen.

V.: Die von Ihnen vorgelegte Tazkira wurde XXXX Tage nach Ihrer Einreise in Österreich ausgestellt. Die Tazkira weist auch Merkmale einer Verfälschung auf. Das Bild wurde offenbar entfernt und neu aufgeklebt. Auch das Datum der Ausstellung und der Ausstellungsort stimmt mit Ihren Angaben nicht überein. Möchten Sie etwas dazu angeben?

A: Sie haben das Bild selber einmal weggenommen und wieder aufgeklebt.

V.: Ihre Tazkira ist offensichtlich nicht authentisch. Aber auch die anderen Dokumente stellen keinen Beweis für Ihre angebliche Tätigkeit dar. Es sind keine Namen ersichtlich. Diese Papiere könnten echt sein, beinhalten aber keinerlei Hinweis auf Ihre Person. Möchten Sie etwas dazu angeben?

A: Die Leute von der Nato schreiben keinen Namen drauf. Die Originale behalten sie selbst und wir bekommen die Kopie.

F. Versteh ich Sie richtig? Diese Papiere wurden von der Nato ausgestellt?

A: Ja.

V.: Sie haben das Kuvert der Übersendung Ihrer Beweismittel nicht vorgelegt. Die erkennende Behörde geht davon aus, dass Sie damit Ihre wahre Herkunftsregion (Absender) verschleiern wollten. Auch das Zustande kommen ist nicht plausibel. Möchten Sie sich dazu äußern?

A: Ich kann das Kuvert bringen. Es ist kein Problem.

V.: Sie selbst hatten keinen Kontakt zu den Taliban. Gäbe es tatsächlich ein Problem hätten Sie jederzeit die Möglichkeit gehabt in eine andere Region Afghanistans zu ziehen um den angeblichen Problemen zu entgehen, zum Beispiel nach XXXX. Möchten Sie sich dazu äußern?

A: Die Taliban haben nach mir gefragt. In XXXX habe ich nie gelebt. Ich habe nur dorthin geliefert.

V.: Sie wurden gefragt ob Sie jemals zuvor Afghanistan verlassen hätten und verneinten dies. Laut Ihren Angaben haben Sie aber regelmäßig seit mehreren Jahren Transporte von Pakistan nach Afghanistan gemacht. Wie können Sie diesen Widerspruch erklären?

A: In Afghanistan habe ich immer gelebt. Nach Pakistan bin ich nur für die Arbeit.

V.: Ihr Vorbringen ist für die erkennende Behörde nicht glaubhaft. Glaubhaft ist dass Sie Ihr Heimatland mit der Hoffnung auf Migration verlassen haben. Sie gaben bei der Erstbefragung auch an, dass Österreich Ihr Zielland gewesen wäre und man dort Papiere und Asyl bekommt. Heute, dass Sie etwas lernen und Ihre Familie nachholen möchten. Möchten Sie sich dazu äußern?

A: Ich hab viele Beweise. Bei der Nato gibt es meine Fingerabdrücke. Ich habe viele Papiere hergebracht. Ich habe sehr lange bei der Nato gearbeitet.

V.: Sie gaben an verheiratet zu sein und eine einjährige Tochter zu haben. Es ist nicht glaubhaft und plausibel, dass Sie Ihre Familie zurücklassen, wenn Sie nicht mit der Hoffnung auf Migration gezielt nach Österreich reisen. Möchten Sie sich dazu äußern?

A: Ich konnte sie nicht mitnehmen weil es so gefährlich ist. Ich habe gedacht ich gehe und dann hole ich sie.

F: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

A: Bei der Erstbefragung hat der Iraner Dari gesprochen und ich Pashtu. Er hat viel falsch verstanden."

Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 16.09.2011, Zl. XXXX, den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und ihm den Status eines Asylberechtigten sowie gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuerkannt, wobei gleichzeitig dessen Ausweisung in sein Heimatland gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg. cit. ausgesprochen wurde (Spruchpunkt III.).

Zum Spruchpunkt I. führte das Bundesasylamt beweiswürdigend aus:

"Ihren Angaben zum Fluchtgrund waren unglaubwürdig, widersprüchlich und nicht lebensnah. Wie bereits in der Beweiswürdigung zur Person erörtert, war Ihnen insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen.

So gaben Sie bei der Erstbefragung am 5.8.2011 nach Ihrem beruflichen Werdegang befragt an, dass Sie von 2002 bis 2011 in XXXX für ein deutsches Unternehmen als LKW Fahrer tätig gewesen wären.

Zum Fluchtgrund gaben Sie an, dass Sie für die amerikanischen Soldaten in Afghanistan Treibstoff gebracht hätten. Die Taliban hätten aber etwas dagegen gehabt. 6 Monate vor Ihrer Einreise, also Februar 2011 hätte man Ihren Bruder umgebracht. Deshalb hätte Ihr Onkel Sie nach Europa geschickt.

In der von Ihnen vorgelegten Tazkira, die am XXXX ausgestellt wurde, wird als Beruf "Gelegenheitsarbeiter" angeführt. Wären Sie tatsächlich Kraftfahrer gewesen, laut Ihren Angaben ja neun Jahre lang, hätte dies wohl auch so vermerkt sein müssen.

Als weitere Beweismittel legten Sie 8 Schreiben (Transportunterlagen) vor. Ein Schreiben ist datiert mit 29.5.2010 (Rechnung "XXXX"), eine Transportbescheinigung der Fa. XXXX, XXXX, ebenfalls vom 29.5.2010, eine Ladebescheinigung von XXXX, ebenfalls datiert mit 29.5.2010, eine weitere Transport Bescheinigung der Fa. XXXX, XXXX, datiert mit 8.7.2010 / 25.7.2010. Eine Zollbescheinigung datiert mit 25.7.2010 und eine Empfangsbestätigung mit Datum 25.7.2010.

In keinem dieser Dokumente ist Ihr Name ersichtlich. Auch wenn diese Unterlagen tatsächlich authentisch wären, könnten Sie keinen Beweis zu Ihrem Vorbringen erbringen.

Es ist auch nicht plausibel, dass Sie diese Dokumente mit verschiedener Datierung, beim angeblichen Terrorschlag der Taliban mit sich geführt haben, und diese so retten konnten.

Sie wurden auch gefragt was diese Dokumente bedeuten würden, und gaben an: "Dass sind die Papiere vom Öl, dass ich nach XXXX gebracht habe. Ich habe dann bei der Polizei angezeigt, dass mein Auto verbrannt ist und dann haben mich die Taliban verfolgt."

Vorgehalten, dass Ihr Name nicht auf diesen Unterlagen ersichtlich ist, beantworteten Sie mit: "Die Leute von der NATO schreiben keinen Namen drauf. Die Originale behalten sie selbst und wir bekommen die Kopie." Ob es richtig zu verstehen wäre, dass diese vorgelegten Beweismittel von der NATO ausgestellt worden wären, bejahten Sie.

Dies sieht die Behörde als Indiz dafür, dass Ihnen der Bezug zu diesen Unterlagen völlig fehlt. Wären Sie tatsächlich als LKW Fahrer 4 Jahre für die NATO tätig gewesen, dann hätten Sie auch als Analphabet zumindest den Inhalt der Unterlagen kennen müssen. Dass diese Unterlagen von Firmen und nicht von der NATO ausgestellt wurden, hätte Ihnen bekannt sein müssen.

Die entscheidende Behörde geht davon aus, dass Sie diese Unterlagen, aber auch die Tazkira aus Gefälligkeitsgründen zugesandt bekommen haben, um Ihr fiktives Vorbringen zu stützen.

Aber auch Ihre weiteren Angaben waren wenig lebensnah und widersprüchlich. So gaben Sie ja bei der Erstbefragung an, dass Ihr Bruder 6 Monate vor Ihrer Einreise in Österreich am 5.8.2011 von den Taliban getötet worden wäre. Bei Ihrer Einvernahme vor dem BAA, 1 Monat und 9 Tage später, schildern Sie wiederum, dass Ihr Bruder im Zuge eines Terroraktes vor mehr als einem Jahr verbrannt wäre.

Sie gaben vor dem BAA auch an selbst bei diesem Terroranschlag anwesend gewesen zu sein. Es ist für die erkennende Behörde nicht plausibel, dass Sie dies aber nicht schon bei der Erstbefragung erwähnt hätten.

Widersprüchlich waren aber auch Ihre weiteren Angaben, so hielten Sie fest, dass Sie die Absicht Ihr Heimatland zu verlassen vor 2 Jahren gefunden hätten. So gaben Sie an: "Es war ungefähr 2 Jahre, dass mich die Taliban gequält haben. Sie haben immer gesagt warum ich der Nato Öl bringe." Im Widerspruch dazu gaben Sie dann an: "Die Taliban waren hinter mir her, weil ich das Öl für die Nato transportiert habe. Die Taliban haben gesagt ich soll denen nicht helfen. Am Anfang haben die Taliban es nicht gewusst. Ich habe

heimlich Öl transportiert." ... "Die Taliban haben es von Anfang an

nicht gewusst. Ich habe es heimlich transportiert. Nachdem mein Bruder gestorben ist, haben sie es herausbekommen. ...".

Es klingt wohl kaum lebensnah, wenn Sie angeben mit einem Tanklastzug mit 40.000 Liter Treibstoff beladen, eine Wegstrecke von XXXX bis XXXX (also ungefähr 1.500 km) zurücklegen und dies dann "heimlich" machen. Es wäre aber auch nicht möglich 2 Jahre von den Taliban schon deshalb "genervt" zu werden, wenn diese dies doch erst durch den Tod des Bruders entweder im Februar 2011 oder im Juli / August 2010 erfahren hätten.

Ihre Angaben zu dem angeblichen Terroranschlag, waren weder lebensnah noch plausibel und glaubhaft. So gaben Sie an, bei diesem Terroranschlag anwesend gewesen zu sein. Sie gaben an: "Ja, ich war dabei. Ich bin nur in das Restaurant gegangen etwas zu essen. Als ich zurückgekommen bin, habe ich gesehen, dass in einer Rikscha eine Bombe war und die ist explodiert."

Zur Aufforderung das Erlebte zu schildern, gaben Sie an: "Mein Bruder ist eine Strecke geflüchtet. Er ist aber sehr verbrannt. Ich habe ihn aber erkannt und mitgenommen."

Da auch diese Antwort nicht dem Wesen eines Erlebnisberichtes entsprach wurden Sie nochmals gefragt wie Sie diesen Vorfall erlebt hätten, als Sie aus dem Restaurant gekommen wären, und gaben völlig emotionslos an: "Als ich hergekommen bin habe ich gesehen dass mein Bruder sehr weit weg von den LKW liegt. Es sind 4 Leute ums Leben gekommen, es waren zwei Pakistani und mein Bruder." Was Sie dann gemacht hätten, beantworteten Sie mit: "Ich war im Restaurant. Als ich zurückgekommen bin, haben die Amerikaner meinen Bruder mitgenommen und haben ihn ein bisschen gereinigt. Wir sollten draußen warten. Sie haben gesagt wir sollen weiter weg gehen. Es hätten die Autos explodieren können weil soviel Öl drinnen war."

Im Verfahren nach dem Asylgesetz ist es unabdingbare Voraussetzung für die Bewertung des Vorbringens eines Asylwerbers zu den Fluchtgründen als glaubhaft, dass der Antragsteller nicht bloß eine "leere" Rahmengeschichte im Zuge der Einvernahme vorbringt, ohne diese durch das Vorbringen von Details, Interaktionen, glaubhaften Emotionen etc. zu substantiieren bzw. "mit Leben zu erfüllen".

Da in einem Asylverfahren unzweifelhaft die niederschriftliche Aussage eines Antragstellers vor den Asylbehörden die zentrale Erkenntnisquelle für die Entscheidung darstellt, reicht es keinesfalls aus, dass der Asylwerber lediglich nicht zu widerlegende Behauptungen aufstellt, welche - oftmals aufgrund zu geringer "Öffentlichkeitswirksamkeit" oder " Drittwirkung" - einer Verifizierung nicht zugänglich sind.

Vielmehr sind die Aussagen des Antragstellers zu seinen Fluchtgründen und zum Fluchtweg daran zu messen, wie eine durchschnittliche "Maßfigur" über tatsächlich persönlich erlebte Sachverhalte berichten würde.

Die Wiedergabe von tatsächlich selbst erlebten Umständen bzw. Ereignissen zeichnet sich jedoch gerade dadurch aus, dass man nicht lediglich objektive Rahmenbedingungen darlegt, sondern entspricht es vielmehr der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Menschen über persönlich Erlebtes detailreich, oft weitschweifend unter Angabe der eigenen Gefühle bzw. unter spontaner Rückerinnerung an auch oft unwesentliche Details oder Nebenumstände berichten. Dies war Ihrem Vorbringen jedoch keinesfalls zu entnehmen.

Weiters ist die Darlegung von persönlich erlebten Umständen dadurch gekennzeichnet, dass man beim Vorbringen der eigenen "Lebensgeschichte" vor allem sich selbst in die präsentierte Rahmengeschichte dergestalt einbaut, dass man die eigenen Emotionen bzw. die eigene Erlebniswahrnehmung zu erklären versucht, sich allenfalls selbst beim Erzählen emotionalisiert zeigt, bzw. jedenfalls Handlungsabläufe bzw. die Kommunikation und Interaktion zwischen den handelnden Personen der Geschichte darlegt. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um wichtige Ereignisse im Leben eines Menschen handelt, die oftmals das eigene Schicksal oder einen Lebensweg dergestalt verändern, dass man sich letztendlich dazu veranlasst sieht, sein Heimatland oder das Land des letzten Aufenthaltes deshalb "fluchtartig" zu verlassen.

Nicht plausibel und auch nicht glaubhaft war auch, dass Sie angaben dass 13 vollbeladene Tanklastzüge quasi ohne Schutz abgestellt werden, um essen zu gehen, bzw. Essen zu besorgen. Sie gaben auch an, dass dieser Transport von ein paar Polizisten und der Armee begleitet gewesen wäre. Da Sie auch angaben, dass alle 13 Tanklastzüge explodierten wurden Sie gefragt ob nicht auch Soldaten dabei ums Leben gekommen wären, und gaben Sie an: "Nein. Sie waren ein bisschen weiter weg."

Auf den Vorhalt, dass es nicht plausibel wäre, dass so ein großer Treibstofftransport abgestellt werden würde und die Soldaten und Polizisten sich dann dort nicht zum Schutz befanden, gaben Sie an:

"Alle Leute waren weiter weg von den Autos. Sie hatten ja Angst dass vielleicht eine Bombe kommt. Deshalb waren alle sehr weit weg von den LKW-s."

Auch hier geht die erkennende Behörde davon aus, dass Ihr Vorbringen fiktiv ist. Es wäre wohl kaum nachvollziehbar, dass man einen Angriff oder ein Bombenattentat befürchtet und dann 13 Tanker einfach so abstellt um Essen zu gehen. Hätte es tatsächlich eine Bedrohung gegeben, dann wäre dieser Transport doch eher durchgefahren, und wäre das große Risiko sich länger an einem Ort aufzuhalten, nicht eingegangen.

Sie wurden eingangs der Einvernahme zu ihren Fluchtgründen aufgefordert, alle Gründe anzuführen, weshalb sie Heimatland verlassen haben und weshalb sie in Österreich einen Asylantrag gestellt haben.

Allein diese Aufforderung an einen Antragsteller erfordert wohl ein wie bereits oben angeführtes erwartetes Verhalten und Vorbringen eines Asylwerbers.

In Zusammenschau aller Angaben geht die Behörde davon aus, dass Sie eine schlecht durchdachte fiktive Geschichte entwickelt haben, die nur mit Hoffnung auf Migration, der Asylerlangung hätte dienen sollen. Dies dokumentiert sich auch in Ihren Angaben, Ihre Familie nachholen und etwas lernen zu wollen. Auch schon bei der Erstbefragung gaben Sie an, dass Österreich Ihr Zielland gewesen wäre und Ihr Onkel gesagt hätte dass man in Österreich Papiere und Asyl bekommen würde.

Ihren Angaben musste daher in Zusammenschau aller Angaben die Glaubwürdigkeit versagt werden und es kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht haben."

Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes brachte der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde ein.

Der Beschwerdeführer wurde am 29.05.2013 von der Grundversorgung abgemeldet, da er privat ins Ausland (London) verzogen war.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.06.2015, Zahl:

W222 1422101-1/4E wurde das Beschwerdeverfahren gemäß § 24 AsylG 2005 eingestellt.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.10.2016, Zahl:

W222 1422101-1/7Z wurde das Beschwerdeverfahren gemäß § 24 AsylG 2005 fortgesetzt, da der Beschwerdeführer seit dem 28.10.2016 wieder aufrecht gemeldet war.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 19.04.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und stammt aus der Provinz Nangahar. Er gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und bekennt sich zum sunnitischen Glauben. Er hat mehrere Jahre in seinem Heimatland eine Schule besucht. Der Beschwerdeführer war über drei Jahre in London wohnhaft (bis Oktober 2016) und suchte auch dort um Asyl an. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig, er leidet unter keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Seine Mutter und seine Ehefrau sowie seine Kinder und ein Onkel sowie eine Tante leben in seinem Heimatland. Der Beschwerdeführer hat in XXXX in einem Hotel gearbeitet, in XXXX als Verkäufer in einem Geschäft sowie als LKW-Fahrer. Im Bundesgebiet verfügt er über keinerlei Familienangehörige, Verwandte oder sonstige Personen, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis. Er hat österreichische Freunde. Er ist Mitglied in einem Cricketverein und hat einen Deutschkurs besucht. Er geht keiner Erwerbstätigkeit nach, sondern bestreitet seinen Lebensunterhalt durch staatliche Unterstützung im Rahmen der Grundversorgung.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer Afghanistan aus den von ihm genannten Gründen verlassen hat.

Zur maßgeblichen Lage in Afghanistan werden folgende Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 21.12.2017 zugrunde gelegt:

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil - der Konflikt zwischen regierungsfeindlichen Kräften und Regierungskräften hält landesweit an (UN GASC 20.12.2017). Zur Verschlechterung der Sicherheitslage haben die sich intensivierende Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften beigetragen (SIGAR 30.10.2017; vgl. SCR 30.11.2017).

Die afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte verstärkten deutlich ihre Luftoperationen (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die in 22 Provinzen registriert wurden. So haben sich im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) Luftangriffe um 73% gegenüber dem Vorjahreswert erhöht (UN GASC 20.12.2017). Der Großteil dieser Luftangriffe wurde in der südlichen Provinz Helmand und in der östlichen Provinz Nangarhar erfasst (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die als Hochburgen des IS und der Taliban gelten (SIGAR 30.10.2017). Verstärkte Luftangriffe hatten wesentliche Aus

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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