TE Vwgh Erkenntnis 1999/8/24 99/11/0063

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Veröffentlicht am 24.08.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1984 §2 Abs6;
ÄrzteG 1984 §22 Abs2;
ÄrzteG 1998 §204 Z6;
ÄrzteG 1998 §49 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;
MTF-SHD-G 1997 §37 Abs1;
MTF-SHD-G 1997 §44 lith;
MTF-SHD-G 1997 §51 lith;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des M A in W, vertreten durch Dr. Renate Steiner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 18-20, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 17. November 1998, Zl. UVS-06/46/00691/97, betreffend Übertretungen des MTD-G und des MTF-SHD-G, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoferne wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, als mit ihm über die Berufung gegen Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom 27. Oktober 1997 abgesprochen wurde; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 22. Bezirk, vom 27. Oktober 1997 wurde der Beschwerdeführer zu Spruchpunkt I. schuldig erkannt, es als Rechtsträger einer näher bezeichneten privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbstständigen Ambulatoriums zu verantworten zu haben, dass zwei namentlich genannte Arbeitnehmer vom 4. November bzw. vom 30. Oktober 1996 bis 22. September 1997 für näher umschriebene Tätigkeiten in den gehobenen medizinisch technischen Diensten herangezogen wurden, obwohl sie zu einer derartigen Tätigkeit nicht berechtigt sind. Dadurch habe er zwei Übertretungen nach § 33 Z. 1 des Bundesgesetzes über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD-G), BGBl. Nr. 460/1992 in der Fassung Nr. 327/1996, begangen; über ihn wurden zwei Geldstrafen von je S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je drei Tagen) verhängt.

Mit Spruchpunkt II. dieses Straferkenntnisses wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, es in der oben bezeichneten Eigenschaft zu verantworten zu haben, dass 15 namentlich genannte Arbeitnehmer zu näher umschriebenen, in den Jahren 1993 bis 1997 beginnenden und mit 22. September 1997 endenden Zeiträumen zu Tätigkeiten des medizinisch-technischen Fachdienstes, und zwar zur Ausführung einfacher physiotherapeutischer Behandlungen bei der Durchführung von Elektrotherapien und Ultraschallbehandlungen, herangezogen wurden, obwohl sie dazu nicht berechtigt sind. Dadurch habe er 15 Übertretungen nach § 60 Abs. 1 Z. 1 des Bundesgesetzes über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste (MTF-SHD-G), BGBl. Nr. 102/1961 in der Fassung BGBl. Nr. 872/1992, begangen; über ihn wurden 15 Geldstrafen in der Höhe von je S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je drei Tagen) verhängt. Ferner wurde ihm zu beiden Spruchpunkten die Entrichtung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von S 17.000,-- vorgeschrieben.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung, die er in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde in Ansehung des Spruchpunktes I. auf die Frage der Strafbemessung einschränkte; den Spruchpunkt II. bekämpfte er zur Gänze.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung in Ansehung des Spruchpunktes I. Folge gegeben und die Strafen auf je S 5.000,-- (je 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, je S 500,-- Verfahrenskostenbeitrag) herabgesetzt.

Zu Spruchpunkt II. hat die belangte Behörde das Straferkenntnis hinsichtlich des zu Z. 8 genannten Arbeitnehmers aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt; im Übrigen wurde das Straferkenntnis in der Schuldfrage bestätigt. Die 14 Geldstrafen wurden auf je S 6.000,-- (je zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe, je S 600,-- Verfahrenskostenbeitrag) herabgesetzt.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 23. Februar 1999, B 189/99, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und mitgeteilt, dass von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen wird; sie beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Unzuständigkeit der belangten Behörde vor, sie habe zu Unrecht durch ein einzelnes Mitglied statt durch eine Kammer, somit in unrichtiger Zusammensetzung, entschieden. Angesichts der Höhe der insgesamt verhängten Strafen (S 170.000,--) und des engen rechtlichen und sachverhaltsmäßigen Zusammenhanges hätte bei zutreffender Anwendung des § 51 c VStG nicht bloß ein einzelnes Mitglied entscheiden dürfen. Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang auf die ihm geläufige gegenteilige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ersucht aber um nochmaliges Überdenken des darin zum Ausdruck kommenden Rechtsstandpunktes.

Das gewünschte Überdenken auf Grund des Beschwerdevorbringens konnte den erkennenden Senat zu keiner Initiative zur Änderung der bisherigen Rechtsprechung veranlassen. Wenn auch die Ahndung einer Mehrzahl von rechtlich und sachverhaltsmäßig eng zusammenhängender Verwaltungsübertretungen in einem Straferkenntnis zusammengefasst wird, so handelt es sich doch um voneinander zu unterscheidende Delikte, über die jeweils unterschiedlich zu entscheiden sein kann (vgl. dazu etwa die Einstellung des Verfahrens mangels Tatbestandsmäßigkeit in Ansehung einer Übertretung durch die belangte Behörde). Es ist nur eine rechtlich nicht zwingend determinierte Frage der Zweckmäßigkeit, ob die betreffenden Verwaltungsstrafverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Ausfertigung der Entscheidung verbunden werden oder ob jede Übertretung (in Ansehung jedes einzelnen Arbeitnehmers) gesondert abgehandelt und darüber gesondert entschieden wird. Die Zusammensetzung der belangten Behörde kann sich aber - schon aus verfassungsrechtlichen Gründen - nicht danach richten, welche Vorgangsweise der Behörde im konkreten Fall zweckmäßiger erscheint. Der "angefochtene Bescheid" im Sinne des § 51 c VStG ist die über eine Verwaltungsübertretung ergangene Entscheidung der Strafbehörde erster Instanz und nicht die - allenfalls mehrere Bescheide enthaltende - Ausfertigung.

Die belangte Behörde hat damit zutreffend durch ein einzelnes Mitglied entschieden.

2.1. § 37 MTF-SHD-G lautet:

"(1) Der medizinisch-technische Fachdienst umfasst die Ausführung einfacher medizinisch-technischer Laboratoriumsmethoden,

einfacher physiotherapeutischer Behandlungen sowie Hilfeleistungen

bei der Anwendung von Röntgenstrahlen zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken.

(2) Die im Abs. 1 angeführten Tätigkeiten dürfen nur nach ärztlicher Anordnung und unter ärztlicher Aufsicht vorgenommen werden."

Der Beschwerdeführer releviert unter Verweisung auf seine - abgelehnte - Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, § 37 Abs. 1 MTF-SHD-G sei verfassungswidrig. Er behauptet, der (zweifach verwendete) Begriff "einfach" verstoße gegen Art. 18 B-VG, weil er viel zu unbestimmt sei, um Verwaltungshandeln zu determinieren.

Wenn der Verwaltungsgerichtshof auch durch die Aussage des Verfassungsgerichtshofes im Ablehnungsbeschluss, eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers durch die Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm sei so wenig wahrscheinlich, dass die an ihn gerichtete Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe, nicht gehindert wäre, die Normbedenken seinerseits aufzugreifen und einen entsprechenden Antrag nach Art. 140 Abs. 1 B-VG zu stellen, so sieht er sich dazu nicht veranlasst. Abgesehen davon, dass "einfach" ein sogenannter unbestimmter Gesetzesbegriff ist, der vor dem Hintergrund der zu regelnden Lebenssachverhalte durchaus einer Auslegung zugänglich ist, kommt die Problematik der Auslegung dieses Begriffes hier gar nicht zum Tragen. Im vorliegenden Fall geht es nicht darum, dass nicht als einfach zu qualifizierende Tätigkeiten von Personen verrichtet wurden, die nur einfache Tätigkeiten verrichten dürfen, mit anderen Worten um die Abgrenzung zwischen einfachen und gehobenen Tätigkeiten. Der Vorwurf geht vielmehr dahin, dass Heilbademeister und Heilmasseure zu physiotherapeutischen Behandlungen herangezogen worden seien, die außerhalb ihres erlaubten Tätigkeitsbereiches - ob einfach oder nicht - gelegen sind.

Der Beschwerdeführer führt auch § 49 Abs. 2 ÄrzteG 1998 (bzw. § 22 Abs. 2 ÄrzteG 1984) ins Treffen. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmungen kann sich ein Arzt in ihrer Qualifikation nicht näher umschriebener Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln. Diese Argumentation ist schon im Ansatz verfehlt. Es kann dahinstehen, ob sich diese Bestimmungen nicht nur auf die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit im Bereich der Ordination niedergelassener Ärzte beziehen und auf die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in Krankenanstalten gar nicht anzuwenden sind (was der systematische Zusammenhang nahe legte). Wie sich aus § 204 Z. 6 ÄrzteG 1998 (bzw. § 2 Abs. 6 ÄrzteG 1984) ergibt, wird durch dieses Gesetz - und damit auch durch die jeweilige Bestimmung über die Verwendung von Hilfspersonen - das MTF-SHD-G (bzw. die gesetzlichen Vorschriften über die Berechtigung zur Ausübung der medizinisch-technischen Dienste sowie der Sanitätshilfsdienste) nicht berührt. Zu den im MTF-SHD-G geregelten Tätigkeiten darf ein Arzt demnach nur Personen heranziehen, die die nach diesem Gesetz erforderliche Qualifikation aufweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 37 Abs. 1 MTF-SHD-G. Damit ist auch die Behauptung widerlegt, die inkriminierten Tätigkeiten seien auf Grund des ÄrzteG erlaubt gewesen.

2.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, es liege gar kein "Normverstoß" vor. Darin liegt die Behauptung, die Beschäftigung von als Heilbademeistern und Heilmasseuren qualifizierten Personen zu Elektrotherapien und Ultraschallbehandlungen sei nicht gesetzwidrig.

Davon kann freilich auf Grund der Rechtslage keine Rede sein. Gemäß § 44 lit. h MTF-SHD-G fallen in das Gebiet der Sanitätshilfsdienste, die von "Heilbademeistern und Heilmasseuren" im Sinne des § 51 lit. h leg. cit. ausgeübt werden dürfen, "Tätigkeiten, welche sich auf die Anwendung der Thermo-, Hydro- und Balneotherapie sowie der Heilmassage im beschränkten Umfange erstrecken". Elektrotherapien scheinen in dieser Aufzählung überhaupt nicht auf. Auch wenn man mit der belangten Behörde davon ausgeht, dass Ultraschallbehandlungen dem Oberbegriff Wärme-(Thermo-)Therapien zuzuordnen sind, wären sie schon auf Grund ihrer Verwandtschaft mit Elektrotherapien außerhalb des "beschränkten Umfanges", der in das Gebiet der Sanitätshilfsdienste fällt.

2.3. Der Beschwerdeführer macht auch einen Verstoß gegen § 44 a VStG geltend, weil die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Taten im Sinne der Z. 1 nicht ausreichend determiniert sei und sich in der Wiedergabe der verba legalia erschöpfe.

Die betreffende Wendung im Spruchpunkt II. lautet dahin, der Beschwerdeführer habe die namentlich genannten Personen "zu Tätigkeiten des medizinisch-technischen Fachdienstes, und zwar zur Ausführung einfacher physiotherapeutischer Behandlungen bei der Durchführung von Elektrotherapien und Ultraschallbehandlungen herangezogen", "obwohl diese Personen dazu nicht berechtigt sind". Diese Personen hätten lediglich eine Ausbildung als Heilbademeister und Heilmasseur.

Nach dem Wortlaut des Spruches (Spruchpunkt II.) wären die lediglich als Heilbademeister und Heilmasseure qualifizierten Arbeitnehmer zu einfachen physiotherapeutischen Behandlungen "bei der Durchführung von Elektrotherapien und Ultraschallbehandlungen" herangezogen worden. Diese - über den Gesetzeswortlaut hinausgehende - Tatanlastung wird den Erfordernissen des § 44 a Z. 1 VStG gerade noch gerecht. Angesichts der Vielzahl von Arbeitnehmern und von durchgeführten Behandlungen in verhältnismäßig langen Zeiträumen wäre es eine Überspannung des sich aus der zuletzt zitierten Bestimmung ergebenden Erfordernisses der ausreichenden Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat, wollte man eine konkretere Beschreibung der Tätigkeiten verlangen als deren typenmäßige Bezeichnung. Die Auffassung der Behörden des Verwaltungsstrafverfahrens, die in Rede stehenden Arbeitnehmer hätten bei Durchführung von Elektrotherapien und Ultraschallbehandlungen überhaupt nicht eingesetzt werden dürfen, entspricht nach dem oben Gesagten dem Gesetz.

2.4. Die Tatzeit ist im Spruch des Straferkenntnisses, der insoweit mit dem angefochtenen Bescheid bestätigt worden ist, mit verschiedenen Zeiträumen, die jeweils in den Jahren 1993 bis 1997 beginnen und am 22. September 1997 enden, angegeben; lediglich in Ansehung einer (der unter Z. 5 angeführten) Arbeitnehmerin wird der 25. Juli 1997 als Ende der Tatzeit angegeben.

Der Beschwerdeführer rügt zu Recht, dass diese Umschreibungen der Tatzeit rechtswidrig sind. Das Verwaltungsstrafverfahren geht auf eine amtsärztliche Einschau im Ambulatorium des Beschwerdeführers vom 7. Mai 1997 zurück. An diesem Tag wurden die inkriminierten Tätigkeiten festgestellt. Zwar wurde in der ersten Verfolgungshandlung - der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. September 1997 - das Ende der Tatzeiträume in Ansehung der Arbeitnehmer mit Ausnahme der einen bereits am 25. Juli 1997 ausgeschiedenen Arbeitnehmerin mit "bis dato" angegeben. Der Beschwerdeführer hat aber in seiner Berufung geltend gemacht, für Tatzeiträume nach dem 7. Mai 1997 gebe es keine Begründung; der Sache nach hat er damit die ihm zur Last gelegten Delikte insofern bestritten.

Die belangte Behörde hat dennoch (mit der erwähnten Ausnahme) den 22. September 1997 als Ende der Tatzeit angenommen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung dazu nichts vorgebracht hat, obwohl er dazu Gelegenheit gehabt hätte. Damit hat die belangte Behörde verkannt, dass es ihre Aufgabe gewesen wäre, auf das Berufungsvorbringen entsprechend zu reagieren und, gegebenenfalls unter Mitwirkung des Beschwerdeführers, zu der er aufzufordern gewesen wäre, zu ermitteln, ob die Bestreitung in der Berufung zu Recht erfolgt ist oder nicht. Es kann dem Beschuldigten nicht zur Last fallen, wenn er einen in der Berufung relevierten Aspekt nicht von sich aus in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungsbehörde zur Sprache bringt; das Schweigen der Berufungsbehörde in dieser Frage kann von ihm auch so verstanden werden, dass die Behörde in diesem Punkt seiner Verantwortung zu folgen bereit ist.

Wenn in der Begründung des angefochtenen Bescheides unter Bezugnahme auf eine durch Aktenvermerk festgehaltene fernmündliche Auskunft vom 8. September 1997 angeführt wird, dass die Arbeitnehmer (mit der erwähnten Ausnahme) bis zu diesem Zeitpunkt beschäftigt worden seien, so kann darauf eine Tatanlastung bis zum 22. September nicht gestützt werden, abgesehen davon, dass in dem Aktenvermerk lediglich die Zeitpunkte des Beginnes der Beschäftigung der einzelnen Arbeitnehmer aufscheinen.

Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, er bestreite nicht, dass "die im Spruch angeführten Tätigkeiten ausgeübt" wurden. In dieser summarischen Erklärung kann ein Widerruf seines Berufungsvorbringens nicht erblickt werden.

2.5. Die belangte Behörde ist im Zusammenhang mit der Beachtung der Bestimmungen über die (Verfolgungs-)Verjährung von fortgesetzten Delikten ausgegangen. In der Berufung hat der Beschwerdeführer geltend gemacht, dass zum Teil bereits Verjährung gemäß § 31 Abs. 2 VStG eingetreten sei. In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde wurde diese Frage von keiner Seite zur Sprache gebracht. In der Beschwerde wird ausdrücklich vorgebracht, mangels Gleichartigkeit der inkriminierten Tätigkeiten könne von fortgesetzten Delikten keine Rede sein. Das unter 2.4. Gesagte gilt auch hier sinngemäß.

2.6. Der Beschwerdeführer hat bereits in seiner Berufung vorgebracht, ihn treffe insofern kein Verschulden an der rechtswidrigen Heranziehung von Heilbademeistern und Heilmasseuren bei Elektrotherapien und Ultraschallbehandlungen, als ihm Rundschreiben der Ärztekammer von Wien sowie je ein medizinisches und ein juristisches Gutachten vorgelegen seien, in denen die Auffassung vertreten wird, diese Vorgangsweise entspreche dem Gesetz. Er hat die betreffenden Unterlagen seiner Berufung angeschlossen.

Aus den genannten Unterlagen ergibt sich, dass zwischen der Ärztekammer für Wien und dem damaligen Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz eine Meinungsverschiedenheit bestanden hat, ob Beschäftigungen der in Rede stehenden Art zulässig sind. Die Gutachten dienten der Ärztekammer zur Untermauerung ihres Standpunktes. Aus diesen Unterlagen ergibt sich jedoch nicht, dass dieser Standpunkt behördlicherseits geteilt worden wäre oder dass - wie vom Beschwerdeführer behauptet - derartige Beschäftigungen vorläufig toleriert würden.

Für den Beschwerdeführer hätte sich daher auf Grund seines Wissensstandes ergeben müssen, dass über die Frage der Zulässigkeit der in Rede stehenden Beschäftigungen zwischen dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministerium als oberster Behörde und der Ärztekammer als gesetzlicher Interessensvertretung unterschiedliche Auffassungen bestanden haben. Er hätte daher damit rechnen müssen, dass sich die (Straf-)Behörden die Meinung des Bundesministeriums zu Eigen machen und dass allenfalls - was die Ärztekammer jedenfalls angeregt hat - eine Klarstellung in der Rechtsordnung erfolgen werde. Er hätte aber keinesfalls davon überzeugt sein dürfen, bei der Heranziehung von Heilbademeistern und Heilmasseuren bei Durchführung von Elektrotherapien und Ultraschallbehandlungen rechtmäßig zu handeln.

2.7. Der Beschwerdeführer stellt auch sein Verschulden mit dem bereits in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vorgebrachten Argument in Abrede, er habe, nachdem er von der Anzeige erfahren habe, die Behörde gefragt, wie er seinen Betrieb weiterführen und mit seinen Beschäftigten verfahren solle. Ihm sei daraufhin erklärt worden, "die behördlich inkriminierte Beschäftigung werde bis zur legistischen Klärung des Problems toleriert werden". Auf dieses Vorbringen ist die belangte Behörde nicht eingegangen. Sollte es zutreffen, so läge jedenfalls von dem - zu ermittelnden - Zeitpunkt an kein Verschulden des Beschwerdeführers vor.

3. Was die zuletzt gerügte Strafbemessung anlangt, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen dem Sinn des Gesetzes widersprechend Gebrauch gemacht hätte. Bei einem gesetzlichen Strafrahmen bis S 50.000,-- liegen die (zu Spruchpunkt I.) verhängten Strafen im untersten Bereich. Auch auf dem Boden der in der Beschwerde gemachten Angaben über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers kann von einem "Strafexzess" keine Rede sein. Der Beschwerdeführer unterliegt in diesem Zusammenhang demselben Irrtum über die Zusammenrechnung mehrerer Strafen, wie er oben unter Pkt. 1 abgehandelt wurde. Die Strafbemessung, insbesondere die Herabsetzung der Strafhöhe durch die belangte Behörde als Berufungsbehörde, erfolgte unter der Annahme des Fehlens von Erschwerungsgründen bei gleichzeitigem Vorliegen von Milderungsgründen, vor Allem eines Tatsachengeständnisses.

4. Der angefochtene Bescheid war aus den unter Pkt. 2.4., 2.5. und 2.7. genannten Gründen in Ansehung der Absprache über die Berufung gegen Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

5. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 und 6 VwGG abgesehen werden.

6. Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. August 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999110063.X00

Im RIS seit

22.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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