TE Vfgh Beschluss 2018/9/25 E3114/2018

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Veröffentlicht am 25.09.2018
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Index

L9440 Krankenanstalt, Spital

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Stmk KAG 2012 §7 Abs6, §8 Abs4
AVG §8

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse gegen die Feststellung des Bedarfs an einem selbständigen Ambulatorium für Magnetresonanz an einem bestimmten Standort mangels Legitimation; gesetzliche Zuerkennung der Parteistellung in eingeschränkter Form, jedoch keine Einräumung subjektiver Rechte

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1.       Auf Grund der Anträge eines Einschreiters vom 4. und 8. September 2014 stellte die Steiermärkische Landesregierung mit Bescheid vom 8. August 2017 fest, dass an einem bestimmten Standort in Leibnitz gemäß §8 Abs1 iVm §7 Abs3 des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes 2012 (StKAG) ein Bedarf für ein selbständiges Ambulatorium für Magnetresonanz (MR)-Untersuchungen und MR-gezielte Therapie bestehe.

1.1.    Gegen diesen Bescheid erhob die Steiermärkische Gebietskrankenkasse Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark. Mit Beschluss vom 13. November 2017 traf die Steiermärkische Landesregierung eine Beschwerdevorentscheidung, mit der der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides abgewiesen wurde. Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse stellte daraufhin einen Vorlageantrag. Mit Beschluss vom 26. Juni 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Beschwerde mangels Parteistellung als unzulässig zurück und bestätigte die Beschwerdevorentscheidung vom 13. November 2017.

1.2.    Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter (Art83. Abs2 B-VG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird.

2.       Die Beschwerde ist nicht zulässig:

2.1.    Die §§7 und 8 Stmk Krankenanstaltengesetz 2012 - StKAG, LGBl Nr 111/2012 in der Fassung LGBl Nr 3/2018, lauten:

"Errichtungsbewilligung für selbstständige Ambulatorien

§7

(1) Selbstständige Ambulatorien bedürfen, sofern §109 nichts anderes bestimmt, zu ihrer Errichtung einer Bewilligung; zuständige Behörde ist die Landesregierung.

(2) Die Bewilligung zur Errichtung darf nur erteilt werden, wenn

1. nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und kasseneigene Einrichtungen, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Gruppenpraxen und selbstständige Ambulatorien, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, bei selbstständigen Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte, Dentistinnen und Dentisten und zahnärztliche Gruppenpraxen, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen,

a) zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und

b) unter Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann;

2. das Eigentumsrecht oder sonstige Rechte zur Benützung der für die Anstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlage nachgewiesen sind;

3. das für die Unterbringung der Anstalt geplante oder bereits vorhandene Gebäude den hinsichtlich der Ausführung oder Verwendung solcher Gebäude vorgesehenen bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften entspricht und nach seiner Lage für die Art des vorgesehenen selbstständigen Ambulatoriums geeignet ist;

4. gegen die Antragstellerin/den Antragsteller keine Bedenken bestehen.

5. Gesellschafterinnen und Gesellschafter von Primärversorgungseinheiten in Form von selbstständigen Ambulatorien ausschließlich gemeinnützige Anbieter gesundheitlicher oder sozialer Dienste, gesetzliche Krankenversicherungsträger, Gebietskörperschaften bzw von Gebietskörperschaften eingerichtete Körperschaften und Fonds sind.

Sofern ein Vertragsvergabeverfahren der Sozialversicherung über den verfahrensgegenständlichen Leistungsumfang anhängig ist oder innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Entscheidung der Landesregierung über den Bedarf eingeleitet wird, ist Voraussetzung für die Erteilung der Errichtungsbewilligung darüber hinaus auch eine Vertragszusage der Sozialversicherung auf Grund dieses Vertragsvergabeverfahrens.

(3) Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann, sind ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen RSG folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1. örtliche Verhältnisse (regionale rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur und Besiedlungsdichte),

2. die für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen,

3. das Inanspruchnahmeverhalten durch Patientinnen/Patienten und die Auslastung von bestehenden Leistungsanbietern, die sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen,

4. die durchschnittliche Belastung bestehender Leistungsanbieter gemäß Z3 und

5. die Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw Zahnmedizin.

Die Landesregierung kann dazu nähere Vorschriften durch Verordnung erlassen.

(3a) Wenn der verfahrensgegenständliche Leistungsumfang in den Verordnungen gemäß §23 oder §24 G-ZG, geregelt ist, ist hinsichtlich des Bedarfs die Übereinstimmung des Vorhabens mit diesen Verordnungen zu prüfen. Ist das Vorhaben nicht in den genannten Verordnungen geregelt, ist Abs3 anzuwenden.

(4) Bedenken sind gegen eine Antragstellerin/einen Antragsteller insbesondere dann gegeben, wenn

1. sie/er vorbestraft ist und nach der Art der Vorstrafe ein einwandfreier, den gesetzlichen Erfordernissen entsprechender Betrieb des selbstständigen Ambulatoriums nicht zu erwarten ist oder wenn sonstige Umstände vorliegen, die ihre/seine Eignung ausschließen, oder

2. ein Tatbestand des §13 der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194, vorliegt.

(5) Die Anlage, der Bau und die Einrichtung des selbstständigen Ambulatoriums müssen den Erfordernissen der Hygiene und der Wissenschaften entsprechen, den technischen und wirtschaftlichen Anforderungen genügen und barrierefrei sein. In der Errichtungsbewilligung sind die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und zur Sicherstellung einer den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden Errichtung des selbstständigen Ambulatoriums erforderlichen Bedingungen und Auflagen vorzuschreiben.

(6) Die Landesregierung hat von einer Prüfung nach Abs2 Z1 in Verbindung mit Abs3 abzusehen, wenn nach dem vorgesehenen Leistungsangebot im selbstständigen Ambulatorium ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen erbracht werden sollen. Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse ist zur Frage, ob es sich beim Leistungsangebot um ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen handelt, zu hören.

(7) Die Errichtungsbewilligung hat – ausgenommen im Fall des Abs6 – im Rahmen des Antrags jedenfalls das Leistungsvolumen, das Leistungsspektrum und bedarfsgerechte Öffnungszeiten (Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten und von Sams-, Sonn- und Feiertagen) sowie erforderlichenfalls Bereitschaftszeiten und – soweit sinnvoll – die Verpflichtung zur Durchführung von Hausbesuchen durch Auflagen festzulegen.

(8) Die Errichtungsbewilligung für ein selbstständiges Ambulatorium, dessen Rechtsträger ein Krankenversicherungsträger ist, ist zu erteilen, wenn ein Einvernehmen zwischen dem Krankenversicherungsträger und der Ärztekammer für Steiermark bzw der Österreichischen Zahnärztekammer oder zwischen dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger und der Österreichischen Ärztekammer bzw der Österreichischen Zahnärztekammer vorliegt (§339 ASVG). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn ein Auswahlverfahren für Primärversorgungseinheiten nach dem Primärversorgungsgesetz, BGBl I Nr 131/2017 zu keinem positiven Abschluss geführt hat. Liegt kein Einvernehmen vor, ist die Bewilligung zur Errichtung zu erteilen, wenn durch die Landesregierung festgestellt wurde, dass eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann. Der erste und dritte Satz gelten auch dann, wenn der Krankenversicherungsträger Dritte mit dem Betrieb eines selbstständigen Ambulatoriums betraut.

(9) Die Errichtungsbewilligung für eine Primärversorgungseinheit in Form eines selbstständigen Ambulatoriums ist abweichend von §7 Abs2 Z1, Abs3 und Abs7 sowie §8 Abs2 nur dann zu erteilen, wenn eine Primärversorgungseinheit im RSG abgebildet ist und – als Ergebnis eines Auswahlverfahrens nach dem Primärversorgungsgesetz – zumindest eine vorvertragliche Zusage der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse zum Abschluss eines Primärversorgungsvertrages vorliegt.

Verfahren zur Errichtung von selbstständigen Ambulatorien

§8

(1) Dem Antrag auf Bewilligung zur Errichtung sind maßgerechte Baupläne einer/eines befugten Sachverständigen sowie Bau- und Betriebsbeschreibungen in dreifacher Ausfertigung anzuschließen. Aus diesen Unterlagen muss insbesondere der beabsichtigte Verwendungszweck der Anstaltsräume einschließlich einer Aufstellung über die vorgesehenen medizinischen Geräte und bei den für die Behandlung der Patientinnen/Patienten sowie für die Unterbringung und Aufenthalt des Anstaltspersonals bestimmten Räumen auch die Größe der Bodenfläche und des Luftraumes zu ersehen sein. Anträge auf Bewilligung zur Errichtung haben den Anstaltszweck und das in Aussicht genommene Leistungsangebot (Leistungsspektrum, Öffnungszeiten unter Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten, Sams-, Sonn- und Feiertagen sowie Leistungsvolumen einschließlich vorgesehener Personalausstattung, insbesondere vorgesehene Anzahl von Ärztinnen/Ärzten bzw Zahnärztinnen/Zahnärzten) genau zu bezeichnen. Eine Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des §7 Abs3 ist zulässig.

(2) Im Bewilligungsverfahren bzw Verfahren zur Vorabfeststellung ist ein Gutachten der Gesundheit Österreich GesmbH oder eines vergleichbaren Planungsinstituts sowie eine begründete Stellungnahme des Gesundheitsfonds Steiermark zum Vorliegen der Kriterien gemäß §7 Abs3 einzuholen.

(3) Die Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Voraussetzungen nach §7 Abs2 Z2 bis 4 ist nicht erforderlich, wenn eine gesonderte Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen nach §7 Abs3 beantragt wird.

(4) In Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines selbstständigen Ambulatoriums – ausgenommen im Fall des §7 Abs6 – und in Verfahren zur Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des §7 Abs3 haben betroffene Sozialversicherungsträger, die gesetzliche Interessenvertretung privater Krankenanstalten und die Ärztekammer für Steiermark bzw bei selbstständigen Zahnambulatorien auch die Österreichische Zahnärztekammer, hinsichtlich des Bedarfs Parteistellung im Sinne des AVG und das Recht gegen Bescheide der Bewilligungsbehörde Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht und gegebenenfalls Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

(5) In Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer eigenen Einrichtung für Zwecke der Primärversorgung eines gesetzlichen Krankenanstaltenträgers gemäß §339 ASVG kommen einer Beschwerde der Ärztekammer für Steiermark an das Landesverwaltungsgericht und einer Revision der Ärztekammer für Steiermark an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Abs4 keine aufschiebende Wirkung zu.

(6) Der Vorabfeststellungsbescheid, mit dem ein Bedarf festgestellt wurde, tritt außer Kraft

1.wenn nicht innerhalb von 18 Monaten ab seiner Rechtskraft um Errichtungsbewilligung angesucht wird;

2. mit dem rechtskräftigen Erlöschen der erteilten Errichtungsbewilligung;

3. mit dem rechtskräftigen Versagen der Errichtungsbewilligung."

3.       Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes, soweit der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

3.1.    Zur Erhebung einer solchen Beschwerde ist nur berechtigt, wer durch die angefochtene Entscheidung in irgendeinem subjektiven Recht verletzt worden sein kann (zB VfSlg 11.764/1988 mwN). Die Einräumung eines Beschwerderechts an den Verfassungsgerichtshof ohne Vorliegen dieser Voraussetzung bedürfte einer verfassungsgesetzlichen Grundlage (vgl zur insoweit gleichartigen Rechtslage vor der Schaffung der Verwaltungsgerichte VfSlg 17.220/2004).

3.2.    §8 Abs4 StKAG 2012 räumt der beschwerdeführenden Partei "hinsichtlich des Bedarfes" Parteistellung "im Sinne des AVG" und darüber hinaus die Möglichkeit der Beschwerdeerhebung an das Landesverwaltungsgericht Steiermark und der Revision an den Verwaltungsgerichtshof ein. Zudem ist die Steiermärkische Gebietskrankenkasse gemäß §7 Abs6 StKAG 2012 "zur Frage zu hören […], ob es sich beim Leistungsangebot um ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen handelt". Aus den §§8 Abs4 und 7 Abs6 StKAG 2012 geht hervor, dass der Gesetzgeber der beschwerdeführenden Partei zwar die Wahrung bestimmter Interessen im Bewilligungsverfahren überantwortet und ihr zu diesem Zweck Parteistellung eingeräumt, nicht aber subjektive Rechte im Sinne des Art144 B-VG verliehen hat (vgl VfGH 22.9.2017, E2235/2017; 22.9.2017, E2097/2017).

3.3.    Die Beschwerde war daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG mangels Legitimation zurückzuweisen.

Schlagworte

Ambulatorien, Bedarfsprüfung, Parteistellung Krankenanstalten, Rechte subjektive, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:E3114.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2019
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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