TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/30 LVwG 50.21-1001/2017

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Veröffentlicht am 30.01.2018
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Entscheidungsdatum

30.01.2018

Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Steiermark
L82006 Bauordnung Steiermark

Norm

BauG Stmk 1995 §22 Abs2 Z2
AVG §13 Abs3
WEG 2002 §29 Abs1
WEG 2002 §24

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. Kerschbaumer über die Beschwerde der A & A GmbH, C, D, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz vom 15.03.2017, GZ: A17-BAA-013067/2017/0003,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde

Folge gegeben

und der angefochtene Bescheid behoben.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Sachverhalt, Verfahrensgang:

Mit Bauanzeige vom 29.09.2016, bei der Baubehörde eingelangt am 22.02.2017, hat die Firma A & A GmbH die Errichtung einer Außenwerbung am Standort Rstraße, B, Grundstück Nr. xx, planbelegt angezeigt. Eine Zustimmungserklärung wurden laut Bauanzeige sowie planlicher Darstellung dabei von der E GmbH, Frau F G sowie der H GmbH Industriezentrum Nordost-Süd erteilt. Mit Mitteilung vom 02.03.2017 wurde die A & A GmbH davon in Kenntnis gesetzt, dass gemäß § 33 Steiermärkisches Baugesetz alle grundbücherlichen Eigentümer des Grundstückes Nr. xx die Pläne und den Antrag unterfertigen müssten und die vorliegende Vollmacht (gemeint die Spezialvollmacht für den Immobilienverwalter im Wohnungseigentumsrecht für die Liegenschaft KG B, EZ XX) im Bauverfahren nicht ausreichend sei. Für die Verbesserung dieses Mangels wurde eine Woche ab Zustellung dieser Mitteilung erteilt, andernfalls das Ansuchen gemäß § 13 AVG zurückgewiesen werden müsste.

Mit Bescheid vom 15.03.2017, GZ: A17-BAA-013067/2017/0003 wurde die Bewilligung zur plan- und beschreibungsgemäßen Errichtung einer Außenwerbung in G, B, Rstraße, Grundstück Nr. xx, EZ XX, KG B, aufgrund fehlender bzw. mangelhafter Unterlagen zurückgewiesen, da bis zum Entscheidungszeitpunkt die geforderten Zustimmungen nicht nachgereicht worden seien.

Mit bei der Baubehörde am 29.03.2017 eingelangtem Schreiben, teilte die A & A GmbH mit, dass sie die Mitteilung vom 02.03.2017 erhalten habe und die einwöchige Frist als reine Schikane auffasse. Laut Hausverwaltung genüge die Zustimmung aller Geschäftsnutzer für Bau- und Werbeangelegenheiten. Auch die Apotheke habe dasselbe Ansuchen wie wir an die Anlagenbehörde geschickt und bis jetzt keine Zurückweisung bekommen. Laut Dr. I (Eigentümer der J Apotheke) und Herrn Ing. K (Immobilienverwaltung) würde eine Unterfertigung durch alle Grundstückseigentümer sicherlich länger als ein Jahr dauern. Eine Frist von einer Woche sei somit absolut lächerlich und könne nicht einmal durch Zauberei eingehalten werden. Das allein zeige, wie weit weg von jeglicher Realität die Beamtenschaft heutzutage sei. Auch das Unternehmen H GmbH habe den Eingang von der Nordseite zur Westseite verlegt und ein ähnliches Ansuchen an die Anlagenbehörde übermittelt, welches jedoch bis heute stillschweigend hingenommen worden sei, weshalb es so erscheine, als ob in der Anlagenbehörde eindeutig mit zweierlei Maß gemessen werde. Außerdem würde gegen den Bescheid vom 15.03.2017 hiermit Einspruch erhoben und seien sie nicht bereit, die Verfahrenskosten und Gebühren noch einmal zu bezahlen. Da die Geschäftsflächen nicht im Eigentum der A & A GmbH seien, sollten sie ihre schikanöse Vorgehensweise den tatsächlichen Eigentümern gegenüber zeigen.

Mit Schreiben vom 06.04.2017 wurde der erstinstanzliche Verwaltungsakt unter Anschluss dieses Schreibens als „Beschwerde“ dem Landesverwaltungsgericht Steiermark vorgelegt.

Zumal diesem als Bescheidbeschwerde zu qualifizierenden Schreiben die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt nicht ausdrücklich bezeichnet waren und auch ein bestimmtes Begehren nicht gestellt wurde, wurde mit hiergerichtlichem Schreiben vom 11.12.2017 ein diesbezüglicher Verbesserungsauftrag erteilt. Wenngleich mit dem Antwortschreiben vom 22.12.2017 dem hiergerichtlichen Auftrag nicht entsprochen wurde und neuerlich weder Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, noch ein Begehren enthalten sind, so wird – dem Umstand geschuldet, dass die Eingabe, zumal ihr rechtsfreundlicher Vertreter im Urlaub befindlich war, fristgemäß von der Beschwerdeführerin selbst eingebracht wurde – der Wille der Beschwerdeführerin bei einer sinngemäßen Zusammenschau der Vorbringen dahin gedeutet wird, dass der Bescheid behoben werden möge, weil die Zurückweisung offensichtlich aus Sicht der Beschwerdeführerin wegen Nichtvorlage sämtlicher Zustimmungserklärungen zu Unrecht erfolgt sei.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat erwogen:

Folgende Rechtsgrundlagen sind für die Entscheidung maßgeblich:

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.   der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.  die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 20 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk. BauG), LGBl. Nr. 59/1995 idgF., sind folgende Vorhaben anzeigepflichtig, soweit sich aus § 21 nichts anderes ergibt:

3.       Die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von

a)       Werbe- und Ankündigungseinrichtungen (Tafeln, Schaukästen, sonstige Vorrichtungen und Gegenstände, an denen Werbungen und Ankündigungen angebracht werden können, Bezeichnungen, Beschriftungen, Hinweise u. dgl.);

Gemäß § 33 Abs 2 Stmk. BauG sind der Anzeige folgende Unterlagen anzuschließen:

(…..)

2. In den Fällen des § 20 Z2 bis 6

- ein Lageplan im Maßstab 1:1000 (zweifach),

- die erforderlichen Grundrisse, Schnitte, Ansichten und Beschreibungen (zweifach),

- der Nachweis des Eigentums oder des Baurechtes an dem für die Bebauung vorgesehenen Grundstück in Form einer amtlichen Grundbuchabschrift oder in anderer rechtlich gesicherter Form, jeweils nicht älter als sechs Wochen,

- die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers oder des Bauberechtigten, wenn der Bauwerber nicht selbst Grundeigentümer oder Bauberechtigter ist,

- erforderlichenfalls der Nachweis nach § 22 Abs 2 Z3,

- im Fall einer größeren Renovierung (§ 4 Z 34a) zusätzlich die Unterlagen gemäß § 23 Abs 1 Z 8 betreffend Energieeinsparung und Wärmeschutz,

- die gegebenenfalls erforderliche Zustimmung bzw. Bewilligung der Straßenverwaltung nach den landesstraßenverwaltungsrechtlichen Bestimmungen.

Gemäß § 13 Abs 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG),

BGBl. Nr. 51/1991 idgF ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Gemäß § 29 Abs 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) 2002, BGBl. Nr. 70/2002 idgF entscheidet über Veränderungen an den allgemeinen Teilen der Liegenschaft, die über die in § 28 genannten Angelegenheiten hinausgehen, wie etwa nützliche Verbesserungen oder sonstige über die Erhaltung hinausgehende bauliche Veränderungen, die Mehrheit der Wohnungseigentümer, doch kann jeder der Überstimmten mit einem gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richtenden Antrag die gerichtliche Aufhebung des Mehrheitsbeschlusses verlangen. Die Antragsfrist beträgt drei Monate, bei unterbliebener Verständigung des Wohnungseigentümers von der beabsichtigten Beschlussfassung und von ihrem Gegenstand (§ 25 Abs 2) hingegen sechs Monate und beginnt mit dem Anschlag des Beschlusses im Haus gemäß § 24 Abs 5.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark geht bei seiner Entscheidung, von folgenden Feststellungen und Erwägungen aus:

Mit bei der Baubehörde am 22.02.2017 eingelangter Bauanzeige hat die A & A GmbH die Errichtung einer Außenwerbung angezeigt. Den Unterlagen waren als Zustimmungserklärung der Grundeigentümer jene der E GmbH, von Frau F G und der H GmbH Industriezentrum Nord-Süd angeschlossen. Des Weiteren vorgelegt wurde eine Spezialvollmacht für den Immobilienverwalter im Wohnungseigentumsrecht Liegenschaft KG B, EZ XX. Zumal dem Verbesserungsauftrag vom 02.03.2017, mit welchem die Vorlage des von allen grundbücherlichen Eigentümern des Grundstücks Nr. xx unterfertigten Antrags und Pläne gefordert wurden, nicht entsprochen wurde, wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Anzeige zurückgewiesen.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall der Zurückweisung eines Antrages gemäß § 13 Abs 3 AVG „Sache“ im Sinne des § 66 Abs 4 AVG und Gegenstand des Berufungsverfahrens nur die Frage, ob dem Antragsteller von der unterinstanzlichen Behörde zu Recht eine Sachentscheidung verweigert wurde, und kann auch die Behebung des zu der Zurückweisung des Anbringens führenden Mangels im Berufungsverfahren nicht mehr nachgeholt werden (VwGH vom 31.01.2012, Zl: 2009/05/0044; VwGH vom 21.03.2013, Zl. 2012/09/0120). Wenngleich § 66 Abs 4 AVG einerseits und § 28 Abs 2 und Abs 3 VwGVG 2014 andererseits unter jeweils verschiedenen Tatbestandsvoraussetzungen eine Pflicht zur Entscheidung „in der Sache selbst“ normieren, ist das Verständnis dessen, was unter „Sache des Verfahrens“ zu verstehen ist, unverändert geblieben. Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist „Sache“ sowohl eines Berufungsverfahrens vor einer im administrativen Instanzenzug übergeordneten Berufungsbehörde als auch eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die „Rechtmäßigkeit der Zurückweisung“ (VwGH vom 18.12.2014, Zl. RA2014/07/0002).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 Abs 3 AVG hat die Behörde im Verbesserungsauftrag (Mängelbehebungsauftrag) konkret und unmissverständlich anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (VwGH vom 14.10.2013, GZ: 2013/12/0079; VwGH vom 22.05.2012, GZ: 2008/04/0208). Im Verbesserungsauftrag ist sohin konkret anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 30.10.2008, GZ: 2007/07/0075) und dem Einschreiter die Behebung dieses Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung aufzutragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird (VwGH vom 07.09.2009, GZ: 2009/04/0153).

Auch dann, wenn die Zustimmung des Grundeigentümers als Beleg des Bauansuchens nachzuweisen ist, hat die Baubehörde im Falle von Miteigentum als Vorfrage zu prüfen, ob ein als Bauwerber auftretender Miteigentümer die Zustimmung der anderen Miteigentümer benötigt (vgl. schon VwSlg. 5236 A). Nach VwSlg. 9284 A ist bei Objekten, die im Wohnungseigentum stehen, das Erfordernis der Zustimmung durch den Grundmiteigentümer nur in einem der jeweils geltenden Vorschrift über die Verwaltungsbefugnisse der Wohnungseigentümer entsprechenden Umfang anzunehmen, danach hängt es von der Art der Bauführung ab, ob die Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich ist oder nicht. Aus der bloßen Tatsache der baubehördlichen Bewilligungspflicht (Anmerkung des Landesverwaltungsgerichts: oder wie hier Anzeigepflicht) ergibt sich noch nicht die Notwendigkeit der Zustimmung aller Miteigentümer nach zivilrechtlichen Vorschriften (VwGH 15.11.1984, 84/06/0126, BauSlg. 332).

Ob die Zustimmungserklärung – wie im Verbesserungsauftrag gefordert – aufgrund der Bauführung von sämtlichen Miteigentümern vorzulegen ist bzw. gewesen wäre wurde seitens der belangten Behörde nicht geprüft. Es wird an dieser Stelle auf § 29 Abs 1 Wohnungseigentumsgesetz verwiesen, wonach aufgrund der Betroffenheit eines allgemeinen Teiles der Liegenschaft, der der außerordentlichen Verwaltung zuzurechnen ist, ein Mehrheitsbeschluss ausreichend ist. Unter die Regelung des § 29 Abs 1 fällt jegliche (durch aktives Handeln herbeizuführende: miet 36.060) Veränderung und nicht nur eine nützliche Verbesserung, (wobl 1991/69 = miet 42.443) gemeinsamer Liegenschaftsteile, die über die ordnungsgemäße Erhaltung (§ 28 Abs 1 Z 1) hinausgeht (wobl 1990/87 = miet 42.443), alle substanzändernden, über den Erhaltungszweck hinausgehenden Baumaßnahmen, letztlich auch um Widmung allgemeiner Teile. Beispiele dafür sind die Änderung der Fassade (Miet 30.086/10) sowie die Anbringung eines großen Werbeschildes an der Gassenfassade (Miet 40.048).

Bei der beschwerdegegenständlichen Werbeeinrichtung handelt es sich demnach um eine gemäß § 29 Abs 1 Wohnungseigentumsgesetz 2002 der außerordentlichen Verwaltung unterliegenden Veränderung eines gemeinsamen Liegenschaftsteiles, welcher eines Mehrheitsbeschlusses bedarf. Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass gemäß § 33 Abs 2 Z 2 Stmk. BauG 1995 in einem von dieser Bestimmung erfassten Anzeigeverfahren die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers oder des Bauberechtigten erforderlich ist, die mit dem Bauansuchen vorzulegen ist, wenn der Bauwerber nicht selbst Grundeigentümer oder Bauberechtigter ist. In welcher Weise im Falle des Vorliegens von Mit- bzw. Wohnungseigentum an einer Liegenschaft diese Zustimmungserklärung zu erfolgen hat, ist aus den diesbezüglichen zivilrechtlichen Regelungen, bei Wohnungseigentum insbesondere des WEG 2002, zu erschließen. Die Baubehörde hat im Falle des Miteigentums an einer Liegenschaft als Vorfrage zu prüfen, ob nach den anzuwendenden zivilrechtlichen Regelungen die Zustimmung aller Miteigentümer oder nur einer Mehrheit erforderlich ist. Wie bereits dargelegt hängt es von der Art des Bauvorhabens ab, ob die Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich ist oder nicht (VwGH vom 29.11.2005, 2004/06/0119).

Nachdem im Gegenstande für die Errichtung der beschwerdegegenständlichen Werbetafel nach den Bestimmungen des WEG 2002 ein Mehrheitsbeschluss ausreichend ist, ist insoweit die Erteilung eines Verbesserungsauftrags dahingehend, dass die Unterschriften sämtlicher Miteigentümer nachzureichen sind, in diesem Umfang unzulässig.

Ein Nachweis im Sinne des § 22 Abs 2 Z 2 Stmk. BauG (Anmerkung des Landesverwaltungsgericht Steiermark: dies gilt wohl auch für den Anwendungsfall § 33 Abs 2 Z 2 Stmk. BauG) ist bereits erbracht, wenn von den Bauwerbern nachgewiesen wird, dass

1.   in einer Eigentümerversammlung gemäß § 24 WEG 2002 ein Beschluss der Mehrheit betreffend die Zustimmung zum Bauvorhaben zu Stande gekommen ist, dass

2.   ein Anschlag des Beschlusses im Haus gemäß § 24 Abs 5 WEG 2002 unter Angabe des Zeitpunktes dieses Anschlages, weiters

3.   eine Verständigung der überstimmten Miteigentümer über den Beschluss erfolgt ist und dass die Überstimmten diesen Beschluss innerhalb der vorgesehenen Fristen bei Gericht nicht angefochten haben (VwGH vom 24.03.1998, 97/05/0214; VwGH vom 06.10.2011, 2010/06/0008).

Im Lichte dieser Judikatur hat sich ein Verbesserungsauftrag zur Erfüllung der Anforderungen des § 22 Abs 2 Z 2 Stmk. BauG 1995 ebenso wie des § 33 Abs 2 Z 2 Stmk. BauG für den Fall, dass die betroffene Liegenschaft den Bestimmungen des WEG 2002 unterliegt, es sich also bei den Eigentümern um Wohnungseigentümer handelt und die beantragte bzw. angezeigte bauliche Maßnahme eine solche der außerordentlichen Verwaltung gemäß § 29 Abs 2 WEG 2002 ist, auf die Vorlage der im obzitierten VwGH-Erkenntnis genannten Nachweise zu beschränken und diese unter konkreter Bezeichnung zur Mängelbehebung aufzutragen. Die Möglichkeit des jeweiligen Konsenswerbers, sämtliche Zustimmungserklärungen vorzulegen, bleibt davon natürlich unberührt, würde doch mit deren Vorlage in jedem Fall den gesetzlichen Vorgaben Rechnung getragen werden.

Da die belangte Behörde jedoch anstelle dieser Nachweise im Rahmen ihres Verbesserungsauftrages ausschließlich die Zustimmungserklärung sämtlicher Eigentümer gefordert hat, ohne die Möglichkeit der Erbringung dieser obgenannten Nachweise einzuräumen, die Zustimmungserklärung aller Eigentümer – wie dargelegt – für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach den diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen (§ 29 WEG iVm § 33 Abs 2 Z 2 Stmk. BauG 1995) jedoch nicht erforderlich ist, war die Zurückweisung des Antrags wegen Nichtentsprechung des Verbesserungsauftrags unzulässig (VwGH vom 31.01.2012, 2009/05/0109).

Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid zu beheben.

Eine inhaltliche Entscheidung des Landesverwaltungsgericht Steiermark über den Antrag war im Rahmen der auf die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung desselben eingeschränkte Prüfbefugnis unzulässig. Der Antrag ist daher wiederum unerledigt und – allenfalls nach einem entsprechend den in diesem Erkenntnis dargelegten Vorgaben erteilten Verbesserungsauftrag – seitens der erstinstanzlichen Baubehörde einer entsprechenden Erledigung zuzuführen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Baubewilligung, Antrag, Verbesserungsauftrag, Nachweis, Zustimmungserklärung, Wohnungseigentümer, ordentliche Verwaltung, Mehrheitsbeschluss

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2018:LVwG.50.21.1001.2017

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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