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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ABGB §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des Mag. S in G, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 20.September 1999, Zl. 3848.060549/1-III/D/16/99, betreffend Mehrdienstleistungsvergütung nach § 61 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und des vom Beschwerdeführer vorgelegten angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von Folgendem aus:
Der Beschwerdeführer steht als Bundeslehrer der Verwendungsgruppe L1 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Bundeshandelsakademie/Bundeshandelsschule in B.
Er war in dieser Schule am 12. Oktober 1998 auf Grund der Lehrfächerverteilung in Verbindung mit dem Stundenplan zur Abhaltung des Unterrichts für 2 Stunden in einer Klasse verpflichtet. Während der hiefür vorgesehenen Zeit war der Beschwerdeführer im Klassenraum anwesend. Zu einer Unterrichtserteilung kam es jedoch nicht, weil alle Schüler dieser Klasse an einem Schulstreik (Schülerdemonstration) teilnahmen.
Da dem Beschwerdeführer diese beiden tatsächlich nicht gehaltenen Unterrichtsstunden bei der für diese Woche zu ermittelnden Mehrdienstleistungs- Vergütung nach § 61 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 (GG) nicht auf das Ausmaß seiner Lehrverpflichtung angerechnet wurden, kam es zu keiner Auszahlung einer derartigen Vergütung für diese Woche.
In der Folge ersuchte der Beschwerdeführer um bescheidförmige Absprache. Der zuständige Landesschulrat stellte mit Bescheid vom 22. Februar 1999 fest, dass jene Stunden, die auf Grund der Schülerdemonstration am 12. Oktober 1998 nicht gehalten worden seien, bei der Ermittlung der für diese Kalenderwoche gebührenden Mehrdienstleistungen (MDL) nicht zu berücksichtigen gewesen seien. Ein Entfall von Unterrichtsstunden (auf Grund von zur Gänze - aus welchen Gründen auch immer - abwesenden Klassen) führe zu deren Nichtberücksichtigung, sofern nicht eine der im § 61 Abs. 4 GG angeführten Ausnahmebestimmungen zutreffe.
In seiner Berufung wandte der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, er habe sich für die betreffenden Stunden nicht nur vorbereitet, sondern sei auch im Klassenraum anwesend gewesen und hätte die Abwesenheit der Schüler erhoben sowie die Unterrichtsstunde jeweils im Klassenraum verbracht.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. September 1999 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 61 Abs. 1 GG idgF ab. Sie begründete dies nach Wiedergabe der genannten Bestimmung im Wesentlichen damit, MDL dürften auf Grund der Neufassung des § 61 GG (durch BGBl. I Nr. 123/1997) nur dann bezahlt werden, wenn ein Lehrer durch Unterrichtserteilung bzw. im Zusammenhalt mit den in Abs. 1 Z. 2 bis 4 leg. cit. mitzuberücksichtigenden Einrechnungen tatsächlich mehr als die wöchentliche Lehrverpflichtung (hier: im Ausmaß von 20 Werteinheiten) geleistet habe. Auf Grund einer Schülerdemonstration am 12. Oktober 1988 seien in dieser Woche 2 Unterrichtsstunden des Beschwerdeführers entfallen. Diese Unterrichtsstunden seien für die MDL-Vergütung in dieser Woche nicht berücksichtigt worden. Durch das Merkmal "tatsächlich" bringe der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass eine laut Stundenplan vorgesehene, jedoch entfallende Unterrichtsstunde nicht als Unterrichtserteilung für die betreffende Woche gelte. Lediglich in jenen in § 61 Abs. 4 GG taxativ aufgezählten Anlassfällen (z.B. Entfall wegen eines Feiertages, einer Teilnahme des Lehrers an einer eintägigen Schulveranstaltung, Erfüllung eines Dienstauftrages, der weder zu den lehramtlichen Pflichten gehöre noch der Fort- und Weiterbildung diene, wenn diese nicht zu einem anderen Zeitpunkt möglich sei) werde eine entfallene und daher tatsächlich nicht unterrichtete Wochenstunde als in der betreffenden Woche gehalten fingiert und für die MDL-Abrechung berücksichtigt. Auch nach den EB zur RV, 885
Blg. Sten.Prot. NR 20. GP, Seite 48, werde die Arbeitszeitregelung der Lehrer in Bezug zur Unterrichtserteilung gesetzt und die MDL-Vergütung grundsätzlich auf die tatsächlich erfolgte Unterrichtserteilung abgestellt. Die Berufungseinwendungen (Vorbereitung auf den betreffenden Unterricht, Anwesenheit im Klassenraum, Erhebung der Abwesenheit der Schüler und Abwarten der beiden Unterrichtsstunden im Klassenraum) könnten eine besondere Vergütung nach § 61 Abs. 1 GG nicht bewirken, weil eine Unterrichtserteilung naturgemäß nur in Anwesenheit von Schülern erfolgen könne. Sowohl auf Grund einer grammatikalischen Interpretation ("tatsächlich") als auch auf Grund der zitierten EB zur RV gehe hervor, dass bei der MDL-Vergütung auf die tatsächlich erfolgte Unterrichtserteilung abgestellt werde. Daher seien die am 12. Oktober 1998 vom Beschwerdeführer abzuhalten gewesenen, tatsächlich aber entfallenen Unterrichtsstunden für die Ermittlung der für die betreffende Kalenderwoche erbrachten MDL nicht zu berücksichtigen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der (im Ergebnis ausschließlich) Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist strittig, ob der Beschwerdeführer für die Kalenderwoche ab 12. Oktober 1998 Anspruch auf Vergütung von Mehrdienstleistungen im Ausmaß von 2 Wochenstunden hat. Die Gebührlichkeit des geltend gemachten Anspruches hängt davon ab, ob vom Beschwerdeführer laut Lehrfächerverteilung in Verbindung mit dem Stundenplan am 12. Oktober 1998 zu erbringende Unterrichtsstunden im Ausmaß von 2 Stunden, die er auf Grund einer Schülerdemonstration tatsächlich nicht abgehalten hat, dessen ungeachtet bei der Ermittlung des Ausmaßes seiner wöchentlichen Lehrverpflichtung im Sinne des § 61 Abs. 1 GG zu berücksichtigen sind oder nicht. Dabei handelt es sich um einen zeitraumbezogenen Anspruch, der an Hand der damals geltenden Rechtslage zu beurteilen ist.
Im Beschwerdefall ist daher § 61 GG in der Fassung des Art. 2 Z. 23 des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 138, sein Abs. 6 in der Fassung des Art. II Z. 28 der 1. Dienstrechts-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 123, anzuwenden.
§ 61 GG in der genannten Fassung lautet auszugsweise:
"(1) Überschreitet der Lehrer durch
1.
Unterrichtserteilung,
2.
Einrechnung von Nebenleistungen nach § 9 BLVG,
3.
Einrechnung von Erziehertätigkeiten und Aufsichtsführung nach § 10 BLVG und
4.
Einrechnung von Tätigkeiten in ganztägigen Schulformen nach § 12 BLVG tatsächlich das Ausmaß der wöchentlichen Lehrverpflichtung, so gebührt ihm hiefür an Stelle der in den §§ 16 und 18 angeführten Nebengebühren eine besondere Vergütung.
(2) Die Vergütung beträgt für jede Unterrichtsstunde einer zwanzigstündigen Lehrverpflichtung, mit der das Ausmaß der wöchentlichen Lehrverpflichtung in der betreffenden Kalenderwoche (Montag bis Sonntag) tatsächlich überschritten wird, 1,73 % des Gehaltes des Lehrers ...
(4) Bei der Anwendung der Abs. 1 bis 3 sind Unterrichtsstunden, die vom Lehrer auf Grund der bestehenden Lehrfächerverteilung zu halten gewesen wären, wie tatsächlich gehaltene Unterrichtsstunden zu behandeln,
1.
wenn sie auf einen Feiertag im Sinne des Feiertagsruhegesetzes, BGBl. Nr 153/1957, oder auf den Allerseelentag oder auf den Tag des Landespatrons fallen oder
2.
wenn sie wegen der Teilnahme des Lehrers an
a)
einer eintägigen Schulveranstaltung oder an einer eintägigen schulbezogenen Veranstaltung oder
b)
an einer Dienststellenversammlung im Sinne des § 5 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG), BGBl. Nr 133/1967, entfallen oder
3.
wenn sie wegen eines Dienstauftrages entfallen, dessen Erfüllung
a)
weder zu den lehramtlichen Pflichten zählt noch der Fort- und Weiterbildung oder einer sonstigen Ausbildung dient, und
b)
nicht zu einem anderen Zeitpunkt möglich ist oder
4.
wenn sie wegen einer vor der Dienstbehörde genehmigten
Teilnahme
des Lehrers an
a)
Schulungsveranstaltungen für Personalvertreter oder
b)
gewerkschaftlichen Schulungsveranstaltungen mit den im § 25 Abs. 6 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG), BGBl. Nr. 133/1967, angeführten Inhalten entfallen.
(5) Bei der Anwendung der Abs. 1 bis 3 sind ferner Zeiten der Aufsichtsführung während der Klausurprüfung im Rahmen einer Reifeprüfung, Reife- und Diplomprüfung, Diplomprüfung und Abschlussprüfung insgesamt bis zum Ausmaß der vor der Klausur stundenplanmäßig vorgesehenen einschlägigen Unterrichtsstunden wie tatsächlich gehaltene Unterrichtsstunden zu behandeln.
(6) Eine vom Lehrer auf Grund der Anordnung einer Supplierung tatsächlich erbrachte Unterrichtserteilung, die über das Ausmaß der gemäß der bestehenden Lehrfächerverteilung zu haltenden Unterrichtsstunden hinausgeht, ist auch dann gemäß Abs. 2 zu berücksichtigen, wenn in der betreffenden Woche die wöchentliche Lehrverpflichtung infolge Erkrankung oder Pflegefreistellung nicht erfüllt wird und soweit dadurch die wöchentliche Lehrverpflichtung im Falle der Abhaltung der wegen der Erkrankung oder Pflegefreistellung entfallenen Unterrichtsstunden überschritten worden wäre.
(7) ..."
Die EB zur RV zum 1. Budgetbegleitgesetz 1997, 885 Blg. StenProt NR XX. GP, führen auf Seite 48 f zu Art 2 Z. 23 (§ 61 GG) unter anderem Folgendes aus:
" Die Arbeitszeitregelung der Lehrer wird in Bezug zur Unterrichtserteilung gestellt. Dies bedeutet, dass als Basis für die Lehrerbeschäftigung die Lehrverpflichtung gilt. Durch die Erfüllung der Lehrverpflichtung unter Einrechnung bestimmter Nebenleistungen (zB für die Funktion eines Klassenvorstandes und für die Übernahme von Kustodiaten) werden auch andere Leistungen (zB Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Sprechstunden und Sprechtage für Eltern, Teilnahme an Lehrerkonferenzen usw.) abgegolten. Daher soll auch die Vergütung von Mehrdienstleistungen grundsätzlich auf die tatsächlich erfolgte Unterrichtserteilung (Anmerkung: Fettdruck im Original) abgestellt werden.
Neben der tatsächlichen Unterrichtserteilung sind auch die Nebenleistungseinrechnungen und bestimmte Erziehertätigkeiten zu berücksichtigen. Darauf nimmt Abs. 1 Bedacht, wobei auch Abs. 4 zu berücksichtigen ist.
...
Entsprechend der Überstundenvergütung im administrativen Bereich sind im Abs. 4 Z. 1 nur die Feiertage im Sinne des Feiertagsruhegesetzes und darüber hinaus die schulzeitrechtlich nicht im Zusammenhang mit Schulferien stehenden generell einzelnen schulfreien Tage, nämlich Allerseelen und der Festtag des Landespatrons berücksichtigt.
Bezüglich des Abs. 4 Z. 2 ist zu bemerken, dass der Entfall von Unterrichtsstunden wegen eintägiger Schulveranstaltungen oder eintägiger schulbezogener Veranstaltungen deshalb nicht zu einem Entfall von Mehrdienstleistungsvergütungen führen soll, weil derartige Veranstaltungen im Regelfall besonders unterrichtsbezogen sind (zB Lehrausgänge und Exkursionen).
Die im Abs. 4 Z. 3 genannten lehramtlichen Pflichten ergeben sich aus § 211 BDG 1979, aus § 31 LDG und aus § 31 LLDG in Verbindung mit den einschlägigen schulrechtlichen Vorschriften. Durch die Z. 3 wird zB der Fall erfasst, dass ein Lehrer den Dienstauftrag erhält, einen verletzten Schüler ins Spital zu begleiten.
Die im Abs. 4 Z. 4 angeführten Schulungsveranstaltungen nach § 25 Abs. 6 PVG betreffen Personalvertretungsrecht, Dienst- und Besoldungsrecht (einschließlich Dienstrechtsverfahren) sowie Reden und Verhandeln. Als Veranstaltungen des Dienstgebers für die Personalvertreter belasten sie finanziell den Bund. Werden diese Schulungen von der Gewerkschaft abgehalten, wird damit der Aufwand des Bundes entlastet.
Auf Grund der Abs. 1 bis 3 gebührt für Unterrichtsstunden über das Ausmaß der wöchentlichen Lehrverpflichtung, die auf Grund der bestehenden Lehrfächerverteilung zu halten gewesen wäre, jedoch wegen Krankheit entfallen, keine Mehrdienstleistungsvergütung (Anmerkung: Fettdruck im Original). Wenn jedoch ein Lehrer in einer Woche, in der er teilweise wegen Krankheit Unterricht nicht erteilen konnte, zu Supplierungen über das Ausmaß der wöchentlichen Lehrverpflichtung herangezogen wird, so sind diese Mehrdienstleistungen gemäß Abs. 6 zu vergüten. Dadurch soll verhindert werden, dass ein Lehrer zusätzlich angeordnete Überstunden unentgeltlich zu halten hat, nur weil er während eines anderen Teiles der Woche krank ist oder war.
(Es folgen Beispiele) ..."
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Mehrdienstleistungs-Vergütung nach § 61 GG durch unrichtige Anwendung dieser Norm verletzt.
Der im angefochtenen Bescheid festgestellte Sachverhalt stehe außer Streit. Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass sich die Lehrer über Anordnung des Direktors in den Klassenräumen hätten aufhalten müssen. In einzelnen Klassen seien auch ein bis zwei Schüler erschienen. Auch sei das Ende des Streiks nicht von vornherein festgestanden; die Schüler seien faktisch nach 2 Stunden wieder zurückgekommen. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht der Beschwerdeführer geltend, die Auffassung der belangten Behörde, wonach die Unterrichtserteilung (samt diversen Einrechnungen) die Lehrverpflichtung "tatsächlich" überschreiten müsse, berücksichtige nicht den Wortlaut des § 61 Abs. 1 GG. Diese Bestimmung stelle nicht auf die tatsächliche Unterrichtserteilung, sondern auf die tatsächliche Überschreitung der Lehrverpflichtung ab. Werde aber nicht auf die Leistungserbringung abgestellt, seien die allgemeinen Grundsätze anzuwenden. Demnach erbringe ein Dienstnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses seine Leistung dann vollständig, wenn er leistungsbereit sei. Seine Ansprüche könnten nicht dadurch vermindert werden, dass aus in der Sphäre des Dienstgebers gelegenen Gründen die Arbeitsleistung trotz Arbeitsbereitschaft nicht erbracht werden könne. Dies sei hier der Fall: es liege zweifellos in der Sphäre des Dienstgebers, wenn dessen "Kunden" (Schüler) ausblieben und es daher seinen Dienstnehmern nicht möglich sei, die für die "Kunden" vorgesehenen "Dienstleistungen" (hier: Unterrichtserteilung) zu erbringen. Dies würde auch dann gelten, wenn es sich um ausdrücklich als solche "definierte" Überstunden handeln würde; dies speziell unter dem Gesichtspunkt, dass zufolge einer Anordnung des Direktors die Anwesenheit der Lehrer in der Klasse zwecks jederzeitiger Möglichkeit der Arbeitserbringung vom Dienstgeber verlangt gewesen sei. Im Beschwerdefall handle es sich aber gar nicht um als Überstunden "definierte" Dienstzeit. Die strittigen 2 Stunden seien mit allen anderen (in dieser Woche) vom Beschwerdeführer laufend erbrachten Unterrichtsstunden ein völlig gleichwertiger Teil einer Gesamtmenge, die über ein bestimmtes Maß (nämlich die Lehrverpflichtung) hinausgegangen sei. Die Summe der Überstunden, die die Lehrverpflichtung überschritten habe, begründe den Mehrdienstleistungs- Vergütungsanspruch und nicht einzelne Überstunden. Die tatsächliche Überschreitung der Lehrverpflichtung sei daher im Beschwerdefall gegeben, weil der Beschwerdeführer seine Verpflichtung auch in Bezug auf die beiden strittigen Unterrichtsstunden erfüllt habe. Bekräftigt werde die Richtigkeit dieser Auslegung durch den Abs. 4 des § 61 GG, der jene Tatbestände enthalte, bei deren Erfüllung trotz Ausfalls der Unterrichtserteilung der Anspruch auf MDL-Vergütung bestehe. Zu dem in § 61 Abs. 4 Z. 1 und Z. 3 (1. Tatbestand) zum Ausdruck kommenden Maßstab würde es in deutlichem Widerspruch stehen, wenn bei der im Beschwerdefall gegebenen Fallkonstellation die MDL-Vergütung nicht zustehe. Dass der Gesetzgebr für diesen Fall keinen eigenen Tatbestand geschaffen habe, erkläre sich zweifellos daraus, dass Schülerstreiks etwas so Seltenes sein, dass hiefür kein Regelungsbedarf gesehen worden sei. Dies sei aber auch dadurch gerechtfertigt, dass schon die oben dargelegten allgemeinen Grundsätze zu einem sachadäquaten Ergebnis führten.
Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:
Es trifft zu, dass § 61 Abs. 1 GG den Anspruch auf Vergütungen für Mehrdienstleistungen davon abhängig macht, dass der Lehrer durch seine Unterrichtserteilung und bestimmte (in seine Lehrverpflichtung nach dem BLVG eingerechnete) weitere Tätigkeiten tatsächlich das Ausmaß seiner wöchentlichen Lehrverpflichtung überschreitet.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber nicht die Auffassung des Beschwerdeführers, es sei schon aus dem Wortlaut des § 61 Abs. 1 GG abzuleiten, dass es bei der Ermittlung der Überschreitung grundsätzlich nicht auf die tatsächlich erbrachte Unterrichtsleistung - nur dieser Fall ist hier zu beurteilen - ankomme. Seine Auslegung lässt völlig den offenkundig bestehenden Zusammenhang außer Betracht, der zwischen dem Abs. 1 und den Absätzen 4 und 5 der genannten Bestimmung besteht. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die in den Abs. 4 und 5 getroffenen abschließenden Regelungen in Abweichung von Abs. 1, auf den sie sich unter anderem ausdrücklich beziehen, in dem vom Gesetzgeber gewählten System den Lehrer "begünstigen", weil sie in bestimmten Fällen die mit dem Entfall der Unterrichtserteilung, zu der der Lehrer nach der Lehrfächerverteilung verpflichtet war, eintretende Rechtsfolge, nämlich keine Berücksichtigung der nicht tatsächlich erbrachten Unterrichtserteilung bei der Ermittlung, ob der Lehrer das Ausmaß der wöchentlichen Lehrverpflichtung erbracht hat, wieder beseitigen, indem sie den nicht abgehaltenen Unterricht den tatsächlich gehaltenen Unterrichtsstunden gleichstellen (vgl. in diesem Zusammenhang auch Abs. 6, der für die Bemessung der Suppliervergütung für tatsächlich erbrachte "Einzelsupplierungen" die Einrechnung von krankheits- oder pflegeurlaubsbedingt entfallener Unterrichtsstunden vorsieht). Aus dieser Systematik ist abzuleiten, dass die Abs. 4 und 5 zum Abs. 1 des § 61 GG im Verhältnis Ausnahme zur Regel stehen. Abs. 1 leg. cit. geht also vom Grundsatz aus, dass bloß tatsächlich erteilter Unterricht auf das Ausmaß der wöchentlichen Lehrverpflichtung anzurechnen ist, mag dies vielleicht in dieser Bestimmung selbst sprachlich nur unvollkommen durch die Nachstellung des Wortes "tatsächlich" zum Ausdruck gebracht werden. Dieser Inhalt wird durch die EB zur RV zu Neugestaltung der Mehrdienstleistungs-Vergütung durch das 1. Budegtbegleitgesetz 1997 unmissverständlich und klar zum Ausdruck gebracht, wird doch dieser Grundgedanke des neuen Abrechnungsmodus mehrfach hervorgehoben.
Der Wortlaut des § 61 Abs. 1 GG steht dieser sich aus der Systematik und den Materialien ergebenden Auslegung nicht entgegen.
Die an sich zutreffende Auffassung des Beschwerdeführers, dass nach dem System des § 61 Abs. 1 GG (bei der auf Grund der bestehenden Lehrfächerverteilung wöchentlich erbrachten Unterrichtserteilung) nicht feststeht, für welche bestimmte Unterrichtsstunde im Falle der Überschreitung des Ausmaßes der wöchentlichen Lehrverpflichtung die Mehrdienstleistungs-Vergütung zusteht (keine Zuordenbarkeit einer solchen konkret abgehaltenen Unterrichtsstunde als Überstundenleistung), ändert nichts an der grundsätzlichen Maßgeblichkeit der bloß tatsächlich gehaltenen Unterrichtsstunden für die nach der genannten Bestimmung anzustellende Berechnung.
Für den vom Beschwerdeführer angestrebten Rückgriff auf "allgemeine Grundsätze" bleibt auf dem Boden der vom Gesetzgeber getroffenen Vergütungsregelung nach § 61 GG kein Raum.
Die bloße Anwesenheit des Beschwerdeführers in einer leeren Klasse ohne Schüler - dass sich auch in der von ihm am 12. Oktober 1998 in der fraglichen Zeit in seiner Klasse Schüler aufgehalten hätten, hat der Beschwerdeführer nach dem angefochtenen Bescheid im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht noch behauptet er derartiges in seiner Beschwerde -, das Festhalten von deren Abwesenheit sowie das Warten im Klassenzimmer, um im Fall der Rückkehr der Schüler den Unterricht sofort aufnehmen zu können, stellt dem Inhalt nach keine tatsächliche Unterrichtserteilung im Sinn des § 61 Abs. 1 GG dar. Dass die Anwesenheit des Beschwerdeführers in jener Klasse, in der er an sich Unterricht zu erteilen gehabt hätte, auf einen Dienstauftrag (Weisung) seines Direktors zurückgeht, ändert nichts an dieser unter dem Gesichtspunkt des § 61 Abs. 1 GG vorgenommenen Beurteilung seiner "Tätigkeit" während dieser Zeit.
An diesem Ergebnis ändert auch die Prüfung der im Beschwerdefall gegebenen Fallkonstellation (Entfall der Unterrichtserteilung auf Grund eines Schülerstreiks) am Maßstab des § 61 Abs. 4 und 5 GG nichts. Zutreffend geht der Beschwerdeführer im Ergebnis davon aus, dass diese Fallkonstellation in den abschließenden Regelungen (Abs. 4 und 5) keine ausdrückliche Regelung gefunden haben. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes weist der Beschwerdefall aber auch keine hinreichende inhaltliche Verwandtschaft zu den Regelungsgedanken auf, die für die Ausnahmebestimmungen in den obgenannten beiden Absätzen von Bedeutung sind. § 61 Abs. 4 Z. 1 GG stellt nämlich auf ein rechtliches Hindernis (Entfall des Unterrichts auf Grund einer gesetzlichen Regelung), der 1. Tatbestand nach der Z. 3 dieser Bestimmung auf eine durch Dienstauftrag (Weisung) begründete Pflicht außerhalb der lehramtlichen Tätigkeit ab, die zum Entfall der Unterrichtsstunde geführt hat und deren Erfüllung nicht zu einem anderen Zeitpunkt (als dem, der nach dem Stundenplan an sich für die Unterrichtserteilung vorgesehen ist) durchgeführt werden kann. Die für diese ausdrücklich geregelten Fälle maßgebenden Regelungsgesichtspunkte liegen im Fall des Schülerstreiks nicht vor. Es kann daher die abschließende Klärung der Frage auf sich beruhen, ob angesichts der Regelungsdichte des GG in diesem Bereich überhaupt eine Regelungslücke vorliegt, die in analoger Anwendung der in Abs. 4 und 5 des § 61 GG zum Ausdruck kommenden Regelungsziele zu schließen wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter dem Blickwinkel des Beschwerdefalles aber auch wegen des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung in § 61 GG, der die "Unschädlichkeit" des Entfalls der Unterrichtserteilung auf Grund einer Schülerdemonstration (wie dies in anderen Fällen in Abs. 4 und 5 leg. cit. geschehen ist) vorsieht, keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber ist nämlich durch den Gleichheitssatz nicht verhalten, jede über dem Durchschnitt liegende Leistung eines Beamten Zug um Zug finanziell abzugelten und dafür zB eine Mehrdienstleistungs-Vergütung vorzusehen. Das Sachlichkeitsgebot erfordert lediglich, das System des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechts derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen im angemessenen Verhältnis zu den dem Beamten obliegenden Dienstpflichten steht (ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes z.B. VfSlg. 9607/1983, 11193/1986, 11288/1987, 12154/1989 uva; ebenso z.B. die hg. Erkenntnisse vom 8. November 1995, 92/12/0010 = Slg. NF Nr. 14.356 A, oder vom 16. März 1998, 97/12/0158). Vor dem Hintergrund dieses nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes dem einfachen Gesetzgeber durch den Gleichheitsgrundsatz eröffneten weiten Gestaltungsspielraums erscheint die Nichtberücksichtigung der im Beschwerdefall maßgebenden Fallkonstellation bei der Ermittlung des tatsächlich (in jener Kalenderwoche) vom Beschwerdeführer erbrachten Ausmaßes der wöchentlichen Lehrverpflichtung dem Verwaltungsgerichtshof unbedenklich, zumal es sich - wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde selbst eingeräumt hat - bei einer Schülerdemonstration (Schülerstreik) um eine Randerscheinung handelt, die nicht gerade typisch für den "Schulalltag" ist.
Da bereits die Beschwerde ihrem Inhalt nach erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung nach § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 15. Dezember 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999120296.X00Im RIS seit
20.11.2000