TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/22 LVwG-AV-234/001-2018

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Veröffentlicht am 22.06.2018
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Entscheidungsdatum

22.06.2018

Norm

IPRG §13
PStG 2013 §38 Abs1
PStG 2013 §42

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Ing. Mag. Andreas Ferschner als Einzelrichter über die Beschwerde des A, B, C, D, alle vertreten durch E Rechtsanwälte in ***, gegen den Bescheid des Standesamtes *** vom 1.2.2018, GZ ***, zu Recht erkannt:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben, und der bekämpfte Bescheid behoben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundesverfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:  

§ 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 52 Abs. 1, 2 und 8 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz

§ 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG

§ 25a VwGG

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.   Gang des Verfahrens:

Im Spruch des Bescheides des Standesamtes *** vom 1.2.2018 wurde der Familienname aller Beschwerdeführer von F in G geändert.

Das Standesamt *** hat im Geburtenbuch 91/2011 die Beurkundung der Geburt des Kindes C, H, geb. am *** in *** vorgenommen. In diesem Beurkundungsverfahren haben die Kindeseltern ihre russischen Geburtsurkunden sowie ihre russische Heiratsurkunde vorgelegt, die jeweils in zyrillischer Schrift errichtet waren.

Beigelegt wurden die Übersetzungen eines gerichtlich beeideten Dolmetschers, welcher im Textteil die zyrillische Schrift über eine englische Transkription in die lateinische Sprache übertragen hat. Lediglich in Fußnoten wurde auf die Abweichung zur zielsprachneutralen Transliteration hingewiesen, wonach nach dem einschlägigen Transliterationsstandrat ISO/R 9 der Familienname „G“ zu lauten habe.

Die Fußnotenanmerkung hat das Standesamt *** übersehen und folglich die transkribierten Schreibweisen der Namen der Eltern der Geburtseintragung des Kindes zugrunde gelegt.

Als am *** ein weiteres Kind in *** geboren worden ist, hat das Standesamt *** um Nacherfassung des ob zitierten Geburtenbuches des Standesamtes *** in das zentrale Personenstandsregister (ZPR) ersucht. Im Zuge dieser Nacherfassung wurde festgestellt, dass irrtümlich die transkribierten und nicht die gesetzlich vorgesehenen translitierten Namensschreibweisens eingetragen worden sind und demnach ein Berichtigungsverfahren eingeleitet werden muss.

Mit Schreiben vom 29.11.2017 wurde der Kindsvater über die beabsichtigte Berichtigung der Schreibweise des Familiennamens in Kenntnis gesetzt und ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

Mit Eingabe der Rechtanwaltskanzlei E vom 7.12.2017 sprachen sich sämtliche betroffene Familienangehörige gegen die beabsichtigte Berichtigung aus. Dies deshalb weil die Betroffenen russische Staatsangehörige seien und über ihre russischen Reisepässe verfügen, in denen die lateinische Schreibweise der Familienname „F“ angeführt sei. Da sich hier die Namensführung nach § 13 IPR-Gesetz nach russischem Personalstatut richte, sei die im Reisepass eingetragene Namensschreibweise auch für die österreichischen Behörden maßgeblich.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass gemäß § 13 IPRG sich der Name nach russischem Personalstatut richte. Die russischen Behörden hätten auch bestätigt, dass es keine andere Schreibweise als „F“ in Russland gebe.

2.   Das Landesverwaltungsgericht NÖ hat hierüber wie folgt erwogen:

Unstrittig ist der Sachverhalt und die vorgelegten Dokumente.

Rechtlich folgt:

§ 13. (1) IPRG: Die Führung des Namens einer Person ist nach deren jeweiligem Personalstatut zu beurteilen, auf welchem Grund auch immer der Namenserwerb beruht.

§ 36 (2) PStG: Vor der Eintragung ist der maßgebliche Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Ist dies im Wege des ZPR nicht möglich, sind hiezu Personenstandsurkunden und andere geeignete Urkunden heranzuziehen. Eintragungen, die nicht auf Grundlage geeigneter Urkunden erfolgen, sind entsprechend zu kennzeichnen.

§ 38. (1)PStG: Namen sind aus der für die Eintragung herangezogenen Urkunde und sonstigen Dokumenten buchstaben- und zeichengetreu zu übernehmen. Sind in der Urkunde andere als lateinische Schriftzeichen verwendet worden, müssen die Regeln für die Transliteration beachtet werden.

§ 42. (1) PStG: Eine Eintragung ist zu berichtigen, wenn sie bereits zur Zeit der Eintragung unrichtig gewesen ist.

(2) Die Berichtigung erfolgt durch jene Personenstandsbehörde, die die unrichtige Eintragung vorgenommen hat.

(3) Die Berichtigung kann unter Wahrung des rechtlichen Gehörs von Amts wegen vorgenommen werden.

(4) Offenkundige Schreibfehler kann jede Personenstandsbehörde auch ohne Einbindung des Betroffenen berichtigen.

(5) Jedwede Berichtigung ist dem Betroffenen mitzuteilen.

§ 2. (1) PStG-DV: Für die Anzeige der Geburt nach § 9 Abs. 1 zweiter Satz PStG 2013 sind die Vordrucke nach Anlage 1 und 1a dieser Verordnung zu verwenden. Die Anlage 1a ist durch die Personenstandsbehörde an die Bundesanstalt Statistik Österreich zu übermitteln. Die Anzeige der Geburt nach § 9 Abs. 1 erster Satz PStG 2013 hat inhaltlich den Vorgaben der Anlage 1 und 1a zu entsprechen.

(2) Die mit der Pflege und Erziehung betraute Person hat spätestens eine Woche nach der Geburt vorzulegen:

1. die Erklärung über die Vornamensgebung;

2. gegebenenfalls die Heiratsurkunde oder Partnerschaftsurkunde der Eltern, wenn die Eltern nicht verheiratet waren die Geburtsurkunde der Mutter und die letzte Heiratsurkunde der Mutter im Zusammenhang mit § 144 Abs. 1 Z 1 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches – ABGB, JGS Nr. 946/1811; gegebenenfalls den Nachweis der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

3. den Nachweis der Staatsangehörigkeit der Eltern;

4. den Nachweis des Hauptwohnsitzes der Eltern bei Wohnsitz im Ausland;

5. die Geburtsbestätigung, wenn die Geburt nicht vom Leiter einer Krankenanstalt, der Hebamme oder dem Arzt, der bei der Geburt Beistand geleistet hat, angezeigt worden ist.

(3) Eine Pflicht zur Vorlage von Urkunden nach Abs. 2 besteht nicht, wenn die zu beweisenden Tatsachen und Rechtsverhältnisse durch Einsicht in das Zentrale Personenstandsregister (ZPR, § 44 PStG 2013), in die bei der ermittelnden Behörde befindlichen Personenstandsbücher oder in andere den Behörden zur Verfügung stehende Register, insbesondere im Zentralen Melderegister (ZMR, § 16 des Meldegesetzes 1991 – MeldeG, BGBl. Nr. 9/1992) und im Zentralen Staatsbürgerschaftsregister (ZSR, § 56a des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 – StbG, BGBl. Nr. 311/1985), festgestellt werden können.

(4) Können die für die Eintragung der Geburt (§ 11 PStG 2013) erforderlichen Daten durch die in Abs. 2 und 3 genannten Urkunden nicht ausreichend nachgewiesen werden, hat die Behörde weitere Nachweise einzufordern.

(5) Können Urkunden nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten beschafft werden, sind erforderliche Nachweise amtswegig zu erheben. Jedermann, der über notwendige Unterlagen oder Informationen verfügt, ist verpflichtet, die Behörde dabei zu unterstützen.

(6) Sofern das Religionsbekenntnis nicht bereits bei der Anzeige der Geburt von den Betroffenen von sich aus bekanntgegeben wurde, hat die Personenstandsbehörde auf die Möglichkeit der freiwilligen Bekanntgabe des Religionsbekenntnisses hinzuweisen.

Für den vorliegenden Fall bestimmt sich gemäß § 13 IPRG die Führung des Namens einer Person nach deren jeweiligem Personalstatut. Die Botschaft der russischen Föderation in Österreich hat mit Schreiben vom 16.2.2018 bestätigt, dass keine andere Schreibweise in lateinischer Schrift als F für den Familiennamen nach russischem Recht zulässig sei.

Namen sind aus der für die Eintragung herangezogenen Urkunde und sonstigen Dokumenten buchstaben- und zeichengetreu zu übernehmen. Sind in der Urkunde andere als lateinische Schriftzeichen verwendet worden, müssen die Regeln für die Transliteration beachtet werden. Im gegenständlichen Fall legten die Beschwerdeführer ein Gesamtkonvolut aus Urkunden vor. In den Reisepässen findet sich die lateinische Schreibweise des Familiennamens mit F. Die Geburtsurkunden wurden zwar lediglich in zyrillischer Schrift vorgelegt. Die beigelegten Übersetzungen verwiesen in Fußnoten die auf die Transkription nach ISO R/9 wonach der Nachname „G“ zu lauten habe.

Wie schon oben ausgeführt, bestimmt sich die Führung des Namens nach russischem Personalstatut. Namen und Eintragungen sind Buchstaben und Zeichengetreu zu übernehmen. Im gegenständlichen Fall müssen die vorgelegten Urkunden im Konvolut unter dem Gesichtspunkt der Gesamtbetrachtung gesehen werden. Zwar mag die Geburtsurkunde lediglich in zyrillischer Schrift vorgelegt worden sein, jedoch stimmen die Namen mit denen im russischen Reisepass in zyrillischer Schrift überein. Im russischen Reisepass befindet sich auch die lateinische Schreibeweise des Namens mit F. Es ist daher die Bestimmung des § 38 Abs. 1 erster Satz PStG anzuwenden, da die buchstabengetreue Bezeichnung aus dem russischen Reisepass ersichtlich ist. Soweit die belangte Behörde in ihrer Entscheidung begründete, dass dem Reisepass lediglich untergeordnete Bedeutung zukomme ist dem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer diesen zwar nicht hätte vorlegen müssen um das Verfahren zu beenden, er dies jedoch trotzdem tat. Durch die Vorlage dieses Dokuments – welches neben der Staatsangehörigkeit auch der Identitätsfeststellung dient – hat der Beschwerdeführer auch auf die richtige Schreibweise seines Familiennamens hingewiesen und ergeben sich dadurch keine Zweifel wie der Familienname nach russischem Recht zu schreiben ist. Dies wurde auch durch das Schreiben der Botschaft der russischen Föderation in Österreich bestätigt. Da somit keine Zweifel an der Schreibweise der Familiennamen bestand verblieb kein Anwendungsraum mehr für § 38 Abs. 1 2. Satz PStG. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Ordnungsrecht; Namensänderung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.234.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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