TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/25 99/05/0172

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Veröffentlicht am 25.01.2000
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Index

L46103 Tierhaltung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

TierschutzG NÖ 1985 §13 Abs5;
VStG §39 Abs1;
VStG §39 Abs6;
VStG §51 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des L in R, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 9. Februar 1999, Zl. ..., betreffend Übertretung nach dem NÖ Tierschutzgesetz (weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 24. September 1997 wurde der Beschwerdeführer unter Punkt 1 schuldig erkannt, er habe, wie am 11. März, 21. März, 4. April und 9. April 1997 durch Organe der Bezirkshauptmannschaft festgestellt worden sei, den Tierbestand auf dem Anwesen ... (34 Rinder, davon 11 Kühe, der Rest Jungrinder beiderlei Geschlechts) hinsichtlich Unterbringung, Fütterung, Pflege und Wasserversorgung derart vernachlässigt, dass den Tieren dadurch ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden und letzendlich Schaden zugefügt worden sei. Wegen dieser Übertretungen wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe im Ausmaß von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden) verhängt. Gleichzeitig wurden gemäß § 13 Abs. 5 des NÖ Tierschutzgesetzes die Tiere für verfallen erklärt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung sprach sich der Beschwerdeführer sowohl gegen den Verfall als auch gegen die Bestrafung selbst aus und beantragte in der Berufungsverhandlung insgesamt 21 namhaft gemachte Zeugen zu vernehmen.

Nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am 20. November und 22. Dezember 1998 hat die belangte Behörde die Berufung, soweit sie sich gegen den ausgesprochenen Verfall richtete, als unzulässig zurückgewiesen, die Strafe von S 5.000,-- auf S 2.000,-- herabgesetzt (Ersatzarrest von 120 Stunden auf 48 Stunden) und die Kosten des Strafverfahrens anstatt mit S 500,-- mit S 200,-- festgesetzt. Das Straferkenntnis wurde insofern abgeändert, als die Tatzeit vom 11. März bis 6. April 1997 lautete, die Tatumschreibung wurde konkretisiert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Rechtsansicht der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer käme hinsichtlich des ausgesprochenen Verfalls keine Parteistellung zu, ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 31. August 1999, Zl. 99/05/0039, zu verweisen, das an den selben Beschwerdeführer hinsichtlich des Bescheides zur Sicherung des Verfalls ergangen ist. Bereits in diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass dann, wenn die Beschlagnahme von Verfallsgegenständen nach § 39 Abs. 1 VStG Teil des Verwaltungsstrafverfahrens sei, dem Beschuldigten - unabhängig von einem allfälligen Berufungsrecht des Sacheigentümers - jedenfalls gemäß § 51 Abs. 1 in Verbindung mit § 39 Abs. 6 VStG das Recht der Berufung zustehe, und zwar unabhängig davon, ob er Eigentümer der beschlagnahmten Gegenstände sei oder nicht. Durch die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den gleichzeitig mit der Strafe ausgesprochenen Verfall belastete die belangte Behörde daher ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Während noch im Straferkenntnis vom 24. September 1997 als Tatzeit der 11. März, der 21. März sowie der 4. April und der 9. April 1997 angegeben waren, wurde im nunmehr angefochtenen Bescheid der Tatzeitraum mit 11. März bis 6. April 1997 festgesetzt. Die Festsetzung des Tatzeitraumes auch hinsichtlich der Zeiträume zwischen 11. März und 21. März sowie vom 4. bis 6. April 1997 stellt eine im Berufungsverfahren unzulässige Ausdehnung des Tatzeitraumes dar, für die überdies weder eine rechtzeitige Verfolgungshandlung gesetzt wurde, noch ist für den Zeitraum zwischen den angeführten Tagen ein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen, dass auch an diesen Tagen Tieren Schmerzen und Leiden zugefügt worden seien. Durch die unzulässige Ausdehnung des Tatzeitraumes belastete die belangte Behörde auch aus diesem Grund ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Hinsichtlich der verbleibenden Tage, nämlich des 11. März, des 21. März sowie des 4. April 1997, hat der auch während der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde als Zeuge vernommene Amtstierarzt eine Überprüfung der Tierhaltung im Betrieb des Beschwerdeführers vorgenommen. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde bezog sich die Stellungnahme des Amtstierarztes nicht nur auf Fotos, sondern auf die an diesen Tagen von ihm an Ort und Stelle getroffenen Feststellungen. Die Fotos dienten lediglich der Dokumentierung. Auf Grund der Aussagen des Amtstierarztes konnte die belangte Behörde in unbedenklicher Weise davon ausgehen, dass an den genannten Tagen den Rindern nur zweimal täglich über Wasserbarren Trinkwasser zugeführt wurde, anschließend wurden die Tiere unter Verwendung der selben Barren mit Futter versorgt, wodurch es zu Aufweichungen des Futters gekommen ist, und der Beschwerdeführer durch diese Fütterungsweise den Tieren zumindest Leiden zugefügt hat. Auch dass an diesen Tagen die Tiere insofern vernachlässigt waren, als die Liegeplätze der Tiere nicht so eingestreut waren, dass die Tiere auf einer weichen, sauberen und trockenen Auflage untergebracht waren, ergab sich zweifelsfrei aus der konkreten und mit Fotos dokumentierten Aussage des Amtstierarztes. Die vom Beschwerdeführer namhaft gemachten, vernommenen Zeugen haben ihren Angaben zufolge nicht den gesamten Stall eingehend besichtigt und auch die einzelnen Tiere keiner eingehenden Überprüfung unterzogen, sodass die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung ohne Rechtsirrtum auf Grund der konkreten Feststellungen des Amtssachverständigen davon ausgehen konnte, dass der Beschwerdeführer am 11. März, 21. März und 4. April 1997 den Tieren die im Spruch des angefochtenen Bescheides näher umschriebenen Leiden zugefügt hat. Bei der Ausführung im Spruch des angefochtenen Bescheides, es seien einem "Jungstier" Schmerzen zugefügt worden, handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler, weil in den übrigen Aktenteilen jeweils von einem "Jungtier" die Rede ist.

Mit den schon während der mündlichen Verhandlung erhobenen und auch in der Beschwerde wiederholten Ausführungen, der Beschwerdeführer sei seit 11. März 1997 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen, sich um die Liegenschaft und die Tiere kümmern zu können, wird kein Schuldausschließungsgrund dargetan. Es handelte sich bei den Beschwerden um "Brustkorb- und Leistenbeschwerden"; wie der Beschwerdeführer in der Einvernahme während der mündlichen Verhandlung selbst ausführte, hat er sich in der Zeit vom 11. März bis 9. April 1997 nach wie vor mit der Haltung und Fütterung der Rinder beschäftigt. Seine Angaben ließen keinen Schluss darauf zu, dass die Krankheit des Beschwerdeführers derartig gewesen wäre, dass sie seine Unzurechnungsfähigkeit oder die Dispositionsunfähigkeit herbeigeführt hätte.

Hinsichtlich der vom Amtssachverständigen vorgenommenen Überprüfungszeitpunkte am 11. März, 21. März und 4. April 1997 durfte die belangte Behörde daher mit Recht davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen hat. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass weitere, vom Beschwerdeführer namhaft gemachte Zeugen nicht vernommen wurden, weil auch der Beschwerdeführer nicht ausgeführt hat, dass diese aus bestimmten Gründen über konkrete Wahrnehmungen verfügen würden, und die Annahme des Beschwerdeführers, dass das Sachverständigengutachten im Wesentlichen lediglich auf vorhandenem Bildmaterial aufbaue, in der Aktenlage keine Deckung findet.

Aus den eingangs angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999050172.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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