TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/8 LVwG-S-771/001-2017

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Veröffentlicht am 08.06.2018
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Entscheidungsdatum

08.06.2018

Norm

AWG 2002 §62 Abs2a
AWG 2002 §62 Abs2b
AWG 2002 §79 Abs1 Z17
VStG 1991 §5 Abs1
VStG 1991 §20
VStG 1991 §45 Abs1 Z4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Dr. Köchle als Einzelrichterin über die Beschwerde von Herrn A, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 24. Februar 2017, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), zu Recht erkannt:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) insofern Folge gegeben, als die von der Behörde festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von 4.200,-- Euro auf den Betrag von 2.500,-- Euro und die angedrohte Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden auf 21 Stunden herabgesetzt werden.

Im Übrigen wird das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 24. Februar 2017, Zl. *** mit der Maßgabe bestätigt, dass es in der Tatbeschreibung im vierten Absatz anstelle von „von 30.06.2016 bis 17.08.2016“ zu heißen hat: „von 01.07.2016 bis 17.08.2016“.

2.   Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens werden gemäß
§ 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) mit 250,-- Euro neu festgesetzt und hat der Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3.   Gegen Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Zahlungshinweis:

Der Beschwerdeführer wird darauf hingewiesen, dass er gemäß § 54b Abs. 1 VStG den Strafbetrag in Höhe von 2.500,-- Euro zuzüglich des Kostenbeitrages zum verwaltungsbehördlichen Verfahrens in der Höhe von 250,-- Euro, insgesamt sohin den Gesamtbetrag von 2.750,-- Euro, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung unter Berücksichtigung des angeschlossenen Beiblatts bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten zu bezahlen hat. Ein allfälliger Antrag auf Ratenzahlung wäre bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten zu richten.

Entscheidungsgründe:

1.   Verfahrensgegenstand, Verfahrensgang

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten (in der Folge: belangte Behörde) vom 24.02.2017, Zl. *** wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe es in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der B GmbH mit Sitz in *** zu verantworten, dass die B GmbH als gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätiges Unternehmen folgender Anordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15.04.2016, *** gemäß § 62 Abs. 2a und 2b AWG nicht nachgekommen sei:

Die B GmbH, ***, ***, ***, wird verpflichtet, bis spätestens 30. Juni 2016 die auf GSt Nr. *** über die nördliche
Deponiegrenze hinaus geschütteten Abfälle Bodenaushub, durchsetzt mit Asphalt, Ziegel- und Betonbrocken sowie Baustellenabfällen wie Abdeckplatten, Vliesresten usw. zu entfernen und bis spätestens 25. Juli 2016 (Datum des Poststempels oder einer anderen als postalischen Übermittlung) Nachweise darüber der Abfallrechtsbehörde vorzulegen."

Die B GmbH sei dieser Anordnung nicht nachgekommen, da von 30.6.2016 bis 17.8.2016 keine Entfernung des über die nördliche Deponiegrenze hinaus geschütteten Bodenaushubes auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** erfolgt sei. Es seien lediglich Abdeckplatten und andere Abfälle als Bodenaushub fristgerecht entfernt worden.

Dadurch habe der Beschwerdeführer § 79 Abs. 1 Z 17 iVm § 62 Abs. 2a und 2b AWG 2001 iVm der Anordnung des Landeshauptmannes von NÖ vom 15.4.2016, ***, Punkt A, verletzt. Wegen dieser als erwiesenen angenommenen Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer gestützt auf § 79 Abs. 1 letzter Satz zweiter Strafsatz AWG 2002 eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von 4.200,-- Euro (bei Androhung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden) verhängt und ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 420,-- Euro vorgeschrieben, woraus sich ein Gesamtbetrag von 4.620,-- Euro ergibt.

1.2. Begründend wird im angefochtenen Straferkenntnis zunächst ausgeführt, bei einer Überprüfung durch die Abfallbehörde am 14.04.2016 sei festgestellt worden, dass ein zu weit nach Norden abgebauter Bereich auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** augenscheinlich nicht mit bindigem, grubeneigenem Aushubmaterial gemäß Zwischenbericht vom 15. Oktober 2012 verfüllt worden sei. Bei dem verwendeten Verfüllmaterial habe es sich offensichtlich um Bodenaushub, durchsetzt mit Asphalt, Ziegel- und Betonbrocken sowie Baustellenabfällen wie Abdeckplatten, Vliesreste usw. gehandelt. Dazu sei vom Amtssachverständigen für Deponietechnik aus fachlicher Sicht festgestellt worden, dass eine Sanierung dieses Bereiches mit dem verwendeten Material unzulässig erfolgt und das Verfüllmaterial als Abfall anzusprechen sei. Aufgrund des Umstandes, dass offensichtlich – da anderenfalls keine Fremdanteile wie Ziegel und Asphalt enthalten gewesen wären – nicht grubeneigenes Material verwendet worden sei, sei eine umgehende Entfernung bis 30. Juni 2016 gefordert worden.

Mit rechtskräftigem Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15.04.2016, ***, Punkt A, sei gegenüber der B GmbH der im Spruch des Straferkenntnisses genannte Entfernungsauftrag gemäß §§ 62 Abs. 2a und 2b AWG erlassen worden.

Die dem Beschwerdeführer nunmehr im Straferkenntnis angelastete Übertretung sei dem Beschwerdeführer seitens der Behörde mit Aufforderung zur Rechtfertigung vorgeworfen worden, woraufhin der Beschwerdeführer am 17.08.2016 zu seiner Rechtfertigung bei der belangten Behörde niederschriftlich Folgendes angegeben habe:

„Die geringfügigen Verunreinigungen mit Asphalt, Ziegel- und Betonbrocken sowie Baustellenabfällen wie Abdeckplatten und Vliesresten wurden unmittelbar nach der Anordnung des Landeshauptmannes von NÖ vom 15.4.2016 entfernt. Es wird auch jetzt regelmäßig kontrolliert, dass kein unzulässiges Material hingelangt. Das Bodenaushubmaterial ist derzeit noch vorhanden und wurden dazu heute auch Fotos vorgezeigt. (…) Das noch vorhandene Bodenaushubmaterial wird in den nächsten Tagen von der Fa. C untersucht. Ich strebe dazu an, dass das Material auf Dauer verbleiben kann und allenfalls notwendige Bewilligungen nachträglich einzuholen. Die Grundeigentümer hätten dagegen keine Einwände.“

In einem Schreiben des Landeshauptmannes von Niederösterreich als Abfallbehörde vom 25.08.2016 sei in Hinblick auf dieses niederschriftliche Vorbringen des Beschwerdeführers vom 17.08.2016 grundsätzlich festgehalten worden, dass eine Wiederverfüllung des Bereichs nördlich der nördlichen Deponiegrenze nur mit grubeneigenem Material gestattet sei und dass die Zufuhr oder Verwendung von Fremdmaterial – egal wie rein und unbedenklich dieses in Hinblick auf den Gewässerschutz allenfalls sein möge – keinesfalls gestattet sei. Durch die Verunreinigungen sei lediglich erwiesen, dass die Zufuhr von bzw. die Verfüllung mit Fremdmaterial erfolgt sei.

Aufgrund der Ermittlungsergebnisse sei die angelastete Übertretung erwiesen und ergebe sich auch aus den Angaben des Beschwerdeführers selbst, dass das Material zumindest bis zum 17.08.2016 noch nicht entfernt gewesen sei.

Hinsichtlich des Verschuldens sei auf § 5 Abs. 1 VStG zu verweisen. Ein Entlastungsbeweis für eine entgegen der aufgrund dieser Bestimmung anzunehmenden Rechtsvermutung vorliegende Schuldlosigkeit sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen.

Da die B GmbH unter anderem die gegenständliche Deponie betreibe und somit gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig sei, liege gemäß
§ 79 Abs. 1 Z 17 AWG 2002 die Mindeststrafe bei 4.200,-- Euro. Die Übertretung sei sowohl hinsichtlich ihrer Intensität als auch hinsichtlich ihrer Zeitdauer mehr als geringfügig. Mildernd wurde nichts berücksichtigt, als straferschwerend wurde eine einschlägige Vormerkung wegen Übertretung des AWG 2002 berücksichtigt.

1.3. Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Beschwerdeführer eine erkennbar auf Aufhebung des Straferkenntnisses gerichtete, als Einspruch bezeichnete Beschwerde ein, in der er darauf hinwies, dass sich sein Unternehmen derzeit in Sanierung befinde und dass er aufgrund der prekären wirtschaftlichen Lage seines Unternehmens sowie seiner persönlichen finanziellen Situation um Einstellung des Strafverfahrens ersuche. Als Begründung wird in der Beschwerde ein Teil der Verhandlungsschrift vom 15.12.2016, *** wiedergegeben, in der festgehalten wird, dass die B GmbH für das Material, mit dem der zunächst konsenslos abgebaute Teilbereich verfüllt worden war, einen Beurteilungsnachweis der Firma C, datiert mit 12.09.2016 vorgelegt habe, aus dem laut Niederschrift hervorgeht, dass das Material die Qualitätsklasse AW gemäß BAWPL 2011 beinhalte und somit qualitativ für die Verfüllung des gegenständlichen Bereichs geeignet sei und aus fachlicher Sicht die durchgeführte Maßnahme zur Kenntnis genommen werden und das Material im gegenständlichen Bereich verbleiben könne.

1.4. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 16.03.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in die Bezug habenden Akten und durch Befragung des Beschwerdeführers selbst. Bei dieser Verhandlung gestand der Beschwerdeführer die ihm angelastete Verwaltungsübertretung ein und betonte, dass er diese ja auch schon bei der niederschriftlichen Vernehmung am 17.08.2016 zugegeben habe und sie auch heute zugebe. Er führte aus, dass er stets versucht habe, mit den Behörden zu kooperieren und dass das wohl auch der Grund gewesen sei, warum er gegen den Titelbescheid, mit dem ihm die Entfernung des Material aufgetragen wurde, keine Beschwerde erhoben habe. Er gab an, dass er die im Titelbescheid genannten Verunreinigungen des Materials schon vor dem 17.08.2016 entfernt habe und dass er darüber hinaus nach seiner niederschriftlichen Vernehmung am 17.08.2016 Beprobungsnachweise vorgelegt habe. Im Übrigen legte der Beschwerdeführer dar, dass er sich in einer schwierigen finanziellen Situation befinde und ersuchte um Erlass oder Verringerung der Strafe, weil er sich eine so hohe Strafe nicht leisten könne.

2.   Feststellungen:

2.1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15.04.2016, *** wurde der B GmbH in Spruchpunkt A) ein auf
§ 62 Abs. 2a und Abs. 2b AWG gestützter Entfernungsauftrag mit folgendem Wortlaut erteilt:

Die B GmbH, ***, ***, ***, wird verpflichtet, bis spätestens 30. Juni 2016 die auf GSt Nr. *** über die nördliche
Deponiegrenze hinaus geschütteten Abfälle Bodenaushub, durchsetzt mit Asphalt, Ziegel- und Betonbrocken sowie Baustellenabfällen wie Abdeckplatten, Vliesresten usw. zu entfernen und bis spätestens 25. Juli 2016 (Datum des Poststempels oder einer anderen als postalischen Übermittlung) Nachweise darüber der Abfallrechtsbehörde vorzulegen.“

2.2. Am 04.07.2016 wurde durch das Deponieaufsichtsorgan festgestellt, dass die im Bescheid angesprochenen Abdeckplatten etc. entfernt wurden und dass die B GmbH das nicht entfernte Bodenaushubmaterial beproben lassen werde. Das Ergebnis dieser Beprobung übermittelte der Beschwerdeführer der Abfallbehörde im September 2016.

2.3. Das im Bescheid angesprochene, über die Deponiegrenze hinaus geschüttete Bodenaushubmaterial befand sich von 01.07.2017 bis (jedenfalls) 17.08.2016 (Ende des angelasteten Tatzeitraumes) auf dem Grundstück Nr. *** KG *** und wurde somit entgegen Spruchpunkt A) des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15.04.2016, *** jedenfalls bis zum 17.06.2016 nicht entfernt. Bei seiner Vernehmung am 17.08.2016 teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit, dass das in Frage stehende Material „in den nächsten Tagen“ beprobt werde und dass er anstrebe, dass das Material vor Ort bleiben könne und allenfalls erforderliche Bewilligungen nachträglich einzuholen. Mit Schreiben vom 13. September 2016 legte die B GmbH einen Beurteilungsnachweis der C GmbH, ***, vom 12. September 2016, vor, nach dem es sich bei dem in Frage stehenden Material um Bodenaushub der Qualitätsklasse A2 handle, welcher gemäß BAWP als Untergrundverfüllung verwertet oder in Bodenaushubdeponien beseitigt werden dürfe.

2.4. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der B GmbH, seine Lebenshaltungskosten werden derzeit von seiner Ehegattin bzw. seinem Sohn bestritten, da er aktuell über kein eigenes Einkommen verfügt. Er ist nicht verwaltungsstrafrechtlich unbescholten und weist eine einschlägige, im Tatzeitpunkt rechtskräftige und im Entscheidungszeitpunkt noch nicht getilgte verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung wegen Übertretung des AWG 2002 auf.

Der Beschwerdeführer hat ein Geständnis abgelegt und sich kooperativ gezeigt und ließ nach Ende des angelasteten Tatzeitraumes, aber noch im Zuge des verwaltungsstrafrechtlichen Verfahrens eine Beprobung des in Frage stehenden Bodenaushubmaterials durchführen.

3.   Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem insoweit unbedenklichen Akteninhalt und den Angaben des Beschwerdeführers bei der mündlichen Verhandlung selbst. Insbesondere wurde seitens des Beschwerdeführers zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens bestritten, dass er das Bodenaushubmaterial entgegen dem bescheidmäßigen Auftrag im hier in Frage stehenden Zeitraum nicht (vollständig) entfernt hat. Das Vorliegen eines Geständnisses des Beschwerdeführers ergibt sich aus der im Akt befindlichen Niederschrift vom 17.08.2016, aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer schon damals angegeben hat, dass er die Verwaltungsübertretung grundsätzlich zugebe und den Aussagen des Beschwerdeführers bei der mündlichen Verhandlung, wo dieser die Verwaltungsübertretung in keiner Weise bestritten, sondern diese erneut zugegeben und dargelegt hat, dass und durch welche Maßnahmen – insbesondere durch die Vornahme der Beprobung des nicht entfernten Materials – er mit den Behörden kooperiert hat. Die Feststellungen zu den allseitigen Verhältnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen eigenen glaubwürdigen Angaben bei mündlichen Verhandlung, die Feststellung hinsichtlich der verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aus dem im Akt befindlichen Auszug über die verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen der Bezirkshauptmannschaft Amstetten (ua. Vormerkung wegen Übertretung des AWG 2002, Zl. ***, rechtskräftig am 20.03.2015).

4.   Rechtliche Erwägungen:

4.1. Die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Übertretung von § 79 Abs. 1 Z 17 AWG 2002 sanktioniert (u.a.) die Nichteinhaltung von Aufträgen und Anordnungen nach § 62 Abs. 2a und Abs. 2b AWG 2002. Bei dem Entfernungsauftrag, der der B GmbH in Spruchpunktes A) des Bescheides Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15.04.2016, *** erteilt wurde, handelt es sich um einen solchen Auftrag gem. §§ 62 Abs. 2a und 2b AWG 2002. Aufgrund dieses Entfernungsauftrages wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, das im Bescheid angeführte, über die nördliche Deponiegrenze hinaus geschüttete Bodenaushubmaterial auf dem Grundstück Nr. *** KG *** bis spätestens 30.06.2016, zu entfernen. Dass das Bodenaushubmaterial jedenfalls bis zum 17.08.2016 nicht nachweislich entfernt wurde und dem bescheidmäßig erteilten Auftrag bis zum 17.08.2016 nicht (vollständig) nachgekommen wurde, ist unstrittig.

4.2. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde darauf verwiesen hat, dass das Bodenaushubmaterial, dessen Entfernung ihm im Titelbescheid aufgetragen wurde, beprobt und durch einen Sachverständigen aus fachlicher Sicht als unbedenklich eingestuft wurde und in der Verhandlungsschrift festgehalten worden sei, dass das Material (aus fachlicher Sicht) vor Ort belassen werden könne, ist festzuhalten, dass eine Bestrafung des Beschwerdeführers dann unzulässig gewesen wäre, wenn sich der Sachverhalt gegenüber jenem, der der Erlassung des Titelbescheides zugrunde lag, vor dem dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Zeitraum wesentlich geändert hätte. Wenn ein Bescheid nämlich wegen einer maßgeblichen Änderung des Sachverhaltes nicht mehr vollstreckt werden darf, bedeutet dies, dass die mit ihm getroffenen Anordnungen nicht mehr gelten, solange die Vollstreckung unzulässig ist. In so einem Fall dürfte auch die Nichteinhaltung dieses Bescheides nicht bestraft werden (vgl. VwGH 24.04.2008, 2005/07/0133 unter Verweis auf VwGH 20.10.2005, 2005/07/0085).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung am – den letzten Tag des angelasteten Tatzeitraumes darstellenden – 17.08.2016 angegeben, dass das Bodenaushubmaterial „in den nächsten Tagen“ beprobt werde und dass er anstrebe, das Material vor Ort zu belassen und allfällige Bewilligungen nachträglich einzuholen. Daraus ergibt sich, dass die Beprobung des Materials, die bei entsprechendem Beprobungsergebnis angestrebte Einholung nachträglicher Bewilligungen und die mit Schreiben vom 13.09.2016 erfolgte Vorlage des Beprobungsberichts (der mit 12.09.2016 datiert ist) nach dem 17.06.2016 und somit jedenfalls erst nach Ende des angelasteten Tatzeitraums erfolgt sind. Daher sind darin schon aufgrund dessen, dass diese Maßnahmen schon nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst erst nach dem letzten Tag des angelasteten Tatzeitraumes erfolgten, ebensowenig zu einer zur Beseitigung der Strafbarkeit im angelasteten – am 17.08.2016 endenden – Tatzeitraum führende wesentliche Änderungen des Sachverhaltes zu sehen, wie darin, dass in einer Niederschrift über eine mehr als drei Monate nach Ende des Tatzeitraumes stattgefunden habenden Verhandlung im Dezember 2016 festgehalten wurde, dass das in Frage stehende Material auf Grund der im September 2016 vorgelegten Beprobungsnachweise aus fachlicher Sicht vor Ort verbleiben könne. Eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes vor dem angelasteten Tatzeitraum (der am 17.08.2016 endet), aufgrund derer die Nichtbefolgung des Bescheides nicht mehr bestraft hätte werden dürfen, ist daher vorliegend nicht anzunehmen.

4.3. Für eine Strafbarkeit nach § 79 Abs. 1 Z 17 AWG 2002 kommt es ausschließlich darauf an, dass eine in dieser Bestimmung genannte Anordnung (hier: gemäß
§ 62 Abs. 2a und 2b AWG 2002) vorlag und dass dieser nicht entsprochen wurde. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung selbst – also ob der Entfernungsauftrag zu Recht ergangen ist (was mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei festgestellt worden, dass es durch das abgelagerte Material zu keiner Beeinträchtigung des Grundwassers gekommen sei, zumindest im Ansatz in Frage gestellt wird) – ist nicht Gegenstand des Strafverfahrens wegen Nicht-Einhaltung eines solchen Auftrages und war dementsprechend auch nicht zu prüfen (vgl. zur Nichtbefolgung von Aufträgen gem. § 73 Abs. 1 und 7 AWG VwGH 24.04.2008, 2005/07/0133).

4.4. Da der Entfernungsauftrag bis zum Ablauf des 30.06.2016 als dem letzten Tag der gesetzten Frist erfüllt hätte werden können, kann eine Übertretung von
§ 79 Abs. 1 Z 17 AWG iVm Spruchpunkt A) des Bescheides Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15.04.2016, ***, erst ab dem 01.07.2016 angenommen werden, weshalb der angelastete Tatzeitraum dahingehend einzuschränken war. Davon abgesehen ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der vorgeworfenen Übertretung um ein Unterlassungsdelikt in Form eines Dauerdeliktes handelt, das grundsätzlich erst mit Beendigung des rechtswidrigen Zustandes, also mit der Erfüllung des Auftrages beendet wäre (vgl. auch VwGH 29.10.2015, Ra 2015/07/0097). Mangels unbestritten im Zeitraum von 01.07.2016 bis zum 17.08.2016 als letztem Tag des angelasteten Tatzeitraumes nicht erfolgter Entfernung des Bodenaushubmaterials wurde dem einen Auftrag gemäß § 62 Abs. 2a und 2b AWG 2002 darstellenden Spruchpunkt A) des Bescheides Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15.04.2016, *** im Zeitraum vom 01.07.2016 bis zum 17.08.2016 nicht entsprochen und wurde daher der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt.

4.5. Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass es sich bei der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG handelt. Demzufolge genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Die Glaubhaftmachung von Umständen, aufgrund derer davon auszugehen wäre, dass ihn an der Nicht-Einhaltung der im bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung kein Verschulden trifft, ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Dies insbesondere deshalb, weil der Beschwerdeführer durch sein Geständnis und die noch vor Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens durchgeführte Beprobung des Materials zwar gezeigt hat, dass er grundsätzlich gewillt und bestrebt ist, mit den Behörden zu kooperieren und einen rechtskonformen Zustand herzustellen. Umstände, aufgrund derer ihn an der Nicht-Einhaltung des von ihm nicht bekämpften Titelbescheides keinerlei Verschulden getroffen hätte, wurden vom Beschwerdeführer aber nicht dargetan.

5.   Strafhöhe, Kostenausspruch:

5.1. Hinsichtlich der Strafbemessung ist auszuführen, dass gemäß § 38 VwGVG auf das Verfahren über Beschwerden in Verwaltungsstrafsachen ua. die Bestimmungen des VStG – abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen – und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorausgegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Für die Strafbemessung vom Verwaltungsgericht anzuwenden sind demnach neben Bestimmungen in den anwendbaren Materiengesetzen (im vorliegenden Fall die Bestimmungen des AWG 2002) insbesondere die §§ 19, 20 und 45 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG).

Nach § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 34 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

5.2. § 79 Abs. 1 Z. 17 AWG 2002 sieht für Verwaltungsübertretungen wie die dem Beschwerdeführer angelastete die Verhängung von Geldstrafen in der Höhe von 850,-- bis 41.200,-- Euro vor, wobei jedoch wer im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, mit einer Mindeststrafe von 4.200,-- Euro bedroht ist. Da der Beschwerdeführer gewerblich im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, handelt es sich bei der durch die Behörde verhängten Geldstrafe idHv 4.200,-- Euro um die gesetzliche Mindeststrafe.

Eine Herabsetzung der Strafe bzw. ein Absehen von der Strafe kommt daher gegenständlich nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 45 VStG oder jene des § 20 VStG vorliegen.

5.3. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG (Ermahnung bzw. Absehen von der Strafe) scheidet im vorliegenden Fall schon deshalb aus, weil keine Umstände hervorgekommen sind, die geeignet wären, die Geringfügigkeit des Verschuldens im Sinne dieser Bestimmung zu erweisen; auch ist insgesamt nicht zu erkennen, dass das tatbildmäßige Verhalten des Beschwerdeführers hinter dem in der betreffenden Strafnorm typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben wäre. Darüber hinaus setzt eine Anwendung von § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG voraus, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nur gering war, was im vorliegenden Fall nicht anzunehmen ist, schließlich findet die Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten Rechtsgutes ihren Ausdruck in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens: für entsprechende Zuwiderhandlungen sind gemäß § 79 Abs. 1 Z. 17 AWG Geldstrafen zwischen 850,-- und 41.200,-- Euro, im Fall eines gewerbsmäßig in der Abfallwirtschaft Tätigen von zwischen 4.200,-- und 41.200,-- Euro vorgesehen. Somit ist die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht gering, wodurch es neben dem nicht anzunehmendem geringfügigen Verschulden an einer weiteren der in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Voraussetzungen für die Einstellung des Strafverfahrens fehlt (vgl. VwGH 20.11.2015, Ra 2015/02/0167, wo das Vorliegen der Voraussetzung der geringen Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes iSd § 45 Abs. 1 Z 4 VStG bereits bei einer Strafdrohung ohne Mindeststrafe und einem Strafrahmen bis lediglich 726,-- Euro verneint wurde).

5.4. Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Vorliegend steht dem Erschwerungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkung des Beschwerdeführers wegen einer Übertretung des AWG 2002, die im Jahr 2015 rechtskräftig wurde, dessen reumütiges Geständnis in Verbindung mit dem erkennbaren Bemühen um Kooperation mit den Behörden und um Herbeiführung eines rechtmäßigen Zustandes als Milderungsgrund gegenüber. Auch ist dem Beschwerdeführer zuzugestehen, dass dieser bereits vor Beginn des angelasteten Tatzeitraumes die im Beseitigungsauftrag genannten Abdeckplatten und anderen Abfall, der nach Angaben des Beschwerdeführer von ihm unbekannten Personen stammte, entfernt hat (was bereits von der Strafbehörde berücksichtigt wurde, wie sich aus dem letzten Satz der Tatbeschreibung im Spruch des Straferkenntnisses ergibt) und dass er noch vor Abschluss des Strafverfahrens eine Beprobung des Materials in Auftrag gegeben und die Beprobungsnachweise der Behörde vorgelegt hat, woraus erkennbar ist, dass sich der Beschwerdeführer grundsätzlich darum bemüht hat, eine Lösung zu finden, die für ihn trotz seiner angespannten finanziellen Situation wirtschaftlich bewältigbar ist und mit der Rechtsordnung im Einklang steht. Vor diesem Hintergrund überwiegt im vorliegenden Fall das Gewicht des festgestellten Milderungsgrundes jenes des einzigen Erschwerungsgrundes.

In Anwendung von § 20 VStG konnte daher die über den Beschwerdeführer verhängte Strafe auf das im Spruch festgesetzte Maß herabgesetzt werden. Die Strafe in der nunmehr festgesetzten Höhe ist vor dem Hintergrund der Umstände des vorliegenden Falles und der schwierigen finanziellen Situation des Beschwerdeführers erforderlich und ausreichend, um eine tat-, täter- und schuldangemessene Bestrafung zu erreichen und um den Beschwerdeführer selbst und auch andere vor der künftigen Begehung von Verwaltungsübertretungen wie der vorliegenden abzuhalten.

5.5. Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens waren aufgrund der Herabsetzung der Höhe der verhängten Strafe spruchgemäß anzupassen. Ein Kostenbeitrag für das verwaltungsgerichtliche Verfahren war gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG aufgrund der Herabsetzung der Strafe und der Spruchkorrektur nicht aufzuerlegen. Gemäß § 54b VStG hat der Beschwerdeführer den Strafbetrag sowie den Kostenbeitrag zum verwaltungsbehördlichen Verfahrens jeweils binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses unter Berücksichtigung des beiligenden Zahlungshinweises zu bezahlen.

6.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da sich im gegenständlichen Verfahren vor allem Fragen der Beweiswürdigung, denen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, stellten und keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung einerseits nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann und es sich bei der Strafbemessung um eine Ermessensentscheidung handelt, die nach den vom Gesetzgeber insbesondere in den §§ 19, 20 VStG festgelegten Kriterien im Sinne des Gesetzes vorgenommen wurde (dazu dass der Verwaltungsgerichtshof bloß zu prüfen hat, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar scheint vgl. zB VwGH 23.02.2017, Ra 2017/09/0004).

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Entfernungsauftrag; Verwaltungsstrafe; Dauerdelikt; Tatzeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.771.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

01.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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