TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/14 98/11/0299

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Veröffentlicht am 14.03.2000
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
43/02 Leistungsrecht;

Norm

AVG §45 Abs2;
HGG 1992 §33 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Mag. R in W, vertreten durch Dr. Rainer Toperczer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Beatrixgasse 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 4. August 1998, Zl. 792.083/1-2.5/98, betreffend Wohnkostenbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 9. September 1997 einen Antrag auf Zuerkennung von Wohnkostenbeihilfe nach dem Heeresgebührengesetz 1992 (HGG 1992) für eine von ihm näher angegebene Wohnung im 9. Wiener Gemeindebezirk. Im Fragebogen zum Antrag auf Wohnkostenbeihilfe gab er an, diese Wohnung auf Grund eines Untermietvertrages mit seiner Mutter, die ihrerseits Hauptmieterin der Wohnung sei, alleine zu benützen und für die Mietkosten einschließlich sonstiger Wohnungskosten aufzukommen. In einem Begleitschreiben bot er Zeugen sowohl für das Vorliegen eines Bestandvertrages als auch für die ausschließliche Benützung der Wohnung durch ihn an.

Nachdem das Heeresgebührenamt die Eltern des Beschwerdeführers sowie seinen Onkel und seine Tante einvernommen hatte, wies es den Antrag mit Bescheid vom 2. Februar 1998 ab.

Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Bundesminister für Landesverteidigung mit Bescheid vom 4. August 1998 abgewiesen und der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt. In der Begründung führte der Bundesminister für Landesverteidigung, das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren sowie die Zeugenaussagen zusammenfassend, aus, der Beschwerdeführer habe am 29. September 1997 seinen Grundwehrdienst angetreten, nachdem ihm der Einberufungsbefehl am 6. Juni 1997 zugestellt worden sei. Unter Kosten im Sinne des § 33 Abs. 1 HGG 1992, die mit der Wohnkostenbeihilfe abzugelten seien, seien Zahlungsverpflichtungen auf Grund eines Rechtsverhältnisses (Mietverhältnisses) zu verstehen. Der Wehrpflichtige habe den Nachweis zu erbringen, dass bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehls ein privatrechtliches Rechtsverhältnis bestanden habe, dem zufolge er zur Innehabung der verfahrensgegenständlichen Wohnung berechtigt gewesen sei und dafür ein Entgelt zu leisten gehabt habe, widrigenfalls er gekündigt werde. Das im nicht vergebührten Mietvertrag oder mündlich Vereinbarte möge unbestrittenermaßen zwischen den Vertragspartnern gelten. In Verfahren nach dem HGG 1992 könnten Rechtsverhältnisse, selbst wenn sie den Gültigkeitserfordernissen des Zivilrechtes entsprechen, nur Anerkennung finden, wenn sie im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt (der Zustellung des Einberufungsbefehles) nach außen ausreichend zum Ausdruck gekommen seien und einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hätten. Rechtsverhältnisse, die rückwirkend beurkundet würden, könnten im Verfahren nach dem HGG 1992 nicht anerkannt werden, "weil dadurch der Mangel (kein ausreichender Ausdruck nach außen zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehls) nicht beseitigt wird". Aus diesem Grunde führe auch die zeugenschaftliche Vernehmung des Unterkunftgebers, von Mitbewohnern oder anderen Personen zu keinem anderen Ergebnis. Unter einer eigenen Wohnung könnten nur solche Räumlichkeiten angesehen werden, die der Wehrpflichtige auf Grund eines nachgewiesen ihm zustehenden (dinglichen oder schuldrechtlichen) Rechtes benützen könne. Stehe dieses Recht zur Benützung einer anderen Person als dem Wehrpflichtigen zu, liege keine eigene Wohnung des Wehrpflichtigen vor, auch wenn es sich beim Berechtigten um einen nahen Angehörigen des Wehrpflichtigen handle. Dies gelte auch dann, wenn der Wehrpflichtige zu den vom Berechtigten (z.B. Eigentümer oder Mieter) zu bezahlenden Kosten Beiträge leiste oder sie zur Gänze ersetze. Ein dem "oa. Prüfungsmaßstab entsprechendes Rechtsverhältnis", aus dem der Beschwerdeführer zu Zahlungen der Wohnkosten für die gegenständliche Wohnung verpflichtet sei, liege nicht vor. Da somit die Voraussetzungen im Sinne des § 33 HGG 1992 nicht erfüllt seien, sie die Zuerkennung von Wohnkostenbeihilfe nicht möglich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragt die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

§ 33 HGG 1992 lautet (auszugsweise):

"§ 33. (1) Mit der Wohnkostenbeihilfe sind dem Wehrpflichtigen jene Kosten abzugelten, die ihm nachweislich während des Präsenzdienstes entstehen für die erforderliche Beibehaltung jener eigenen Wohnung, in der er nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, gemeldet ist. Dabei gilt Folgendes:

1. Ein Anspruch besteht nur für jene Wohnung, in der der Wehrpflichtige bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehls ... gewohnt hat.

...

(2) Als eigene Wohnung gelten Räumlichkeiten, die eine abgeschlossene Einheit bilden und in denen der Wehrpflichtige einen selbstständigen Haushalt führt. ...

(3) Als Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung gelten:

1. Alle Arten eines Entgeltes für die Benützung der Wohnung samt dem nach § 15 Abs. 1 Z 2 des Mietrechtsgesetzes (MRG), BGBl. Nr. 520/1981, auf die Wohnung entfallenden Anteil an den Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben,

..."

Der Beschwerdeführer brachte im Verwaltungsverfahren - wie auch in seiner Beschwerde - vor, auf Grund eines von ihm abgeschlossenen Untermietvertrages mit seiner Mutter, der bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehles bestanden habe, in derjenigen Wohnung gewohnt zu haben, für die er nunmehr Wohnkostenbeihilfe beantragte. Nach seinem Vorbringen führte er in dieser Wohnung einen selbstständigen Haushalt und bezahlte als Gegenleistung für die Untervermietung die für die Wohnung anfallenden Mietkosten. Bei Zutreffen dieses Vorbringens hätte der Beschwerdeführer gemäß § 33 Abs. 1 HGG 1992 Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe zur Abgeltung der ihm nachweislich entstandenen Kosten gehabt.

Zum Nachweis im Sinne des § 33 Abs. 1 erster Satz HGG 1992 ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf den sich aus § 46 AVG ergebenden Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel alles geeignet, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Nur wenn die Behörde nach Durchführung eines mängelfreien Verfahrens in freier Würdigung der aufgenommenen Beweise zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Beweis für das Entstehen von Kosten für die Beibehaltung einer eigenen Wohnung im Sinne des § 33 HGG 1992 nicht erfolgt ist, ist der Antrag auf Zuerkennung der Wohnkostenbeihilfe abzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1999, Zl. 98/11/0133). Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters bereits mehrfach betont hat, ist eine Beweisregel oder eine Beweismittelbeschränkung aus § 33 Abs. 1 HGG 1992, im Besonderen aus dem dort verwendeten Wort "nachweislich", nicht ableitbar, und zwar auch dann, wenn Verträge zwischen nahen Angehörigen zu beurteilen sind (vgl. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 24. März 1999). Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde muss eine Vereinbarung, auf Grund derer die Benützung der Wohnung durch den Wehrpflichtigen erfolgt, auch nicht "nach außen" - also offenbar über die Vertragsparteien hinaus - in Erscheinung getreten sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. November 1998, Zl. 98/11/0185).

Ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht hat es die belangte Behörde unterlassen, sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, obwohl sie es ebenso wie die Angaben der von der Erstbehörde einvernommenen Zeugen, die das Vorbringen bestätigt hatten, in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergibt, auseinander zu setzen und die gebotenen Sachverhaltsfeststellungen, insbesondere zum Bestehen oder Nichtbestehen des behaupteten Bestandverhältnisses, zu treffen. Sie hat daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.

Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde zu Unrecht das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1998, Zl. 98/11/0101, heranzieht. Dieses betrifft einen völlig anders gelagerten Sachverhalt und trägt zur Stützung der Ansicht der belangten Behörde nichts bei. Im zitierten Erkenntnis ging es darum, dass der Wehrpflichtige mit einer Lebensgefährtin eine von dieser gemietete Wohnung benützte und gar nicht behauptete, selbst Mieter oder Untermieter dieser Wohnung zu sein. Im vorliegenden Fall behauptet der Beschwerdeführer aber gerade, die Wohnung auf Grund eines von ihm, und zwar mit seiner Mutter, abgeschlossenen Untermietvertrages, zu benützen. Ob dies zutraf oder nicht, wäre aber von der belangten Behörde, wie aufgezeigt, zu klären gewesen.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren auf Ersatz von Umsatzsteuer war abzuweisen, weil neben dem Ersatz des pauschalierten Schriftsatzaufwandes ein weiterer Kostenersatz unter dem Titel von Umsatzsteuer nicht vorgesehen ist.

Wien, am 14. März 2000

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998110299.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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