TE Lvwg Erkenntnis 2018/3/2 VGW-102/067/10792/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.03.2018
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Entscheidungsdatum

02.03.2018

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
90/02 Führerscheingesetz
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

B-VG Art. 130 Abs1 Z2
FSG §39 Abs1
StVO 1960 §5 Abs5
StVO 1960 §5 Abs9

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG iVm Art. 132 Abs. 2 B-VG der Frau J. D., Wien, ..., vertreten durch Rechtsanwälte Partnerschaft, wegen Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Führerscheinabnahme am 24.06.2017 gegen 20:45 Uhr, in Wien, Neustiftgasse,

zu Recht e r k a n n t:

1. Gemäß § 28 Abs. 1 und 6 iVm § 31 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 35 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 3 bis 5 der VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, 57,40 Euro für Vorlageaufwand, 368,80 Euro für Schriftsatzaufwand und 461,00 Euro für Verhandlungsaufwand, insgesamt somit 887,20 Euro an Aufwandersatz, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

3. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Mit am 03.08.2017 per Fax beim Verwaltungsgericht Wien eingebrachten Schriftsatz erhob die Beschwerdeführerin eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 Abs. 2 B-VG wegen Verletzung in Rechten durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Landespolizeidirektion Wien, am 24.06.2017, in Wien, wegen Anordnung der Untersuchung durch einen Amtsarzt und wegen Abnahme des Führerscheins und brachte darin Folgendes vor:

„Gegen die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch ein Organ der Polizei im Wirkungsbereich der LPD Wien (Dienstnummer des die Amtshandlung vornehmenden Inspektors: ...) erhebe ich binnen offener Frist nachstehende

Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG iVm Art 132 Abs 2 B-VG

wegen Verletzung in verfassungs- und einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten und beantrage

1.   die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Aufnahme der angebotenen Beweise;

2.   die Erlassung eines Erkenntnisses mit dem Ausspruch, die Abnahme des Führerscheins war rechtswidrig;

3.   in eventu die Erlassung eines Erkenntnisses mit dem Ausspruch, dass die Anordnung, ich möge mich durch einen Amtsarzt untersuchen lassen, rechtswidrig erging;

4.   in eventu die Erlassung eines Erkenntnisses mit dem Ausspruch, dass mir die Fahrt mit dem Inspektor zum Amtsarzt unzumutbar war; und

5.   den Zuspruch der Stempelgebühren und allfälliger Fahrtkosten sowie der pauschalierten Kosten gemäß § 35 VwGVG iVm § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung und den Zuspruch einer allfälligen Beteiligtengebühr nach § 26 VwGVG iVm den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975.

I.   Sachverhalt

Ich fuhr am 23.6.2017 gegen 20:45 Uhr mit meinem Kraftfahrzeug, amtliches Kennzeichen der BRD ..., gemeinsam mit dem Zeugen X. als Beifahrer von Klosterneuburg nach Wien. Während der Fahrt hatte ich einige Schlucke eines Gösser-Naturradlers getrunken (Alkoholgehalt: 2 % Vol.). Zuvor hatte ich keinen Alkohol konsumiert.

Auf der Auerspergstraße auf der Höhe der Kreuzung zur Lerchenfelder Straße wurde ich von einem zivilen Fahrzeug überholt, welches mir anzeigte, zu folgen. Ich kam der Aufforderung nach und bog in die Neustiftgasse ab, wo ich im Haltestellenbereich hinter dem Fahrzeug anhielt. Es stieg ein Inspektor (Dienstnummer ...) aus und kam zu meinem Fenster. Führerschein und Fahrzeugpapiere hielt ich bereits bereit.

Er nahm diese kurz in Augenschein und fragte mich nach Warnweste, Verbandskasten und Pannendreieck. Ich stieg aus und holte die Gegenstände aus meinem Fahrzeug. Der Inspektor prüfte weder den Inhalt des Verbandskastens noch des Pannendreiecks, sondern fragte sogleich, ob ich Alkohol getrunken hätte. Dies bejahte ich wahrheitsgemäß unter Hinweis auf die wenigen Schlucke Radler, welche ich konsumiert hatte. Er forderte mich zu einem Alkoholtest auf. Ich kam der Aufforderung sofort nach. Ich musste den Alkoholtest mehrmals wiederholen, weil ich so etwas noch nie gemacht hatte. Der Inspektor bemerkte süffisant, ob ich „schon einmal einen Luftballon aufgeblasen hätte“ und grinste mich an. Schließlich funktionierte der Test und ergab einen Wert von 0,02 Promille.

Der Inspektor erklärte, dass wir nun noch „Übungen“ machen müssten und sagte, ich müsse mit ihm auf den Gehsteig kommen. Er sprach während der Dauer der Amtshandlung die ganze Zeit sehr undeutlich und im Dialekt, obwohl er sich aufgrund meiner Papiere und meines amtlichen Kennzeichens meiner deutschen Herkunft bewusst war.

Weil ich so etwas noch nie zuvor gemacht hatte, stellte ich mich neben den Inspektor, da ich davon ausging, in einer geraden Linie gehen zu müssen. Er aber stellte sich so dicht vor mich, dass ich mich in meinem persönlichen Raum eingeschränkt und unbehaglich fühlte, grinste mich an und meinte, „so ist es doch viel einfacher die Tests zu erklären“. Ich führte in der Folge die von ihm angeordneten Übungen durch. Diese bestanden aus vier Teilen.

Zunächst musste ich mit der Hand über die Schulter ausholen und mit der Fingerspitze die Nasenspitze treffen, wobei ich die Augen verschlossen hatte. Dies schaffte ich beidseits auf Anhieb ohne Fehler. Dann musste ich auf einem Bein stehen, wobei ich auf mein abgewinkeltes Knie blicken musste. Als ich auf einem Bein stand und das andere anwinkeln sollte, bemerkte ich, dass sein Blick auf meine Brust schweifte. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich ob meines Badeausfluges nur leicht bekleidet war. Die Situation wurde zunehmend unangenehmer. Ich wurde auch nervös, weil ich nicht verstand, warum ich nach negativem Alkoholtest noch weitere Übungen machen musste.

Dann musste ich neun Schritte vorwärts gehen, wenden und sieben Schritte zurückgehen. All dies erledigte ich fehlerfrei, obwohl mir das Verhalten des Inspektors sehr zusetzte, mich einschüchterte und ich mich ihm ausgeliefert fühlte. Schließlich musste ich meinen Kopf mit verschlossenen Augen in den Nacken legen, dann wieder gerade halten und die Augen öffnen. Er blickte mir daraufhin mit einem abwertenden Grinsen in die Augen, wobei er immer noch sehr nahe an meinem Körper stand.

Herr X. war nach wie vor im Fahrzeug. Dies zum einen, weil er eine Verletzung am rechten Sprunggelenk hatte. Zum anderen, weil er davon ausging, dass nichts passieren werde und wir gleich weiterfahren könnten. Er konnte durch das Fenster sämtliche Übungen, den Abstand des Inspektors zu mir und seine Blicke wahrnehmen.

Der Inspektor fragte mich, ob ich Cannabis konsumiert hätte, was ich wahrheitsgemäß verneinte. Daraufhin fragte mich der Inspektor grinsend im Dialekt: „Und wos werdn ma do ois finden?“, wobei er so nahe vor mir stand, dass ich den Kopf senken musste, um zu bemerken, dass er einen etwa handgroßen Beutel in seiner Hand hielt, welchen er aus dem Kofferraum seines Fahrzeugs geholt hatte. Ich war mir der ungefähren Bedeutung seiner Aussage bewusst, fand es aber im Allgemeinen sehr schwierig, ihn sprachlich zu verstehen. Er zählte dann eine Reihe an Substanzen auf, von denen ich mehrheitlich noch nie gehört hatte. Ohne mir eine Möglichkeit zu geben, darauf zu antworten, fuhr er fort, dass ich heute oder zumindest gestern Cannabis konsumiert hätte.

Ich war von dieser Unterstellung so betroffen, dass ich zunächst gar nichts sagte, sondern den Inspektor nur verwirrt ansah. Er widerholte den Vorwurf, ich hätte Cannabis konsumiert. Da bekam ich Angst, weil ich dachte, ich müsste nun vor Ort eine Urinprobe abgeben. Wir waren an einem öffentlichen Ort und ich wollte mich von dem Inspektor nicht weiter demütigen lassen. Darum erwiderte ich, dass ich kein Cannabis konsumiert hatte und wie er auf diesen Vorwurf käme, nachdem ich alle seine Übungen bestanden hatte. Er wiederholte seinen Vorwurf, dass ich gestern oder heute Cannabis konsumiert hätte, ohne eine Begründung dafür zu liefern. Ich war zu diesem Zeitpunkt schon den Tränen nahe und wiederholte, dass ich kein Cannabis konsumiert hatte und diesen Test nicht machen möchte. Ich ging nach wie vor davon aus, dass es sich um einen Urintest handeln würde. Erklärt wurde mir der Test zu keinem Zeitpunkt. Daraufhin sagte er, dass ich dann wohl auch nicht mit ihm zum Amtsarzt fahren würde, ohne mir zu erklären, was das zu bedeuten hat. Ich hatte in diesem Moment aufgrund des anzüglichen Verhaltens und der Verletzung meines persönlichen Raumes Angst davor, mit dem Inspektor in ein Auto zu steigen.

Ich beantwortete die Frage gegenüber dem Inspektor nicht mehr, weil zu diesem Zeitpunkt der Zeuge X. aus dem Fahrzeug gestiegen und zu mir gekommen war. Er konnte die bis dahin geführten Gespräche akustisch nicht wahrnehmen, wohl aber hatte er die Blicke und das Verhalten des Inspektors, ebenso wie den Verlauf der Übungen beobachtet. Der Zeuge X. fragte mich, was los sei, woraufhin ich ihm erklärte, der Inspektor bezichtige mich, Cannabis konsumiert zu haben und sagt etwas von einem „Arzt“.

Daraufhin wandte sich der Zeuge X. dem Inspektor zu, gab sich als Rechtsanwalt zu erkennen und fragte, worauf sich seine Behauptung stützen würde. Der Inspektor wurde von der Information, dass mein Beifahrer ein in Wien ansässiger Rechtsanwalt ist, deutlich merkbar aus dem Konzept gebracht. Er verhielt sich nun auch anders und unterließ es ab diesem Zeitpunkt, mich auf herabwürdigende Weise zu mustern. Er sprach auch kaum noch mit mir, sondern nur mehr mit dem Zeugen X.. Ich war von den bisherigen Geschehnissen so mitgenommen, dass ich etwas Abseits stand und einiges des zwischen dem Inspektor und dem Zeugen X. Gesprochenen nicht mithören konnte.

Der Inspektor ging dann wieder zu seinem Fahrzeug und holte verschiedene Zettel heraus, welche er auszufüllen begann. Er schien etwas nervös, weil ihn der Zeuge X. wiederholt fragte, worauf sich seine Vermutung stützen würde, ich hätte Cannabis konsumiert. Daraufhin entgegnete er nur immer wieder, dass das seiner Wahrnehmung entspreche. Eine weitere Begründung für diese - unrichtige - Behauptung lieferte er nicht. Ich wandte mich zwischenzeitlich immer wieder von dem Geschehen ab, weil ich den Tränen nahe war.

Schließlich sagte der Inspektor zu mir, dass ich nun diesen Zettel unterschreiben müsse. Auf diesem stand etwas von „Strafbarkeit“ und händisch war etwas ergänzt, das ich kaum lesen konnte. Ich wollte zu diesem Zeitpunkt nur mehr der gesamten Situation entrinnen, weshalb ich den Zettel unterfertigte. Eine Aufklärung darüber, was die Folgen dieser Unterschrift sind, unterblieb zur Gänze. Ich dachte mir nur, es wäre meine Weigerung, mich einem Urintest zu unterziehen.

Im Anschluss übergab er mir den Zettel, Anlage ./1, auf dem zu lesen war, dass „deutlich zu erkennen“ gewesen sei, „dass der/die oben geführte Führerscheinbesitzer/in infolge Suchtmittelgenusses nicht mehr die volle Herrschaft über seinen/ihren Geist und Körper“ besessen hätte „und ein Kfz gelenkt hat.“ Da war es mit meiner Fassung endgültig vorbei und ich fragte den Inspektor abermals, worauf sich seine Behauptung stützen würde. Er gab keine Antwort mehr, sondern grinste mich an. Ich war wütend und verzweifelt und sagte zu ihm, dass es wohl daran läge, dass ich einen Bus mit deutschem Kennzeichen fahren würde, eine Frau und tätowiert sei. Er antwortete auch darauf nicht, sondern grinste weiter. Der Zeuge X. fragte den Inspektor noch, ob ich mich im Straßenverkehr auffällig verhalten oder Rechtsvorschriften übertreten hätte. Das wurde vom Inspektor verneint.

Ich war ob der mir zuteil gewordenen Ungerechtigkeit emotional aufgewühlt und wollte dies den Inspektor auch wissen lassen. Der Zeuge X. hielt mich aber zurück und meinte, dass das nun kontraproduktiv sei. Daraufhin verließ ich den Ort unter Tränen und setzte mich in der Nähe des Volkstheaters hin.

Beweise:    Einvernahme der Beschwerdeführerin;

Einvernahme des Zeugen Mag. X., LL.M., Rechtsanwalt in Wien, ...;

              Bescheinigung gem. § 39 Abs 1 FSG, Anlage ,/1;

Wir begaben uns in die Wohnung des Zeugen X.s und jeder von uns verfasste getrennt voneinander ein Gedächtnisprotokoll über den Vorfall, Anlagen ./2 und ./3.

Erst durch eine Suche im Internet wurden mir die Folgen des eben Geschehen bewusst, weil ich bis zu diesem Zeitpunkt von dem Inspektor nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden war. Ich erklärte gegenüber dem Zeugen X., dass ich einen Speicheltest nicht verweigert hätte, aber von einem Urintest ausging.

Der Zeuge X. rief gegen 23:00 Uhr bei einer Polizeiinspektion an und wurde zu dem Inspektor weiterverbunden. Diesen fragte er, ob es eine Möglichkeit gäbe, dass ich mich jetzt einer amtsärztlichen Untersuchung unterziehen könnte, um festzustellen, dass ich nicht unter Drogeneinfluss stand. Der Inspektor meinte nur süffisant: „Na, die Chance is vorbei“. Daraufhin fragte der Zeuge X., welche Möglichkeiten es für mich geben würde, festzustellen, dass ich nicht unter Drogeneinfluss stand und ob wir ins Krankenhaus fahren könnten. Auf diese Frage meinte der Inspektor, dass ihm egal sei, was wir privat machen würden.

Darum begab ich mich mit dem Zeugen X. gegen 23:15 Uhr in das AKH Wien, nachdem wir telefonisch angefragt hatten, ob dort ein Drogentest durchgeführt werden könne. Der Befund, Anlage ./4, des Drogentests war in allen Punkten negativ. Aufgrund einer ärztlichen Auskunft wurde mir mitgeteilt, dass es ausgeschlossen sei, dass ich wenige Stunden zuvor Cannabis konsumiert hätte und der Test nun negativ sei.

Weil mir das aber noch nicht ausreichte, begab ich mich bei nächster Gelegenheit, am folgenden Montag um 17:27 Uhr, zum „...Chemisches Laboratorium“ in der ... und unterzog mich einem weiteren Urintest. Auch dieser Befund, Anlage ./5, war in allen Punkten negativ. Dass ich zum Zeitpunkt der Amtshandlung unter Cannabiseinfluss stand, ist damit ausgeschlossen.

Die Behauptung des Inspektors war damit nicht nur unbegründet, sondern auch objektiv unrichtig.

Beweise:    wie bisher;

              Gedächtnisprotokoll der Beschwerdeführerin, Anlage ./2;

              Gedächtnisprotokoll des Zeugen X., Anlage ./3;

              Negativer Befund des AKH Wien, Anlage ./4;

              Negativer Befund des Chemischen Laboratoriums, Anlage ./5.

II.     Zulässigkeit

II.1.   Rechtzeitigkeit

Die inkriminierten Amtshandlungen fanden am 23.6.2017 statt. Die Frist zur Einbringung der Beschwerde endet daher am 4.8.2017.

II.2.   Verletzung in Rechten

Durch die Anordnungen der oben beschriebenen Übungen durch den Inspektor wurde ich bereits in meinen Rechten verletzt. Es gab zu diesem Zeitpunkt keine Anhaltspunkte dafür, dass ich unter Drogeneinfluss stand oder überhaupt Anzeichen dafür, dass ich nicht mehr die volle Herrschaft über meinen Geist und Körper besessen hätte. Vielmehr kam ich jedem Ersuchen des Inspektors ohne Umschweife oder Fehler nach. Ich hatte auch nach den eigenen Angaben des Inspektors keine Verkehrsregeln missachtet. 

Der Inspektor hatte zu diesem Zeitpunkt aber bereits ein vorgefertigtes Bild von mir, wollte mich einschüchtern und anzüglich betrachten. Weil er dieses Verhalten nicht an den Tag gelegt hätte, wäre ich ein Mann oder eine Frau anderer Herkunft oder anderen Erscheinungsbildes, wurde ich als deutsche Staatsbürgerin in meinem Recht auf Gleichheit aller Unionsbürger verletzt (Art 18 EUV iVm Art 7 Abs 1 B-VG iVm Art 2 StGG). Der Inspektor handelte willkürlich.

Durch das Eindringen in meinen persönlichen Raum und das Betrachten meiner sekundären Geschlechtsmerkmale vor und während der Übungen wurde ich zusätzlich in meinen Persönlichkeitsrechten und meiner Menschenwürde verletzt. Gemäß § 5 der Richtlinien-Verordnung des Bundesministeriums für Inneres haben Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Erfüllung ihrer Aufgaben alles zu unterlassen, das geeignet ist, den Eindruck von Voreingenommenheit zu erwecken oder als Diskriminierung auf Grund unter anderem des Geschlechts oder der nationalen Herkunft empfunden werden kann. Das Verhalten des Inspektors steht in krassem Widerspruch zu § 5 RLV. Seine Vorgehensweise erweckte den Anschein der Voreingenommenheit, weil er aufgrund meines Fahrzeuges, meiner Herkunft und meiner Erscheinung davon ausging, dass ich Drogen konsumieren würde, auch wenn es dafür keine objektiven Anhaltspunkte gab. Weil der Inspektor mich in einer Weise musterte und meinen persönlichen Raum einschränkte, wie er es bei einem Mann nicht getan hätte, wurde ich durch sein Verhalten auch diskriminiert. Dies wurde besonders dadurch deutlich, dass er sein Verhalten just in jenem Moment schlagartig änderte, als ihm klar wurde, dass mein Beifahrer Rechtsanwalt ist.

Als Unionsbürgerin habe ich das Recht, von einem österreichischen Inspektor über den Vorgang der Amtshandlung und seine Bedeutung aufgeklärt zu werden. Auch kann von ihm verlangt werden, dass er verständliches Deutsch spricht. Das Halten eines kleinen, aus dem Kofferraum des Polizeifahrzeuges stammenden Säckchens unter meine Nase mit der sinngemäßen Bemerkung, „was werden wir hier alles finden?“, erfüllt die erforderlichen Voraussetzung für eine gesetzmäßige Anordnung eines Speichelvortests nicht. Auch die im Anschluss erfolgte Aufzählung illegaler Substanzen vermag den Inspektor nicht davon zu befreien, mir verständlich mitzuteilen, worum es sich bei dem Säckchen handelt und welches Verhalten er nun von mir erwartet. Auch hier wird deutlich, dass er ein vorgefertigtes Bild meiner Person hatte, weil er unberechtigterweise davon auszugehen schien, dass ich mit solchen Tests schon öfter zu tun hatte.

Schon weil der Inspektor es verabsäumte, das gelindeste Mittel für die Feststellung meines nachweislich durch Drogen nicht beeinträchtigten Geisteszustands anzuwenden (Speichelvortest, welchem ich zugestimmt hätte), war die nachfolgende (unvollständige) Anordnung der Vorführung zu einem Amtsarzt rechtswidrig.

Gemäß § 5 Abs 5 iVm Abs 9 StVO wäre der Inspektor berechtigt gewesen, eine Vorführung zum Amtsarzt anzuordnen, sofern er die berechtigte Vermutung gehabt hätte, ich sei durch Suchtgift beeinträchtigt. Wesentlichstes Element für eine ordnungsgemäß angeordnete Vorführung ist demnach die Vermutung der Beeinträchtigung. Diese Vermutung muss sich auf Gründe im Tatsächlichen und nicht auf subjektiv vorgefertigte Meinungen stützen, würde die Anordnung doch sonst willkürlich erfolgen. Der Inspektor konnte zu keinem Zeitpunkt eine Begründung für seine Vermutung liefern, obwohl er mehrfach sowohl vom Zeugen X. als auch von mir dazu befragt wurde. Dies wäre ihm auch objektiv unmöglich gewesen, zumal ich nachweislich nicht unter dem Einfluss von Drogen stand und auch nachweislich nicht alkoholisiert war. Weder die durch ihn von mir verlangten Übungen, noch mein Verhalten ließen den Schluss zu, dass ich unter Drogeneinfluss stand. Weil eine berechtigte Vermutung fehlte, war die nachfolgende (unvollständige) Anordnung der Vorführung zum Amtsarzt ebenfalls rechtswidrig.

Schließlich war die Anordnung der Vorführung zum Amtsarzt auch an sich rechtswidrig. Zwar ist es richtig, dass mich der Inspektor nicht über die Folgen einer Weigerung der Vorführung zum Amtsarzt aufklären musste. Allerdings muss die Anordnung der Vorführung an sich verständlich sein. Nachdem ich dem Inspektor - unter der Annahme, dass ich vor Ort einen Urintest machen müsste - gesagt hatte, dass ich diesen Test nicht machen wolle, sagte der Inspektor bloß zu mir, dass ich dann wohl auch nicht mit ihm zum Amtsarzt fahren würde. Eine weitere Erklärung gab es nicht. Ich antwortete auf seine Frage auch nicht, weil in diesem Moment der Zeuge X. zu dem Geschehen hinzustieß. Dieser eine, als rhetorische Frage formulierte Satz, vermag eine Anordnung der Vorführung zum Amtsarzt nicht wirksam zu begründen. Vielmehr wäre es erforderlich gewesen, dass er mir gegenüber anordnet, ich möge mit ihm zum Amtsarzt kommen.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass eine allfällig gegenüber dem Zeugen X. erfolgte Aufklärung mir nicht zurechenbar ist. Der Zeuge X. war nicht Adressat der Amtshandlung. Ebenso wenig war er im Zeitpunkt der Amtshandlung mein bevollmächtigter Vertreter, sondern nur mein Beifahrer.

Auch wenn der Inspektor nicht verpflichtet war, mir im Detail die österreichische Straßenverkehrsordnung zu erläutern, wäre es doch erforderlich gewesen, dass der Inspektor mit der nötigen Sorgfalt dafür Sorge trägt, dass rechtsunterworfene Ausländer den Inhalt seiner Anordnungen verstehen, um ihre Handlungen danach ausrichten zu können.

Selbst der händisch ergänzte Vordruck, welchen ich auf das Verlangen des Inspektors hin unterfertigt habe, vermag eine rechtswidrig ergangene Anordnung der Vorführung zum Amtsarzt nicht zu sanieren. Der Vordruck bestand auch nur aus einer Zeile. Ich war zu diesem Zeitpunkt aufgrund des bisher Geschehenen, namentlich der Diskriminierung auf Grund meiner Herkunft sowie meines Geschlechts und Aussehens, der Willkür des Inspektors, der erfolgten Einschüchterungen und seiner anzüglichen Blicke, sehr aufgewühlt. Daher war ich nicht in der Lage, eventuelle Folgen dieser Unterschrift zu begreifen.

Schließlich - und selbst unter der Annahme, dass die Anordnung der Vorführung zu einem Amtsarzt rechtswirksam erfolgt wäre - war mir die Fahrt mit dem Inspektor zum Amtsarzt nicht zumutbar, weil er durch sein Verhalten gegenüber meiner Person, seine spöttischen Bemerkungen und seine anzüglichen Blicke nicht vertrauenswürdig war. Es war auch kein weiterer Inspektor in die Amtshandlung involviert, sodass ich ihm alleine ausgeliefert gewesen wäre.

Weil die Anordnung der Vorführung zu einem Amtsarzt bereits rechtswidrig war, kann sie nicht Grundlage für die Abnahme meines Führerscheines sein. Selbst wenn von einer Weigerung meinerseits ausgegangen wird, so wäre diese doch unterblieben, wenn ich über die Vorgänge aufgeklärt und nicht im Vorfeld seitens des Inspektors herabgewürdigt und anzüglich betrachtet worden wäre. Auch aus diesen Gründen war die erfolgte Abnahme meines Führerscheines im Ergebnis rechtswidrig.

III.    Anträge

Aus diesen Gründen stelle ich die

ANTRÄGE,

das Verwaltungsgericht möge 

1.   im Verfahren über diese Beschwerde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen und die angebotenen Beweise aufnehmen;

2.   ein Erkenntnis mit dem Ausspruch erlassen, die Abnahme des Führerscheins war rechtswidrig;

3.   in eventu ein Erkenntnis mit dem Ausspruch erlassen, dass die Anordnung, ich möge mich durch einen Amtsarzt untersuchen lassen, rechtswidrig erging;

4.   in eventu ein Erkenntnis mit dem Ausspruch erlassen, dass mir die Fahrt mit dem Inspektor zum Amtsarzt nicht zumutbar war; und

5.   den Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 35 VwGVG in den Kostenersatz Verfällen, wobei an Kosten Schriftsatzaufwand gemäß § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung sowie die Eingabegebühr von EUR 14,30 geltend gemacht und Anträge auf Erstattung von Verhandlungsaufwand gemäß § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung und von Fahrtkosten sowie von Beteiligtengebühren nach § 26 VwGVG iVm den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes Vorbehalten werden.

Wien, am 3. Juli 2017        J. D.“

Der Beschwerde in Kopie angeschlossen waren

-    Bescheinigung gemäß § 39 Abs. 1 FSG datiert mit 24.06.2017 über die Abnahme des Führerscheins mit der Nummer ..., ausgestellt am 30.12.2004, betreffend die Beschwerdeführerin (./1),

-    Gedächtnisprotokoll vom 24.06.2017, 21:47 Uhr/X. (./2),

-    Gedächtnisprotokoll/D. (./3),

-    Schreiben des AKH der Stadt Wien/Allgemeine Ambulanz betreffend die Beschwerdeführerin vom 25.06.2017, erstellt von Dr. N. S. am 25.06.2017, 00:29 Uhr, mit dem Inhalt: „Harn Test Dipro Durg LAB Multi-Drug Screen Test am 25.6.2017 um 00:27 negativ auf Metamphetaminie, Methadon, Opiate, Tricyklika, THC, Amphetamine, Benzodiazepine, Kokain und MDMA“ (./4) und

-    Ergebnis Drogenanalytik von Probematerial Harn des Chemischen Laboratoriums ...vom 26.06.2017 betreffend der Parameter Amphetamine/Methamphetamine, MDMA/MDA Klasse (XTC), Barbiturate, Benzodiazepine, Kokain-Metabolit, Methadon-Metabolit, Opiate, Cannabinoide, Buprenorphin, Ceratinen, welche im Ergebnis auf „negativ“ bis auf Ceratinen lauten; Ceratinen lautet im Ergebnis auf „64 norm“ (./5).

Mit Schriftsatz vom 24.08.2017 stellte die Beschwerdeführerin den beschwerdegegenständlichen Tag der Amtshandlung – 24.06.2017 statt 23.06.2017 – richtig.

2. Das Verwaltungsgericht Wien übermittelte die Beschwerde der belangten Behörde mit dem Ersuchen um Aktenvorlage und der Möglichkeit zur Erstattung einer Gegenschrift. Unter einem wurde um Bekanntgabe der an der Amtshandlung beteiligten bzw. anwesenden Beamten samt deren konkreten Aufgaben bzw. Funktionen im Zuge der Amtshandlung ersucht. Die belangte Behörde erstattete am 07.09.2017 eine Gegenschrift mit nachstehendem Inhalt:

„I.  SACHVERHALT

Die Beschwerdeführerin (in der Folge: „BF“) wurde im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 24.06.2017 um 20.35 Uhr in Wien, Arthur Schnitzler Platz von einem Organ der motorisierten Verkehrsgruppe der LPD Wien angehalten.

Bei der Fahrzeugkontrolle konnten keine offensichtlichen Mängel am Kfz festgestellt werden. In der Folge wurde bei der Lenkerin ein Alkovortest durchgeführt, welcher einen Alkoholgehalt von 0,01 mg/l Atemluft ergab. Da die BF außerdem angab, vor ca. sechs Monaten Suchtgift konsumiert zu haben, wurde sie - um ein Lenken in beeinträchtigtem Zustand ausschließen zu können - aufgefordert, an entsprechenden Tests (betreffend die Koordinationsfähigkeit, Gleichgewicht und Aufnahmefähigkeit, vgl. Ergänzung zum Sachverhalt, Landesverkehrsabteilung vom 24.06.2017, GZ. VStV 91...) mitzuwirken. Dabei zeigte die BF augenfällige Anzeichen, welche auf eine Beeinträchtigung durch Suchtgift hindeuteten. Dies wurde der BF nachdrücklich mitgeteilt.

Daraufhin wurde die BF vorschriftsgemäß aufgefordert, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Auch über die Konsequenzen der Verweigerung wurde die BF eingehend belehrt. Die BF zog es jedoch vor, die Untersuchung zu verweigern und Unterzeichnete bereitwillig eine entsprechende Erklärung. Diese Haltung der BF wurde auch von ihrem Beifahrer, welcher sich als Rechtsanwalt zu erkennen gab, unterstützt, indem dieser unmissverständlich verkündete, dass die BF nicht mitkommen und sich keiner amtsärztlichen Untersuchung unterziehen werde.

Letztlich wurde der BF der Führerschein abgenommen. Eine Bestätigung gemäß § 39 Abs. 1 FSG wurde ausgestellt.

Das Kfz der BF wurde im Beisein des Beifahrers ordnungsgemäß und unbeschädigt abgestellt. Der Fahrzeugschlüssel wurde dem Beifahrer ausgehändigt.

Beweis: vorgelegter Verwaltungsakt 

II.  RECHTSLAGE

Die BF bekämpft die Abnahme ihres Führerscheins und die Anordnung, sich vom Amtsarzt untersuchen zu lassen. Weiters erachtet sich die BF in ihrem Recht auf Gleichheit aller Unionsbürger verletzt.

1.)  Zur Anordnung, sich vom Amtsarzt untersuchen zu lassen:

Die maßgebenden Gesetzesbestimmungen lauten:

§ 5 Abs. 1, 5 und 9 StVO „Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol“ lauten:

(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. [...]

(5) Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Landespolizeidirektion tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden oder im Sinne des § 5a Abs. 4 ausgebildeten und von der Landesregierung hierzu ermächtigten Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2

1. keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs. 1 erreichenden Alkoholgehalt ergeben hat oder

2. aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war. 

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen; die genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

(9) Die Bestimmungen des Abs. 5 gelten auch für Personen, von denen vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden; wer zum Arzt gebracht wird, hat sich der Untersuchung zu unterziehen. Die in Abs. 5 genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

Da aufgrund der vom einschreitenden Beamten wahrgenommenen spezifischen Suchtgiftsymptome (vgl. Ergänzung zum Sachverhalt, Landesverkehrsabteilung vom 24.06.2017, GZ. VStV 91...) - die unzweifelhaft dazu geeignet waren, den Verdacht einer Suchtgiftbeeinträchtigung begründeten - vermutet werden musste, dass sich die BF in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befand, wäre diese gemäß § 5 Abs. 9 StVO zum Zwecke der Feststellung des Grades zu einem bei der LPD Wien tätigen Arzt vorzustellen gewesen.

Die Weigerung der gemäß § 5 Abs. 9 StVO erfolgten Aufforderung, der Vorführung zum Amtsarzt zum Zwecke der Feststellung einer Suchtgiftbeeinträchtigung Folge zu leisten, ist als Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO zu bestrafen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 25.10.2013, 2013/02/0003, (auszugsweise) Folgendes ausgeführt:

„Maßgeblich ist, ob der Meldungsleger im Zuge der Amtshandlung aufgrund der von ihm wahrgenommenen Umstände mit guten Grund die Vermutung haben konnte, dass der Beschuldigte (Beschwerdeführer) sich zum Zeitpunkt des Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Suchtgift beeinträchtigen Zustand befunden hat.“

Die Voraussetzungen für eine Vorführung zum Amtsarzt waren somit im gegenständlichen Fall jedenfalls gegeben. Im Hinblick auf die große Gefahr, welche von durch Alkohol oder Drogen beeinträchtigten Fahrzeuglenkern im Straßenverkehr ausgeht, ist in Bezug auf das Vorliegen von Symptomen, welche die Organe der Straßenaufsicht zu einer näheren Abklärung einer Beeinträchtigung durch entsprechende in der StVO näher dargelegte Untersuchungen berechtigen, kein strenger Maßstab anzulegen. Die BF wäre verpflichtet gewesen, der Aufforderung, sich vom Amtsarzt untersuchen zu lassen, nachzukommen. Dass sie dem nicht entsprochen hat, stellt sich als strafbare Verweigerungshandlung dar (vgl. LVwG-2014/20/1758-4).

2.)  Zur Abnahme des Führerscheins:

§ 39 Abs. 1 erster Satz FSG „Vorläufige Abnahme des Führerscheines“ lautet:

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht haben einem Kraftfahrzeuglenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, dass er insbesondere infolge Alkohol- oder Suchtmittelgenusses, Einnahme von Medikamenten oder eines außergewöhnlichen Erregungs- oder Ermüdungszustandes nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, den Führerschein, den Mopedausweis oder gegebenenfalls beide Dokumente vorläufig abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder versucht, es in Betrieb zu nehmen. [...]

Wie bereits dargestellt, durfte der einschreitende Beamte berechtigter Weise davon ausgehen, dass die BF nicht mehr im Besitz der vollen Herrschaft über Geist und Körper war, ihre Fahrt jedoch fortsetzen wollte. Die Untersuchung durch einen Amtsarzt wurde von der BF verweigert. Die Abnahme des Führerscheins erfolgte somit zu Recht.

3.)  Zur Behauptung der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes:

Die Behauptung der BF, sie sei vom einschreitenden Beamen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechts oder ihres Aussehens diskriminierend behandelt worden, wird entschieden in Abrede gestellt.

Die Landespolizeidirektion Wien stellt daher den

ANTRAG,

die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen. An Kosten werden

•        Schriftsatzaufwand und

•        Vorlageaufwand

•        Allfälliger Verhandlungsaufwand

gemäß § 1 der VwG-AufwErsV in der geltenden Fassung verzeichnet.“

Der der Gegenschrift angeschlossene Verwaltungsakt umfasst auszugsweise:

-    Anzeige vom 25.06.2017, GZ VStV/91..., betreffend die Beschwerdeführerin wegen § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 5 erster Satz und Abs. 9 StVO „Suchtgift – Verweigerung - Vorführung verweigert“,

-    Bescheinigung gemäß § 39 Abs. 1 FSG datiert mit 24.06.2017 über die Abnahme eines Führerscheins mit der Nummer ..., ausgestellt am 30.12.2004, betreffend die Beschwerdeführerin sowie Kopie des abgenommenen Führerscheins,

-    A.1. Beobachtung des Fahrzeugverhaltens [mit Vermerk: „Keine Auffälligkeiten im Fahrverhalten, Fahrzeug wird am Kreuzungsbereich wahrgenommen und danach angehalten“] datiert mit 24.06.2017, 20:36 Uhr,

-    A.2. Beobachtung beim Anhalten oder Antreffen/Fahrtüchtigkeit der Beschwerdeführerin datiert mit 24.06.2017, 20:36 Uhr,

-    mit 24.06.2017 datierte und mit Namen der Beschwerdeführerin versehene Erklärung, der zufolge sie sich in Kenntnis der Strafbarkeit des Verhaltens weigert, sich einem Polizeiarzt zum Zwecke der Untersuchung auf Suchtmittelbeeinträchtigung vorführen zu lassen und

-    Ergänzung zum Sachverhalt vom 24.06.2017, GZ VStV/91....

3. Die Gegenschrift der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnisnahme gebracht.

4. Das Verwaltungsgericht Wien führte am 21.02.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung in der Beschwerdesache durch, zu welcher die Beschwerdeführerin im Beisein ihres Rechtsfreundes sowie die Zeugen Mag. X., LL.M und BzI K. L. ladungsgemäß erschienen.

5.1. Das Verwaltungsgericht Wien hat folgenden Sachverhalt festgestellt und als erwiesen angenommen:

Am 24.06.2017 fuhr die Beschwerdeführerin gemeinsam mit Herrn Mag. X. mit ihrem Fahrzeug von einem Badetag in Klosterneuburg kommend um ca. 20:40 Uhr auf der Museumstraße. Sie wurde von BzI L. von einem zivilen Einsatzfahrzeug aus zwecks Fahrzeugkontrolle aufgefordert bei der Busstation in der Neustiftgasse gegenüber dem Volkstheater anzuhalten. Die Beschwerdeführerin zeigte Führerschein und Fahrzeugpapiere, wies diverse Gegenstände auf Verlangen vor und unterzog sich einem Alkovortest, der ein Ergebnis ergab, das nach den straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen vernachlässigbar ist.

BzI L. ist besonders geschulter Beamte für die Erkennung von Drogenlenkern. Aufgrund der Körperreaktion der Beschwerdeführerin, konkret wegen verzögertem Öffnen und Schließen der Augenlider sowie wegen Bewegung der Augäpfel bei geschlossenem Augenlid forderte er die Beschwerdeführerin zu konkreten Übungen am Gehsteig neben den abgestellten Fahrzeugen auf und die Beschwerdeführerin stimmte der Durchführung dieser Übungen zu.

Die Beschwerdeführerin führte unter der Anleitung von BzI L. vier Übungen durch, welche darin bestanden: 1. Finger Nasen Test – bei welchem nach Anleitung die Augen geschlossen werden und mit geschlossenen Augen die Fingerspitzen des Zeigefingers abwechselnd im weiten Bogen auf die Nasenspitze bis zum Signal stopp zu führen sind. 2. Gleichgewichtstest - die Arme bleiben hängen und ein Bein wird so weit angehoben, dass sich der Oberschenkel nahezu parallel zum Gehsteig befindet. Bei ruhigem Stillstehen bleibt der Blick dabei auf das angehobene Bein gerichtet. 3. Kontrolle der Augenlider - die Augen sind zu schließen, der Kopf ist in den Nacken zu legen und die Augen sind geschlossen zu halten. 4. Gleichgewichtstest - die Arme bleiben hängen und auf einer (wenn nicht vorhandenen, dann gedachten) Linie sind jeweils die Ferse an die Zehenspitze anschließend neun Schritte vorwärts, eine Wende am Stand und sieben Schritte retour zu absolvieren, wobei die Schritte ruhig ablaufen sollen.

Die Beschwerdeführerin absolvierte diese Übungen; nach Beurteilung von BzI L. waren die Übungen nicht richtig bzw. nicht ordnungsgemäß ausgeführt: So traf sie zwar bei der „Finger Nasen Übung“ die Nasenspitze, doch nicht mit der Fingerspitze sondern nur mit der Längsseite des Zeigefingers und ihre Hände zitterten beim Zuführen auf die Fingerspitze. Beim Gleichgewichtstest (jener mit Blickkontakt zum angehobenen Bein) hob sie das Bein in etwa der geforderten Höhe an, doch war ein ruhiges Stehen nicht möglich und sie hob mehrmals die Arme an um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Bei der Kontrolle der Augenlider zuckten ihre Augenlider stark, die Augäpfel bewegten sich unruhig unter dem geschlossenen Lid und das Augenöffnen erfolgte verzögert bzw. teilweise unter Schwierigkeiten. Beim weiteren Gleichgewichtstest (neun Schritte vorwärts/sieben Schritte retour) führte die Beschwerdeführerin den Ablauf der Schrittfolge unsicher durch, wobei sie mehrmals die Arme an hob, um einen Gleichgewichtsbruch zu verhindern.

BzI L. hat aufgrund der nicht richtig durchgeführten Übungen bzw. des von der Beschwerdeführerin gewonnenen Gesamteindrucks (verzögerte Reaktion, Unruhe, Zittern, wässrige Augen, leichte Ablenkbarkeit und Nicht-Richtig-Lösen-Können von zwei bis drei gleichzeitig gestellten Aufgaben) die Vermutung, sie wäre durch Suchtgifte beeinträchtigt. Er fragte sie, ob sie am selben Tag bzw. am Tag vor der beschwerdegegenständlichen Amtshandlung Cannabis konsumiert habe, was die Beschwerdeführerin verneinte. Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin gegenüber BzI L. im Zuge der Amtshandlung geäußert hat, sie habe zuletzt ca. sechs Monate vor der beschwerdegegenständlichen Amtshandlung Cannabis konsumiert.

Die Beschwerdeführerin war von den Fragen nach ihrem möglichen Cannabis-/Suchtgiftkonsum überrascht, weil sie selbst der Meinung war, die Übungen positiv absolviert zu haben und die Retournierung ihrer Fahrzeugpapiere erwartete. Bereits die Durchführung der Übungen am Gehsteig hat sie verunsichert und nervös gemacht, was unter anderem auch an ihrer sommerlichen Bekleidung (Shorts und Trägertop), den auf ihren Körper gerichteten Blicken sowie der unter unmittelbarer körperlichen Nähe des einschreitenden BzI L. lag.

BzI L. war zum zivilen Einsatzfahrzeug zurückgetreten und fragte die Beschwerdeführerin, welche Substanzen bei einem Test denn alles gefunden werden würden. BzI L. wollte den Speichelvortest aufbauen. Die Beschwerdeführerin ging aufgrund dieser Frage und einer von BzI L. in der Hand gehaltenen Plastiktüte davon aus, dass sie vor Ort einen Urintest machen sollte. Über die konkrete Art des vorzunehmenden Tests vor Ort (Urin- bzw. Speicheltest) wurde im Zuge der Amtshandlung nicht gesprochen. Die Beschwerdeführerin erklärte sodann, dass sie den Test nicht machen werde. Dabei war sie von der subjektiven Annahme geleitet, dass sie einen Urintest vor Ort – zwischen den Autos oder in nahegelegenen Büschen – zu leisten hätte. Sie bestätigte anschließend die weitere Nachfrage von BzI L., dass sie dann auch nicht mit zum Amtsarzt zwecks Überprüfung der vermuteten Suchtgiftbeeinträchtigung mitfahren werde.

Die Beschwerdeführerin unterfertigte vor Ort nach Durchlesen eine Erklärung, dass es sich in Kenntnis der Strafbarkeit ihres Verhaltens weigere sich dem Polizeiamtsarzt zum Zweck der Untersuchung auf Suchtmittelbeeinträchtigung vorführen zu lassen.

Der Beschwerdeführerin wurde sodann wegen ihrer Weigerung sich dem Polizeiamtsarzt zwecks Überprüfung der Vermutung der Suchtgiftbeeinträchtigung bzw. Feststellung der Suchtgiftbeeinträchtigung vorführen zu lassen der Führerschein von BzI L. vorläufig abgenommen.

Die Beschwerdeführerin hat sich am 25.06.2017 um ca. 00:30 Uhr und am 26.06.2017 aus eigenem Tests unterzogen, welche die unter I.1. wiedergegebene Ergebnisse ausweisen.

5.2. Die Feststellungen gründen sich auf das Beschwerdevorbringen samt Beilagen, auf die Gegenschrift der belangten Behörde samt vorgelegtem Verwaltungsakt und auf die Einvernahmen der Beschwerdeführerin und der Zeugen Mag. X. und BzI L. in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien.

Die getroffenen Feststellungen zum allgemeinen Ablauf der Amtshandlung stützen sich in weiten Teilen auf die übereinstimmenden Aussagen der Beschwerdeführerin und der einvernommenen Zeugen. Sowohl die Beschwerdeführerin als auch die beiden Zeugen, Mag. X. und BzI L., erweckten im persönlichen unmittelbaren Eindruck einen glaubhaften und an der Wahrheitsfindung interessierten Eindruck. Der Zeuge X. hat die beschwerdegegenständliche Amtshandlung im Wesentlichen vom Beifahrersitz des angehaltenen Fahrzeuges aus beobachtet; den Gesprächsverlauf zwischen dem einschreitenden Organ und der Beschwerdeführerin hat er erst nach dem die beschwerdegegenständliche Amtshandlung im Wesentlichen bereits gesetzt und nachdem er aus dem Fahrzeug ausgestiegen war, wahrgenommen.

Strittig ist im Wesentlichen, wie die Beschwerdeführerin die ihr aufgetragenen Übungen absolviert hat.

Die Beschwerdeführerin führte dazu zunächst glaubhaft aus, sie sei bei diesen Übungen nervös gewesen und die Blicke des einschreitenden Organs auf ihren Körper – sie war sommerlich mit Short und ärmellosem Top bekleidet – seien ihr zunehmend unangenehmer geworden. Der Zeuge X. sagte aus, der einschreitende Beamte sei nahe am Körper der Beschwerdeführerin gestanden – seines Erachtens zu eng am Körper der Beschwerdeführerin und die Blicke seien anzüglich gewesen. Konfrontiert damit gab der einschreitende BzI L. ebenso glaubhaft an, dass er die aufgetragenen Übungen wertfrei mache, es aber eine gewisse Nähe zum Probanden benötige um etwa die Pupillenweite oder die Augenlider zu kontrollieren, was der einzige Grund sei, weshalb er Probanden näher komme, auch wenn dies gegen seine Eigensicherung als Polizist spreche. Es ist nachvollziehbar und entspricht der Lebenserfahrung, dass Personen, die von einem Sicherheitsorgan zu Übungen aufgefordert wurden, dabei durchaus nervös werden (können). Ebenso ist es nachvollziehbar, dass sich die Beschwerdeführerin als Frau durch die beobachtenden Blicke auf ihren Körper im Zuge der Amtshandlung zunehmend unwohler fühlte. Auch ist es aber nachvollziehbar, dass die Beobachtung körperlicher Reaktionen bei Übungen hin auf Symptome für eine Suchtgiftbeeinträchtigung eine Beobachtung der betreffenden Körperteile verbunden mit einer entsprechenden Nähe zum Körper des Probanden bedarf.

Zu den absolvierten Übungen führten die Beschwerdeführerin und der Zeuge X. zusammengefasst aus, beide wären zu Überzeugung gelangt, die Beschwerdeführerin hätte die aufgetragenen Übungen gut absolviert und bestanden. Die Beschwerdeführerin räumte ein, nervös gewesen zu sein und es insoweit Unsicherheiten gegeben hätte. Der Zeuge X. erachtete die von BzI L. in seinen Aufzeichnungen vom beschwerdegegenständlichen Tag über die von der Beschwerdeführerin durchgeführten Übungen (Ergänzung zum Sachverhalt vom 24.06.2017) als „erfunden“ – soweit er dies eben beurteilen könne. Konfrontiert mit den Aussagen der Beschwerdeführerin und des Zeugen X. sagte der Zeuge BzI L. schlüssig und nachvollziehbar aus, dass die absolvierten Übungen einerseits „erfüllt“ und andererseits „richtig ausgeführt“ werden könnten; er sei aufgrund seiner Beobachtungen bzw. Beurteilung davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin die ihr aufgetragenen Übungen nicht ordnungsgemäß bzw. nicht richtig ausgeführt habe.

Das Verwaltungsgericht Wien stützt die dazu entsprechend getroffene Feststellung auf die Aussage von BzI L.: Dieser ist besonders geschulter Beamte für die Erkennung von Drogenlenkern und übt diese Tätigkeit mehr als zehn Jahre aus und kann insoweit auf einen beruflichen Erfahrungswert zurückgreifen, der es hinreichend wahrscheinlich macht, dass er körperliche Reaktionen bei aufgetragenen Übungen differenziert wahrnehmen und festhalten kann, selbst wenn er bei der Frage einer positiven Übungsabsolvierung einen höheren Maßstab anlegt als Personen, die mit der Durchführung derartiger Übungen nicht vertraut bzw. nicht besonders geschult sind. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass diese Übungen nicht der tatsächlichen Feststellung einer Suchtgiftbeeinträchtigung dienen, sondern im Rahmen der Abklärung der Vermutung einer Suchtgiftbeeinträchtigung erfolgen. Die effektive Feststellung einer Suchtgiftbeeinträchtigung obliegt nicht einem einschreitenden Exekutivorgan, sondern letztlich eine Amtsärztin bzw. einem Amtsarzt.

Sowohl die Beschwerdeführerin als auch BzI L. haben übereinstimmend ausgesagt, dass die Beschwerdeführerin vom einschreitenden Beamten gefragt wurde, ob sie am Tag der Amtshandlung oder davor Cannabis konsumiert hätte, was von der Beschwerdeführerin verneint wurde. Nicht festgestellt werden konnte, dass die Beschwerdeführerin vor Ort ausgesagt hat, zuletzt vor sechs Monaten Cannabis konsumiert zu haben; das hat BzI L. glaubhaft ausgesagt - die Beschwerdeführerin hingegen auch glaubhaft bestritten.

Dass nach Absolvierung der Übungen am Gehsteig die Durchführung eines Tests vor Ort zur weiteren Abklärung der Vermutung BzI L.s, die Beschwerdeführerin wäre Suchtgift beeinträchtigt, geplant war, haben sowohl die Beschwerdeführerin als auch BzI L. glaubhaft ausgeführt. Welcher Art dieser Test - Urintest bzw. Speichelvortest - gewesen wäre, war vor Ort im Rahmen der Amtshandlung verbal nicht konkretisiert. Die Beschwerdeführerin erklärte ihrer eigenen Aussage zufolge die Weigerung den Test vor Ort durchzuführen, weil sie von ihrer subjektiven Vorstellung geleitet war, dass dieser Test ein Urintest ist. Dass sie dann in weiterer Folge auch ihre Weigerung, sich dem Amtsarzt zum Zwecke der Untersuchung auf Suchtmittelbeeinträchtigung vorführen zu lassen, durch entsprechende Bestätigung der Nachfrage von BzI L. erklärte, haben sowohl die Beschwerdeführerin als auch BzI L. übereinstimmend ausgesagt.

Die Feststellung, dass sich die Beschwerdeführerin nach der beschwerdegegenständlichen Amtshandlung Tests unterzogen hat, stützt sich auf die von der Beschwerdeführerin mit der Beschwerde vorgelegten Beilagen ./4 und ./5.

II.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben (§ 28 Abs. 6 VwGVG).

2.1. Die im Beschwerdeverfahren relevanten Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 68/2017, lauten auszugsweise:

§ 5. Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol.

(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

(1a) bis (4a) […]

(5) Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Landespolizeidirektion tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden oder im Sinne des § 5a Abs. 4 ausgebildeten und von der Landesregierung hierzu ermächtigten Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2

1.

keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs. 1 erreichenden Alkoholgehalt ergeben hat oder

2.

aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen; die genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

(6) und (8) […]

(9) Die Bestimmungen des Abs. 5 gelten auch für Personen, von denen vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden; wer zum Arzt gebracht wird, hat sich der Untersuchung zu unterziehen. Die in Abs. 5 genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

(9a) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, den Speichel von in Abs. 2 und 2b genannten Personen auf das Vorliegen von Suchtgiftspuren zu überprüfen, sofern zwar keine Vermutung im Sinne des Abs. 9 vorliegt, aber vermutet werden kann, dass sie sich nicht in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befinden oder zum Zeitpunkt des Lenkens befunden haben, in der sie ein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermögen. Die Überprüfung des Speichels ist mit Speichelvortestgeräten oder -streifen, die das Vorliegen von Suchtgiftspuren im Speichel anzeigen, vorzunehmen. Ergibt die Überprüfung des Speichels das Vorliegen von Suchtgiftspuren oder wird die Überprüfung verweigert, so gilt dies als Vermutung der Beeinträchtigung durch Suchtgift. Diesfalls haben die genannten Organe gemäß Abs. 9 vorzugehen; andernfalls hat ein Vorgehen gemäß Abs. 9 zu unterbleiben.

(10) (Verfassungsbestimmung) An Personen, die gemäß Abs. 9 zu einem Arzt gebracht werden, ist nach Feststellung einer Beeinträchtigung, die auf eine Suchtgifteinnahme schließen lässt, eine Blutabnahme vorzunehmen. Die Betroffenen haben die Blutabnahme vornehmen zu lassen.

(11) […]

(12) Ist auf Grund des Ergebnisses der Untersuchung

1.

einer Person, die gemäß Abs. 9 zu einem Arzt gebracht wurde, oder

2.

einer Blutprobe, die von einer gemäß Abs. 9 zu einem Arzt gebrachten Person stammt,

anzunehmen, dass die zum Arzt gebrachte Person Suchtgift missbraucht, so ist an Stelle einer Strafanzeige nach dem Suchtmittelgesetz dieser

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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