TE Lvwg Erkenntnis 2018/3/30 VGW-021/014/11371/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.03.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.03.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §39
GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §366 Abs1 Z2 2. Fall
GewO 1994 §370 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Findeis über die Beschwerde des Herrn R. B. vom 9.8.2017 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 1.8.2017, Zahl MBA ...- S 31722/17, wegen Übertretung des § 366 Abs. 1 Z 2 zweiter Fall GewO 1994, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 28.3.2018, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

Dem Beschwerdeführer werden keine Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

B E G R Ü N D U N G

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, erkannte den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 1.8.2017 schuldig, er habe als gewerberechtlicher Geschäftsführer (§§ 39 und 370 Abs. 1 GewO 1994) der Bl. Ges.m.b.H. mit Sitz in G. zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Inhaberin die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 genehmigungspflichtige Betriebsanlage in Wien, M.-straße, wo diese das Gewerbe „Florist verbunden mit Gärtner“ ausübe, ohne die erforderliche rechtskräftige Genehmigung von 26.4.2017 bis 27.6.2017 betrieben habe, obwohl diese Betriebsanlage geeignet sei, die Nachbarn durch Lärmimmissionen, ausgehend von der Klimaanlage und den Fensterventilatoren, zu belästigen (§ 74 Abs. 2 Z 2 GewO 1994). Wegen Verletzung des § 366 Abs. 1 Z 2 zweiter Fall GewO 1994 verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe von 1.260,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage und 3 Stunden) und schrieb gemäß § 64 VStG einen Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 126,00 Euro vor.

Gegen das Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig erhobene Beschwerde des Beschuldigten. Der Beschwerdeführer verweist auf seine Stellungnahme vom 14.7.2017 und führt aus, der Vorwurf der Betriebsbereitschaft der Fensterventilatoren sei ungerechtfertigt, da diese nicht mehr mit Strom verbunden sei. Die Verwendung der Klimaanlage mit nur 3,6 KW und einem Schallpegel von 49 dB sei nicht bewilligungspflichtig. Aus dem unter einem vorgelegten Datenblatt des Gerätes gehe hervor, dass der dB-Wert 49,0 betrage, weshalb es zu keiner Lärmbelästigung für Anrainer und Bewohner während der Geschäftszeiten kommen könne: Durch den normalen Straßenlärm sei die Klimaanlage überhaupt nicht zu hören. In der Stellungnahme vom 14.7.2017 führt der Beschwerdeführer ins Treffen, dass die Fensterventilatoren wegen der Klimaanlage gar nicht betrieben würden. Die Klimaanlage sei im Geschäft mit 30 mm dicken Spanplatten verkleidet und daher nicht hörbar, auch stünde diese nur während der Betriebszeiten in Verwendung.

Das Verwaltungsgericht Wien schaffte den dem gegenständlichen Verwaltungsstrafakt vorausgegangen Verwaltungsstrafakt MBA ...- S 12... des Beschwerdeführers bei und führte am 28.3.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der Beschwerdeführer und die belangte Behörde nicht teilnahmen. Der Beschwerdeführer wurde durch die von ihm bevollmächtigte Frau F. K. vertreten. In der Verhandlung wurde der gesamte Akteninhalt verlesen, die Angaben der Beschwerdeführervertreterin zu Protokoll genommen und der gewerbetechnische Amtssachverständige P. W., MSc als Zeuge einvernommen.

Unter Zugrundelegung der Erhebungsberichte des gewerbetechnischen Amtssachverständigen D. M. vom 21.7.2016, vom 9.3.2017 sowie des gewerbetechnischen Amtssachverständigen P. W., MSc, vom 29.6.2017, der Verantwortung des Beschwerdeführers, des technische Dateninformationsblatt des verfahrensgegenständlichen Klimagerätes T., der Zeugenaussage des Amtssachverständigen W. und der Lärmkarte des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Wien, M.-straße, wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

 

Die Bl. Ges.m.b.H., deren gewerberechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, betreibt zur Ausübung des „Florist verbunden mit Gärtner“ die in Wien, M.-straße gelegene Betriebsanlage. Dafür standen im Zeitraum 26.4.2017 bis 27.6.2017 während der Betriebszeiten Montag bis Samstag von 7.30 Uhr bis 19.30 Uhr, zwei Klimageräte des Herstellers T., Type: ... in Verwendung, nicht jedoch die beiden Fensterventilatoren.

Diese Feststellungen gründen sich auf den (diesbezüglich) unbestritten gebliebenen Akteninhalt, auf die Angaben des Beschwerdeführers samt vorgelegtem Datenblatt und die Angaben des gewerbetechnischen Amtssachverständigen W. MSc. Die Feststellung, dass die Fensterventilatoren während des Tatzeitraumes nicht betriebsbereit in Verwendung standen, basieren auf den persönlichen Angaben des Beschwerdeführers in dessen Stellungnahme vom 14.7.2017 und dessen Beschwerde, auch wurden diese Angaben nicht vom Amtssachverständigen widerlegt oder in deren Glaubhaftigkeit erschüttert. Dass laut Vertreterin des Beschwerdeführers die „Abklemmung vom Strom“ erst im August 2017 erfolgt sein soll, ändert daran nichts, zumal auch sie darauf verwies, dass seit Verwendung der Klimaanlage die Fensterventilatoren nicht mehr betrieben wurden.

Dass die Verwendung des genannten Klimagerätes geeignet gewesen wäre durch Lärm Nachbarn zu belästigen, konnte nicht festgestellt werden, da der gewerbetechnische Amtssachverständige, der im persönlichen Eindruck aufrichtig, zuverlässig und kompetent wirkte, unter Heranziehung des technische Dateninformationsblattes des verfahrensgegenständlichen Klimagerätes T., worin ein Schalldruckpegelwert (kühlen) von 49,0 dB (A) Wert ausgewiesen ist(auch wenn er dazu bemängelte, dass die vorgelegte Beschreibung keine Angaben beinhalte, in welcher Entfernung die dB-Messung erfolgt sei) unter der Prämisse, dass der Messort in 1 m Entfernung zum Klimagerät war - unter Berücksichtigung der Lärmkarte des BM für Nachhaltigkeit und Tourismus, die für das Jahr 2017 einen Schalldruckpegel von 55-60 dB in 1,5 m Höhe zur Nachtzeit in Wien, M.-straße auswies, und der Angaben der Beschwerdeführervertreterin, wonach die Klimageräte ausschließlich während der Betriebszeiten in Verwendung stehen, schlussfolgerte , dass es durch die Aufstellung zweier Klimageräte (Summenschallpegel von ca. 52 dB(A)) zu keinen zusätzlichen Lärmimmissionen in den nächst gelegenen Aufenthaltsräumen der Nachbarn kommt.

Rechtlich ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 74 Abs. 1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit nicht bloß vorübergehend zu dienen bestimmt ist.

Entsprechend Abs. 2 Z 2 leg. cit. dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

Wie sich aus § 74 GewO 1994 ergibt, ist unter dem Gesichtspunkt des Nachbarschutzes Voraussetzung der Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage, dass von dieser Einwirkungen ausgehen, die geeignet sind, Nachbarn zu gefährden, zu belästigen oder in sonstiger Weise zu beeinträchtigen. Bereits die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage zu Gefährdungen, Belästigungen usw. auf bestimmte Personen begründet die Genehmigungspflicht.

Tatbestandelement nach § 74 Abs. 2 GewO ist die mit einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene konkrete Eignung, die näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen. Eine solche konkrete Eignung war aufgrund der schlüssigen Darstellung des Amtssachverständigen in Ansehung der Klimaanlage zu verneinen; dass die Bl. Ges.m.b.H. die Fensterventilatoren nicht in Verwendung hatte, wurde bereits oben näher ausgeführt.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung oder ist diese als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Betriebsanlage; keine Genehmigung; Florist; Lärm; Klimaanlage; Fensterventilator; Nachbarschutz; konkrete Eignung; Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.021.014.11371.2017

Zuletzt aktualisiert am

30.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten