TE Lvwg Beschluss 2017/10/6 VGW-103/040/12602/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.10.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

06.10.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
41/01 Sicherheitsrecht

Norm

AVG §19
SPG §65 Abs1
SPG §65 Abs4

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Schmid über die Beschwerde des Herrn M. B., vertreten durch RA, vom 4.9.2017, gegen den Ladungsbescheid der Landespolizeidirektion Wien, vom 7.8.2017, Zl. B6/152350/2017, betreffend Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nach dem SPG, den

B e s c h l u s s

gefasst:

I. Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Nach der unstrittigen Aktenlage wurde der Beschwerdeführer (kurz BF) von der LPD Wien mit Ladungsbescheid vom 7.8.2017 zwecks Vornahme einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach dem SPG für den 8.9.2017, 09.00 Uhr, ins LKA Wien, per näheren Adresse geladen. Der Spruch des Ladungsbescheides lautet:

„Da Sie Ihrer gem. § 65 Abs. 1 in Verbindung mit § 65 Abs. 4 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) bestehenden Verpflichtung einer erkennungsdienstlichen Behandlung trotz bereist formlos gem. § 77 Abs. 1 SPG ergangenen schriftlichen Aufforderungen vom 14.07.2017 keine Folge geleistet haben, wird Ihnen diese Verpflichtung nunmehr gemäß § 77 Abs. 2 und 3 SPG und § 78 SPG iVm § 65 Abs. 1 und Abs. 4 SPG sowie § 67 Abs. 1 SPG und unter Anwendung des § 19 AVG mittels Bescheid aufgetragen, sich einer erkennungsdienstlichen Behandlung, die auch die Abnahme von biologischem Material zur Erstellung eines DNA Profils umfasst, zu unterziehen.

Sie haben an der erkennungsdienstlichen Behandlung mitzuwirken, und haben sich am 08.09.2017, 09:00 Uhr im LKA Wien, 1090 Wien, Hahngasse 6/Top 9, Telefon: 01 /31310/33300, zur erkennungsdienstlichen Behandlung persönlich einzufinden.

Wenn Sie nicht durch wichtige Gründe wie etwa Krankheit oder Behinderung verhindert sind, wird Ihre zwangsweise Vorführung veranlasst werden. Derartige wichtige Verhinderungsgründe sind unverzüglich der ausstellenden Behörde (Telefon: 01/ 31310/33300) mitzuteilen und nachzuweisen um bei Anerkenntnis dieser Gründe eine Terminverschiebung zu erwirken.“

Der BF ist dem Ladungsbescheid nicht nachgekommen. Durch seinen Rechtsvertreter hat der BF frist- und formgerecht Beschwerde gegen diesen Ladungsbescheid erhoben. Diese Beschwerde war mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden.

Die Beschwerde und der Antrag wurden dem Verwaltungsgericht Wien am 13.9.2017 übermittelt. Dem zuständigen Richter wurde der Akt am 15.9.2017 vorgelegt.

Über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat das Verwaltungsgericht Wien mit Beschluss vom 20.9.2017, GZ: VGW-103/V/040/12701/ 2017-1, entschieden. Der Antrag wurde zurückgewiesen, da der Beschwerde gegen den Ladungsbescheid ex lege aufschiebende Wirkung zukommt. Der Beschluss wurde dem BF über seinen Rechtsvertreter am 26.9.2017 zugestellt.

Für den 5.12.2017 beraumte das Verwaltungsgericht Wien eine Verhandlung in der Hauptsache („Zulässigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung“) an.

Mit Schreiben vom 28.9.2017 teilte die LPD Wien mit, dass sich der BF am 22.9.2017 der erkennungsdienstlichen Behandlung (einschließlich DNA-Abnahme) unterzogen hat. Der BF sei in Begleitung seines Rechtsvertreters bei der Behörde erschienen.

Im Telefonat vom 29.9.2017 mit Herrn Hofrat S. von der LPD Wien gab dieser an, dass der Ladungsbescheid damit hinfällig sei, weil die erkennungsdienstliche Behandlung umfänglich erfolgt sei.

Im Telefonat vom 29.9.2027 mit dem Rechtsvertreter des BF, Herrn RA …, bestätigte dieser, dass DNA abgenommen wurde. Der BF wollte damit einer Vorführung durch die Polizei zuvorkommen. Mit dem RA wurde die Rechtslage erörtert. Auf die Durchführung einer Verhandlung wurde verzichtet.

Die geplante Verhandlung wurde abberaumt.

Rechtlich folgt daraus:

Ohne auf die Ausführungen in der Beschwerde näher eingehen zu müssen, erweist sich die Beschwerde seit dem 22.9.2017 als unzulässig, weil der BF an diesem Tag der im Ladungsbescheid angedrohten Maßnahme der erkennungsdienstlichen Behandlung (inklusive DNA-Abnahme) nachgekommen ist. Der Ladungsbescheid ist einem Vollzug nicht mehr zugänglich. Der vorgeschriebene Erscheinungstermin ist bereits verstrichen, die erkennungsdienstliche Maßnahme abgeschlossen. Dem BF droht weder eine Vollstreckung nach dem VVG noch sonst eine Maßnahme. Auch ein weiterer – an den Ladungsbescheid anknüpfender – Bescheid ist nicht zu erwarten. Damit kann der BF in keinem subjektiven Recht mehr verletzt sein. Mangels Beschwer ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Inhaltlich darf auf den Beschluss des VwGH vom 9.9.2008, AW 2008/17/0036, verwiesen werden, wonach eine allenfalls rechtswidrige Datenerfassung die Löschung dieser Daten zur Folge hat. Siehe dazu auch §§ 73, 74, 76 Abs. 6 SPG.

Dem BF steht daher Rechtsschutz gegen die Speicherung seiner Daten offen. Ein (primäres) Interesse an einem Feststellungsbescheid liegt daher nicht vor und besteht auch keine ausdrückliche gesetzliche Regelung für die Erlassung eines Feststellungsbescheides.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zur Frage, ob ein Rechtsmittel noch zulässig ist, wenn das durch den angefochtenen Bescheid (bzw. Antrag) angestrebte Ziel nicht mehr erreicht werden kann (z.B. VwGH 12.5.2016, Ra 2016/02/0071), war die Beschwerde gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG zurückzuweisen.

Zur Revisionsentscheidung:

Gemäß § 25a Absatz 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Artikel 133 Absatz 4 B-VG ist die (ordentliche) Revision zulässig, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach der Rechtsprechung des VwGH liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dann vor, wenn die Entscheidung der Sache im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen, auf zusätzliche Argumente gestützte Rechtsprechung liegt. Das ist dann der Fall, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, die auch für eine Reihe anderer gleichgelagerter Fälle von Bedeutung ist und diese durch die Rechtsprechung des VwGH bisher nicht abschließend geklärt worden ist. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage des materiellen oder formellen Rechts handeln (vgl. Paar, ZfV, 892)

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, wenn die Rechtsfrage klar aus dem Gesetz lösbar ist (vgl. Köhler, ecolex 2013, 596, mit weiteren Nachweisen; Nedwed, Die Zulässigkeit der Revision an den Verwaltungsgerichtshof, ÖJZ 2014/153 S 1042; vgl. auch VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053).

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt auch dann nicht vor, wenn die Klärung dieser Rechtsfrage keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat (vgl. Thienel, aaO, 73f; Nedwed, Die Zulässigkeit der Revision an den Verwaltungsgerichtshof, ÖJZ 2014/153 S 1041; vgl. auch VwGH 1.9.2014, Ro 2014/03/0074).

Da im gegenständlichen Fall die Rechtslage durch die Judikatur eindeutig geklärt ist, war die ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Ladungsbescheid; Normativität; Vorführung; Zurückweisung; Vollzug; erkennungsdienstliche Behandlung; Rechtsmittel, Zulässigkeit des; Rechtsschutzinteresse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.103.040.12602.2017

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten