TE Bvwg Beschluss 2018/3/5 W131 2119496-1

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Veröffentlicht am 05.03.2018
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Entscheidungsdatum

05.03.2018

Norm

ABGB §7
B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §19 Abs7
MOG 2007 §19 Abs7b
MOG 2007 §6
MOG 2007 §8i
VwGG §42 Abs3
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W131 2119496-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter betreffend die Beschwerde von XXXX, BNr XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (= AMA) vom 29.04.2015, AZ XXXX, nach Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung am 29.09.2015, AZ XXXX, und Stellung eines Vorlageantrags, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2014:

A)

Die Beschwerdevorentscheidung vom 29.09.2015, AZ XXXX, welche den ursprünglich mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheid vom vom 29.04.2015, AZ XXXX endgültig und ohne dessen Wiederauflebensmöchlichkeit derogatorisch iSv VwGH Zl Ro 2015/08/0026 beseitigt hat, wird nach einem Vorlageantrag in Erledigung der Bescheidbeschwerde aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

Mit Abänderungsbescheid vom 29.09.2015, der seitens der AMA in Form einer Beschwerdevorentscheidung erlassen wurde, wurde ein früherer und mit der Beschwerde des Beschwerdeführers (= Bf) bekämpfter Bescheid vom 29.04.2015 derogatorisch ersetzt. Die AMA hat nach der vorgenannten Beschwerdevorentscheidung einen "Report" vorgelegt, wonach eine Erklärung gemäß § 8i MOG vorgelegt worden wäre, eine Kompression nicht durchgeführt würde und in Zusammenhang mit der finanziellen Obergrenze der Direktzahlungen für 2014 mitunter der Wert der Zahlungsansprüche gekürzt werden müsste.

Diese Beschwerdevorentscheidung erging nach Ablauf der diesbezüglich in §19 Abs 7 dafür vorgesehenen Vier - Monats - Frist ab Beschwerdeeinlangen.

Am Ende des Abänderungsbescheids vom 29.09.2015 finden sich - iZm der Rechtsqualität als Beschwerdevorentscheidung - folgende Ausführungen samt Rechtsmittel belehrung:

"Da Sie gegen den im Spruch genannten Bescheid eine zulässige Beschwerde eingebracht haben, erfolgt die gegenständliche Abänderung im Rahmen einer Beschwerde-vorentscheidung gemäß § 14 VwGVG, wonach die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, die Beschwerde nach Durchführung allfälliger weiterer Ermittlungen durch Beschwerdevorentscheidung erledigen und den von ihr erlassenen Bescheid aufheben, abändern, zurückweisen oder abweisen kann.

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

Sie können den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag ist schriftlich oder in jeder anderen technisch möglichen Weise (z.B. Fax, E-Mail) innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung unter Angabe des oben angeführten Aktenzeichens und der Betriebs- bzw. Klientennummer bei der Agrarmarkt Austria, 1200 Wien, Dresdner Straße 70, einzubringen.

[...]"

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Zuständigkeit und Allgemeines

1.1. Gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art 131 Abs 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

1.2. Gemäß § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl I Nr 55/2007 idgF, ist die AMA zuständige Marktordnungs-, Interventions- und Zahlstelle im Sinne dieses Bundesgesetzes, soweit sich nicht der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Interesse der Wahrung des Gesamtzusammenhangs und der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung durch Verordnung Angelegenheiten der Vollziehung des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts vorbehält.

1.3. Gemäß § 1 AMA-Gesetz, BGBl 376/1992 idgF, können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden. Die AMA war gegenständlich als unmittelbare Bundesbehörde tätig.

2. Zu A) Zur Aufhebung und Zurückverweisung

2.1. Die belangte Behörde hat den Betriebsprämienausspruch des ursprünglich angefochtenen Bescheids vom 29.04.2015 mit Abänderungsbescheid vom 29.09.2015 abgeändert, wobei dazu die Rechtshandlungsform der Beschwerdevorentscheidung zur Anwendung gelangte, diese Beschwerdevorentscheidung allerdings nach mehr als vier Monaten ab Beschwerdeeinlangen erging.

Gemäß § 14 Abs 1 VwGVG iVm § 19 Abs 7 MOG 2007 steht es der Behörde nach der Rechtslage ab 01.01.2014 frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von vier Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung).

Gemäß § 15 Abs 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Be-schwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).

2.2. Aus dem zitierten § 19 Abs 7 VwGVG ergibt sich, dass die AMA nur vier Monate nach Beschwerdeinlangen für die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zuständig ist, womit die gegenständlich iSv VwGH Zl Ro 2015/08/0026 in dieser Verwaltungssache allein im Rechtsbestand verbliebene Beschwerdevorentscheidung gemäß § 27 VwGVG mangels zeitlicher Zuständigkeit der AMA zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung aufzuheben war.

Da die AMA aber grundsätzlich zur bescheidmäßigen Erledigung von Betriebsprämienansprüchen zuständig war und ist, war gegenständlich weiter zu entscheiden, wie nach der Zuständigkeitskassation der verspäteten Beschwerdevorentscheidung vorzugehen ist.

Unter Zugrundelegung der in VwGH Zl Ro 2015/08/0026 dargelegten verfahrensrechtlichen Rechtslage ist davon auszugehen, dass der durch die Beschwerdevorentscheidung abgelöste Bescheid nach Kassation der Beschwerdevorentscheidung gemäß der Rechtslage nach MOG und VwGVG nicht mehr wieder auflebt, dies zumal das BVwG keine dem § 42 Abs 3 VwGG vergleichbare Norm anzuwenden hat, der in dessen Anwendungsbereich lauten würde:

Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses gemäß Abs. 2 tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses bzw. Beschlusses befunden hat.

Wenn nunmehr im Abgleich zwischen dem Bescheid vom 29.04.2015 einerseits und der hiermit kassierten Beschwerdevorentscheidung anderseits und wiederum andererseits durch den AMA -seitig vorgelegten Report zusätzlich offenbar ist, dass sich der betriebsprämienrelevante Sachverhalt anders als in der Beschwerdevorentscheidung sizziert darstellt, gehört dem Rechtsbestand nach der hier erfolgten Zuständigkeitskassation derzeit keine Entscheidung (mehr) an, in der die aus Sicht der AMA richtigen Eckdaten für den Betriebsprämienbetrag für 2014 gehörig ermittelt erscheinen. Nach hier grundgelegter Auffassung war damit gegenständlich im Gefolge der ausgesprochenen Aufhebung gemäß § 7 ABGB analog § 28 Abs 3 2. Satz VwGVG an die AMA zurückzuverweisen, damit die AMA unionsrechtskonform ihre dem Recht auf gute Verwaltung gemäß Art 41 GRC entsprechende meritorische Verwaltungsentscheidung in dieser Betiebsprämiensache erlassen kann, welche danach entsprechend dem gebotenen fairen gerichtlichen Rechtsmittelverfahren gemäß Art 47 GRC beim BVwG - auch auf Tatsachenebene - gerichtlich bekämpfbar ist, zumal das BVwG gemäß § 19 Abs 7b MOG ohnehin jedwede rechtserheblichen Ermittlungsschritte an die AMA als die fachliche Spezialbehörde übertragen kann.

Zu B) Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist bereits deshalb zulässig, weil die Entscheidung von der grundsätzlichen Frage abhängt, ob auch eine verspätet ergangene Beschwerdevorentscheidung iSd VwGVG dem damit abgelösten ursprünglichen Bescheid endgültig derogiert, wie vom VwGH zu Zl Ro 2015/08/0026 zur rechtzeitig ergangenen Beschwerdevorentscheidung ausgesprochen.

Schlagworte

Analogie, Behebung der Entscheidung, beihilfefähige Fläche,
Bescheidabänderung, Beschwerdevorentscheidung, Direktzahlung,
einheitliche Betriebsprämie, Entscheidungsfrist, faires Verfahren,
Flächenabweichung, Fristablauf, Fristüberschreitung,
Fristversäumung, Kassation, Kontrolle, Kürzung, Prämiengewährung,
Revision zulässig, Rückforderung, unzuständige Behörde,
Unzuständigkeit, Verschulden, Verspätung, Vorlageantrag,
Zurückverweisung, Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W131.2119496.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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