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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AuslBG §3 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des T in Z, vertreten durch Dr. Friedrich Fromherz, Mag. Dr. Wolfgang Fromherz und Mag. Dr. Bernhard Glawitsch, Rechtsanwälte in Linz, Graben 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 9. Februar 2000, Zl. UVS-01/35/262/2000/5, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. Februar 2000 wurde der gemäß § 72 Fremdengesetz 1997 (kurz: FrG 1997) an die belangte Behörde gerichteten Beschwerde des Beschwerdeführers gemäß § 73 Abs. 1, 2, und 4 FrG 1997 in Verbindung mit § 67c Abs. 3 AVG insofern Folge gegeben, als die Anhaltung in Schubhaft seit 17. Dezember 1999 für rechtswidrig erklärt wurde.
In der Begründung wird u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer sei tschechischer Staatsangehöriger und im Besitz eines bis 6. November 2006 gültigen tschechischen Reisepasses. Er sei zuletzt am 9. Dezember 1999 aus Tschechien kommend bei Drasenhofen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit mit seinem PKW sichtvermerksfrei eingereist. Am 13. Dezember 1999, um 20.50 Uhr, seien im Zuge eines "Planquadrates" an einem näher genannten Ort in Wien auf dem Grundstück des dortigen Gasthauses drei Männer wahrgenommen worden, die mit der Reinigung von diversen Arbeitsgeräten (Schaufel, Mischmaschine, Kellen) beschäftigt gewesen seien und beim Erblicken des Streifenwagens sofort die Flucht ergriffen hätten. Der Beschwerdeführer sei in weiterer Folge im Vorraum des offen stehenden Gasthauses versteckt unter einem Tisch aufgefunden worden. Er sei mit einer blauen verschmutzten Arbeitshose, Arbeitsschuhen und einem verschmutzten Hemd bekleidet gewesen. Der diesbezüglichen Anzeige von 13. Dezember 1999 sei auch zu entnehmen, dass im Gasthaus drei Matratzen mit Decken, diverse Kleidungsstücke, Handtücher, Toilettenartikel und Speisen wahrzunehmen gewesen seien. Den Angaben des Beschwerdeführers zufolge hätten drei Personen Verputzarbeiten verrichtet. Der Beschwerdeführer besitze in Tschechien eine nicht gut gehende Transportfirma, weshalb er etwas dazuverdienen müsse. Am 13. Dezember 1999, um 21.20 Uhr, sei der Beschwerdeführer vorläufig gemäß § 110 Abs. 3 FrG 1997 zwecks Vorführung vor die Behörde festgenommen worden.
Nach niederschriftlicher Einvernahme am 14. Dezember 1999 sei über den Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Favoriten, vom selben Tag gemäß § 61 Abs. 1 FrG 1997 in Verbindung mit § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung, des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zur Zurückschiebung und der Abschiebung angeordnet worden.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 1999 habe die Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice mitgeteilt, dass die in der Anzeigelegung festgestellte Tätigkeit (Bauhelfer) eine Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (kurz: AuslBG) - Verwendung in einem Arbeitsverhältnis - darstelle und hiefür eine Bewilligung nach dem AuslBG erforderlich sei. Der Beschwerdeführer verfüge über keine Beschäftigungsbewilligung oder sonstige Berechtigung nach dem AuslBG; er habe diese Arbeiten daher illegal ausgeführt.
Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 17. Dezember 1999 habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er zuletzt am 9. Dezember 1999 ohne gültige Aufenthaltsberechtigung zur Arbeitsaufnahme mit seinem eigenen PKW über Drasenhofen kommend nach Österreich eingereist sei. Er sei gemeinsam mit einer weiteren näher genannten Person nach Österreich eingereist. Er habe dieser Person die Arbeit im näher genannten Gasthof vermittelt und habe dort dafür nächtigen dürfen. Er sei am 13. Dezember 1999 von Beamten des Bezirkspolizeikommissariates Favoriten in diesem Gasthof bei einer Beschäftigung betreten und wegen Übertretung des Fremdengesetzes zur Anzeige gebracht und festgenommen worden. Er habe in diesem Gasthaus Verputzarbeiten durchgeführt und habe dafür ebenfalls in dem Gasthaus schlafen dürfen. Er sei im Bundesgebiet seit dem 9. Dezember 1999 im vorgenannten Gasthaus wohnhaft gewesen. Er sei in Österreich nicht kranken- und unfallversichert und gehe hier keiner legalen Beschäftigung nach.
Am 17. Dezember 1999 sei dem Beschwerdeführer auch der Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom selben Tag, mit dem über den Beschwerdeführer ein gemäß § 39 Abs. 1 FrG 1997 für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden sei, zugestellt worden, wobei gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen worden sei. Am 17. Dezember 1999, in der Zeit von 14.30 Uhr bis 15.00 Uhr, sei der Beschwerdeführer über Ersuchen des Fremdenpolizeilichen Büros zwecks Effekteneinholung zum näher genannten Gasthaus und zum dort befindlichen PKW ausgeführt worden. Am 20. Dezember 1999 sei der Beschwerdeführer neuerlich niederschriftlich einvernommen worden und mit einem Ausreiseauftrag aus der Schubhaft entlassen worden. Der Beschwerdeführer habe sich vom 14. bis 20. Dezember 1999 in Schubhaft befunden und sei seinem Ausreiseauftrag am 21. Dezember 1999 nachgekommen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ferner insbesondere ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich nicht rechtmäßig im Sinne des § 31 FrG 1997 und zudem ohne polizeiliche Meldung in Österreich aufgehalten und sei bei der Verrichtung von "Schwarzarbeit" betreten worden, wobei er anlässlich der Amtshandlung auch versucht habe zu flüchten, weshalb die Annahme der Behörde erster Instanz gerechtfertigt gewesen sei, dass sich der Beschwerdeführer dem behördlichen Zugriff entziehen werde, um insbesondere das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu verhindern oder zumindest erheblich zu erschweren. Die Verhängung der Schubhaft, insbesondere zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, sei daher als notwendig im Sinne des § 61 Abs. 1 FrG 1997 anzusehen gewesen und es sei im vorliegenden Fall die Anwendung gelinderer Mittel nicht in Betracht gekommen.
Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter -, wonach anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers am Freitag, den 17. Dezember 1999 (vormittag), bekannt geworden sei, dass er mit seinem eigenen PKW am 9. Dezember 1999 nach Österreich eingereist und dieser PKW an einem näher genannten Ort in Wien abgestellt gewesen sei, was sich auch anlässlich der Ausführung des Beschwerdeführers am Nachmittag desselben Tages als zutreffend erwiesen habe, und dem Beschwerdeführer der Bescheid, mit dem gegen ihn ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden sei, bereits am 17. Dezember 1999 vor seiner Ausführung zu seinem PKW durch Übergabe zugestellt worden sei, sei davon auszugehen, dass die Behörde erster Instanz, indem sie mit der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Schubhaft bis zum Montag, den 20. Dezember 1999, zugewartet habe, gegen die Bestimmungen des § 69 Abs. 1 FrG 1997 verstoßen habe. Die in Verletzung dieser Bestimmung über den 17. Dezember 1999 hinausgehende Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft sei daher als rechtswidrig anzusehen. Die in Verletzung dieser Bestimmung über den 17. Dezember 1999 hinausgehende Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft sei daher als rechtswidrig anzusehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde hätte feststellen müssen, dass bereits die Haftverhängung, jedenfalls jedoch die Anhaltung in Schubhaft "ab 14.12.1999" rechtswidrig gewesen sei.
Der Beschwerdeführer bringt dazu u.a. vor, von Anfang an sei seine Identität, seine Nationalität und sein Wohnort in seiner Heimat (Tschechien) geklärt gewesen; darüber hinaus spreche er Deutsch. Die Durchführung eines Aufenthaltsverbotsverfahrens wäre daher auch ohne Inhaftierung durch Zustellung (des diesbezüglichen Bescheides) an seine Heimatadresse im Tschechien "problemlos" durchzuführen gewesen. Es seien insbesondere "keinerlei" Hinweise vorgelegen, dass er sich nicht in seine Heimat begeben werde, wo auch seine Familie lebe und er ein selbstständiges Gewerbe ausübe, und er sich dort weiterhin aufhalten werde. Allenfalls wäre es zulässig gewesen, ihn kurzfristig zu verhaften, um seine Personalien und die näheren Umstände seines Aufenthaltes in Österreich abzuklären. Er hätte jedoch sodann unverzüglich aus der Haft entlassen werden müssen. Durch die Inhaftierung sei nämlich lediglich eine Erleichterung des Verfahrens dergestalt bewirkt worden, dass Zustellungen in Österreich, insbesondere an die in Haft befindliche Person, leichter als in Tschechien möglich seien.
Fremde können gemäß § 61 Abs. 1 FrG 1997 festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides insbesondere auf das Betreten des Beschwerdeführers bei der Verrichtung von "Schwarzarbeit", auf die versuchte Flucht des Beschwerdeführers anlässlich der damit zusammenhängenden Amtshandlung sowie auf den mehrtägigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ohne entsprechende Meldung hingewiesen.
Zutreffend verweist die belangte Behörde auf die noch zum Fremdengesetz 1992 ergangene hg. Judikatur (vgl. das Erkenntnis vom 5. September 1997, Zlen. 96/02/0306, 0308), wonach an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" ein großes öffentliches Interesse besteht. Es reicht allein schon das Betreten des Fremden bei der Verrichtung von Schwarzarbeit durch Organe des Arbeitsinspektorates aus, um die Notwendigkeit der Schubhaft im Hinblick auf die Sicherung eines voraussichtlich zu verhängenden Aufenthaltsverbotes zu rechtfertigen.
Dieser Grundsatz kann - unbeschadet der im Beschwerdefall durch Organwalter der Bundespolizeidirektion Wien durchgeführten Kontrolle (vgl. § 36 Abs. 2 Z. 8 i.V.m. Abs. 4 FrG 1997) - auch auf das FrG 1997 übertragen werden, wobei im Beschwerdefall noch die von der belangten Behörde aufgezeigte Fluchtgefahr sowie die fehlende behördliche Meldung des Beschwerdeführers während seines Aufenthaltes in Österreich (vgl. dazu die unten stehenden Ausführungen) als zusätzliche Argumente für die Notwendigkeit der Verhängung der Schubhaft hinzukommen, weshalb schon aus diesem Grund die gegen die Notwendigkeit der Schubhaft vorgebrachten Argumente des Beschwerdeführers nicht einsichtig erscheinen.
Der Beschwerdeführer rügt ferner, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, weil sich dabei ergeben hätte, dass er sich entsprechend den Beschwerdebehauptungen und wie auch "hinreichend aus dem fremdenpolizeilichen Akt" ersichtlich sei, "rechtmäßig" in Österreich aufgehalten habe. Die Erbringung von Arbeitsleistungen an einen Freund unterliege nicht dem AuslBG, wenn diese Arbeitsleistungen unentgeltlich erfolgten. Die Gewährung von Quartier durch einen Freund stelle jedenfalls kein Entgelt dar. Ferner bestehe keinerlei Verpflichtung, sich polizeilich anzumelden, wenn man sich nicht drei Tage hindurch an derselben Unterkunft aufhalte. Die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes bzw. auch der Verletzung des Meldegesetzes wären als Vorfragen für die Rechtmäßigkeit der Haft zu klären gewesen.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf, zumal sich die Behörde insbesondere auf den Inhalt des fremdenpolizeilichen Aktes und auf die darin befindlichen und in Widerspruch zu diesen Beschwerdeausführungen stehenden Aussagen des Beschwerdeführers stützen konnte. Wie bereits dargelegt, gab der Beschwerdeführer selbst zu, auf Grund seiner wirtschaftlichen Situation aus seiner unternehmerischen Tätigkeit in Tschechien "etwas dazuverdienen zu müssen". Ferner wurde im Zuge der Einvernahme des Beschwerdeführers vom 17. Dezember 1997 fest gehalten, dass dieser angegeben habe, "zuletzt am 9.12.1999 ohne gültige Aufenthaltsberechtigung zur Arbeitsaufnahme" mit seinem eigenen PKW nach Österreich eingereist zu sein und bereits seit diesem Tag in dem vorgenannten Gasthaus Quartier bezogen zu haben. Es lagen daher für die belangte Behörde hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme einer illegalen Einreise und eines entgegen den Bestimmungen des Meldegesetzes nicht gemeldeten Aufenthalts des Beschwerdeführers zum Zwecke der Arbeitsaufnahme - und nicht, wie der Beschwerdeführer nunmehr behauptet, im Rahmen einer unentgeltlichen Leistung gegenüber einem "Freund" - nach Österreich vor, ohne dass es hiefür noch weiterer ergänzender Ermittlungen bedurft hätte.
Gemäß Z. 35 der Kundmachung des Bundeskanzlers betreffend das zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik geltenden bilateralen Verträge, BGBl. III Nr. 123/1997, ist das Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 47/1990, weiterhin in Bezug auf die Tschechische Republik anzuwenden.
Art. 1 Abs. 1 und 2 dieses Abkommens in der Fassung der Novelle BGBl. III Nr. 159/1999 lautet:
"(1) Die Staatsbürger der Vertragsstaaten, die Inhaber eines gültigen gewöhnlichen Reisepasses sind, dürfen ohne Sichtvermerk in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates einreisen und sich dort bis zu 90 Tage aufhalten.
(2) Die Berechtigung des Absatzes 1 gilt nicht für Staatsbürger, die sich in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates begeben wollen, um dort ein Arbeitsverhältnis einzugehen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder um dort einen länger als 90 Tage dauernden Aufenthalt zu nehmen."
Schon die vom Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahme vom 17. Dezember 1999 gegebene Erklärung, zum Zwecke der Arbeitsaufnahme nach Österreich am 9. Dezember 1999 eingereist zu sein, rechtfertigte die Annahme der belangte Behörde, dass dieser im Sinne des zuletzt genannten Abkommens einen Sichtvermerk benötigt hätte. Für eine - wie der Beschwerdeführer erst nachträglich behauptete - zulässige sichtvermerksfreie Einreise nach Österreich und gar einen "rechtmäßigen Aufenthalt" in Österreich lagen daher keine Anhaltspunkte für die belangte Behörde vor.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 27. April 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000020088.X00Im RIS seit
13.06.2001