TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/3 99/01/0453

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Veröffentlicht am 03.05.2000
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
25/04 Sonstiges Strafprozessrecht;

Norm

StGB §28;
StGB §31;
StRegG §8;
TilgG 1972 §4 Abs5 idF 1996/762;
TilgG 1972 §6 idF 1996/I/146;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Pelant und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des HP in W, vertreten durch Kosch & Partner, Rechtsanwälte Kommanditpartnerschaft in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 31, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Oktober 1999, Zl. 12.204/672-II/13/99, betreffend Feststellung gemäß § 8 Strafregistergesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 13. September 1999 die Feststellung, dass "die Verurteilung" (des Beschwerdeführers) "durch das Landesgericht (LG) Feldkirch vom 4. April 1997, 24 Vr 716/95, rechtskräftig seit 5. März 1998, und seine Verurteilung durch das LG Feldkirch vom 28. Juni 1996, 24 Vr 1265/87, rechtskräftig seit 5. Februar 1999, der Beschränkung der Auskunft gemäß § 6 Abs. 1 Tilgungsgesetz unterliegen".

Die belangte Behörde wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Oktober 1999 diesen Antrag ab. Sie ging von den beiden, vom Beschwerdeführer in seinem Antrag genannten Verurteilungen aus, welche im Strafregister aufscheinen. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen folgendermaßen:

"Bei der unter Punkt 2) im Strafregister aufscheinenden Verurteilung durch das LG Feldkirch 24 VR 1265/87 vom 28.06.1996 RK 05.02.1999 handelt es sich um eine Zusatzstrafe zu der unter Punkt 1) des Strafregisters aufscheinenden Verurteilung durch das LG Feldkirch 24 VR 716/95 vom 04.04.1997 RK 05.03.1998 gemäß §§ 31 und 40 StGB.

Durch Bezugnahme auf die §§ 31 und 40 StGB im zweiten Urteil wird klargestellt, dass beide Verurteilungen eine Einheit bilden und es sich nicht um zwei von einander unabhängige Verurteilungen handelt. Es sind daher die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 TilgungsG nicht anwendbar.

Durch die Einheit der beiden Verurteilungen ergibt sich, dass das Strafausmaß mehr als 3 Monate - nämlich zusammen 6 Monate - beträgt und daher § 6 Abs. 3 des TilgungsG zur Anwendung gelangt.

§ 6 Abs. 3 des TilgungsG besagt:

'Übersteigt in den Fällen des Abs. 2 das Ausmaß der Freiheitsstrafe, der Ersatzfreiheitsstrafe oder deren Summe drei Monate, nicht aber sechs Monate, oder sechs Monate, nicht aber ein Jahr, so tritt die Beschränkung der Auskunft nach Abs. 1 erst ein, wenn seit dem Beginn der Tilgungsfrist, im Falle einer Strafe, die ganz oder zum Teil bedingt nachgesehen oder aus der der Verurteilte bedingt entlassen worden ist, aber seit Rechtskraft der bedingten Nachsicht oder dem Zeitpunkt der bedingten Entlassung drei Jahre verstrichen sind.'

Das heißt, eine Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister tritt im vorliegenden Fall erst drei Jahre nach Rechtskraft der bedingten Nachsicht der Strafe ein."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im gegenständlichen Fall kommen folgende Normen zur Anwendung:

§ 4 Abs. 5 Tilgungsgesetz 1972, BGBl. Nr. 68, idF

BGBl. Nr. 762/1996 - TilgG - lautet:

"(5) Verurteilungen, die zueinander im Verhältnis des § 265 der Strafprozessordnung 1960, BGBl. Nr. 98, stehen, gelten für die Tilgung nicht als gesonderte Verurteilungen. Die Tilgungsfrist ist unter Zugrundelegung der Summe der verhängten Strafen nach § 3 zu bestimmen. Das gleiche gilt für Verurteilungen, die wegen derselben Tat im Inland und im Ausland erfolgt sind."

§ 6 TilgG, idF BGBl. I Nr. 146/1999 lautet:

"Beschränkung der Auskunft

§ 6. (1) Schon vor der Tilgung darf über Verurteilungen aus dem Strafregister bei Vorliegen der in den Abs. 2 und 3 genannten Voraussetzungen lediglich Auskunft erteilt werden

...

(2) Die Beschränkung nach Abs. 1 tritt sofort mit Rechtskraft des Urteils ein, wenn

1. keine strengere Strafe als eine höchstens dreimonatige Freiheitsstrafe verhängt worden ist,

...

Bei Geldstrafen ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend, bei Verhängung einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe sind Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zusammenzuzählen. Dabei ist ein Monat dreißig Tagen gleichzuhalten.

(3) Übersteigt in den Fällen des Abs. 2 das Ausmaß der Freiheitsstrafe, der Ersatzfreiheitsstrafe oder deren Summe drei Monate (Z. 1), nicht aber sechs Monate, oder sechs Monate (Z. 2), nicht aber ein Jahr, so tritt die Beschränkung nach Abs. 1 erst ein, wenn seit dem Beginn der Tilgungsfrist, im Fall einer Strafe, die ganz oder zum Teil bedingt nachgesehen oder aus der der Verurteilte bedingt entlassen worden ist, aber seit Rechtskraft der bedingten Nachsicht oder dem Zeitpunkt der bedingten Entlassung drei Jahre verstrichen sind.

(4) Ist über Verurteilungen nur beschränkte Auskunft zu erteilen, so dürfen sie außer für die im Abs. 1 bezeichneten Zwecke in Auskünfte aus dem Strafregister und in Strafregisterbescheinigungen nicht aufgenommen oder darin sonst in irgendeiner Art ersichtlich gemacht werden.

..."

Der Beschwerdeführer ist entgegen der Ansicht der belangten Behörde der Auffassung, dass § 6 Abs. 3 TilgG nicht anwendbar sei. Verurteilungen gemäß den §§ 31, 40 StGB stellten keine Einheit dar, die Strafen seien nicht zusammen zu rechnen.

§ 31 Strafgesetzbuch - StGB - regelt die Strafe bei nachträglicher Verurteilung. Die Norm lautet:

"(1) Wird jemand, der bereits zu einer Strafe verurteilt worden ist, wegen einer anderen Tat verurteilt, die nach der Zeit ihrer Begehung schon in dem früheren Verfahren hätte abgeurteilt werden können, so ist eine Zusatzstrafe zu verhängen. Diese darf das Höchstmaß der Strafe nicht übersteigen, die für die nun abzuurteilende Tat angedroht ist. Die Summe der Strafen darf die Strafe nicht übersteigen, die nach den Regeln über die Strafbemessung beim Zusammentreffen strafbarer Handlungen und über die Zusammenrechnung der Werte und Schadensbeträge zulässig wäre.

(2) Einer früheren inländischen Verurteilung steht eine frühere ausländische auch dann gleich, wenn die Voraussetzungen nach § 73 nicht vorliegen."

Lässt sich das Absorptionsprinzip (§ 28 StGB) nicht mehr durchführen, weil zusammentreffende Straftaten, die nach der Begehungszeit Gegenstand eines Urteils sein könnten, nicht zugleich abgeurteilt werden, z.B. und vor allem, wenn sich nach einer Verurteilung herausstellt, dass der Täter vor diesem Urteil noch eine weitere strafbare Handlung begangen hat, soll der Täter durch die gesonderte Aburteilung der neu hervorgekommenen strafbaren Handlung grundsätzlich nicht schlechter gestellt werden, als er bei gleichzeitiger Aburteilung gewesen wäre. Gemäß § 4 Abs. 5 TilgG erster Satz gelten Verurteilungen, die zueinander im Verhältnis des § 31 StGB stehen, für die Tilgung nicht als gesonderte Verurteilungen. Was für die Tilgung gilt, hat im gleichen Maße für die Beschränkung der Auskunft nach § 6 TilgG zu gelten (Ähnlichkeitsschluss aus § 4 Abs. 5 TilgG; vgl. hiezu auch Kunst-Petrik2, Tilgungsgesetz 1972, Strafregistergesetz 1968 (Kurzkommentar), S. 52).

Die belangte Behörde ist daher im Recht, dass sie die beiden Verurteilungen des Beschwerdeführers durch das LG Feldkirch, welche im Verhältnis des § 31 (und 40) StGB zueinander stehen, als eine einheitliche Verurteilung gewertet hat und die Strafen von je 90 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe (siehe § 6 Abs. 2 vorletzter Satz StGB) zum Zweck der Berechnung des Datums, ab welchem die genannten Verurteilungen der Beschränkung der Auskunft unterliegen, zusammengerechnet hat. Bei solchen Verurteilungen, die im konkreten Zusammenhang rechtlich als eine einheitliche Verurteilung anzusehen sind, bleibt § 6 Abs. 6 TilgG außer Betracht, weil dieser nur bei mehreren Verurteilungen (die eben nicht im Verhältnis des § 31 (und 40) StGB zueinander stehen) zum Tragen kommen kann.

Damit ist die belangte Behörde aber auch im Recht, dass die zu beurteilende Ersatzfreiheitsstrafe von 180 Tagen eine strengere Strafe als eine höchstens dreimonatige Freiheitsstrafe im Sinne des § 6 TilgG ist. Die Verurteilungen unterlagen sohin zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht der Beschränkung der Auskunft gemäß § 6 TilgG.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999010453.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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