TE Vwgh Erkenntnis 2000/6/27 98/14/0198

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Veröffentlicht am 27.06.2000
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §20 Abs1 Z2 litd idF 1996/201;
EStG 1988 §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde der ER in L, vertreten durch Dr. Heinz Buchmayr, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Altstadt 15, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 10. August 1998, Zl. RV86/1-7/1998, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird, soweit sie gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1996 gerichtet ist, als unbegründet abgewiesen.

Über die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1996 wird gesondert entschieden werden.

Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Begründung

Die Beschwerdeführerin bezog im Jahr 1996 aus dem Betrieb eines Botendienstes Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die von ihr geltend gemachten anteiligen Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer wurden weder als Betriebsausgaben noch wurde die darauf entfallende Umsatzsteuer als vorsteuerabzugsfähig anerkannt; ebenso wurde den Abschreibungen für einen dort befindlichen Schreibtisch und einen Schrank die einkommensteuerliche Wirksamkeit versagt. Unbestritten wird das Arbeitszimmer nicht zu mehr als 50 % (in zeitlicher Hinsicht gesehen) für die gewerbliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin benützt.

Den angefochtenen Bescheid begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, die Abzugsfähigkeit der Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sei nur dann gegeben, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen bilde; dies sei dann der Fall, wenn der weitaus überwiegende Teil der Erwerbstätigkeit hinsichtlich der erzielten Einkünfte und hinsichtlich des dafür erforderlichen Zeitaufwands in diesem Arbeitszimmer ausgeübt werde. Der Betrieb eines Botendienstes entfalte sich schwerpunktmäßig außerhalb eines Arbeitszimmers; wesentliches Merkmal eines Botendienstes sei die Zustelltätigkeit, die sich außerhalb der Sphäre abspiele, in der die Verwaltungsarbeit durchgeführt und das Büromaterial gelagert werde. Die im Arbeitszimmer entfaltete betriebliche Tätigkeit betrage durchschnittlich ein bis zwei Stunden täglich. Der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin sei somit als nicht in ihrem Arbeitszimmer gelegen zu definieren. Da die anzuwendende Norm des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. d EStG 1988 eine eindeutige Aussage treffe, könnten die Kosten nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden. Der Aufwand für die Einrichtungsgegenstände sei nur dann abzugsfähig, wenn diese sich in einem im Wohnungsverband gelegenen Arbeitszimmer befinden, das Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ist. Gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 gelten Lieferungen oder sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben im Sinn des § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 5 EStG 1988 sind, nicht als für das Unternehmen ausgeführt. Es könne somit eine mit den berufungsgegenständlichen Ausgaben im Zusammenhang stehende Vorsteuerbegünstigung nicht erfolgen.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde trat dieser nach Ablehnung ihrer Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (B 1830/98).

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. d EStG 1988 in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996 sind Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung nicht abzugsfähig. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei der angefochtene Bescheid deshalb rechtswidrig, weil die zitierte Norm nur dahin verstanden werden könne, dass eine Abzugsfähigkeit nur dann nicht gegeben sei, wenn das Arbeitszimmer nicht vorwiegend oder nur zum Teil betrieblichen Zwecken diene. Es sei Absicht des Gesetzgebers, sich vor Missbräuchen, dass nämlich das Arbeitszimmer als solches neben der entfalteten Tätigkeit noch anderweitig genutzt werden könne, zu schützen. Diene es hingegen zur Gänze der gesamten und beruflichen Tätigkeit, könne weder von einem Missbrauch gesprochen noch vor dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes die Abzugsfähigkeit der Betriebsausgaben versagt werden. Auf die Zahl der im Arbeitszimmer aufgewendeten Arbeitsstunden komme es nicht an.

Dieser Interpretation kann nicht gefolgt werden. Der Gerichtshof sprach im Erkenntnis vom 27. Mai 1999, 98/15/0100, aus, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden, wenn der Gesetzgeber die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für das Arbeitszimmer auch davon abhängig mache, dass es den Mittelpunkt der entsprechenden Betätigung des Steuerpflichtigen darstelle. In verfassungskonformer Interpretation der zitierten Norm sprach der Gerichtshof im bereits erwähnten Erkenntnis 98/15/0100 aus, dass der Mittelpunkt der Tätigkeit im Sinn des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. d EStG 1988 aus der Sicht der einen Einkunftsquelle zu bestimmen und das Tatbestandsmerkmal der gesamten (betrieblichen/beruflichen) Tätigkeit auf die gesamte Betätigung im Rahmen dieses einen konkreten Betriebes abzustellen sei. Ungeachtet dieser Interpretation der genannten Bestimmung sind die auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung nur dann abzugsfähig, wenn dieses Arbeitszimmer den Mittelpunkt der so umschriebenen betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen bildet. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Mai 1999, 98/13/0138, erkannt, dass der Mittelpunkt einer Lehrtätigkeit nicht im Arbeitszimmer, sondern an jenem Ort gelegen sei, an dem die Vermittlung von Wissen und technischem Können selbst erfolge.

Es kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie angesichts der Art der von der Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeit (Botendienst) und des in der Beschwerde unbestritten gebliebenen Umstandes, dass das Arbeitszimmer nur ein bis zwei Stunden täglich benützt wird, dieses nicht als Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin gewertet hat. Ein Abzug der Aufwendungen oder Ausgaben für das Arbeitszimmer der Beschwerdeführerin kommt daher nicht in Betracht. Weiters kann kein Zweifel daran bestehen, dass nach dem Inhalt dieser Bestimmung die Kosten der Einrichtung des Arbeitszimmers dasselbe Schicksal teilen; Schreibtisch und Bürosessel stellen in diesem Sinn eine Einrichtung des Arbeitszimmers dar. Die belangte Behörde hat somit zu Recht auch die AfA für Schreibtisch und Schrank versagt.

Da dem angefochtenen Bescheid in seinem Abspruch über die Einkommensteuer somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde diesbezüglich gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Juni 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998140198.X00

Im RIS seit

27.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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