TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/8 LVwG-2017/16/1856-6

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Veröffentlicht am 08.11.2017
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Entscheidungsdatum

08.11.2017

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §79

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Christoph Lehne über die Beschwerden 1.AA, Adresse 1,**** Y

2. der Frau BB wohnhaft in Adresse 2, **** Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 5.7.2017, Zl, ****

zu Recht erkannt:

1.       Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.       Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird hinsichtlich der Auflage 1.1. wie folgt abgeändert:

3.       1.1. Hinweis:

Die Anlage unterliegt als Arbeitsmittel den Überprüfungspflichten und Unterweisungspflichten der Arbeitsmittel-Verordnung (AM-VO)Gemäß § 14 Abs 2 Z 1 und Z 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz müssen gemäß § 5 Abs 1 Arbeitsmittel-VO (AM-VO) ArbeitgeberInnen dafür sorgen, dass alle ArbeitnehmerInnen, die dieses Arbeitsmittel verwenden, eine angemessene Unterweisung im Sinne des § 14 ASchG erhalten. Gemäß § 5 Abs 2 AM-VO muss die Unterweisung vor der erstmaligen Verwendung von Arbeitsmitteln im Sinne des 14 Abs 2 Z 1 und Z 3 ASchG zumindest beinhalten.

1.Inbetriebnahme,Verwendung,

2.gegebenenfalls Auf-und Abbau

3.Beseitigung von Störungen im Arbeitsablauf der Arbeitsmittel

4.erforderliches Rüsten der Arbeitsmittel

5.für den jeweiligen Zweck vorgesehen Schutzeinrichtungen,

6. notwendige Schutzmaßnahmen.

4.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die seit 24.11.2009, Zl **** bewilligte Materialseilbahn auf die C-Alm die dem Gastgewerbebetrieb „Schutzhaus C-Alm“ auf Gst **1, GB **** Z dient einem Verfahren nach § 79 GewO 1994 unterzogen und wurden die Betriebsvorschriften dahingehend abgeändert und folgende Auflagen zusätzlich aufgenommen:

1.1 die Anlage ist entsprechend den Arbeitnehmerschutzbestimmungen instand zu halten und zu prüfen bzw prüfen zu lassen.

2.19 die Seilbahn darf nur von im Sinn der gesetzlichen Arbeitnehmerschutzbestimmungen nachweislich unterwiesenen erwachsenen Personen bedient oder alleine benutzt werden. Eine Beförderung von weiteren Personen im Rahmen des Werksverkehrs ist nur im genehmigten Umfang und nur unter der Bedingung zulässig, dass eine derart unterwiesene Person mitfährt.

Die belangte Behörde begründete dies mit dem sicherheitstechnischen Gutachten des Sachverständigen der Abteilung ESA. In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde haben die Eigentümerin der Anlage und die Pächterin die Aufhebung dieser Auflagenpunkte beantragt, weil sie ihrer Meinung nach nicht notwendig wären und zusätzlich den Betrieb der Materialseilbahn und des Schutzhauses nur verteuern würden. Aufgrund der Beschwerde wurde im Beschwerdeverfahren eine Verhandlung durchgeführt, bei der der Amtssachverständige der Abteilung ESA und ein Vertreter des Arbeitsinspektorates einvernommen wurden. sowie die Pächterin der Betriebsanlage. Weitere Beweisanträge wurden nicht gestellt. Der erstinstanzliche Akt gilt als verlesen.

Sachverhalt:

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens steht fest, dass besonders im Lichte des in den Medien beschriebenen Unfalls einer Materialseilbahn in X, bei dem mehrere beförderte Personen, die unbegleitet waren, mit der Gondel abgestürzt sind, zusätzliche Auflagen zur Gefahrenabwehr bei Benützung einer Materialseilbahn für jene Personen notwendig sind, die nicht nur die Anlagen bedienen und warten, sondern auch die C-Alm zu einem erlaubten Zweck wie einer Inspektion oder der Wartung einer Anlage etc. aufsuchen. Der Schutz solcher Personen ist derzeit durch die bestehenden Auflagen nicht gewährleistet. Allein durch die Aufsicht der Pächterin bei in der Bedienung der Materialseilbahn ist kein hinreichender Schutz gegeben, da diese von der C-Alm aus die Strecke der Materialseilbahn nur zur Hälfte einsehen kann und zum Beispiel auf plötzlich auftretende Hindernisse beim Betrieb der Materialseilbahn nicht reagieren kann.

Beweiswürdigung:

Sowohl aufgrund der Einvernahme des Arbeitsinspektors als auch des sicherheitstechnischen Sachverständigen ist es schlüssig, dass das bestehende Schutzniveau für Personen, die zu einem erlaubten Zweck mit der Materialseilbahn zum Schutzhaus befördert werden, zu gering ist. Es können Risiken wie bei dem eingangserwähnten Unfall der Materialseilbahn in X im März 2017 entstehen, durch die unter Umständen schwere Personenschäden verursacht werden. Trotz der Schilderung der bisherigen Sicherheitsvorkehrungen durch die Pächterin ist es schlüssig, dass eine Begleitung von transportierten Personen durchgeschulte Arbeitnehmer notwendig ist.

Rechtliche Würdigung:

Die herangezogene Vorschrift des § 79 GewO 1994 lautet:

§ 79. (1) Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, daß bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, daß ihm (zB wegen der mit der Übernahme des Betriebes verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.

(2) Zugunsten von Personen, die erst nach Genehmigung der Betriebsanlage Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 und 3 geworden sind, sind Auflagen im Sinne des Abs. 1 nur soweit vorzuschreiben, als diese zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit dieser Personen notwendig sind. Auflagen im Sinne des Abs. 1 zur Vermeidung einer über die unmittelbare Nachbarschaft hinausreichenden beträchtlichen Belastung durch Luftschadstoffe, Lärm oder gefährliche Abfälle sind, sofern sie nicht unter den ersten Satz fallen, zugunsten solcher Personen nur dann vorzuschreiben, wenn diese Auflagen im Sinne des Abs. 1 verhältnismäßig sind.

(3) Könnte der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen nach Abs. 1 oder 2 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde, so hat die Behörde dem Inhaber der Anlage mit Bescheid aufzutragen, zur Erreichung des hinreichenden Interessenschutzes und der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik innerhalb einer dem hiefür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen; für dieses Sanierungskonzept ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Abs. 1) maßgebend. Im Bescheid, mit dem die Sanierung genehmigt wird, hat die Behörde, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter Auflagen, eine dem Zeitaufwand für die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen entsprechende Frist zur Durchführung der Sanierung festzulegen. § 81 Abs. 1 ist auf diese Sanierung nicht anzuwenden.

(4) Die Behörde hat dem Inhaber einer genehmigten Betriebsanlage, die in einem Sanierungsgebiet liegt und von Anordnungen einer Verordnung gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes - Luft, in der jeweils geltenden Fassung, betroffen ist, erforderlichenfalls mit Bescheid aufzutragen, zur Erfüllung dieser Anordnungen innerhalb einer dem hiefür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage vorzulegen. Im Bescheid, mit dem die Sanierung, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter Auflagen, genehmigt wird, hat die Behörde dem Anlageninhaber die Durchführung der genehmigten Sanierung innerhalb der Sanierungsfrist aufzutragen, die sich aus der Verordnung gemäß § 10 IG-L oder aus dem Programm gemäß § 9a IG-L ergibt. § 81 Abs. 1 ist auf diese Sanierung nicht anzuwenden.

Aus der Sicht des Arbeitsinspektorates (siehe Stellungnahme vom 19.07.2009) ist besonders der angefochtene Auflagenpunkt 2.19 für Arbeitnehmer/innen im Sinne des Arbeitnehmerschutzes bereits durch § 14 Arbeitnehmerschutzgesetz vorgegeben. Aus der Sicht des Arbeitnehmer/innenschutzgesetzes stellt sich nicht die Frage, auf welche Weise bzw welchem Umfang die Unterweisung zu erfolgen hat. Nach § 14 Abs 3 Arbeitnehmerschutzgesetz muss die Anweisung auch auf den Aufgabenbereich des Arbeitnehmers ausgerichtet sein. Sie muss an die Entwicklung der Gefahrenmomente und an die Entstehung neuer Gefahren angepasst sein. Die Unterweisung muss auch die bei absehbaren Betriebsstörungen zu treffenden Maßnahmen umfassen. Für jene Personen, die die Betriebslage zu einem erlaubten Zweck aufsuchen, etwa den Arzt, den Rauchfangkehrer oder Personen , die die Hygienebestimmungen überprüfen, ist dieser Schutz aber derzeit allein aufgrund des Arbeitnehmer/innenschutzgesetzes nicht gegeben und ist die Auflage einer Begleitung durch geschulte Arbeitnehmer notwendig, um deren Schutz zu gewährleisten. Im Übrigen darf darauf hingewiesen werden, dass für sämtliche andere Materialseilbahnen im Bezirk Y diese Auflage 2.19 vorgeschrieben wurde und sonst keine Betreiberin einer Materialseilbahn Beschwerde erhoben hat. Wie der Amtssachverständige der Abteilung ESA überdies ausgeführt hat, handelt es sich nicht nur um eine zusätzliche Gefahrenabwehr, sondern um eine längst erforderliche Anpassung an die EU-Seilbahnrichtlinie 2009/EG. Es wird auch darauf hingewiesen, dass wie der Arbeitsinspektor ausgeführt hat, auch eine mittelbare Verantwortung für Fremdarbeiter, dies beispielsweise eine Baustelle auf dem Schutzhaus betreiben, gegeben ist, weil der Arbeitgeber der Hütte darauf schauen muss, dass die Personen des Fremdarbeitgebers geschult sind. Er muss sich zumindest davon vergewissern.

Wenn auch die bisherigen Auflagen der Betriebsanlage eingehalten werden, ist der zusätzliche Schutz von Personen, die die Betriebsanlage im Sinne des erweiterten Werksverkehrs zu erlaubten Zwecken aufsuchen, absolut notwendig. Es war die Auflage 2.19 vorzuschreiben. Die Auflage 1.1 ist lediglich eine Wiederholung von geltenden Bestimmungen der Arbeitsmittelverordnung und des Arbeitnehmer/innenschutzgesetzes. Diese Auflage ist überflüssig. Es ist nur notwendig, einen Hinweis auf diese Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzes in die Betriebsvorschriften aufzunehmen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Zudem ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Christoph Lehne

(Richter)

Schlagworte

Bisherige Auflagen kein hinreichender Schutz für Benutzer der Materialseilbahn; Spruchkorrektur

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.16.1856.6

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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