TE Vwgh Erkenntnis 2000/8/29 2000/05/0053

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Veröffentlicht am 29.08.2000
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §341;
AVG §56;
BauO NÖ 1996 §14 Z2;
BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §4 Z4;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Maria Hufnagl in Asparn, vertreten durch Dr. Peter Kolb, Rechtsanwalt in Tulln, Wiener Straße 18, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. Jänner 2000, Zl. RU1-B 9917/00, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 10. Oktober 1997 teilte der mit Beschluss des Bezirksgerichtes Tulln vom 20. August 1996 zum Sachwalter der Beschwerdeführerin bestellte RA Dr. W.P. dem Bürgermeister der Gemeinde Langenrohr mit, Leopold Hufnagl sei mit Schreiben der Baubehörde vom 26. September 1997 mitgeteilt worden, dass diverse Baulichkeiten auf dem Grundstück Nr. 344 der EZ 32, KG Asparn, konsenslos errichtet worden seien. Diese Nachricht sei durchschriftlich an die Beschwerdeführerin als Grundeigentümerin zugestellt worden. Als Sachwalter für die Liegenschaftseigentümerin habe der Einschreiter ein dringendes Interesse daran, dass die Liegenschaften nicht durch konsenslose Bauführungen entwertet würden. Einer Bauführung durch wen immer werde keinesfalls die Zustimmung erteilt.

Am 26. Februar 1998 führte die Bezirkshauptmannschaft Tulln eine Überprüfung an Ort und Stelle durch. Die Betriebsanlage wurde von außen besichtigt, ein Vertreter des Anlageninhabers habe nicht erreicht werden können, sodass die Betriebsanlage nicht betreten werden konnte. Bei der Besichtigung der Betriebsanlage von außen wurde unter anderem festgestellt, dass die ursprüngliche Einfriedung des Grundstückes Nr. 344 zum Weggrundstück Nr. 362, beide KG Asparn, aus Betonpfeilern und einem aus Metallstäben bestehenden Zaun bestanden hatte, diese seien teilweise umgeknickt und von Metallteilen überlagert gewesen. Ca. 1,5 m hinter diesem ursprünglichen Zaun sei eine Wand aus Betonfertigteilen (ca. 3 m hoch) errichtet worden. Diese reichte vom Schiebetor bis zur südlichen Grundstücksgrenze des Grundstückes Nr. 344, KG Asparn.

Am 14. Jänner 1999 führte die Bezirkshauptmannschaft Tulln eine weitere Verhandlung an Ort und Stelle durch, auch während dieser Verhandlung wurde festgestellt, dass entlang der westlichen Grundstücksgrenze des Grundstückes Nr. 344 in einem Abstand von ca. 1,5 m parallel zur Grundstücksgrenze eine ca. 3 m hohe Wand errichtet war, wobei sich die tragenden Teile aus senkrecht in Fundamenten eingelassenen I-Profilen und aus in die Flanschen eingeschobenen Betonfertigteilen zusammensetzte. Für diese Wand liege keine baubehördliche Bewilligung vor.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 6. März 1999 wurde die Beschwerdeführerin davon in Kenntnis gesetzt, dass bei der Überprüfungsverhandlung am 14. Jänner 1999 festgestellt worden sei, dass an der westlichen Grundstücksgrenze des Grundstückes Nr. 344, KG Asparn, eine ca. 3 m hohe Wand errichtet worden sei, für die keine baubehördliche Bewilligung bestehe. Die Beschwerdeführerin werde als Eigentümerin aufgefordert, binnen drei Wochen ab Zustellung des Schreibens einen entsprechenden Antrag um baubehördliche Bewilligung mit den erforderlichen Beilagen einzubringen; ein ähnliches Schreiben erging an Leopold Hufnagl.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 19. Juli 1999 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 der NÖ Bauordnung 1996 der Auftrag erteilt, die ca. 3 m hohe Wand auf dem Grundstück Nr. 344, die in einem Abstand von 1,5 m parallel zur westlichen Grundstücksgrenze verlaufe, zu beseitigen. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, sie sei nicht Eigentümerin, jedenfalls nicht Alleineigentümerin der gegenständlichen Grundstücke, die gegenständliche Mauer sei im Zuge der dort situierten Betriebsanlage errichtet worden, sodass der Betriebsanlagenbetreiber mit einem allfälligen Abbruchauftrag zu konfrontieren gewesen wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Abbruchauftrag habe sich an den Eigentümer des abzubrechenden Bauwerkes, also gemäß § 297 ABGB im Zweifel an den Eigentümer des Grundstückes, zu richten. Dasselbe gelte bei Miteigentum. Die Frage, ob an alle Miteigentümer ein solcher baupolizeilicher Auftrag zu erteilen sei, sei nicht im Auftragsverfahren zu prüfen, sondern erst in einem etwaigen Verwaltungsvollstreckungsverfahren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, von Rechtsanwalt Dr. W. P. ausdrücklich genehmigte Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird zunächst ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei Hälfteeigentümerin unter anderem der "verfahrensgegenständlichen Liegenschaften" gewesen. Mit Übergabevertrag bzw. Kaufvertrag vom 24. Mai 1996 habe sie ihrem Sohn Leopold Hufnagl jun. das in ihrem Hälfteeigentum stehende Objekt käuflich überlassen. Hinsichtlich des Grundeigentums an der verbleibenden Liegenschaftshälfte sei festzuhalten, dass diese ursprünglich im Eigentum des Leopold Hufnagl sen. gestanden sei, nach dessen Ableben habe Leopold Hufnagl jun. als Testamentserbe sein Erbrecht geltend gemacht. Die gesetzlichen Miterben hätten dieses Testament wegen eines Formmangels bekämpft, mittlerweile sei die Entscheidung des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht dahingehend ergangen, dass das gegenständliche Testament als ungültig anzusehen sei. Die grundbücherliche Durchführung des die Maria Hufnagl betreffenden Kaufvertrages sei daran gescheitert, dass im Zuge der Anfechtung des Testamentes unter anderem auch der Übergabevertrag angefochten, jedoch auf Grund einer Entscheidung des Bezirksgerichtes Tulln der gegenständliche Vertrag als rechtsgültig angesehen worden sei. Es sei sohin die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt des gegenständlichen Verfahrens Eigentümerin oder Miteigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft gewesen und daher nicht Bescheidadressatin.

Zu diesem Vorbringen ist zu bemerken, dass schon aus dem Beschwerdevorbringen selbst hervorgeht, dass der Übergabevertrag bzw. Kaufvertrag vom 24. Mai 1996 als rechtsgültig angesehen wurde, die grundbücherliche Durchführung aber nicht erfolgte. Somit war die Beschwerdeführerin aber zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch bücherliche Eigentümerin jenes Hälfteanteiles, den sie mit Übergabevertrag bzw. Kaufvertrag vom 24. Mai 1996 an ihren Sohn Leopold Hufnagl jun. übertragen hatte, da ein Kaufvertrag nur den Titel des Eigentumsüberganges schafft, aber nicht die Übertragung des Eigentumsrechtes bewirkt.

Weiters wurde in der Beschwerde ausgeführt, Leopold Hufnagl habe lediglich Fertigbetonelemente (nicht an der Grundgrenze, sondern im inneren Bereich der Betriebsanlage) aufgestellt; es handle sich hiebei, wie bei Schnellstraßen und Autobahnbereichen mit Gegenverkehr, um Fertigbetonelemente in Metallrahmen, die nach unten eine Verbreiterung aufwiesen und daher über eine entsprechende Standsicherheit verfügten. Die Fertigbetonelemente seien weder mit dem Boden fest verbunden, noch stünden sie miteinander in Verbindung, es handle sich somit um Fahrnisse, die jederzeit verbracht werden könnten. Es handle sich bei den Fertigbetonteilelementen um keine baubewilligungspflichtige Bauführung. Die gegenständlichen Betonteilelemente stünden nicht einmal im Bereich der Grundgrenze, selbst im Falle des Umfallens könnten sie sohin firmen- und betriebsfremde Personen in keiner Weise gefährden. Hinsichtlich des Betriebes im Inneren sei auszuführen, dass die Betriebsanlage zwar als solche genehmigt sei, aber nicht betrieben werde, es bestehe sohin auch keine Gefährdung für andere Personen, da im Inneren der Betriebsanlage nur Leopold Hufnagl jun. in Erfüllung seiner Räumungspflicht im Bereich dieser Anlage tätig sei.

Gemäß § 14 Z. 2 der NÖ BO 1996 bedarf die Errichtung von baulichen Anlagen, durch welche Gefahren für Personen und Sachen oder ein Widerspruch zum Ortsbild (§ 56) entstehen oder Rechte nach § 6 verletzt werden könnten, einer Baubewilligung.

Gemäß § 4 Z. 3 leg. cit. ist ein Bauwerk ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist; laut Z. 4 dieser Bestimmung sind alle Bauwerke, die nicht Gebäude sind, bauliche Anlagen.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Errichtung der gegenständlichen, 3 m hohen und parallel zur Grundgrenze verlaufenden Mauer aus Fertigbetonteilelementen zu ihrer fachgerechten Herstellung eines wesentlichen Maßes bautechnischer Kenntnisse bedarf, weil schon wegen des zu erwartenden Winddruckes die Verbindung der einzelnen Teile mit den Stahlrahmen wesentliche bautechnische und statische Kenntnisse erfordert. Schon auf Grund der in den Boden in Fundamenten eingelassenen I-Profile ist auch die kraftschlüssige Verbindung mit dem Boden gegeben. Die gegenständliche Anlage ist daher als bauliche Anlage im Sinne des § 4 Z. 4 NÖ BO 1996 zu qualifizieren.

Der Argumentation in der Beschwerde, selbst beim Umstürzen könne diese ca. 1,5 m von der Grundgrenze entfernte Mauer keine Personen gefährden, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen: Stürzt eine 3 m hohe Mauer, die eineinhalb Meter von der Grundgrenze entfernt ist, um, ergibt schon eine einfache Rechenoperation, dass Teile dieser Mauer über die Grundgrenze stürzen können. Überdies ist eine Gefährdung auch dann gegeben, wenn die Mauer nicht über die Grundgrenze hinaus oder in die Gegenrichtung stürzt und "nur" der Betriebsinhaber gefährdet ist. Mit Recht ist daher die belangte Behörde davon ausgegangen, dass durch die Errichtung der baulichen Anlage Gefahren für Personen entstehen könnten. Damit unterlag aber die gegenständliche Mauer der Bewilligungspflicht des § 14 Z. 2 der NÖ BO 1996. Da keine Baubewilligung beantragt wurde, ist der auf § 35 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gestützte Beseitigungsauftrag zu Recht ergangen.

Da die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bücherliche Hälfteeigentümerin war, und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Superädifikat eines Dritten vorliege, ist der Abbruchauftrag zu Recht an die Beschwerdeführerin ergangen. Wenn in der Beschwerde noch ausgeführt wird, dass ein derartiger Abbruchauftrag auch in der Realität nicht durchführbar wäre, weil es sich um Fertigbetonelemente handle, die frei (mit maschineller Hilfe) beweglich seien, sodass bereits dem Begehren um Abbruch jegliche Rechtsgrundlage fehle, da an einer beweglichen Sache nichts "abgebrochen" werden könne, so ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtmäßigkeit eines Abbruchauftrages nicht davon abhängt, ob die Durchführung des Abbruches mit technischen Schwierigkeiten verbunden ist, sondern allein daran geknüpft ist, dass ein bewilligungspflichtiges Bauwerk ohne die erforderliche Bewilligung errichtet wurde.

Die Frage, wo die entfernten Fertigbetonteilelemente gelagert werden, ist nicht in einem Verfahren, in welchem ein Bauauftrag gemäß § 35 Abs. 2 NÖ BO erlassen wird, zu klären.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. August 2000

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 bauliche Anlage Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000050053.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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