TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/25 VGW-211/005/RP23/11036/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.2017
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Entscheidungsdatum

25.09.2017

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Wr §129 Abs10
AVG §68 Abs1
AVG §68 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Landesrechtspflegerin Ing. Zant über die Beschwerde der Frau K. L., vertreten durch RA, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei – Gebietsgruppe …, Bauinspektion, vom 9.12.2016, Aktenzahl MA37/1747645-2014-11, mit welchem das Ansuchen um Erstreckung der Erfüllungsfrist des rechtskräftigen Auftrages vom 22.5.2015, zur selbigen Zahl, zurückgewiesen wurde, zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Entscheidungsgründe

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der Magistratsabteilung 37 vom 22.5.2015, Zl. MA 37/..-1747645-2014-,1 wurde der nunmehrigen Beschwerdeführerin und einem weiteren Eigentümer in 11 Spruchpunkten gemäß § 129 Abs. 2, 4 und 10 der Bauordnung für Wien (BO) der Auftrag erteilt, binnen einer Frist von sechs Monaten nach Rechtskraft des Bescheides auf der Liegenschaft Wien, D.-platz, mehrere Baugebrechen und Vorschriftswidrigkeiten zu beseitigen.

Mit den Bescheiden vom 19.2.2016, Zl. MA 37/..-1747645-8, vom 7.7.2016, Zl. MA 37/..-1747645-2014-10 und vom 13.10.2016, Zl. MA 37/..-1747645-2014-11 wurden durch die Magistratsabteilung 37 gemäß § 68 Abs. 2 AVG mehrere Fristerstreckungen, bis insgesamt 31.12.2016, gewährt.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 9.12.2016, Aktenzahl MA37/1747645-2014-11, wurde das neuerliche Ansuchen um eine weitere Erstreckung der Erfüllungsfrist gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 68 Abs. 1 AVG Anbringen, die die Abänderung eines der Beschwerde nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache abzulehnen seien und das bereits mehrere Fristerstreckungen mit Bescheid gewährt wurden und somit ausreichend Zeit für die Erfüllung des Auftrages war.

Dagegen richtet sich die durch die Beschwerdeführerin rechtzeitig eingebrachte Beschwerde. in welcher unter anderem ausgeführt wurde, dass sich die beauftragte Firma in einer sehr angespannten finanziellen Situation befand und die Arbeiten nur sehr schleppend durchführte bzw. auch nicht abschloss, da das Konkursverfahren eröffnet wurde. Auch wurde festgestellt, dass die Arbeiten äußerst mangelhaft durchgeführt wurden. Die Beauftragung einer neuen Firma soll im Jänner 2017 erfolgen. Die Spruchpunkte 1, 4, 5, 6, 7 und 8 des Bauauftragsbescheides seien zudem bereits erledigt. Grundsätzlich ziehe die Beschwerdeführerin die Angemessenheit nicht Zweifel, doch waren weder die Insolvenz der beauftragten Firma noch die mangelhaften Arbeiten des Folgeunternehmens vorhersehbar. Die Schritte zur neuerlichen Beauftragung wurden umgehend gesetzt und hätte die Behörde daher im Rahmen ihres gesetzlichen Ermessens dem Friststreckungsantrag stattgeben müssen.

Nach Vorlage des gegenständlichen Beschwerdeaktes am 8.8.2017, teilte die Magistratsabteilung 37 dem Verwaltungsgericht Wien mit Schreiben vom 10.8.2017 mit, dass bei einer Erhebung vor Ort am 9.8.2017 festgestellt wurde, dass die Punkte 1 und 9 des Bescheides noch nicht erfüllt wurden.

In Ihrer Gegenäußerung vom 5.9.2017 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass die Stellungnahme der MA 37 unrichtig bzw. nicht mehr aktuell sei, da die Sanierung des Innenhofes seit längerem abgeschlossen sei, jedoch Baumängel bestünden. Der Einbau des Kellerfensters (Spruchpunkt 9) konnte mittlerweile abgeschlossen werden.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Ein Ansuchen um Fristerstreckung stellt ein Begehren auf Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides dar, da die Erfüllungsfrist gemäß § 59 Abs. 2 AVG einen Bestandteil des Spruches des Bescheides bildet.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Gemäß § 68 Abs. 2 AVG können von Amts wegen Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. Auf die Ausübung des der Behörde demgemäß zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts steht gemäß § 68 Abs. 7 AVG niemandem ein Anspruch zu.

Vorweg ist festzuhalten, dass in der Bauordnung für Wien keine Bestimmung vorgesehen ist, nach der die bescheidmäßige Frist für die Behebung von Konsenswidrigkeiten verlängert werden kann. Die gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien in einem Bescheid festgesetzte Erfüllungsfrist stellt - als eine Frist gemäß § 59 Abs. 2 AVG - einen Bestandteil des Spruches des baupolizeilichen Auftrages dar und ist von dessen Rechtskraft erfasst. Ein Antrag auf Verlängerung (Erstreckung) der Erfüllungsfrist kann daher nur als Antrag auf Abänderung des rechtskräftigen baupolizeilichen Auftrages angesehen werden. Einem Ansuchen um Verlängerung der Erfüllungsfrist eines baupolizeilichen Auftrages steht daher gemäß § 68 Abs. 1 AVG res iudicata entgegen (VwGH vom 24.2.2004, Zl. 2004/05/0022 und vom 16.9.1997, Zl. 97/05/0209, m. w. N.). Diese Judikatur ist nach Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes auch auf Bauaufträge gemäß § 129 Abs. 10 BO für Wien anzuwenden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem zuletzt zitierten Erkenntnis auch darauf hingewiesen, dass die Festsetzung der Erfüllungsfrist nicht losgelöst von der Vorschreibung einer Verbindlichkeit zu einer Leistung oder Herstellung eines bestimmten Zustandes erfolgen kann, sondern immer untrennbar mit der Vorschreibung zur Erbringung einer Leistung oder Herstellung eines Zustandes verbunden ist. Die Änderung der Erfüllungsfrist einer rechtskräftigen Vorschreibung stellt daher eine Änderung des rechtskräftigen Bescheides dar, mit welchem die Erbringung einer Leistung oder Herstellung eines bestimmten Zustandes angeordnet ist. "Sache" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG ist somit keinesfalls die Erfüllungsfrist für sich allein, losgelöst von der ausgesprochenen Verbindlichkeit. Änderungen der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse seit der Erlassung des Bauauftrages sind im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen, betreffen aber keine Umstände, die bei der Bestimmung einer angemessenen Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung eines bestimmten Zustandes und somit auch bei der Verlängerung der Erfüllungsfrist gemäß § 59 Abs. 2 AVG zu beachten sind. Ob eine Behörde von dem Abänderungs- und Behebungsrecht nach § 68 Abs. 7 AVG Gebrauch machen will, ist in ihr freies Ermessen gestellt (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), zu E 233 bei § 68 AVG, Seiten 1442 f, referierte VwGH Rechtsprechung).

Bei Bemessung der Erfüllungsfrist ist auf die technische Durchführbarkeit der Arbeiten und nicht etwa auf die Dauer eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens Bedacht zu nehmen (VwGH vom 18.12.2006, Zl. 2005/05/0343).

Entsprechend der wiedergegeben Judikatur stellt daher die Frist eines Bauauftrages einzig und allein auf den Zeitraum für die im Bauauftrag vorgeschriebene Maßnahme ab. Die im gegenständlichen Fall aufgetretenen Probleme, aufgrund der Insolvenz der beauftragten Firma und der mangelhaften Ausführung, fanden seitens der Behörde durch die Stattgabe von insgesamt drei Anträgen auf Verlängerung der Erfüllungsfrist ausreichend Berücksichtigung und hat daher die Behörde von ihrem Ermessenspielraum im Sinne der Beschwerdeführerin ausreichend Gebrauch gemacht.

Des Weiteren sei abschließend anzumerken, dass mit dem letzten Antrag die Verlängerung der Erfüllungsfrist bis 30.6.2017 begehrt wurde und dieser Zeitpunkt, aufgrund der verzögerten Vorlage der Beschwerde durch die Behörde, bereits weit überschritten ist.

Dem angefochtenen Bescheid haftet daher keine Rechtswidrigkeit an, wenn die belangte Behörde - in Bestätigung des Bauauftrages - den beschwerdegegenständlichen Antrag zurückgewiesen hat und war daher dieser spruchgemäß zu bestätigen.

Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 3 VwGVG entfallen.

Schlagworte

Baugebrechen; Vorschriftswidrigkeiten; Fristerstreckung; Erfüllungsfrist; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.211.005.RP23.11036.2017

Zuletzt aktualisiert am

07.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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