TE Lvwg Erkenntnis 2017/7/27 LVwG-1-904/2016-R14

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Veröffentlicht am 27.07.2017
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Entscheidungsdatum

27.07.2017

Norm

GütbefG 1995 §19 Abs3 Z7
GütbefG 1995 §19 Abs1
GütbefG 1995 §19 Abs2
KFG 1967 §103 Abs1 Z3 lita

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Katharina Feuersinger über die Beschwerde des T B, vertreten durch Thum Weinreich Chyba Reiter Rechtsanwälte OG, St. Pölten, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft D vom 27.10.2016, Zl X-9-2016/41277, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 20 % der über ihn verhängten Geldstrafe, mindestens jedoch 10 Euro zu bezahlen. Daher ergibt sich ein Kostenbeitrag von 30 Euro. Dieser Betrag ist zusammen mit der Geldstrafe und dem Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens an die Bezirkshauptmannschaft D zu entrichten.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.              Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe als gemäß § 9 VStG verantwortliches, zur Vertretung der Firma C Gesellschaft mbH, W N, N, diese sei Zulassungsbesitzerin des LKW mit dem Kennzeichen XXX, nach außen berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) zu verantworten, dass die Firma C Gesellschaft mbH den LKW D A G zum Lenken überlassen habe, obwohl dieser keinen von der Behörde erteilten erforderlichen Fahrerqualifizierungsnachweis (Code 95) besitze. Das genannte Fahrzeug sei am 06.07.2016 um 14:03 Uhr in D, Sstraße, Richtung R, von der genannten Person gelenkt worden. Die Bezirkshauptmannschaft erblickte hierin eine Übertretung des § 103 Abs 1 Z 3 lit a Kraftfahrgesetz 1967 (KFG). Es wurde eine Geldstrafe von 150 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden festgesetzt.

2.              Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser wird im Wesentlichen Folgendes vorgebracht: Der Grund für die Bestrafung sei der Vorwurf, dass die erkennende Behörde zum Ergebnis gekommen sei, dass D G, ein Mitarbeiter des Unternehmens, bei dem der Beschwerdeführer CEO sei, nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 19 Abs 3 (7) Güterbeförderungsgesetz falle und er somit §103 Abs 1 Z 3 lit a KFG verletzen würde. Der Beschwerdeführer sei CEO der C GmbH mit Sitz in W N. Bei dem Unternehmen handle es sich um ein solches, welches sieben Niederlassungen in ganz Österreich aufweise und etwa 200 Mitarbeiter beschäftige. Der Beschwerdeführer habe mit dem Bereich Fuhrpark in keinster Weise etwas zu tun. Diesbezüglich sei auf ein bereits an die Bezirkshauptmannschaft übermitteltes Organigramm zu verweisen, welches nochmals vorgelegt werde. Der Beschwerdeführer habe kein Verschulden zu verantworten. Die Überprüfung der genauen Lenkberechtigungen von eingesetzten Fahrzeugen falle nicht in den Zuständigkeitsbereich des Beschwerdeführers.

Beim Bediensteten D G handle es sich um einen Mitarbeiter der C GmbH. Er sei im Außendienst tätig, was bedeute, dass er Kunden der C GmbH turnusmäßig abfahre und diese Kunden mit den Produkten der GmbH versorge. Die Tätigkeit beschränke sich jedoch nicht nur auf die Anlieferung diverser Waren, sondern umfasse der Tätigkeitsbereich auch die Montage dieser Waren an Ort und Stelle. Hierfür benötige er technisches Knowhow, wann und in welcher Art und Weise diese Waren ausgetauscht werden müssten. Die Vertragsbeziehung der C GmbH zu ihren Kunden sei dergestalt, dass geschuldete Leistung nicht bloß das Anliefern diverser Waren sondern eben das selbständige Austauschen und die Montage derselben sei. Nach Meinung des Beschwerdeführers erfülle daher die Tätigkeit des D G den Ausnahmetatbestand des § 19 Abs 3 Z 7 Güterbeförderungsgesetz und es sei nicht notwendig, dass dieser einen entsprechenden Fahrerqualifikationsnachweis (Code 95) mitzuführen habe. Es sei klar zu sagen, dass die Hauptbeschäftigung des D G nicht das Lenken des LKW sei. Weiters handle es sich beim transportieren Material um solches, das der Lenker unmittelbar zur Ausübung seines Berufes benötige. Die Kerntätigkeit bestehe in der Versorgung der Kunden mit diversen Hygieneprodukten, welche an Ort und Stelle durch D G nachgerüstet werden müssten.

3.              Das Landesverwaltungsgericht hat in dieser Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der LKW mit dem amtlichen Kennzeichen XXX wurde am 06.07.2016 um 14:03 Uhr von D A G, der auf dem Weg zum nächsten Kunden war, in D auf der Sstraße Richtung R, gelenkt. Im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle wurde festgestellt, dass D A G keinen Fahrerqualifizierungsnachweis mitführte. Zum Tatzeitpunkt hatte D A G keine Code 95-Ausbildung.

Der genannte LKW ist auf die C Gesellschaft mbH, W N, N, zugelassen. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer dieses Unternehmens und war dies auch zum Tatzeitpunkt.

D A G wurde als Servicetechniker bei der Firma C Gesellschaft mbH eingestellt und war dort neun Jahre tätig. Wer konkret die Einstellung des D A G durchgeführt hat, war nicht mit Sicherheit feststellbar.

Er war gemäß einem vorgegebenen Tourenplan eingesetzt, den er mit dem ihm zugeteilten LKW bewerkstelligte. Er hatte im Schnitt ca 40 Kunden (Schulen, Kindergärten, Firmen und Gastronomie) in den Bezirken B und D zu betreuen. Dabei fuhr D A G mit dem genannten LKW von zu Hause los, fuhr, wenn er mit allen Kunden fertig war, zur Firma, um auszuladen und Material für die Kundschaft des nächstens Tages einzuladen, fuhr in weiterer Folge mit dem neu beladenen LKW nach Hause, von wo er die Tour am nächsten Tag startete.

Die Hauptbeschäftigung des D A G bestand in der Anlieferung diverser Produkte der C Gesellschaft mbH (Handtuchrollen für Handtuchhalter, Schmutzfangmatten, Ladycare-Artikel, Duft- und Seifenspender) und Austausch dieser (verschmutzten oder geleerten) Artikel in der gleichen Menge. Zum Aufgabenbereich des D A G gehörten – in untergeordneter Rolle – auch die Montage, etwa von Seifenspendern oder Handtuchrollenhaltern, wobei er die Montagen selbst ausführte und auch Werkzeug dafür mitführte sowie Reparaturen dieser Artikel. Reparaturen kamen wöchentlich vor, neue Montagen ein- bis zweimal im Monat, jedoch nicht jeden Monat.

Die Firma C Gesellschaft mbH hat sieben Niederlassungen in Österreich, darunter einen Standort in W. Für diesen Standort gibt es einen Gebietsleiter sowie eine Assistentin, vier Fahrer und einen Lageristen.

4.              Dieser Sachverhalt wird aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere aufgrund der Zeugenaussage des Mitarbeiters D A G im Rahmen der mündlichen Verhandlung sowie aufgrund der Stellungnahme des Meldungslegers vom 31.08.2016, als erwiesen angenommen.

Unstrittig ist, dass D A G zum Tatzeitpunkt ein Mitarbeiter der C Gesellschaft mbH war und bei der Kontrolle keinen Fahrerqualifikationsnachweis mitführte bzw auf Verlangen dem kontrollierenden Polizeibeamten der Landesverkehrsabteilung aushändigen konnte. Weiters wird nicht bestritten, dass D A G den gegenständlichen LKW zum Tatzeitpunkt gelenkt hat.

Die Feststellungen zur Hauptbeschäftigung des Mitarbeiters D A G basieren einerseits auf den Angaben des Beschwerdeführers, andererseits auf der glaubwürdigen Zeugenaussage des D A G im Rahmen der mündlichen Verhandlung:

Dass D A G im Außendienst tätig war, Kunden der C Gesellschaft mbH turnusmäßig abfuhr und diese Kunden mit Produkten der C Gesellschaft mbH versorgte sowie, dass sich die Tätigkeit nicht nur auf die Anlieferung dieser Waren beschränkte, sondern der Tätigkeitsbereich des D A G auch die Montage dieser Waren direkt an Ort und Stelle umfasste, ist Gegenstand des Beschwerdevorbringens. Der Zeuge D A G hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass der 06.07.2016 ein typischer Arbeitstag gewesen sei, er würde eine Kundschaft anfahren, im Schnitt ungefähr 40 Kunden pro Tag, ua Schulen, Kindergärten, Firmen, Gastronomie im Raum B und D, wobei er auch Reparieren und Montieren müsse. Bei der Kundschaft würde er die schmutzigen Handtuchrollen abholen und im gleichen Zug die sauberen bringen. Es würden auch Schmutzfangmatten ausgetauscht werden, dh, die dreckigen würden mitgenommen, die sauberen gebracht werden. Weiters würden Ladycare-Artikel ausgetauscht, Duftspender in den WC´s befüllt werden. Diese Aussage wird auch durch die vom amtshandelnden Polizeibeamten festgestellte und in der Stellungnahme vom 31.08.2016 beschriebene Ladung – Handtuchrollen, Ladycare-Artikel sowie Retourware – sowie durch Lieferscheine und eine Ladeliste belegt.

Zum Ausmaß seiner Tätigkeiten führte der Zeuge weiter an, er habe in erster Linie serviciert. Das Servicieren der Produkte sei grundlegend gewesen. Wenn er von Montage rede, meine er Seifenspender oder Handtuchspender, die dem Kunden an die Wand montiert worden seien. Von Reparaturen seien etwa Handtuchspender betroffen gewesen. Reparaturen seien wöchentlich vorgekommen, neue Montagen ein-, zweimal im Monat, jedoch habe es auch Monate ohne Montagen gegeben. Nachdem er mit allen Kunden fertig gewesen sei, sei er zur Firma gefahren, habe ausgeladen und Material für die Kundschaft am nächsten Tag geholt, den LKW wieder beladen und sei mit dem beladenen LKW nach Hause gefahren, um von dort aus am nächsten Tag wieder zu starten.

Die Feststellung, dass es am Standort W einen Gebietsleiter (A F) gab, ergibt sich aus dem vorgelegten Organigramm. Hingegen ist daraus weder der Aufgabenbereich des Gebietsleiters noch jener der darüber hinaus angeführten Personen (A B, R D, C L, S A) ersichtlich. Lediglich bei M B ist „Lager“ beigefügt. Darüber hinausgehende Dokumente hat der Beschwerdeführer weder der Behörde noch dem Landesverwaltungsgericht vorgelegt.

Erst aufgrund der Zeugenaussage des D A G konnte festgestellt werden, dass der „Depotchef“ ihm weder den LKW zugewiesen noch die Tourenplanung gemacht, sondern lediglich die Einteilung der Fahrer vorgenommen habe. Er habe ein Formular vom Depotleiter bekommen, das er im LKW mitgeführt habe, um es vorzuweisen. Aus dem habe sich ergeben, dass sie – gemeint die Fahrer der C Gesellschaft mbH – keinen Fahrerqualifizierungsnachweis brauchen würden. Der Depotleiter habe ihm – dem Zeugen – jedoch nicht mitgeteilt, dass er den Fahrerqualifizierungsnachweis nicht brauche, sondern sei dies von „weiter oben“ gekommen.

Das Landesverwaltungsgericht hat keine Zweifel an diesen Angaben des Zeugen D A G. Dieser Zeuge war insgesamt neun Jahre bei der Firma C Gesellschaft mbH beschäftigt. Dass er sein Tätigkeitsfeld in diesem Zeitraum gewechselt hätte, ist nicht hervorgekommen. Es ist dem Zeugen D A G daher zuzutrauen, dass er seine damalige Hauptaufgabe kennt, diese genau beschreiben kann und auch fähig ist, das Verhältnis zu anderen, von ihm zu verrichtenden Aufgaben darzustellen. Weiters darf nach der doch langen Beschäftigungsdauer von neun Jahren unterstellt werden, dass einem Mitarbeiter die gesellschaftlichen Strukturen bekannt sind und er sich zu den Aufgaben des Gebietsleiters Äußerungen treffen kann.

5.1             Gemäß § 19 Abs 1 Güterbeförderungsgesetz, BGBl Nr 593/1995, idF BGBl I Nr 32/2013, haben Lenker von Kraftfahrzeugen gemäß § 1 Abs 1, unbeschadet § 14 GGBG, BGBl I Nr 145/1998,

1.   die Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder

2.   Staatsangehörige eines Drittlandes sind und die von einem in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen beschäftigt oder eingesetzt werden, und

denen nach dem 9. September 2009 eine Lenkberechtigung für die Klassen C1 oder C erstmals erteilt wurde, einen von der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaates ausgestellten Fahrerqualifizierungsnachweis mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen auszuhändigen.

Gemäß § 19 Abs 2 Güterbeförderungsgesetz haben die in Abs 1 Z 1 und 2 genannten Lenker, denen vor dem 10. September 2009 eine Lenkberechtigung für die Klassen C1 oder C erstmals erteilt wurde, ab dem 10. September 2014 einen von der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaates ausgestellten Fahrerqualifizierungsnachweis mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen auszuhändigen.

Gemäß § 19 Abs 3 Z 7 Güterbeförderungsgesetz sind von den Bestimmungen der Abs 1 und 2 Lenker von Kraftfahrzeugen zur Beförderung von Material oder Ausrüstung, das der Lenker zur Ausübung seines Berufs verwendet, ausgenommen, sofern es sich beim Lenken des Fahrzeugs nicht um die Hauptbeschäftigung des Fahrers handelt (Handwerkerregelung).

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, dass die Tätigkeit des D A G den Ausnahmetatbestand (Handwerkerregelung) erfüllt und es daher nicht notwendig sei, dass dieser einen Fahrerqualifikationsnachweis (Code 95) mitzuführen habe.

Zur Anwendung der Handwerkerregelung ist darauf abzustellen, in welcher Tätigkeit das Hauptaugenmerk der Beschäftigung im Einzelfall liegt. Wesentlich ist, dass der Lenker die selbst bearbeiteten Güter beim Kunden anliefert und dort weiterbearbeitet bzw dass die Hauptbeschäftigung nicht die Lieferung, sondern die Gestaltung, Fertigung, Errichtung oder Reparatur von diversen Gegenständen ist. Sofern die Verarbeitung, die Gestaltung oder die Errichtung der transportierten Ware die vordergründige (Dienst-)Leistung darstellt, wird der Transportaspekt davon konsumiert und tritt die Ausnahmeregelung in Kraft.

Dies trifft auf den gegenständlichen Fall gerade nicht zu. Die Haupttätigkeit des Mitarbeiters D A G zum Tatzeitpunkt bestand im Abfahren von Kunden gemäß einer vorab festgelegten Kundenliste, um dort saubere Artikel des Unternehmens C GmbH, wie Stoffhandtuchrollen, Staubfangmatten anzuliefern und verschmutzte Artikel gleicher Art und Menge abzuholen, Ladycare-Artikel auszutauschen, Duftspender im WC zu befüllen etc. Dies bei durchschnittlich 40 Kunden pro Tag. Hingegen kamen durch D A G durchgeführte Reparaturen mit eigens dafür mitgeführtem Werkzeug und die Montage von neuen Handtuchrollenhaltern, Seifenspendern etc demgegenüber nur wöchentlich oder gar nur monatlich (unregelmäßig) vor und damit im Vergleich in einem klar untergeordneten Ausmaß.

Unternehmen, bei welchen die Lieferung der Ware im Vordergrund steht und der Einbau oder die Reparatur nur als Zusatzleistung angeboten wird, fallen nicht unter die dargestellte gesetzliche Ausnahme. Daraus folgt, dass der LKW-Fahrer D A G zusätzlich zur Lenkberechtigung der Klassen C1 oder C eine Fahrerqualifizierung (Code 95) benötigt hätte, denn die Hauptbeschäftigung bestand nicht darin, die Ware, die er transportiert hatte, zu be- oder verarbeiten.

Daraus folgt, dass die Ausnahmeregelung des § 19 Abs 3 Z 7 Güterbeförderungsgesetz im konkreten Fall – entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers – nicht zur Anwendung gelangt.

5.2              Gemäß § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG, BGBl Nr 267/1967 idF , darf der Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kraftfahrzeuges oder die Verwendung seines Anhängers nur Personen überlassen, die die erforderliche Lenkberechtigung und das erforderliche Mindestalter oder das erforderliche Prüfungszeugnis über den erfolgreichen Abschluss der Lehrabschlussprüfung des Lehrberufes Berufskraftfahrer oder den erforderlichen Fahrerqualifizierungsnachweis (Code 95) besitzen.

Gemäß § 134 Abs 1 KFG, BGBl Nr 267/1967 idF , begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer unter anderen diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt.

Aus den unter Punkt 3. getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass die C Gesellschaft mbH als Zulassungsbesitzerin zum Tatzeitpunkt den LKW mit dem Kennzeichen XXX dem Mitarbeiter D A G zum Lenken gemäß einem vorgegebenen Tourenplan überlassen hat, obwohl dieser den dafür erforderlichen (vgl oben Punkt 5.1) Fahrerqualifizierungsnachweis (Code 95) nicht besaß.

Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers:

Fest steht, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Gesellschafter der Zulassungsbesitzerin C Gesellschaft mbH, W N, N und damit das zur Vertretung nach außen berufene Organ war. Der Beschwerdeführer bestreitet seine strafrechtliche Verantwortlichkeit insoweit, als er vorbringt, mit dem Fuhrpark in keinster Weise etwas zu tun zu haben und diesbezüglich auf das übermittelte Organigramm, welches noch einmal vorgelegt werde, zu verweisen sei. Die Überprüfung der genauen Lenkberechtigungen von eingesetzten Fahrzeugen falle nicht in den Zuständigkeitsbereich des Beschwerdeführers.

Sofern der Beschwerdeführer damit die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) gegenüber dem Landesverwaltungsgericht nachweisen will, ist Folgendes auszuführen:

Die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten und seine Zustimmung können grundsätzlich formfrei erfolgen, müssen jedoch nachweislich und aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammen. Der tatsächliche Nachweis einer solchen – zum Tatzeitpunkt bereits wirksam vorgenommenen – Bestellung kann auch erst im Verwaltungsstrafverfahren (gegenüber der Strafbehörde, spätestens im Beschwerdeverfahren) erfolgen (VwGH 11.10.2000, 2000/03/0097 zu Berufungen).

Ein solcher Nachweis ist dem Beschwerdeführer – den die Beweislast als außenvertretungsbefugtes Organ trifft – im konkreten Fall nicht gelungen. Aus dem vorgelegten Organigramm ist weder ersichtlich, ob dieses aus der Zeit vor der Begehung der Tat datiert, noch welche Aufgaben und Kompetenzaufteilung samt Verantwortung aufgezeigt werden sollen. Aus dem Organigramm ist lediglich ableitbar, dass es einen Gebietsleiter Vorarlberg (A F) gibt. Das Organigramm enthält keine Umschreibung von dessen Aufgaben und ist nicht festzustellen, dass auch die Übernahme der diesbezüglich verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit geregelt wäre. Die Bestellung und übereinstimmende Zustimmung müssen jedoch so erklärt werden, dass kein Zweifel an deren Inhalt entsteht (VwGH 22.10.2012, 2010/03/0065). Auch die Befragung des Zeugen D A G hat nicht ergeben, dass im konkreten Fall der von ihm als Ansprechpartner in Vorarlberg bezeichnete „Depotchef“ als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs 2 VStG bestellt worden wäre und dessen Verantwortlichkeit auch Verwaltungsübertretungen – hier nach dem KFG – umfassen würde.

Weiters ist aus dem Wortlaut des § 9 Abs 2 VStG ist klar ersichtlich, dass der räumlich oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, „klar abzugrenzen“ ist. Erfolgt – wie im konkreten Fall im vorgelegten Organigramm – keine klare Abgrenzung, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne dieser Bestimmung vor. Verwaltungsstrafbehörden sollen – wie der VwGH insbesondere in seinem Erkenntnis vom 12.01.1999, Zl 89/09/0231, unter Hinweis auf weitere Judikatur bereits dargelegt hat – nicht in die Lage versetzt werden, Ermittlungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht, anstellen zu müssen (VwGH 24.02.2016, Ra 2016/05/0004). Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung (ihren Nachweis) einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen, um zu klären, welcher Inhalt einer diesbezüglich nicht eindeutigen Erklärung beizumessen ist.

Wenn der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung neuerlich beantragt, den Beschwerdeführer im Rechtshilfeweg zum Beweis dafür einzuvernehmen, dass er für den Einsatz der Fahrer nicht verantwortlich gewesen sei, sondern dass es diesbezüglich eine verantwortliche Person gebe und weiters beantragt werde, für die Vorlage von Urkunden eine Frist von 14 Tagen einzuräumen, aus welchen sich der Tätigkeitsbereich des Beschwerdeführers ergebe, ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der zur Last gelegten Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt, bei dem nach dem zweiten Satz des § 5 Abs 1 VStG der Täter glaubhaft zu machen hat, dass ihm die Einhaltung der Verfahrensvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Dazu hat der Beschwerdeführer initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, ob er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Die dem Beschwerdeführer nach § 5 Abs 1 VStG obliegende Verpflichtung zur Glaubhaftmachung kann nicht allein durch die Vorlage eines Organigramms erbracht werden, dass die ihn treffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person – wofür es keinen Nachweis gibt (vgl oben) – übertragen worden sei. Es bedarf vielmehr der weiteren Glaubhaftmachung, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen wurde. Ein derartiges Vorbringen, das geeignet wäre, das mangelnde Verschulden des Beschwerdeführers glaubhaft zu machen, hat Letzterer im Beschwerdeverfahren nicht erstattet. Die bloße Behauptung, der Beschwerdeführer habe mit dem Bereich Fuhrpark in keinster Weise etwas zu tun und sei für die Überprüfung der genauen Lenkberechtigungen von eingesetzten Fahrzeugen nicht zuständig, ist für sich allein nicht ausreichend. Im Übrigen weisen die Aussagen des Zeugen D A G, wonach ihm der Gebietsleiter nicht mitgeteilt habe, dass er den Fahrerqualifizierungsnachweis nicht brauche, sondern dies von „weiter oben“ kommen müsse, in eine andere Richtung (vgl Punkt 4.).

Trotz ordnungsgemäßer Ladung des Beschwerdeführers hat dieser die mündliche Verhandlung, in der er das Landesverwaltungsgericht von der Aufgabenverteilung und Übertragung von Verantwortlichkeiten in der C Gesellschaft mbH und dem Vorliegen der Voraussetzungen für die Rechtswirksamkeit der vom Beschwerdeführer behaupteten Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten zum Tatzeitpunkt überzeugen hätte können, unbesucht gelassen. Angesichts der Befugnisse des Beschwerdeführers, im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch ergänzende Beweisanbote zu erstatten und neue rechtliche Argumente vorzutragen, ist das Landesverwaltungsgericht nunmehr nicht gehalten, den (im Übrigen rechtsfreundlich vertretenen) Beschwerdeführer zu der von ihm nur pauschal behaupteten strafrechtlichen Verantwortlichkeit einer anderen Person – noch ergänzend und über die mündliche Verhandlung hinaus – zu befragen, zumal der Beschwerdeführer die mündliche Verhandlung selbst als „grundsätzlich unumgänglich“ erachtet hat (VwGH 21.01.1994, Zl 93/09/0048). Die mündliche Verhandlung soll der Klärung von Fragen des Sachverhaltes aber auch der mündlichen Erörterung der nach der Aktenlage strittigen Rechtsfrage dienen (vgl ua VwGH 29.03.2017, Ra 2015/05/0051). In dieser Hinsicht war es nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes erforderlich, die Persönlichkeit des Beschwerdeführers kennenzulernen und wurde daher der Antrag des Beschwerdeführers auf Einvernahme im Rechtshilfeweg als nicht im Interesse der Wahrheitsfindung liegend bereits in der mündlichen Verhandlung mit näherer Begründung abgelehnt.

Aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs 2 VStG zum Tatzeitpunkt bestellt war, dessen Verantwortlichkeit auch Verwaltungsübertretungen nach dem KFG umfasst hätte. Daraus folgt, dass keine Änderung in der Verantwortlichkeit bewirkt wurde und es bei einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit der statutarischen Vertretungsorgane bleibt. Da der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer C Gesellschaft mbH und damit für die Einhaltung des KFG durch dieses Unternehmen gemäß § 9 Abs 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich war, hat er die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht.

5.3  Zur subjektiven Tatseite ist Folgendes auszuführen:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss das „Überlassen“ des „Lenkens“ iSd § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG zumindest mit bedingtem Vorsatz (§ 5 Abs 1 erster Satz VStG) geschehen. Der Zulassungsbesitzer muss zumindest ernsthaft mit der Möglichkeit gerechnet oder diese billigend in Kauf genommen haben (Hinweis: E 04.04.2002, 2002/08/0062), dass sich eine Person, die nicht über – hier – den erforderlichen Fahrerqualifizierungsnachweis (Code 95) verfügt, das Kraftfahrzeug zum Lenken verwendet.

Sollte sich der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, die Tätigkeit des D A G erfülle den Ausnahmetatbestand des § 19 Abs 3 Z 7 Güterbeförderungsgesetz und es sei nicht notwendig gewesen, dass Letzterer einen entsprechenden Fahrerqualifikationsnachweis (Code 95) mitzuführen habe, auf einen entschuldigenden (unverschuldeten) Verbotsirrtum stützen wollen, ist dazu Folgendes auszuführen:

Von einer unverschuldeten Rechtsunkenntnis kann im konkreten Fall nicht die Rede sein. Der Verbotsirrtum ist dem Täter vorzuwerfen, wenn er sich mit einschlägigen Vorschriften nicht bekannt gemacht hat, obwohl er aufgrund seines Berufes, seiner Beschäftigung oder sonst nach den Umständen dazu verpflichtet gewesen wäre (VwSlg 1647 A/1950). In dem Sinn hätte sich der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der C Gesellschaft mbH insbesondere mit den einschlägigen Bestimmungen betreffend den Fahrerqualifizierungsnachweis bekannt machen müssen. Gerade wenn die Rechtslage komplex ist, umfasst dieses Gebot des Bekanntmachens auch Erkundigungspflichten. Dass der Beschwerdeführer sich bei der zuständigen Behörde über das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 19 Abs 3 Z 7 Güterbeförderungsgesetz im konkreten Fall erkundigt hätte, wurde von diesem nicht behauptet. Um sich aufgrund einer unrichtig erteilten Auskunft auf einen Verbotsirrtum iSd § 5 Abs 2 VStG berufen zu können, ist es aber erforderlich, sich bei der zuständigen Behörde zu erkundigen (VwGH 30.01.2013, 2012/17/0353). Es reicht nicht aus, sich auf sonstige Auskünfte zu verlassen. Somit vermag auch das vom Zeugen D A G ins Treffen geführte Dokument den Nachweis, dass D A G kein Berufskraftfahrer iSd § 19 Abs 1 oder 2 Güterbeförderungsgesetz wäre, der unter den Ausnahmetatbestand des § 19 Abs 3 Z 7 Güterbeförderungsgesetz fallen würde, nicht zu erbringen. Da der Beschwerdeführer – wie im konkreten Fall – den Erkundigungspflichten nicht nachgekommen ist, ist ihm sein Irrtum jedenfalls vorwerfbar und bleibt dieser strafbar.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen LKW der C Gesellschaft mbH für die Anlieferung, den Austausch und die Abholung von Waren an D A G und somit an einen Fahrer, der den hiezu erforderlichen Fahrerqualifizierungsnachweis (Code 95) nicht besitzt, überließ und er sich zuvor nicht über die näheren Umstände gekümmert hat, rechtfertigen die Annahme eines zumindest bedingt vorsätzlichen Handelns. Damit ist auch die subjektive Tatseite erfüllt.

6.              Gemäß § 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Schutzzweck des § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG ist der Schutz der Allgemeinheit. Gewerbliche Fahrten sollen nur mit entsprechendem Fahrerqualifizierungsnachweis durchgeführt werden können. Diesem Schutzzweck hat der Beschwerdeführer nicht unerheblich zuwidergehandelt.

Als Verschuldensform ist von bedingtem Vorsatz auszugehen. Mildernd wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers in Österreich bereits berücksichtigt. Erschwerungsgründe sind keine hervorgekommen.

Zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat der Beschwerdeführer keine Angaben gemacht. Das Verwaltungsgericht würde die verhängte Geldstrafe bei einer Person mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ungefähr 2.000 Euro nicht als überhöht ansehen. Bei einer Einschätzung der diesbezüglichen Verhältnisse des Beschwerdeführers – der handelsrechtlicher Geschäftsführer der C Gesellschaft mbH ist – gelangt das Landesverwaltungsgericht zum Ergebnis, dass dieser jedenfalls nicht schlechter gestellt ist als die erwähnte Vergleichsperson. Zudem bewegt sich die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (bis zu 5.000 Euro).

Unter Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der geschätzten persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers findet das Landesverwaltungsgericht die von der Behörde festgesetzte Strafe schuld-, tat-, vermögens- und einkommensangemessen.

7.              Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Güterbeförderung, Fahrerqualifikationsnachweis, Handwerkerregelung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2017:LVwG.1.904.2016.R14

Zuletzt aktualisiert am

21.08.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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