TE Vwgh Erkenntnis 2015/2/27 2011/17/0131

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Veröffentlicht am 27.02.2015
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3;
VStG §51;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Holeschofsky, Senatspräsident Dr Köhler und Hofrätin Maga Nussbaumer-Hinterauer als Richter bzw Richterin, im Beisein der Schriftführerin Maga Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der M R in S, vertreten durch Dr Bernhard Gumpoldsberger, Rechtsanwalt in 4642 Sattledt, Schulstraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats im Land Niederösterreich vom 19. April 2011, Senat-LF-11-2000, betreffend Übertretung des Marktordnungsgesetzes 2007, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L vom 10. März 2010 wurde über die Beschwerdeführerin gemäß § 9 Abs 2 VStG als verantwortliche Beauftragte eines Lebensmittelbetriebes wegen mangelhafter Kennzeichnung von 18 Kunststofftassen Regenbogen-Forellenfilets, die dem Letztverbraucher in einer Filiale des Unternehmens feilgeboten worden waren (Fehlen der Angabe des Fanggebietes), unter Angabe des "Art. 5 Abs. 1c VO (EG) Nr. 2065/2001 idF. Art 4 Abs. 1c VO (EG) Nr. 104/2000, § 21 Abs. 1 Punkt 1 des Vermarkungsnormgesetzes - VNG, BGBl Nr. 68/2007" als "Übertretungsnorm" und des § 21 Abs 1 Punkt 1 VNG als Strafnorm, eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100,-- verhängt.

1.2. Auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin erging der Bescheid der belangten Behörde vom 26. Mai 2010, mit dem der Berufung "gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr. 51, keine Folge gegeben" wurde. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wurde jedoch mit diesem Bescheid "insoweit abgeändert, als die Angabe 'des Vermarkungsnormengesetzes' in der Tatbeschreibung richtig 'des Marktordnungsgesetzes 1985' zu lauten" habe. Weiters hätten die Angaben "§ 21 Abs 1 Punkt 1 des Vermarkungsnormengesetzes - VNG, BGBl. Nr. 68/2007" bezüglich der "Übertretungsnorm" und "§ 21 Abs. 1 Punkt 1 VNG" bezüglich der Strafnorm jeweils zu lauten: "§ 117 Abs. 1 Z 3 des Marktordnungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 210, idgF".

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin die am 23. Juli 2010 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte und zu 2010/17/0126 protokollierte Beschwerde.

1.4. Mit Verfügung vom 28. Juli 2010 leitete der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren ein. Er ersuchte darin die belangte Behörde insbesondere zur Frage der Geltung des § 117 Abs 1 Z 3 MOG 1985 im Tatzeitpunkt (dem 24. September 2007) Stellung zu nehmen und verwies auf § 32 Abs 2 Z 2 in Verbindung mit § 32 Abs 1 MOG 2007, BGBl I Nr 55/2007.

Nach Zustellung dieser Einleitungsverfügung erging der Bescheid der belangten Behörde vom 24. September 2010, Zl Senat-LF- 10-2000-2, mit welchem der zu 2010/17/0126 angefochtene Bescheid gemäß § 52a Abs 1 VStG dahingehend abgeändert wurde, dass der Spruch des Bescheides zu lauten habe:

"Der Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, keine Folge gegeben. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird jedoch insoweit abgeändert, als die Angabe 'des Vermarkungsnormengesetzes' in der Tatbeschreibung richtig 'des Marktordnungsgesetzes 2007' zu lauten hat; weiters haben die Angaben '§ 21 Abs 1 Punkt 1 des Vermarkungsnormengesetzes - VNG, BGBl Nr. 68/2007' bezüglich der Übertretungsnorm und '§ 21 Abs. 1

Punkt ... VNG' bezüglich der Strafnorm jeweils wie folgt zu

lauten: '§ 30 Abs. 1 Z 4 des Marktordnungsgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 55/2007'."

1.6. Gegen diesen Abänderungsbescheid gemäß § 52a Abs 1 VStG erhob die Beschwerdeführerin die zu 2010/17/0252 protokollierte Beschwerde.

Mit Erkenntnis vom 28. Februar 2011, 2010/17/0252-5, hob der Verwaltungsgerichtshof den dort angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, die Voraussetzungen für eine Abänderung des Bescheids vom 26. Mai 2010 seien nicht vorgelegen.

§ 52a VStG, der eine Verletzung des Gesetzes "zum Nachteil des Beschuldigten" voraussetze, erlaube nicht generell eine Berichtigung eines rechtskräftigen Straferkenntnisses in jeder Richtung. Die belangte Behörde habe mit ihrem Hinweis auf die Rechtsprechung zur Befugnis der Berufungsbehörde, eine Richtigstellung der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift in der Berufungsentscheidung vorzunehmen, übersehen, dass die Entscheidungsbefugnis des unabhängigen Verwaltungssenats gemäß § 24 VStG in Verbindung mit § 66 Abs 4 AVG von der im Verfahren zu entscheidenden Frage zu unterscheiden sei, unter welchen Voraussetzungen eine Berichtigung eines rechtskräftigen Berufungsbescheides gemäß § 52a Abs 1 VStG erfolgen könne.

Mit Erkenntnis vom gleichen Tag hob der Verwaltungsgerichtshof infolge dessen im Verfahren 2010/17/0126 auch den dort angefochtenen Bescheid vom 26. Mai 2010 auf.

Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof insbesondere aus, der Beschwerdeführerin sei die Übertretung einer Gesetzesbestimmung zur Last gelegt worden, die im maßgeblichen Tatzeitpunkt nicht mehr in Geltung gestanden sei. Der angefochtene Bescheid entbehre insofern einer gesetzlichen Grundlage und sei daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben gewesen.

1.7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen das Straferkenntnis vom 10. März 2010 neuerlich ab und änderte den Bescheid insoweit ab, als die Angabe "des Vermarkungsnormengesetzes" in der Tatbeschreibung richtig "des Marktordnungsgesetzes 2007" zu lauten habe und weiters die Angaben "§ 21 Abs. 1 Punkt 1 des Vermarkungsnormengesetzes - VNG, BGBl Nr. 68/2007" bezüglich der Übertretungsnorm und "§ 21 Abs. 1 Punkt 1 VNG" bezüglich der Strafnorm jeweils zu lauten hätten:

"'§ 30 Abs. 1 Z 4 des Marktordnungsgesetzes 2007, BGBl I Nr 55/2007'".

1.8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verwaltungsvorschriften.

1.9. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Das (aufhebende) Erkenntnis vom 28. Februar 2011, 2010/17/0126, wurde der belangten Behörde am 1. April 2011 zugestellt. Die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof vom Eingang der Beschwerde am 23. Juli 2010 bis zur Zustellung, somit 8 Monate und 9 Tage, war in die dreijährige Strafbarkeitsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs 3 VStG in der Fassung vor BGBl I Nr 33/2013 (die am 24. September 2007 zu laufen begonnen hatte) nicht einzurechnen. Der durch Zustellung am 6. Mai 2011 erlassene angefochtene Bescheid erging daher noch innerhalb der genannten Frist für die Verjährung der Strafbarkeit.

2.2. Die Verordnung (EG) Nr 2065/2001 der Kommission vom 22. Oktober 2001 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr 104/2000 des Rates hinsichtlich der Verbraucherinformation bei Erzeugnissen der Fischerei und der Aquakultur lautet auszugsweise:

"KAPITEL I

Geltungsbereich

Artikel 1

Unbeschadet der in Anwendung der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates geltenden Bestimmungen gilt diese Verordnung für alle Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur auf den Listen und unter den Aufmachungsformen der Codes von Kapitel 3 der Kombinierten Nomenklatur, die auf dem Gebiet der Gemeinschaft vermarktet werden, unabhängig von ihrem Ursprung, auch wenn es sich um vorverpackte Erzeugnisse handelt.

KAPITEL II

Änderung des Verzeichnisses der Handelsbezeichnungen und Modalitäten der Verbraucherinformation

Artikel 2

(1) Arten, die nicht im Verzeichnis der vom jeweiligen Mitgliedstaat zugelassenen Handelsbezeichnungen aufgeführt sind, können unter einer vorläufigen Handelsbezeichnung vermarktet werden, die von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats festgelegt wird. Binnen fünf Monaten nach Festlegung der vorläufigen Handelsbezeichnung der fraglichen Art legt der Mitgliedstaat eine endgültige Handelsbezeichnung fest, die in das Verzeichnis der zugelassenen Handelsbezeichnungen aufgenommen wird.

(2) Jede Änderung des Verzeichnisses der von einem Mitgliedstaat zugelassenen Handelsbezeichnungen wird der Kommission unverzüglich mitgeteilt, die die übrigen Mitgliedstaaten hiervon in Kenntnis setzt.

Artikel 3

Handelsbezeichnung einer Art im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 ist die im jeweiligen Mitgliedstaat gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 festgelegte Handelsbezeichnung.

Wirtschaftsbeteiligte können beim Verkauf an den Endverbraucher auch den Wissenschaftlichen Namen der Art angegeben.

Artikel 4

(1) Die Angabe der Produktionsmethode gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 erfolgt, je nachdem ob es sich um Meeresfischerei, Binnenfischerei, Aquakultur oder Zucht handelt, durch eine der nachstehenden Angaben:

-

Auf spanisch:

'... pescado ...' oder '... pescado en aguas dulces ...' oder '... criado ...',

-

...

-

auf deutsch:

'... gefangen ...' oder '... aus Binnenfischerei ...' oder '... aus Aquakultur ...' oder 'gezüchtet ...',

-

...

-

auf schwedisch:

'... fiskad ...' oder '... fiskad i sötvatten ...' oder '... odlad ...'.

(2) Bei den im Meer gefangenen Arten ...

...

Artikel 5

(1) Als Fanggebiet gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c) der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 wird angegeben:

a) Bei den im Meer gefangenen Erzeugnissen eines der im Anhang genannten Gebiete,

b) bei den Erzeugnissen aus Binnenfischerei der Mitgliedstaat oder das Drittland, in dem das Erzeugnis seinen Ursprung hat,

c) bei den Erzeugnissen aus Aquakultur der Mitgliedstaat oder das Drittland, in dem das Erzeugnis seine letzte Entwicklungsphase durchlaufen hat. Findet die Aquakultur in mehreren Mitgliedstaaten oder Drittländern statt, so kann der Mitgliedstaat, in dem der Verkauf an den Endverbraucher stattfindet, die Angabe der verschiedenen Aquakultur-Mitgliedstaaten oder -Drittländer bei diesem Verkauf erlauben.

(2) Die Wirtschaftsbeteiligten können ein genaueres Fanggebiet angeben."

Die Verordnung (EG) Nr 104/2000 des Rates vom 17. Dezember 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur lautet auszugsweise:

"TITEL I

VERMARKTUNGSNORMEN UND VERBRAUCHERINFORMATION

KAPITEL 1

VERMARKTUNGSNORMEN

Artikel 2

(1) Für die in Artikel 1 genannten Erzeugnisse oder für Gruppen dieser Erzeugnisse können gemeinsame Vermarktungsnormen und deren Anwendungsbereich festgelegt werden. Diese Normen können sich insbesondere auf die Einteilung in Qualitäts-, Größen- und Gewichtsklassen, auf die Verpackung, die Aufmachung und die Kennzeichnung erstrecken.

(2) Nach Erlass der Vermarktungsnormen dürfen die Erzeugnisse, auf die sie angewandt werden, vorbehaltlich etwaiger Sondervorschriften, die für den Handel mit Drittländern erlassen werden, nur dann feilgehalten, angeboten, verkauft oder auf andere Weise in den Verkehr gebracht werden, wenn sie diesen Normen entsprechen.

(3) Die Vermarktungsnormen sowie die Einzelheiten ihrer Anwendung einschließlich der in Absatz 2 genannten Sondervorschriften werden nach dem Verfahren des Artikels 38 Absatz 2 erlassen.

Artikel 3

(1) Die Mitgliedstaaten kontrollieren, ob die Erzeugnisse, für die gemeinsame Vermarktungsnormen festgelegt worden sind, diesen Normen entsprechen.

Diese Kontrolle kann auf allen Handelsstufen sowie während des Transports durchgeführt werden.

(2) Die Mitgliedstaten treffen geeignete Maßnahmen, um Verstöße gegen Artikel 2 zu ahnden.

(3) Die Mitgliedstaaten teilen den anderen Mitgliedstaaten sowie der Kommission spätestens einen Monat nach Inkrafttreten der einzelnen Vermarktungsnormen Namen und Anschrift der Stellen mit, die mit der Kontrolle des Erzeugnisses oder der Gruppe von Erzeugnissen, für welche die betreffende Norm erlassen wurde, beauftragt worden sind.

(4) Die Durchführungsbestimmungen zu Absatz 1 werden, soweit erforderlich, nach dem Verfahren des Artikels 38 Absatz 2 erlassen. Hierbei ist besonders auf die Koordinierung der Arbeit der einzelnen Kontrollstellen sowie die einheitliche Auslegung und Anwendung der gemeinsamen Vermarktungsnormen zu achten.

KAPITEL 2

VERBRAUCHERINFORMATIONEN

Artikel 4

(1) Unbeschadet der Bestimmungen der Richtlinie 79/112/EWG(12) dürfen die in Artikel 1 Buchstaben a), b) und c) genannten Erzeugnisse auf der Stufe des Einzelhandels dem Endverbraucher unabhängig von der Absatzmethode nur dann zum Verkauf angeboten werden, wenn eine angemessene Kennzeichnung oder Etikettierung folgende Angaben enthält:

a)

die Handelsbezeichnung der Art,

b)

die Produktionsmethode (in der See oder Binnengewässern gefangen oder gezüchtet),

              c)       das Fanggebiet.

Diese Anforderungen gelten jedoch nicht für kleine Mengen von Erzeugnissen, die von Fischern oder von Aquakulturerzeugern unmittelbar an Verbraucher abgesetzt werden.

(2) Zur Durchführung von Absatz 1 Buchstabe a) erstellen und veröffentlichen die Mitgliedstaaten bis zum 1. Januar 2002 zumindest für alle in den Anhängen I bis IV dieser Verordnung aufgeführten Arten ein Verzeichnis der in ihrem Hoheitsgebiet zulässigen Handelsbezeichnungen. In diesem Verzeichnis ist für jede Art der wissenschaftliche Namen anzugeben, die Bezeichnung in der oder den Amtssprachen des Mitgliedstaats sowie gegebenenfalls lokale oder regionale Bezeichnungen, die anerkannt oder toleriert sind.

(3) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission das Verzeichnis der Handelsbezeichnungen gemäß Absatz 2 mindestens zwei Monate vor dem in Absatz 2 genannten Datum. Die Mitgliedstaaten erkennen Bezeichnungen an, die andere Mitgliedstaaten für die gleiche Art in der gleichen Sprache in ihr Verzeichnis aufgenommen haben.

(4) Die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel werden nach dem Verfahren des Artikels 38 Absatz 2 erlassen."

§ 30 Abs 1 Z 4 MOG 2007, BGBl I Nr 55/2007, lautete auszugsweise:

"Strafbestimmungen

§ 30. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer

1. ... oder

...

4. Geboten, Verboten oder Beschränkungen hinsichtlich der Erzeugung, des Anbaus, der Verwendung oder der Vermarktung von Marktordnungswaren, die in Regelungen des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts enthalten sind, zuwiderhandelt oder

5. ...,

und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 36 340 EUR zu bestrafen. Der Versuch ist strafbar."

2.3. Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid die Bestrafung der Beschwerdeführerin wegen des Feilhaltens von 18 Kunststofftassen Regenbogen-Forellenfilets, die dem Letztverbraucher in einer Filiale des Unternehmens feilgeboten worden seien, am 24. September 2007 mit mangelhafter Kennzeichnung der Verbrauchsinformation durch das Fehlen der Angabe des Fanggebiets, weil der entsprechende Buchstabe neben dem Haltbarkeitsdatum gefehlt habe, vorgeworfen. Das Fehlen dieser Angaben wurde (insoweit wurde der Bescheid erster Instanz nicht geändert) als Verstoß gegen "Art. 5 Abs. 1c VO (EG) Nr. 2065/2001 idF. des Art 4 Abs. 1c VO (EG) Nr. 104/2000" qualifiziert.

Die der Beschwerdeführerin vorgeworfene Übertretung betrifft somit ein Gebot in einer unmittelbar anwendbaren Bestimmung des Unionsrechts (damals: Gemeinschaftsrechts; Art 5 Abs 1 lit c der Verordnung (EG) Nr 2065/2001).

Im Gegensatz zur Behörde erster Instanz stützte die belangte Behörde die Bestrafung jedoch hinsichtlich der innerstaatlichen Strafbestimmung nicht auf das Vermarktungsnormgesetzes - VNG, BGBl Nr 68/2007, sondern änderte den erstinstanzlichen Strafbescheid dahin gehend ab, dass es "in der Tatbeschreibung" an Stelle der Angabe "des Vermarktungsnormengesetzes" zu lauten habe:

"des Marktordnungsgesetzes 2007" und als angewendete Strafvorschrift - bei unverändertem Vorwurf, gegen "Art. 5 Abs. 1c VO (EG) Nr. 2065/2001 idF Art 4 Abs 1c VO (EG) Nr. 104/2000" verstoßen zu haben - "§ 30 Abs. 1 Z 4 des Marktordnungsgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 55/2007" genannt wurde.

2.4. Der belangten Behörde ist grundsätzlich darin zu folgen, dass die Berufungsbehörde auch im Verfahren nach dem VStG berechtigt und verpflichtet ist, die rechtliche Qualifikation der verfolgten Tat gegebenenfalls richtig zu stellen (vgl die Hinweise auf die Rechtsprechung zu § 51 VStG bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 51 VStG, insbesondere E 160 bis 162, oder Köhler in: Raschauer/Wessely (Hrsg), VStG, Vorbemerkungen zu §§ 51 ff VStG, Rz 7). Nach der hg Rechtsprechung ist demnach eine Präzisierung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung (Angabe der verletzten Verwaltungsbestimmung und angewendeten Strafnorm) zulässig, wenn es nicht zu einem "Austausch der Tat" durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts kommt (vgl etwa aus jüngerer Zeit das hg Erkenntnis vom 19. April 2012, 2010/01/0010, in dem insbesondere auf das Erfordernis hingewiesen wurde, dass der Tatvorwurf unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit Beschuldigte in der Lage sind, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren).

Eine solche zulässige Präzisierung, die nicht einem Austausch der Tat gleichkommt, liegt hier vor, weil die belangte Behörde lediglich die innerstaatliche Bestimmung, welche die Strafsanktion für die Übertretung des gemeinschaftsrechtlichen Gebots enthält (die angewendete Gesetzesbestimmung im Sinne des § 44a Z 3 VStG), richtig stellte. Die belangte Behörde hat der Bestrafung das Fehlen bestimmter Angaben bei der Feilhaltung der 18 Packungen geräucherter Forellenfilets an einem bestimmten Tag zu Grunde gelegt. Das Feilhalten eben dieser Packungen zur genau genannten Tatzeit wurde der Beschwerdeführerin als bestellte verantwortliche Beauftragte der Betreiberin der gegenständlichen Filiale schon in der Verfolgungshandlung vom 27. November 2007 und sodann im erstinstanzlichen Bescheid vom 10. März 2010 vorgeworfen (auch die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt wurde, im Sinne des § 44a Z 2 VStG wurde nicht geändert). Die Bestrafung betraf somit dasselbe, schon mit einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung und im erstinstanzlichen Strafbescheid vom 10. März 2010 der Beschwerdeführerin vorgeworfene Verhalten.

Es liegt daher eine zulässige Richtigstellung der angewendeten Gesetzesbestimmung vor.

2.5. Das Beschwerdevorbringen, es sei (materiell) neuerlich eine Abänderung im Sinne des § 52a VStG erfolgt, verkennt, dass der angefochtene Bescheid ein Berufungsbescheid in dem von der Beschwerdeführerin eingeleiteten Berufungsverfahren ist, welches nach der Aufhebung des Bescheides vom 26. Mai 2010 mit dem hg Erkenntnis vom 28. Februar 2011, 2010/17/0126, wieder unerledigt war. Die belangte Behörde hat im fortgesetzten Verfahren (wie unter 2.1. ausgeführt auch innerhalb der dreijährigen Strafbarkeitsverjährungsfrist) neuerlich über die Berufung entschieden. Dieser Bescheid war im vorliegenden Verfahren auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen. Die weitwendigen Beschwerdeausführungen zur Zulässigkeit einer Berichtigung gehen daher an der Sache vorbei.

2.6. Zu den Beschwerdeausführungen betreffend die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Kontrolle der Verbraucherinformation bei Erzeugnissen der Fischerei und Aquakultur, BGBl II Nr 153/2002, genügt es, darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer keine Übertretung einer Bestimmung dieser Verordnung vorgeworfen wurde. Es erübrigt sich daher, näher auf Fragen der Geltung oder Weitergeltung dieser Verordnung (nach Inkrafttreten des MOG 2007) einzugehen.

2.7. Dem im Zusammenhang mit der Richtigstellung der angewendeten Gesetzesbestimmung erhobenen Vorwurf der Verletzung des Parteiengehörs, in dessen Zusammenhang neuerlich auf § 52a VStG verwiesen wird, ist entgegen zu halten, dass es sich bei der Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmung um eine Rechtsfrage handelt, die nicht dem Parteiengehör unterliegt (vgl das hg Erkenntnis vom 27. Mai 1992, 92/02/0093). Diese Beurteilung erfolgte auf dem Boden des von der belangten Behörde schon im ersten Rechtsgang erhobenen Sachverhalts. Es wird in der Beschwerde nicht aufgezeigt, zu welchen sachverhaltsmäßigen Umständen der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen gewesen wäre. Der behauptete Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

2.8. Soweit in der Beschwerde mangelndes Verschulden der Beschwerdeführerin geltend gemacht wird, ist darauf hinzuweisen, dass die ins Treffen geführten Informationen über den Lieferanten noch nicht dartun, dass die Beschwerdeführerin ein ausreichendes Überwachungs- und Kontrollsystem im Sinne der hg Rechtsprechung etabliert gehabt hätte. Die Beschwerdeführerin hat sich im Verwaltungsstrafverfahren nur vage auf ein eingerichtetes Kontrollsystem berufen, dieses aber nicht näher konkretisiert. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung im Zusammenhang mit ihrer Behauptung des mangelnden Verschuldens auch nur Beweisanträge zu dem aufgetretenen Gebrechen an der Tintenstrahlanlage und die von ihr eingeleiteten Maßnahmen nach Bekanntwerden der fehlenden Kennzeichnung gestellt (vgl zur Notwendigkeit, initiativ alles darzulegen, womit die Errichtung eines wirksamen Kontrollsystems erwiesen werden kann, das hg Erkenntnis vom 23. November 2009, 2008/03/0176, und Wessely in: Raschauer/Wessely), VStG, § 5 Rz 25). In Zusammenhalt mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, das sich schwergewichtig auf die Zeitdauer der problemlosen Lieferung der Ware durch den betroffenen Lieferanten und den Ausfall der Tintenstrahlanlage beim Lieferanten, der zum Fehlen der hier gegenständlichen Angaben geführt habe, berufen hat, kann daher der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden. Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob die von der belangten Behörde aus dem ihr vorliegenden Schriftverkehr gezogene Schlussfolgerung, es sei eine große Menge mangelhaft gekennzeichneter Tassen (7.654) vorgelegen, in einem mängelfreien Verfahren zustande gekommen ist. Mit dem bloßen Hinweis, der Verkaufsstopp für diese Anzahl an Tassen habe nicht bedeutet, dass tatsächlich alle dieser Tassen von dem Kennzeichnungsmangel betroffen gewesen seien, wird auch in der Beschwerde wie schon im Verwaltungsstrafverfahren nicht einmal behauptet, dass dies nicht der Fall gewesen sei.

2.9. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.10. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.

Wien, am 27. Februar 2015

Schlagworte

Spruch der Berufungsbehörde Änderungen des Spruches der ersten InstanzParteiengehör Rechtliche BeurteilungBerufungsbescheidStrafnorm Berufungsbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2015:2011170131.X00

Im RIS seit

01.04.2015

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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