TE UVS Tirol 2013/06/04 2013/18/0590-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.06.2013
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung der Firma XY Vermietungs-GmbH, S. P.-F., vertr. durch Rechtsanwalt Dr. P. R., I., XY-Gasse 8/4, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 07.02.2013, Zl SA-166-2012, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird die Berufung mit der Maßgabe, dass im Spruch des Beschlagnahmebescheides die Wortfolge ?eingeschaltet und betriebsbereit? zu entfallen hat, als unbegründet abgewiesen.

Text

Der angefochtene Beschlagnahmebescheid lautet bis zur Rechtsmittelbelehrung wie folgt:

 

?BESCHEID

 

Am 11.12.2012 zwischen 17:25 Uhr und 19:40 Uhr erfolgte durch Beamte des Finanzamtes Kufstein/Schwaz eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz, StF: BGBl Nr 620/1989 idF BGBl I Nr 69/2012 (GSpG) im ?Gasthof und Hotel K.?, Z., XY-Platz 4, und wurden 2 Glücksspielautomaten gemäß § 53 Abs 2 GSpG, BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 69/2012 vorläufig beschlagnahmt. Für die beschlagnahmten Gegenstände wurde dem vor Ort anwesenden F. G., geb am XY, eine Bestätigung über die Beschlagnahme ausgestellt.

 

Spruch:

Die Bezirkshauptmannschaft Schwaz als gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz, GSpG, BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 69/2012, zuständige Behörde 1. Instanz ordnet die Beschlagnahme

 

des Spielapparates mit der Bezeichnung ?World Games?, ACT Austrian Casinogames Technology, keine Seriennummer, (FA-Nr 1) und

des Spielapparates mit der Bezeichnung ?World Games?, ACT Austrian Casinogames Technology, keine Seriennummer, (FA-Nr 2)

 

samt Inhalt und den dazugehörenden gelben und blauen Stiftschlüsseln, welche sich zum Zeitpunkt der Kontrolle am 11.12.2012 zwischen 17:25 Uhr und 19:40 Uhr im ?Gasthof und Hotel K.?, in Z., XY-Platz 4, Gewerbeinhaberin P. G., geb am XY, wohnhaft in S., S. 22 d/2, eingeschaltet und betriebsbereit befanden, gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG idgF an.?

 

Gegen diesen Beschlagnahmebescheid hat die Berufungswerberin durch ihren Rechtsvertreter Berufung erhoben. In dieser Berufung wurde wie folgt ausgeführt:

 

?Gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 07.02.2013 zu Geschäftszahl SA-166-2012, zugestellt am 12.02.2013 wir in offener Frist nachstehende

BERUFUNG

erhoben.

 

Der Bescheid wird in seinem gesamten Inhalt angefochten.

 

Begründung:

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes der Bezirkshauptmannschaft Schwaz, vom 07.02.2013 zu Geschäftszahl SA-166-2012, wurde die Beschlagnahme von 2 ?Spielapparaten", die im Bescheid näher bezeichnet sind, und welche am 11.12.2012 durch Organe des Finanzamtes Kufstein/Schwaz vorläufig beschlagnahmt wurden, angeordnet.

 

Dem ist zu entgegnen:

 

1.)

Mit gegenständlichen Geräten kann kein Verdacht vorliegen, gegen Bestimmungen des Glückspielgesetzes zu verstoßen.

2.)

Selbst für den Fall, dass die Beschuldigte die ihr angelastete Verwaltungsübertretung zu verantworten hätte, ist das gegen sie eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, da mit einem Straferkenntnis, in unvertretbarer Rechtsansicht, gegen das unionsrechtlich begründete Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG verstoßen würde:

 

Am 09.09.2010, wurde das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft in der Rechtssache XY (E.) verkündet. Ausgangsfall, für die Entscheidung ?E.? war ein Strafverfahren nach § 168 StGB, weil Herr E., ein deutscher Staatsbürger, in Linz und Schärding Spielcasinos betrieb. Herr E. verfügte über keine Konzession für den Betrieb einer Spielbank in Österreich. Er bestritt auch nicht, eine solche gar nicht beantragt zu haben, brachte aber vor, dass er eine Konzession aufgrund zahlreicher unionsrechtswidriger Bestimmungen im österreichischen Glücksspielgesetz auch gar nicht hätte erlangen können. In erster Instanz wurde, er noch zu einer Geldstrafe von Euro 2.000,00 verurteilt. Das Landesgericht L. als Berufungsgericht hatte allerdings erhebliche unionsrechtliche Zweifel

 

an dem Erfordernis einer Niederlassung in Form einer Aktiengesellschaft in Österreich, an der Kohärenz und Systematik der österreichischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels, sowie an der Vorgangsweise des Bundesministeriums für Finanzen bei der Vergabe von Glücksspielkonzessionen in Österreich.

 

Bezüglich des in der Rechtssache XY (E.) ergangenen Urteiles des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ist zunächst auf die auf die Randnr 24 und 26 hinzuweisen, wonach es dem vorlegenden Landesgericht L. zufolge von der, in Übereinstimmung auch mit dem Unionsrecht, Zulässigkeit des Ausschlusses von Herrn E. vom Erhalt einer Spielbankkonzession abhing, ob Herr E. den Tatbestand des unerlaubten Glücksspiel nach § 168 StGB verwirklicht hat. Daher waren nach Ansicht des Europäischen Gerichthofes zuerst die erste und die dritte Vorlagefrage der Randnr 25 zu prüfen.

 

Zur erfolgten Vergabe der Spielbankkonzessionen nimmt der Gerichtshof dann in Randnrn 49-57 Stellung und kommt in Randnr 58 zum Ergebnis, dass das Transparenzgebot, das sich aus den Art 43 EG und 49 EG sowie aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ergibt, einer Vergabe sämtlicher Konzessionen für den Betrieb von Spielbanken im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates, die ohne Ausschreibung erfolgt, entgegensteht.

 

Da sich aus der Beantwortung der ersten und dritten Vorlagefrage bereits ergeben hat, dass der Ausschluss von Herrn E. vom Erhalt einer Spielbankkonzession gegen das Unionsrecht verstoßen hat und unrechtmäßig war, erachtete der Gerichtshof in Randnr 59 die Beantwortung der zweiten Vorlagefrage Vereinbarkeit/Zulässigkeit eines innerstaatlichen Monopols für den Betrieb von Spielbanken, wenn es im Mitgliedsstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an Glücksspielen ermuntern für nicht mehr notwendig.

 

Ebensowenig wie Herr E. verfügt die Beschuldigte über eine Konzession für den Betrieb einer Spielbank oder von Glücksspielautomaten in Österreich, da sie von der Möglichkeit eine solche zu erlangen gemeinschaftsrechtswidrigerweise ausgeschlossen sind, zumal sämtliche Konzessionen vom Bundesministerium für Finanzen unter Verstoß gegen das im Gemeinschaftsrecht verankerte Transparenzgebot ohne Ausschreibung und unter Vermeidung einer transparenten Interessentensuche an die Casinos Austria AG vergeben wurden.

 

In einem solchen Fall dürfen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Sanktionen gegen Betreiber, die infolge des gemeinschaftsrechtswidrigen Ausschlusses über keine Konzession verfügen, nicht verhängt werden.

 

Zum unrechtmäßigen, gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern vom Erhalt einer Konzession in einem Mitgliedsstaat hat der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 06. März 2007 (Strafverfahren gegen M. P.) für Recht erkannt (Punkt 3,), dass die Art 43 EG und 49 EG dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die Wirtschaftsteilnehmer mit der Rechtsform von Kapitalgesellschaften, deren Anteile auf reglementierten Märkten gehandelt werden, vom Glücksspielsektor ausschließt und darüber hinaus im Sinne eines solchen Ausschlusses fortwirkt.

 

Zu den Folgen des unrechtmäßigen. gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern vom Erhalt einer Konzession in einem Mitgliedsstaat nimmt der Gerichtshof in Randnr 63 Stellung, wobei im letzten Satz festgehalten wird, dass in jedem Fall festzustellen ist, dass in Ermangelung eines Verfahrens der Konzessionsvergabe, das auch den bei der letzten Ausschreibung rechtswidrig von einem möglichen Konzessionserhalt ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmern offensteht der Umstand, dass sie keine Konzession besitzen, nicht zum Anlass für die Verhängung einer Sanktion gegen sie genommen werden darf. (Generelles Sanktionsverbot)

 

Zu strafrechtlichen Sanktionen im speziellen wird in diesem Zusammenhang in Randnr 69 festgehalten, dass sich aus der Rechtsprechung ergibt, dass ein Mitgliedsstaat keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Verwaltungsformalität verhängen darf, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht abgelehnt oder vereitelt hat (vgl in diesem Sinn Urteil vom 15. Dezember 1983, R., 5/83, Slg 1983, 4233, Randnr 10 und 11).

 

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften gilt sowohl für die Vergangenheit als auch bis zur Herstellung einer unionsrechtskonformen Rechtslage der Grundsatz, dass Sanktionen jenen Anbietern, die bisher aufgrund unionsrechtswidriger Umstände von vornherein keine Konzession erhalten konnten, nicht entgegengehalten werden dürfen (dazu auch EuGH vom 08.09.2010, M. S. ua C-316/07 unter anderem RN 115 iVm 19), sowie

 

S./A. in ecolex 2010, 617 ff,

T./S. in ecolex 2010,10Ö6 ff, mwN,

F. L. in medien und recht 5/2010, 247 ff. mwN,

F. K. in RdW 2011,134 ff. mwN, und

F. L. in medien und recht 5/2011, 243 ff. mwN

 

In den Urteilen C. M. und M. S. hat der EuGH zudem klargestellt, dass das von einem Mitgliedsstaat verfolgte ordnungspolitische Ziel des Spielerschutzes (als alleinig übrig gebliebenes Monopolargument) tatsächlich auch in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden muss. Die in obigen Fällen für Deutschland bestimmten Regeln gelten naturgemäß auch für Österreich. Der EuGH legt auch hinsichtlich Glücksspielwerbung Kriterien fest: Die Werbung muss maßvoll und strikt auf das begrenzt sein, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielnetzwerken zu lenken. Hingegen darf eine solche Werbung insbesondere nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme und zum Spielen angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Image verliehen wird, das daran anknüpft, dass die Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verwendet werden, oder indem die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die bedeutende Gewinne vorspiegeln (EuGH 08.09.2010, M. S. ua, XY, ua RN 103). Daraus folgt, dass der Ist-Zustand in Österreich mit omnipräsenter Casino- und Lottowerbung, auch nach den Glücksspielgesetznovellen 2008 und 2010, nach wie vor EU-widrig ist.

 

Schließlich ist desweiteren auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 08.09.2010, XY, XY-GmbH hinzuweisen, wonach jedes nationale Gericht verpflichtet ist, das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden und die Rechte die es den Einzelnen verleiht, zu schützen, indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechtes unangewendet lässt (EuGH XY, XY, RN 55).

 

Unter Berufung auf den Europäischen Gerichtshof vertritt auch K. (Der EuGH und das Glücksspiel, RdW 2011, 134), dass ?im Fall eines unionsrechtswidrigen Marktzugangsregimes das dieses Marktzugangsregime strafrechtlich absichernde Sanktionsrecht unanwendbar zu bleiben hat?.

 

Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtschutzes ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechtes. Die Gerichte der Mitgliedsstaaten haben insoweit den Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen (EuGH, XY, XY, RN 58).

 

Auch in der Entscheidung vom 15.09.2011, Rs C-347/09 D. und Ö. betont der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Rn 32 und 43 abermals und unzweideutig, dass der Verstoß gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu strafrechtlichen Sanktionen führen darf, wenn diese Regelung unionsrechtswidrig ist. Diese Rechtsfolge haben die österreichischen Gerichte und Behörden größtenteils trotz ihrer aus Art 4 Abs 3 des Vertrages über die Europäische Union entspringen Pflicht zur Anwendung der EuGH-Rechtsprechung ignoriert.

 

Stellt sich in einem Verfahren eine vom Gemeinschaftsrecht vorgegebene Vorfrage im Rahmen der zu treffenden Entscheidung, so kann diese Vorfrage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorgelegt werden.

 

Die Unionsrechtswidrigkeit der intransparenten Vergabe bezieht sich nicht nur auf den Zeitpunkt der Vergabe, sondern dauerhaft bis zur Neuausschreibung und korrekten Vergabe der Konzession. Es steht im groben Widerspruch zu der Rechtsprechung des EuGH und der effektiven Durchsetzung der europarechtlichen Grundfreiheiten, im Falle einer Vergabe der Konzessionen ?unter der Hand? von mitgliedstaatlichen Anbietern die Erfüllung der Konzessionsvoraussetzungen vor einer europarechtskonformen, rechtmäßigen Ausschreibung zu verlangen. Vielmehr liegt es am jeweiligen Mitgliedstaat die fehlende Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit zu sanieren. Bis dahin schlagen aber die Grundfreiheiten durch.

 

Angesichts der eindeutigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und der übereinstimmenden Literatur ist es daher, sollten für die erkennende Behörde noch Zweifel am Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG bestehen, dringend geboten dem Europäischen Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen;

 

?Sind die Art 49 und 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 4 des Vertrages über die Europäische Union sowie die zum Glücksspielrecht ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes dahingehend auszulegen, dass gegen einen Glücksspielanbieter, der über keine nach nationalem Recht des Mitgliedsstaates erteilte Konzession verfügt, auch dann wegen des Fehlens dieser Konzession keinerlei Strafsanktionen verhängt werden dürfen, wenn dieser Glücksspielanbieter nicht sämtliche nach dem nationalen Recht des Mitgliedsstaates vorgeschriebenen Konzessionsvoraussetzungen erfüllt, wenn bei der Vergabe sämtlichen, nach dem nationalen Recht des Mitgliedsstaates zu vergebenden Konzession jegliche Transparenz gefehlt hat und der Glücksspielanbieter schon aufgrund dieser unionsrechtswidrigen Vergabe der Konzession für den Zeitraum bis zumindest 31.12.2012 von der Möglichkeit ausgeschlossen ist, sich um eine solche Konzession zu bewerben??

 

Die Beschuldigte weist insbesondere darauf hin, dass alle Beschränkungen an den europarechtlichen Grundfreiheiten zu messen sind und die österreichische Glücksspielpolitik nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes insgesamt kohärent und systematisch auf im zwingenden Allgemeininteresse liegende Rechtsfertigungsgründe ausgerichtet sein muss. Bemerkenswerterweise ist der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Engelmann nicht mehr auf die ihm gestellte Frage nach der (In)Kohärenz der Österreichischen Glücksspielpolitik eingegangen, da er dies aufgrund der bereits festgestellten Unionsrechtswidrigkeiten für nicht mehr erforderlich hielt (vgl K., Der Europäische Gerichtshof und das Glücksspiel, RdW 2011,134 (136)). Das bedeutet aber gerade nicht, dass österreichische Gerichte und Behörden auf die Kohärenzprüfung verzichten könnten, zumal an der Erfüllung dieses Erfordernisses nach wie vor erhebliche Zweifel bestehen (vgl bspw T./S., EuGH kippt österreichisches Glücksspielmonopol, ecolex 2010, 1006 (1008); L., Das ?E.?-Urteil des EuGH, Rien ne va plus für das österreichische Glücksspielgesetz, Medien und Recht 2010, 247).

 

Der Europäische Gerichtshof hat jüngst klargestellt, dass bei jeder nationalen Beschränkung der Grundfreiheiten im Glücksspielbereich zu prüfen ist, ob sie tatsächlich dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (EuGH vom 15.09.2011, XY, D. und Ö., Rn 56). Insbesondere hat der Europäische Gerichtshof auch Präzisierungen dahingehend vorgenommen, dass zur Rechtfertigung der Errichtung eines Monopols der Mitgliedstaat ein besonders hohes Schutzniveau verfolgen muss, da es sich um eine besonders schwere Restaktion handelt (EuGH vom 15.09.2011, XY, D. und Ö., Rn 48, 71). Die nationalen Gerichte haben dabei zu prüfen, ?ob die nationalen Behörden im entscheidungserheblichen Zeitraum tatsächlich bestrebt waren, im Hinblick auf die geltend gemachten Ziele ein besonders hohes Schutzniveau zu gewährleisten, und ob die Errichtung eines Monopols im Licht dieses angestrebten Schutzniveaus tatsächlich als erforderlich angesehen werden konnte? (EuGH vom 15.09.2011, XY, D. und Ö., Rn 54). Der Europäische Gerichtshof bestätigt In diesem Zusammenhang, dass die tatsächliche Verhältnismäßigkeit der restriktiven Regelung vom Mitgliedstaat bewiesen werden muss (EuGH vom 15.09.2011, XY, D. und Ö., Rn 54) und dass es grundsätzlich Feststellungen geben muss, dass kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und die Spielsucht im betreffenden Mitgliedstaats ein Problem darstellen (EuGH vom 15.09.2011. XY, D. und Ö., Rn 66 und 100).

 

Dieser Nachweis wurde bis heute, vor keinem österreichischen Gericht und vor keiner österreichischen Behörde erbracht. Ebensowenig wurden derartige Feststellungen bis dato in keiner einzigen Entscheidung eines österreichischen Gerichtes und in keiner einzigen Entscheidung einer österreichischen Behörde jemals getroffen.

 

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 15.09.2011, XY, D. und Ö. enthält weiters Präzisierungen zum zulässigen Umfang der vom Monopolisten betriebene Werbung. Nach dem Europäische Gerichtshof ist zwischen Strategien des Monopolinhabers zu unterscheiden, die nur die potenzielle Kunden über die Existenz der Produkte informieren und durch Lenkung der Spieler in kontrollierte Bahnen einen geordneten Zugang zu Glücksspielen sicherstellen sollen, und Strategien, die zu aktiver Teilnahme an Glücksspielen auffordern, anregen oder anreizen. Es müsse zwischen einer restriktiven Geschäftspolitik, die nur den vorhandenen Markt für den Monopolinhaber gewinnen oder die Kunden an ihn binden soll, und einer expansionistischen Geschäftspolitik, die auf das Wachstum des gesamten Marktes für Spieltätigkeiten abzielt, differenziert werden (EuGH vom 15.09.2011, XY, D. und Ö., Rn 69).

 

Angesichts der gängigen exzessiven Werbepraxis der österreichischen Monopolisten wird diesen europarechtlichen Anforderungen für die Rechtfertigung einer Monopolstellung nicht genügt, was auch jüngst vom Landesgericht L. (als Zivilgericht erster Instanz) in seinem Urteil vom 22. März 2012., XY, bestätigt wurde.

 

Zuvor hatte das Landesgericht L., das selbst das Vorlageverfahren in der Rechtssache E. initiiert hatte, Herrn E. noch, ohne weitere Feststellungen zur Werbestrategie des Monopolinhabers und zur (In)Kohärenz der österreichischen Glücksspielpolitik getroffen zu haben, verurteilt. Das Bezirksgericht Z. hingegen hat bereits die richtige Konsequenz der Sanktionsfreiheit für Herrn E. gezogen und ihn aufgrund der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vom Strafantrag freigesprochen.

 

Das Sanktionsverbot wurde jüngst auch vom Landesgericht R. in seinem Berufungsurteil vom 23.04.2012, als letztinstanzliches Gericht, bestätigt, in dem es ausführt:

 

Zur Frage der Konsequenzen des Urteils des EuGH vom 09. September 2010 in der RsC XY ?E.? für die ?Anwendung des §16 8 StGB liegt bislang, soweit auch unter Einsatz von RIS-Justiz überschaubar, eine Entscheidung des OGH nicht vor.

 

Vielmehr ist hiezu eine kontroversielle Diskussion zwischen Vertretern der Lehre einerseits und einer gemeinsamen Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Finanzen andererseits entstanden.

 

Dabei schließt sich das Berufungsgericht den Vertretern der Lehre an, wobei Univ.Prof.DDr. P. L. im Rahmen dessen Rechtsgutachtens vom 04. November 2010 am überzeugendsten erscheint. Danach kommt L., der sich unter anderem auch ausführlich mit der gemeinsamen Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Finanzen auseinandergesetzt hat, zum Begebnis, dass sich aus dem Urteil des EuGH In der Rechtssache Engelmann die EU-Rechtswidrigkeit der österreichischen glücksspielrechtlichen Marktzugangsregeln in den entscheidenden Fragen des Sitzerfordenisses und der intransparenten Vergabe der Konzessionen ohne Ausschreibung ergibt. Die diesbezüglichen Regeln des österreichischen Glücksspielrechts haben daher gegen die Artikel 43 und 49 EG, nunmehr Artikel 49 und 56 AEUV, verstoßen. Diese EU-Rechtswidrigkeit im Bezug auf das österreichische Marktzugangsrecht schlägt auf das strafrechtliche Rechtsdurchsetzungsregime durch: Sind die glücksspielrechtlichen Marktzugangsregeln EU-rechtswidrig, dürfen diese auch nicht im Wege eines Strafverfahrens gemäß § 168 StGB durchgesetzt werden. Es gilt infolge der Vorrangwirkung des EU-Rechte ein unmittelbar EU-rechtlich begründetes Anwendungsverbot konfligierenden Strafrechts.

 

Darauf, ob sich das maßgebliche Sachrecht auch EU-konform ausgestalten ließe, kommt es nicht an. Maßgeblich ist der Verstoß gegen das EU-Recht hier und jetzt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass im Fall Engelmann und auch in allen vergleichbaren Konstellationen § 168 StGB unangewendet zu bleiben hat.

 

Mehr noch: Angesichts der eindeutigen Rechtslage wäre eine Anwendung des § 168 StGB rechtlich unvertretbar!

 

Angesichts der in obigen Ausführungen dargestellten Kontroverse zwischen Lehre und - einem Teil - der Rechtsprechung ist es, sollten für die erkennende Behörde noch Zweifel am Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG bestehen, dringendst geboten, beim Europäischen Gerichtshof über obige Vorlagefrage möglichst rasch die Klarstellung der Rechtsfolgen festgestellter Unionsrechtswidrigkeiten im Glücksspielsektor, insbesondere zum Fehlen einzelner, mehrerer oder auch aller nach nationalem Recht gesetzlich vorgeschriebener Konzessionsvoraussetzungen nach erfolgter unionsrechtswidriger Konzessionsvergabe ohne jeglicher Transparenz einer Ausschreibung herbeizuführen.

 

Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtschutzes als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechtes sowie der Grundsatz, dass die Gerichte der Mitgliedsstaaten den Schutz der Rechte zu gewährleisten haben, die dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen, gilt auch für die Beschuldigte, da es im gegenständlichen Fall an einer sachlichen Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung von inländischen Gesellschaften gegenüber Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union fehlt. Dies insbesondere deshalb, weil im vergleichbaren Fall Engelmann Herr E. eine Spielbankkonzession nicht nur wegen seiner deutschen Staatsangehörigkeit, sondern auch deshalb nicht erlangen konnte, weil er nicht das Erfordernis einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Österreich erfüllt hat, und sämtliche Konzessionen für den Betrieb einer Spielbank und Glücksspielautomaten in Österreich vom Bundesministerium für Finanzen unter Verstoß gegen das in Gemeinschaftsrecht verankerte Transparenzgebot ohne Ausschreibung und unter Vermeidung einer transparenten Interessentensuche an die Casinos Austria AG vergeben wurden.

 

Von den beiden letzteren Ausschlussgründen sind Inländer in gleicher Weise betroffen wie andere Unionsbürger, so dass eine Ungleichbehandlung mangels sachlicher Rechtfertigung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen würde.

 

Die Frage der Anwendung des Unionsrechtes auf Österreicher ist vergleichbar mit den Lockerungen im Bereich des österreichischen Grundverkehrsrechtes, die erst durch die EuGH-Urteile zugunsten von Gebietsfremden zustande kamen (EuGH 01.06.1999, K., XY, Slg 1999, 1-3009; EuGH 15.05.2003, S., XY, Slg 2003,1-4899; EuGH 23.09.2003, O., XY, Slg 2003,1-9743).

 

Die darauf folgenden Begünstigungen von Gebietsfremden und Diskriminierung von Inländern konnten folglich dem Gleichheitsgrundsatz nicht mehr standhalten (Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, RZ 1355, Seite 647 mwH auf VfSLG 17.150; 17.422; VfGH ok06,2Q05, G 163/04; VfGH 08.06,2005, G 159/04; VwGH 28.07.2004, 2002/04/0173).

 

3.)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat mit Schriftsatz vom 10.08.2012 an den Gerichtshof der Europäischen Union einen Antrag auf Vorentscheidung gem Art 267 AEUV gestellt. Ausgangslange ist ein Sachverhalt, der mit dem gegenständlichen vergleichbar ist.

 

Wie der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schreibt, stellt sich die Frage, ob die dem österreichischen Glückspielgesetz zugrunde liegende Systematik der lückenlos strafsanktionierten (Quasi-) Monopolregelung generell bzw hinsichtlich ihrer konkreten Ausgestaltung mit den Grundsätzen der Europäischen Grundrechtcharta vereinbar ist.

Dem UVS Oberösterreich ist nämlich aufgefallen, dass die Behörden bislang in keinem bekannten Fall iS des Urteils des EuGH vom 15.09.2011, XY (D./Ö.) auch nur ansatzweise versucht; haben nachzuweisen, dass die Kriminalität und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstellte(n) und bejahendenfalls, dass diesem insbesondere nur durch ein Monopolsystem mit kontrollierter Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten hätte abgeholfen werden können, sowie, dass tatsächlich die Kriminalitätsbekämpfung und der Spielerschutz, und nicht etwa bloß eine Maximierung oder massive Erhöhung der Staatseinnahmen, das wahre Ziel der Monopolregelung bildeten, und dass sich die Geschäftspolitik der Monopolisten ohnehin bloß auf eine kontrolliertere Expansion mit einer maßvollen, eng auf die Zielerreichung begrenzten, nicht zu aktiver Spielteilnahme anregender oder in Verbindung mit karitativen Zwecken ein positives Image kreierender Werbung beschränkt hat, was insbesondere schon angesichts der aus den Gesetzesmaterialien resultierenden fiskalpolitischen Intentionen und des Gerichts bekannten ?enormen? und aggressiven Werbeaufwandes. Aus diesem Grunde ist der UVS Oberösterreich der Ansicht, dass die im Glückspielgesetz konkret normierte Ausgestaltung des Glückspielmonopol des Bundes schon dem Grunde nach nicht mit der in den Art 56ff AEUV garantierten Dienstleistungsfreiheit vereinbar ist.

Die Regelungen im Glückspielgesetz sind, nach Ansicht des UVS Oberösterreich in ihrer Zusammenschar nicht geeignet, die in der Rechtsprechung des EuGH geforderte Gesamtkohärenz auch tatsächlich zu gewährleisten, sind somit im Ergebnis überschießend und damit inadäquat.

Der UVS Oberösterreich kritisiert auch die höchst unbestimmten Gesetzesbegriffe im Hinblick auf die systematisch nahezu lückenlose strafrechtliche Sanktionierung nicht bloß unmittelbarer Täter.

Das Beispiel wendet sich zudem gegen die unklare Abgrenzung zwischen Verwaltungsdelikt und Strafdelikt, dies insbesondere auch im Hinblick auf das Doppelbestrafungs- und Verfolgungsverbot.

 

Der UVS Oberösterreich stellt daher dem Gerichtshof der Europäischen Union nachstehende Fragen:

 

1.)

Steht das in Art 56 AEUV und in den Art 15 bis 17 EGRC zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Bestimmungen der §§ 3 bis 5 sowie §§ 14 und 21 GSpG, die die Durchführung von Glückspielen mittels Automaten nur unter der, sowohl strafsanktionierten als auch unmittelbar sacheingriffsbedrohten, Voraussetzungen der Erteilung einer vorangehenden, jedoch nur in begrenzter Anzahl verfügbaren Erlaubnis ermöglicht, obwohl bislang, soweit ersichtlich, von staatlicher Seite in keinem einzigen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren nachgewiesen wurde, dass eine damit verbundene Kriminalität und/oder Spielsucht tatsächlich ein erhebliches Problem, dem nicht durch eine kontrollierte Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten auf viele Einzelanbieter, sondern nur durch eine kontrollierte, mit bloß maßvoller Werbung verbundene Expansion eines Monopolisten (bzw sehr weniger Oligopolisten) abgeholfen werden kann, darstellen, entgegen?

 

2.)

Für den Fall, dass diese erste Frage zu verneinen ist: Steht das in Art 56 AEUV und in Art 15 bis 17 EGRC zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, durch die im Wege unbestimmter Gesetzesbegriffe im Ergebnis eine nahezu lückenlose Strafbarkeit auch vielfältiger Formen von nur sehr entfernt beteiligten (u U in anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässigen) Personen (wie bloßen Vertreibern, Verpächtern oder Vermietern von Glückspielautomaten) eintritt, entgegen?

 

3.)

Für den Fall, dass auch die zweite Frage zu verneinen ist: Stehen die demokratisch-rechtsstaatlichen Anforderungen, wie diese offenkundig dem Art 16 EGRC zu Grunde liegen, und/oder das Fairness- und Effizienzgebot des Art 47 EGRC und/oder das Transparenzgebot des Art 56 AEUV und/oder das Doppelverfolgungs- und bestrafungsverbot des Art 50 EGRC einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, deren wechselseitige Abgrenzung mangels eindeutiger gesetzlicher Regelung für einen Bürger ex ante kaum vorhersehbar und berechenbar, sondern im konkreten Einzelfall jeweils erst im Wege eines aufwändigen förmlichen Verfahrens klärbar ist, an die sich weitreichende Unterschiede hinsichtlich der Zuständigkeiten (Verwaltungsbehörde oder Gericht), der Eingriffsbefugnisse, der damit jeweils verbundenen Stigmatisierung und der prozessualen Stellung (zB Beweislastumkehr) knüpfen, entgegen?

 

4.)

Für den Fall, dass eine dieser drei ersten Fragen zu bejahen ist: Steht Art 56 AEUV und/oder Art 15 bis 17 EGRC und/oder Art 50 EGRC einer Bestrafung von Personen, die in einer der in § 2 Abs 1 Z 1 und § 2 ABs 2 GSpG genannten Nahebeziehung zu einem Glückspielautomaten steht, und/oder einer Beschlagnahme bzw Einziehung dieser Geräte und/oder einer Schließung des gesamten Unternehmens solcher Personen entgegen?

 

Inhaltlich soll dabei vom Gerichtshof der Europäischen Union beurteilt werden, ob das dem österreichischen Glücksspielgesetz zu Grunde liegende Monopol bei der Vergabe von Lizenzen zur Durchführung verschiedener Glücksspielarten (wie zum Beispiel Lotterien, Spielbanken, Poliersalons, Automatenglücksspiel) dem Verhältnismäßigkeits- und Kohärenzgebot des Art 56 AEUV entspricht und ob die darauf aufbauenden Straf- und Sicherheitsbefugnisse der Behörden (Beschlagnahme, Einziehung und Betriebsschließung) durch den Rahmen der Europäischen Grundrechtscharta gedeckt sind. Es soll möglichst rasch Rechtsklarheit und damit auch Rechtssicherheit geschaffen werden. Das verfahren ist beim Gerichtshof der Europäischen Union zu XY anhängig.

 

Beweis: Info C. Abfrage vom 10.11.2012 (Beilage ./1, als Kopie beigeschlossen)

 

Es wird beantragt, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rechtssache XY über den Vorlageantrag des Unabhängigen Verwaltungssenates Oberösterreich auszusetzen. (Vgl VwGH 13.12.2011, 2011/22/0316; VwGH 09.11.2011, 2011/22/0284 mwH).

 

Es wird beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und sämtliche bei der Kontrolle anwesenden Beamten als Zeugen zu vernehmen, dies zum Beweis dafür, dass mit gegenständlichen Geräten kein Verdacht einer verbotenen Ausspielung vorgelegen hat.

 

Sodann wird beantragt der Berufung Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung ersatzlos aufzuheben. Innsbruck, am XY, für XY Vermietungs-GmbH?

 

Dieser Berufung kam keine Berechtigung zu.

Dem erstinstanzlichen Akt ist zu entnehmen, dass am 11.12.2012 im Gasthof und Hotel K., Z., XY-Platz 4, eine Kontrolle durch die Finanzpolizei durchgeführt worden ist.

 

Dem Aktenvermerk betreffend diese Kontrolle vom 11.12.2012, welche sich im erstinstanzlichen Akt befindet, ist zu entnehmen, dass im Lokal zwei Walzenspielgeräte vorgefunden worden sind, die durch das Anschließen des Stromkabels in Betrieb genommen werden konnten und damit voll funktionsfähig gewesen sind.

 

Die Spiele seien an jedem Geräte durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufrufbar gewesen. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der ?Setzen?-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Automatic-Start-Taste seien die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert worden, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand sei. Nach etwa einer Sekunde sei der ?Walzenlauf? zum Stillstand gekommen. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen habe nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes ergeben. Bei den Walzenspielen habe man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es sei nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene (zB) Walzenspiel ausgelöst worden sei und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

In diesem Aktenvermerk ist weiters davon die Rede, dass sich aus der Aussage des im Lokal angetroffenen F. G. ergeben hat, dass die beiden Geräte zumindest schon seit einem Jahr im Lokal betrieben werden.

 

Weiters ergibt sich aus dessen Aussage, die schriftlich zu Protokoll genommen worden ist, dass er die Auszahlung, von im Lokal entstandenen Gewinnen durchgeführt hat und in etwa Euro 400,00 pro Monat für die Aufstellung dieser beiden Automaten bekommen hat.

 

Die beiden Geräte hatten jeweils die Gehäusebezeichnung ACT Austrian Casinogames Technology.

 

Dem Akt ist weiters zu entnehmen, dass beide Geräte bei der Kontrolle von der Finanzpolizei bespielt worden sind. Diesbezüglich liegen schriftliche Spieldokumentationen auf. Bei der Bespielung des Gerätes Nr 1 wurde laut dieser Dokumentation das Walzenspiel mit der Bezeichnung ?Money Bee? mit einem geforderten Mindesteinsatz von Euro 00,05 und dabei einen in Aussicht gestellten Höchstgewinn von Euro 250,00, gespielt. Weiters ist der Dokumentation zu entnehmen, dass dabei ein höchstmöglicher Einsatz pro Spiel von Euro 25,00 mit einem dabei in Aussicht gestellten Höchstgewinn von Euro 12.500,00 feststellbar gewesen ist. Weiters ist der Dokumentation betreffend diesem Gerät zu entnehmen, dass an diesem die Auto-Start-Taste funktionsfähig gewesen ist und die Abbuchung ausbezahlter Gewinne mittels eines Schlüssels (Stiftschlüssel) erfolgt ist.

 

Der Dokumentation betreffend das zweite Gerät ist zu entnehmen, dass auch auf diesem, wie schon dem vorigen, insgesamt 14 Spiele gespielt werden konnten. Beim konkreten Testspiel wurde auf diesem Gerät Nr 2 das Walzenspiel mit der Bezeichnung ?Hot Shot 5?, mit einem geforderten Mindesteinsatz von Euro 00,10 und einem dabei in Aussicht gestellten Höchstgewinn von Euro 20,00, gespielt. Als höchster Spieleinsatz pro Spiel wurden Euro 15,00 festgestellt mit einem dabei in Aussicht gestellten Höchstgewinn von Euro 3.000,00. Auch hier war die Auto-Start-Taste funktionsfähig und erfolgte die Abbuchung ausbezahlter Gewinne ebenfalls mit einem Schlüssel.

 

Dem Akt ist weiters zu entnehmen, dass das Gerät Nr 1 und das Gerät Nr 2 mit Versiegelungsplaketten versehen worden sind.

 

Hinsichtlich dieser Geräte wurde anlässlich dieser Kontrolle einen Reihe von Lichtbildern angefertigt. Auf diesen Lichtbildern sind die Geräte ersichtlich sowie die auf diesen Geräten spielbare Spiele.

 

Wie schon dargelegt wurde im Aktenvermerk betreffend diese Kontrolle die Wirkungsweise der Walzenspiele dargelegt und darauf hingewiesen, dass kein Einfluss auf den Spielausgang genommen werden könne. Dies entspricht auch den bisherigen Erfahrungen, die der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol in zahlreichen, bereits anhängig gewesenen Verfahren, gemacht hat.

 

In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 1 Abs 1 des Glücksspielgesetzes, BGBl Nr 620/1989 idF BGBl I Nr 73/2010 ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

 

Nach § 2 Abs 1 leg cit sind Ausspielungen Glücksspiele,

1.

die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2.

bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3.

bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs 2 leg cit ist Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.

 

Gemäß dem Absatz 4 dieser Bestimmung sind verbotene Ausspielungen, Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.

 

Eine Konzession oder Bewilligung für die gegenständlichen Geräte, die laut Berufungswerberin in ihrem Eigentum stehen, wurde zweifelsfrei nicht erteilt und liegt auch keine Ausnahmetatbestand gemäß § 4 des Glücksspielgesetzes in der angeführten Fassung vor.

 

Gemäß § 53 Abs 1 des Glücksspielgesetzes idgF kann die Behörde die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten (laut VwGH vom 27.04.2012, Zl 2011/17/0315 auch samt Kasseninhalt), der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn

1. der Verdacht besteht, dass

a)

mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 verstoßen wird, oder

b)

durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs 1 Z 7 verstoßen wird oder

2.

fortgesetzt oder wiederholt mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen gemäß Z 1 lit a gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 verstoßen wird oder

3.

fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs 1 Z 7 verstoßen wird.

 

Da das Ermittlungsverfahren zweifelsfrei ergeben hat, dass jedenfalls der Verdacht besteht, dass im gegenständlichen Lokal mit den beiden Geräten, bei diesen verbotenen Ausspielungen fortgesetzt (mindestens seit einem Jahr) gegen § 52 Abs 1 Z 1 des Glücksspielgesetzes verstoßen worden ist, sind diese samt Schlüsseln zu Recht von der Erstbehörde beschlagnahmt worden.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde für die Anordnung der Beschlagnahme auch dann gegeben, wenn ein Einsatz von mehr als Euro 10,00 pro Spiel möglich ist.

 

Ob schlussendlich tatsächlich eine Bestrafung des Geschäftsführers der Berufungswerberin zu erfolgen hat, wird erst im Verwaltungsstrafverfahren zu klären sein.

 

Für das reine Beschlagnahmeverfahren war die weitere Aufnahme von Beweisen (beantragt wurde in der Berufung insbesondere sämtliche bei der Kontrolle anwesende Beamten als Zeugen zu vernehmen) nicht erforderlich.

 

Insbesondere aufgrund dieser Umstände war auch die Durchführung der beantragten Berufungsverhandlung nicht notwendig, zumal im Sinne des § 51e Abs 4 VStG die Aktenlage erkennen ließ, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache (Beschlagnahme Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen § 52 Abs 1 Z 1 des GSpG) nicht erwarten lassen hat und dem auch nicht Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958, entgegengestanden ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Beschlagnahme
Zuletzt aktualisiert am
25.06.2013
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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