TE OGH 2008/12/16 8ObA82/08d

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Veröffentlicht am 16.12.2008
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Helmut Hutterer und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Daniel U*****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Z*****, vertreten durch Mag. Martin Paar, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.196,10 EUR brutto abzüglich 355,94 EUR netto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. August 2008, GZ 8 Ra 51/08s-24, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 24. Oktober 2007, GZ 18 Cga 41/07s-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 297,41 EUR (darin enthalten 49,57 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der Kläger Anspruch auf Entgelt zumindest nach der von ihm begehrten Lohngruppe 4 des Punkts IX des Kollektivvertrags für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe hat, zutreffend bejaht. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die wesentliche Bestimmung des Punkts IX des Kollektivvertrags lautet wie folgt:

„IX. Entlohnung

Kollektivvertragslöhne (Mindeststundenlöhne)

1. Lohngruppen:

Techniker

1.

Spitzenfacharbeiter

2.

Qualifizierte Facharbeiter

3.

Facharbeiter

4.

Besonders qualifizierte Arbeitnehmer

5.

Qualifizierte Arbeitnehmer

6.

Arbeitnehmer mit Zweckausbildung

7.

Arbeitnehmer ohne Zweckausbildung

2.

Lohngruppenmerkmale:

LG Techniker:

Arbeitnehmer mit langjähriger Berufspraxis in der Lohngruppe 1, die inhaltlich so anspruchsvolle Arbeiten selbstständig ausführen, dass dafür praktische und theoretische Fachkenntnisse, die über das im Rahmen der Berufsausbildung (Lehrabschlussprüfung) vermittelte Fachwissen hinausgehen, Voraussetzung sind und die hervorragende Verantwortung tragen. Die genannten Qualifikationen müssen entsprechend nachgewiesen werden.

LG 1. Spitzenfacharbeiter:

Abgeschlossene Berufsausbildung (Lehrabschlussprüfung), hervorragende Fachkenntnisse; Befähigung, ohne Anweisung selbstständig unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte alle berufseinschlägigen Arbeiten verantwortungsbewusst zu verrichten. Fähigkeit zum zweckmäßigen Einsatz beigestellter Arbeitskräfte und Materialien sowie zur Beratung von Kunden.

LG 2. Qualifizierter Facharbeiter:

Abgeschlossene Berufsausbildung (Lehrabschlussprüfung), große Fachkenntnisse; Befähigung, alle berufseinschlägigen Arbeiten nach kurzer Anweisung selbstständig unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte verantwortungsbewusst zu verrichten. Fähigkeit zum Einsatz beigestellter Arbeitskräfte und zur Beratung von Kunden.

LG 3. Facharbeiter:

Abgeschlossene Berufsausbildung (Lehrabschlussprüfung), auch Lehrabschlussprüfung in technologisch verwandten bzw technologisch ähnlichen Berufen; Befähigung, berufseinschlägige Arbeiten nach Anweisung verantwortungsbewusst zu verrichten.

LG 4. Besonders qualifizierter Arbeitnehmer:

Längere Zweckausbildung, große Arbeitserfahrung und dementsprechende

Verantwortung.

LG 5. Qualifizierter Arbeitnehmer:

Zweckausbildung, entsprechende Arbeitserfahrung und Verantwortung.

LG 6. Arbeitnehmer mit Zweckausbildung:

Entsprechende Arbeitserfahrung und Verantwortung.

Auch Arbeitnehmer ohne Zweckausbildung in Produktion oder Montage, sofern sie mehrere Arbeiten (Arbeitsvorgänge) beherrschen oder sich besondere Fertigkeiten angeeignet haben, spätestens jedoch nach 3-jähriger Betriebszugehörigkeit.

LG 7. Arbeitnehmer ohne Zweckausbildung:

              3.              Der Kollektivvertragslohn (Mindeststundenlohn) einer Lohngruppe stellt keine Begrenzung des Ist-Lohnes einer niedrigeren Lohngruppe dar.

              4.              Nach Ablauf der Probezeit ist der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der betriebsüblichen Gesichtspunkte entsprechend seinen Fähigkeiten einzustufen. Die Einstufung setzt voraus, dass die der Einstufung entsprechende Tätigkeit ausgeübt wird.

              4a.              Ab erfolgreicher Ablegung der Lehrabschlussprüfung hat die Einstufung in eine der Facharbeiterlohngruppen zu erfolgen. Bis zur erfolgreichen Ablegung der Lehrabschlussprüfung hat die Einstufung in die Lohngruppe 4 zu erfolgen.

Ab Beendigung der Lehrzeit bis zur erfolgreichen Ablegung der Lehrabschlussprüfung ist die Differenz zwischen der Lohngruppe 4 und 3 nachzuzahlen. Keine Nachzahlung erfolgt:

              a)              wenn der Ist-Stundenlohn während dieser Zeit gleich hoch oder höher war als der Mindestlohn der Lohngruppe 3,

              b)              der Arbeitnehmer sich unentschuldigt nicht vor Ende der Lehrzeit zur Lehrabschlussprüfung angemeldet hat,

c)

unentschuldigt nicht zum erstanberaumten Termin angetreten ist,

d)

die Prüfung zum erstanberaumten Termin nicht bestanden hat.

              4b.              Entlohnung für Pflichtpraktikanten

Schülern von mittleren und höheren Schulen, die aufgrund schulrechtlicher Vorschriften ein Betriebspraktikum ableisten müssen, gebührt abweichend von Pkt. 1-4 für die Dauer eines vorgeschriebenen Betriebspraktikums (maximal 1 Monat pro Kalenderjahr - ausgenommen längere Betriebspraktika aufgrund des Schulversuchs bei vierjährigen technischen Fachschulen) ein Monatslohn von 891,86 EUR. Dies gilt auch, wenn nur eine teilweise Arbeitspflicht besteht. Sehen die Praktikumsvorschriften eine Anwesenheit im Betrieb von weniger als 38,5 Stunden pro Woche vor (zB vier Tage pro Woche), so gebührt der der vorgesehenen Anwesenheitszeit entsprechende Teil des Monatslohns.

..."

Allgemein ist bei der Auslegung eines Kollektivvertrags der Wortsinn, aber auch die sich daraus ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0010089 mwN etwa 9 ObA 75/07f). Den Kollektivvertragsparteien kann grundsätzlich unterstellt werden, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechend praktisch durchführbare Regelung treffen wollten, die einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen soll, sodass jene Auslegung zu wählen ist, die diesen Anforderungen am ehesten entspricht (RIS-Justiz RS0008828 mwN, zuletzt 9 ObA 66/07g; ebenso RIS-Justiz RS0008897 mwN, zuletzt 9 ObA 148/07s).

Das Berufungsgericht hat hier entsprechend der Systematik des Kollektivvertrags, wie sie sich nicht nur aus dem Aufbau, sondern insbesondere auch aus der Bestimmung der Z 4 und 4a des Art IX ergibt, die Facharbeiterlohngruppen (1 - 3) von den Lohngruppen für die anderen Arbeiter (4 - 7) unterschieden. Weiters ist es zutreffend auf die Bestimmung des § 34a BAG eingegangen, wonach unter anderem für den Bereich des Arbeitsrechts einschließlich der Kollektivverträge das Prüfungszeugnis, mit dem der erfolgreiche Abschluss einer mindestens dreijährigen berufsbildenden mittleren Schule nachgewiesen ist, zumindest als Nachweis einer mit einer facheinschlägigen Lehrabschlussprüfung abgeschlossenen beruflichen Ausbildung gleichzuhalten ist. Dass der Kläger, der die höhere technische Lehranstalt für Maschinenbau erfolgreich mit Matura absolviert hat, damit eine facheinschlägige Berufsausbildung für den hier maßgeblichen Lehrberuf des Maschinenschlossers bzw Maschinenbautechnikers iSd § 34a BAG nachweisen konnte, wird von der Beklagten in der Revision nicht substantiiert in Zweifel gezogen. § 34a BAG hat aber gerade die Einstufung in den Kollektivverträgen im Auge (vgl Berger/Fida/Gruber, Berufsausbildungsgesetz, § 34a Rz 3). Dass dem Kläger bei der Arbeit fallweise Fehler unterliefen, ändert - wie das Berufungsgericht bereits zutreffend ausführte - nichts an der grundsätzlichen, durch den positiven Abschluss der Berufsausbildung vermittelten „Befähigung", iSd Bestimmungen des KV die berufseinschlägigen Arbeiten nach Anweisung verantwortungsbewusst zu verrichten.

Soweit die Revision releviert, dass nach dem Wortlaut des Kollektivvertrags nicht darauf abgestellt werden könne, ob der Kläger die Voraussetzungen für die höhere Lohngruppe statt der von ihm bloß begehrten Lohngruppe 4 erfüllt habe, ist ihr schon entgegenzuhalten, dass sich das begehrte Entgelt aus dem höheren kollektivvertraglichen Ansatz jedenfalls ableiten lässt.

Insgesamt vermag die Revision jedenfalls keine Bedenken gegen die übereinstimmende Beurteilung der Vorinstanzen, dass hier die Voraussetzungen für die Einstufung in die Lohngruppe 3 erfüllt sind und damit jedenfalls das geringere Entgelt entsprechend der Lohngruppe 4 begehrt werden kann, hervorzurufen.

Der Revision war dementsprechend nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 2 ASGG, §§ 50 und 41 ZPO.

Anmerkung

E896888ObA82.08d

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inARD 5944/6/2009 = infas 2009,83/A30 - infas 2009 A30 = DRdA 2009,429XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:008OBA00082.08D.1216.000

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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