Index
21/01 Handelsrecht;Norm
BAO §188;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2000/14/0128 2000/14/0130 2000/14/0129 Besprechung in:AnwBl 2001, S 552 - S 554;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz,
A) über die Beschwerde 1. der A GmbH & Co KG in W, 2. des B E jun., 3. der I E, 4. der G L, 5. des G L und 6. der U E, alle in W, alle vertreten durch Dr. Roland Kassowitz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Zelinkagasse 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. Mai 2000, Zl. RV/129-15/06/97, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1989 bis 1994,
B) über die Beschwerde der Erst- bis Fünftbeschwerdeführer gegen
den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. Mai 2000, Zl. RV/128-15/06/97, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1989 bis 1994,
C) über die Beschwerde der Erst- bis Fünftbeschwerdeführer gegen
den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. Mai 2000, Zl. RV/127-15/06/97, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1992 bis 1994, und
D) über die Beschwerde der Erst- bis Fünftbeschwerdeführer gegen
den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. Mai 2000, Zl. RV/121-15/06/97, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1989 bis 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 60.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin ist eine GmbH & Co KG. Die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer sind - neben BE - ihre Kommanditisten. Im Jahr 1989 war auch die Sechstbeschwerdeführerin Kommanditistin
In den Jahren 1989 bis 1994 war die Erstbeschwerdeführerin ausschließlich vermögensverwaltend tätig. Sie vermietete mehrere Gebäude, die in ihrem Eigentum stehen, und erwirtschaftete Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Sie erstellte für jedes Jahr einerseits eine Handelsbilanz, andererseits errechnete sie durch Überschussrechnung den Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten bzw den Verlust. Im Jahr 1996 hat die Erstbeschwerdeführerin eine gewerbliche Tätigkeit aufgenommen und nimmt seither eine Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 vor.
Mit jedem der vier angefochtenen, an die Erstbeschwerdeführerin ergangenen Bescheide iSd § 188 BAO wurden im Instanzenzug Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1989, 1990, 1991, 1992, 1993 und 1994 festgestellt (lediglich der drittangefochtene Bescheid betrifft nur die Jahre 1992 bis 1994). Dabei wurde der auf die Komplementär-GmbH entfallende Anteil - dieser zählt gemäß § 7 Abs. 3 KStG 1988 zu den gewerblichen Einkünften - nicht in die Bescheide aufgenommen. Der verbleibende Verlust (im zweitangefochtenen und im viertangefochtenen Bescheid jeweils für das Jahr 1989 ein Einnahmenüberschuss) wurde auf die Kommanditisten entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis aufgeteilt. Dabei wurde - außer für den Kommanditisten BE - stets ausgesprochen, dass der Verlustanteil dem Komplementär zugerechnet werde.
Aus der Aktenlage ergibt sich, dass der erstangefochtene Bescheid (StNr. 840/1155) ein vermietetes Gebäude in Wien, Neubaugürtel, der zweitangefochtene Bescheid (StNr. 840/1163) ein vermietetes Gebäude in Wien, Tautenhayngasse, der drittangefochtene Bescheid (StNr. 840/2005) ein vermietetes Gebäude in Wien, Sperrgasse, und der viertangefochtene Bescheid (StNr. 840/8481) ein vermietetes Gebäude in Wien, Blumauergasse betrifft.
Die Begründung der angefochtenen Bescheide ist im Wesentlichen gleich lautend. Soweit sie für das gegenständliche Verfahren von Bedeutung ist, stellt sie sich zusammenfassend wie folgt dar:
Im Zuge einer bei der Erstbeschwerdeführerin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung sei das Finanzamt zur Ansicht gelangt, dass den Kommanditisten einer vermögensverwaltenden KG nur im Ausmaß ihrer Haftung Verluste zugewiesen werden könnten. Die Berufungen gegen die aufgrund der Prüfung ergangenen erstinstanzlichen Feststellungsbescheide nach § 188 BAO bekämpften diese Beschränkung der Verlustzuweisung. Die belangte Behörde gelange zur Sachverhaltsfeststellung, dass einzig für den Kommanditisten BE eine über die beschränkte Kommanditistenhaftung hinausgehende Haftung (aufgrund ernst gemeinter Bürgschafts- und Garantieerklärungen) als erwiesen angenommen werden könne. Hinsichtlich der anderen Kommanditisten hätte nämlich das Bestehen einer weitergehenden Haftung nicht glaubhaft gemacht werden können. Daraus ergebe sich in rechtlicher Hinsicht, dass den anderen Kommanditisten Verluste nicht über ihre Einlage hinaus zugewiesen werden könnten. Darüber hinausgehende Verluste dieser Kommanditisten erhöhten den Verlustanteil des Komplementärs.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die gegen diese Bescheide erhobenen, im Wesentlichen gleich lautenden Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:
Die Beschwerdeführer wenden sich nicht gegen die Sachverhaltsfeststellungen der angefochtenen Bescheide. Sie rügen unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit, dass Verluste aus Vermietung und Verpachtung einer vermögensverwaltenden KG den beschränkt haftenden Gesellschaftern nur im Ausmaß ihrer beschränkten Haftung zugerechnet worden seien.
Unbestritten ist, dass die Erstbeschwerdeführerin handelsrechtlich als KG organisiert ist, jedoch in den Streitjahren keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern als vermögensverwaltende KG außerbetriebliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittig ist, ob Kommanditisten über den Umfang ihrer Haftungsbeteiligung gemäß § 167 Abs. 3 HGB hinaus negative Einkünfte (Werbungskostenüberschüsse) zugerechnet werden dürfen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom 20. Mai 1987, 86/13/0068, (siehe auch das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, 86/13/0136), zu Recht erkannt, dass die gesellschaftsrechtliche Haftungsbeschränkung des Kommanditisten einer vermögensverwaltenden KG eine Zuweisung von über das Ausmaß seiner Hafteinlage hinausgehenden Verlusten nicht zulässt, weil der Kommanditist den seine Einlage übersteigenden Verlustanteil wirtschaftlich nicht zu tragen hat. Die Verlustzurechnung an die Kommanditisten ist von deren Haftung abhängig und daher bei Fehlen einer Nachschusspflicht mit ihrer Einlage begrenzt. Dem steht § 19 EStG nicht entgegen, der die zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben regelt, zumal unbestritten ist, dass die von der KG abgesetzten Werbungskosten tatsächlich in den Streitjahren abgeflossen sind. Da Kommanditisten aber auf Grund ihrer handelsrechtlichen Stellung nicht über mehr die Verfügungsmacht verlieren können als über ihre Einlage, findet dieser Abfluss auf der Ebene der Gesellschafter für die Frage der Zuweisung des Verlustes im Ausmaß der Kommanditeinlage seine Grenze. Aus einem Werbungskostenüberschuss resultierende Verluste können daher über die Einlage des Kommanditisten hinaus im Jahr der Entstehung nicht den Kommanditisten, sondern nur den Komplementär treffen.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die vorliegenden Beschwerde nicht veranlasst, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Verluste dürfen einem Gesellschafter nur zugerechnet werden, wenn sie sich bei ihm wirtschaftlich belastend auswirken können (vgl. Doralt, EStG4, § 28 Tz 279 mwN). Die Zurechnung des Werbungskostenüberschusses wird allerdings über die handelsrechtliche Haftung des Kommanditisten hinaus insoweit zu erfolgen haben, als diesem Gesellschafter insbesondere aufgrund einer ernst gemeinten Haftungserweiterungs- bzw. Garantieerklärung für die Gesellschaft eine Inanspruchnahme tatsächlich droht (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 28 Tz 90).
Den Beschwerden ist einzuräumen, dass auch bei einer KG, deren Tätigkeit sich auf die Liegenschaftsvermietung beschränkt, das handelsrechtliche Ergebnis von dem durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der Werbungskosten ermittelten steuerlichen Ergebnis abweicht. In diesem Zusammenhang verweisen die Beschwerden zutreffend darauf, dass die Veräußerung der Liegenschaften des Privatvermögens in der Regel steuerlich nicht zu erfassen ist. Sie verweisen auch auf die in Streitjahren noch gegebene Möglichkeit der Bildung steuerfreier Beträge nach § 28 Abs. 5 EStG 1988. Soweit aber handelsrechtliche Erträge (bei Fehlen steuerlicher Einnahmen) vorliegen, kommt es ohnedies zu einem Anstieg des Kapitalkontos des Gesellschafters, was eine weitere Verlustzuweisung ermöglicht. Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass die Zuweisung steuerlicher Verluste vorzunehmen ist, wenn festgestellt werden kann, dass der Gesellschafter für die Verluste - aus welchen Gründen immer - tatsächlich einzustehen hat.
Entgegen den Beschwerdeausführungen steht § 24 Abs. 1 lit. e BAO der Beschränkung der Verlustzuweisung an Kommanditisten nicht entgegen. Diese Bestimmung normiert, dass Wirtschaftsgüter, die mehreren Personen ungeteilt gehören, diesen Personen so zuzurechnen sind, als wären sie nach Bruchteilen berechtigt. Die Bestimmung regelt damit die Zurechnung von Wirtschaftsgütern, nicht jedoch die Zurechnung von Einkünften (vgl. Ritz, BAO-Kommentar2, § 24 Tz 5).
Auf das Beschwerdevorbringen, wonach die Komplementärin eine GmbH sei und gemäß § 7 Abs. 3 KStG 1988 aufgrund ihrer Rechtsform aus der Beteiligung an der Erstbeschwerdeführerin gewerbliche Einkünfte erziele, und wonach diese gewerblichen Einkünfte nach Betriebsvermögensvergleichsgrundsätzen zu ermitteln seien, braucht nicht eingegangen zu werden. Die angefochtenen Bescheide sprechen nämlich nicht über den Einkünfteanteil der Komplementärin ab. Im Spruch der angefochtenen Bescheide wird zwar zum Ausdruck gebracht, dass die Verlustanteile (außer die Verlustanteile des BE) nicht den Kommanditisten, sondern der Komplementärin zugerechnet werden, der normative Gehalt dieses Ausspruchs kann aber nicht darin erblickt werden, dass mit ihm über eine bestimmte Einkünfteermittlungsart der - mit diesen Bescheiden gar nicht erfassten (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 86/13/0068) - Komplementär-GmbH abgesprochen wird.
Die Beschwerdeführer verweisen schließlich auf folgenden Umstand: Die Erstbeschwerdeführerin vermiete mehrere (nämlich zehn) Gebäude. Das habe die Abgabenbehörden dazu veranlasst, an die Beschwerdeführerin pro Veranlagungszeitraum zehn Feststellungsbescheide nach § 188 BAO zu erlassen. Wenn bei einzelnen Objekten Einnahmenüberschüsse (oder steuerlich nicht relevante Erträge), bei anderen hingegen Verluste anfielen, sei es nicht möglich, die Verluste zuzuteilen. Es sei nicht abzusehen, wie sich ein Einnahmenüberschuss auf die Verlustzuweisung auswirke, wenn beispielsweise ein Objekt zu einem Einnahmenüberschuss, neun andere aber zu einem Verlust führten.
Mit diesem Vorbringen wird im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufgezeigt.
Gemäß § 188 Abs. 1 BAO werden u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind, einheitlich und gesondert festgestellt.
Vermietet eine vermögensverwaltende KG eine Mehrzahl von in ihrem Eigentum stehenden Gebäuden und erzielt sie daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, stellt sich die Frage, ob an die KG pro Veranlagungsjahr ein Feststellungsbescheid nach § 188 BAO zu erlassen ist, der ihre gesamte Vermietungsbetätigung erfasst, oder ob ein Feststellungsbescheid pro Vermietungsobjekt, insgesamt also eine Mehrheit von Feststellungsbescheiden zu ergehen hat. Der Wortlaut des Gesetzes enthält für den angesprochenen Fall keine Regelung. Aus der Bestimmung des Abs. 2 des § 188 BAO ergibt sich allerdings, dass auch eine Mehrzahl von Einkunftsquellen in einem Feststellungsbescheid erfasst sein kann.
Der Zweck der einheitlichen und gesonderten Feststellung ist darin gelegen, die Abführung von Parallelverfahren bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen zu vermeiden und für die Beteiligten ein gleichartiges Ergebnis zu gewährleisten (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 1980).
Für Personengesellschaften, die Eigentümer mehrerer Liegenschaften sein können (Personenhandelsgesellschaften und Erwerbsgesellschaften) wird dem dargelegten Zweck entsprochen, wenn ein Bescheid gegenüber der Gesellschaft ergeht. Nach dem gesellschaftsrechtlich vorgegebenen Konzept (vgl. §§ 121, 167f HGB; § 4 Abs. 1 EGG) ist die Verteilung von Gewinn und Verlust, die den Ausgangspunkt für die steuerliche Zuordnung bildet, nicht für die einzelnen vermieteten Objekte, sondern für das Gesellschaftsergebnis vorzunehmen. Überdies lässt sich die beschwerdegegenständliche Haftung der beschränkt haftenden Gesellschafter und die daraus resultierende Einschränkung der Verlustzuweisung nicht für die einzelnen vermieteten Objekte, sondern nur auf der Ebene der Gesellschaft beurteilen.
Der Verwaltungsgerichtshof gelangt somit in teleologischer Interpretation der Regelung des § 188 BAO zum Ergebnis, dass an Personenhandelsgesellschaften und Erwerbsgesellschaften, deren Gesellschaftern gemeinschaftliche Einkünfte zufließen, nur ein Bescheid (pro Einkünfteermittlungszeitraum) über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften ergehen darf.
Diesem Ergebnis stehen die Bestimmungen der BAO über die örtliche Zuständigkeit zur Erlassung von Feststellungsbescheiden nicht entgegen. Nach § 54 Abs. 2 BAO ist für die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens das Lagefinanzamt iSd § 53 Abs. 1 lit. a BAO zuständig. § 53 Abs. 1 lit. a BAO enthält nun zwar keine Regelung für den Fall, dass mehrere wirtschaftliche Einheiten in Bereichen verschiedener Finanzämter gelegen sind. Damit kommt aber die Subsidiärregelung des § 70 Z. 2 BAO ("einer sonstigen dauernden Tätigkeit") zur Anwendung.
Die belangte Behörde hat somit, weil sie Feststellungsbescheide über das steuerliche Ergebnis einzelner vermieteter Gebäude der Erstbeschwerdeführerin erlassen hat, die Rechtslage verkannt. Die Bescheide sind daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 53 Abs. 1 VwGG, iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 21. Februar 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000140127.X00Im RIS seit
06.03.2002Zuletzt aktualisiert am
17.05.2013