TE Vfgh Beschluss 2011/3/10 A6/09

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Veröffentlicht am 10.03.2011
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/04 Sprengmittel, Waffen, Munition

Norm

B-VG Art10 Abs1
B-VG Art137 / ord Rechtsweg
ABGB §1035 ff, §1042
F-VG 1948 §2
JN §1
WaffenG 1996 §5, §42
VfGG §27, §41

Leitsatz

Zurückweisung einer Klage der Stadt Salzburg gegen den Bund aufErsatz von Aufwendungen für die Suche nachFliegerbomben(blindgängern) auf in ihrem Eigentum stehendenGrundstücken mangels Zuständigkeit des VfGH; vermögensrechtlicherAnspruch aus Kompetenzverteilung nicht ableitbar; Zuständigkeit derordentlichen Gerichte infolge Fehlens einer gesetzlichenKostentragungsregelung für Ersatzansprüche

Spruch

I. Die Klage wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen der Finanzprokuratur die mit € 1.715,85 bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Begründung:

I. Sachverhalt, Klagevorbringen und Vorverfahren

1. Klage

1.1. Die Klägerin stellt mit der vorliegenden, auf Art137 B-VG gestützten, gegen die Republik Österreich (richtig: den Bund; im Folgenden: beklagte Partei) gerichteten, mit 6. Mai 2009 datierten Klage den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle erkennen:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von € 73.200,00 samt 4 % Zinsen seit 01. Oktober 2007 zu bezahlen und die Prozesskosten zu ersetzen; all dies binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang."

1.2. Die Klage wird wie folgt begründet (Hervorhebungen wie im Original):

"...

II. AUSGANGSLAGE

Gegenstand dieses Verfahrens sind Aufwendungen, die der klagenden Partei im Zusammenhang mit dem Aufsuchen und der Bergung eines Fliegerbombenblindgängers entstanden sind. Dieser Fliegerbombenblindgänger ist, wie bereits erwähnt, ein Relikt aus der Zeit des zweiten Weltkrieges. Die englischen und amerikanischen Luftstreitkräfte haben im zweiten Weltkrieg (vorwiegend) zwei Typen von Bomben verwendet: Bomben, die im Zeitpunkt des Aufschlagens auf den Boden detonieren sollten, und Bomben, die mit einem Zeitzünder ausgestattet waren. Im vorliegenden Zusammenhang interessiert vor allem der zuletzt genannte Typus.

Der Zeitzünder hatte den Sinn, Rettungs- und Bergungsarbeiten zu erschweren. Die Detonation sollte einige Zeit (2 bis 144 Stunden) nach dem Abwurf der Bombe erfolgen.

Der Zeitzündermechanismus bestand in einer Feder, die auf einen Schlagbolzen einwirkt. Die Feder drückt den Schlagbolzen nach vorn in Richtung der Sprengkapsel. Der durch die Feder belastete Schlagbolzen wird durch einen Sicherungsmechanismus aus Zelluloid daran gehindert, nach vor zu schnellen. Eine Säure (Acetonsäure) sollte dieses Zelluloid zersetzen und sohin bewirken, dass der Schlagbolzen in dem vorgesehenen Zeitintervall (wie gesagt, 2 bis 144 Stunden nach dem Abwurf) nach vor schlagen kann. Dieser Vorgang bewirkt die Detonation der Bombe.

Die Blindgängerquote war bei Zeitzünderbomben relativ hoch, sie betrug 20 % bis 25 %. Eine technische Ursache hiefür ist darin zu sehen, dass eine Bombe zwar mit der Spitze nach vorn in das Erdreich eindringt, aber in der Folge - üblicherweise - eine 'Aufwärtsbewegung' ausführt. Bei der Bergung derartiger Bomben konnte man beobachten, dass die Bomben überwiegend 'im Erdreich stehen'. Die geschilderte Stellung der Bombe bewirkt, dass die Säure nach unten, also in den Boden, dringt, und daher nicht mehr, jedenfalls nicht unmittelbar, auf das Zelluloid einwirken kann. Der geplante - säurebedingte - Zersetzungsprozess findet nicht statt. Die Säure verdampft und diffundiert.

Weiterhin hindert das nicht zersetzte Zelluloid daher den Schlagbolzen daran, nach vor zu schnellen. Die Haltekraft des Zelluloids ist jedoch begrenzt. Zelluloid verliert ständig an Stabilisatoren und damit an Elastizität. Wenn die Haltekraft des Zelluloids endet, dann schnellt die Feder nach vorn. In dieser Situation kommt es mit großer technischer Wahrscheinlichkeit zur Explosion. Aus technischer Sicht ist demnach die Detonation einer Zeitzünderbombe, die viele Jahre oder Jahrzehnte nach dem Abwurf einer Bombe erfolgt, nicht ungewöhnlich, sondern geradezu naheliegend.

...

Das Gefahrenpotential der Fliegerbombenblindgänger unterscheidet sich allerdings danach, ob die betreffende Bombe mit einem Zeitzünder ausgestattet war oder nicht. Zu einer Detonation eines Fliegerbombenblindgängers, der mit einem Zeitzünder ausgestattet ist, kommt es 'von selbst'. Der Zeitpunkt bestimmt sich nach dem eingangs beschriebenen Zersetzungsprozess des Zelluloids. Eine nähere zeitliche Eingrenzung ist nicht möglich. Die Selbstdetonation kann 10 Jahre, 30 Jahre oder 70 Jahre nach dem Abwurf der Fliegerbombe erfolgen. - Ein geringeres Gefahrenpotential weisen Fliegerbombenblindgänger auf, die nicht mit einem Zeitzünder ausgestattet sind. Nach technischer Erfahrung wird eine Detonation nur durch Krafteinwirkung ausgelöst. Auch dieses Gefahrenpotential darf freilich nicht bagatellisiert werden. So kann etwa eine Detonation durch Bautätigkeit ausgelöst werden.

Eine sinnvolle Such- und Sondierungstätigkeit setzt voraus, dass entsprechende Indizien für Bombenverdachtspunkte vorliegen. Die Anhaltspunkte lieferten die so genannte Salzburger Bombenkarte und die historischen Luftbildauswertungen der englischen und amerikanischen Luftstreitkräfte.

Die Salzburger Bombenkarte wurde nach dem zweiten Weltkrieg, beruhend auf protokollarisch festgehaltenen Angaben von Zeugen, angefertigt. In der Folge wurde diese Karte in einem Archiv der Salzburger Bundespolizeidirektion aufbewahrt. Im Jahr 1996 - gleichsam durch Zufall - wurde diese Karte in einem Altpapiercontainer der Bundespolizeidirektion aufgefunden. Sie steht also seither zur Verfügung.

Luftbildauswertungen sind Recherchen nach Textdokumenten und Bilddokumenten aus den Archiven in Großbritannien. Die (ehemaligen) alliierten Streitkräfte haben diese Luftbilder erst in den 90er Jahren freigegeben. Eine Luftbildauswertung grenzt die Bombenverdachtspunkte ab; eine Sicherheit, dass wirklich Bombenblindgänger aufgefunden werden können, besteht jedoch nicht. Die Luftbildauswertung ist aus technischer Sicht eine anerkannte Methode.

Die grundsätzliche Eignung der Salzburger Bombenkarte und der Luftbildauswertung als technisch sinnvolle Suchstrategien hat die beklagte Partei zugestanden. Für den Fall der Bestreitung in diesem Verfahren wird vorsichtshalber der oben gestellte Beweisantrag wiederholt.

III. SONDIERUNGSTÄTIGKEIT AUF DER LIEGENSCHAFT EZ … GB … (KG 56537 SALZBURG), BESTEHEND AUS DEM GRUNDSTÜCK … MIT EINER IM GRUNDBUCH VORGETRAGENEN GESAMTFLÄCHE IM AUSMAß VON 744 m²

Die klagende Partei war Eigentümerin der Liegenschaft EZ …, Grundbuch … (KG 56537 Salzburg), BG Salzburg, bestehend aus dem Grundstück … mit einer im Grundbuch vorgetragenen Gesamtfläche im Ausmaß von 744 m2. Mit Kaufvertrag vom 27. April 2006 hat die klagende Partei die genannte Liegenschaft an die Gewerbe- und Wohnbaugesellschaft mbH … verkauft.

...

Punkt V.2. dieses Kaufvertrages hat folgenden Wortlaut:

'Festgestellt wird, dass aufgrund des Auszuges der Bombenkarte von Salzburg das kaufgegenständliche Grundstück als Verdachtsfläche gilt und die Vermutung beinhaltet, dass unter dem Grundstück sich eine Bombe befinden könnte. Die Verkäuferin verpflichtet sich für die Feststellung, dass sich auf oder unter dem kaufgegenständlichen Grundstück keine Bomben befinden, die hiefür von einem entsprechenden Fachunternehmen durchzuführenden Sondierungsbohrungen vornehmen zu lassen und diesbezüglich einen entsprechenden Auftrag an ein Fachunternehmen zu erteilen und der Käuferin diesen Auftrag nachzuweisen. Die mit den Sondierungsbohrungen verbundenen Kosten trägt bis zu einem Höchstbetrag von netto € 6.000,00 unter Schad- und Klagloshaltung der Verkäuferin die Käuferin. Dieser Betrag zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ist von der Käuferin nach Vorlage einer abzugsfähigen umsatzsteuergerechten Rechnung an den Rechnungsleger zu bezahlen. Die allenfalls mit der Bergung von Bomben verbundenen Kosten und Gebühren welcher Art auch immer hat unter Schad- und Klagloshaltung der Käuferin die Verkäuferin zu tragen. Die erforderlichen Sondierungsbohrungen sind von der Käuferin zeitlich so in Auftrag zu geben, dass dieselben längstens binnen drei Monaten ab Unterfertigung des Vertrages durch die Vertragsparteien durchgeführt und abgeschlossen sind. Eine allenfalls erforderlich werdende Bergung einer Bombe ist längstens binnen sechs Monaten ab Unterfertigung des Vertrages durch die Parteien durchzuführen und abzuschließen.

Werden vorstehende Aufträge gegebenenfalls von der Verkäuferin nicht oder nicht rechtzeitig erteilt, so ist die Käuferin berechtigt, nach schriftlicher durch eingeschriebenes Schreiben übermittelter Nachfristsetzung von einem Monat gegenständliche Aufträge im Namen und auf Rechnung der Verkäuferin zu erteilen und allenfalls daraus entstehende Kosten und Gebühren aus dem einbehaltenen Kaufpreis Treuhandertrag bezahlt zu machen.'

        Die K ... GmbH hat sodann - auf Kosten der Käuferin - eine

Sondierung durchgeführt. Bei dieser Sondierung hat sich

herausgestellt, dass eine Freilegung der Bombe unvermeidlich ist. Für

die Freilegung des Bombenverdachtpunktes hat die K ... GmbH ein

Angebot in Höhe von € 73.200,00 gestellt. Die klagende Partei hat dieses Angebot angenommen und den entsprechenden Auftrag erteilt.

Tatsächlich hat man auf der Kaufliegenschaft eine Bombe mit Langzeitzünder gefunden, welche im Hinblick auf ihre besondere Gefährlichkeit am 03. November 2006 durch den Entminungsdienst des Bundesministeriums für Inneres gesprengt wurde. Unter dem 30. März

2007 hat die K ... GmbH Rechnung gelegt. Die klagende Partei hat die

Rechnung mit Zahlungen vom 19. April und 27. April 2007 beglichen.

...

Mit Briefen vom 25. Juni 2007 sind die (seinerzeitigen) Rechtsfreunde der klagenden Partei sowohl an die Finanzprokuratur als auch an den Bundesminister für Inneres herangetreten. Mit Brief vom 12. Juli 2007 hat das Bundesministerium für Inneres mitgeteilt, dass der Akt weitergeleitet werde. Mit Bescheid vom 11. September 2007 hat das Bundesministerium für Inneres entschieden, dass der Antrag auf Zuerkennung einer Ersatzleistung in Höhe von € 73.200,00 abgewiesen werde. Mit Brief vom 12. Oktober 2007 hat es die Finanzprokuratur abgelehnt, eine Verjährungsverzichtserklärung abzugeben.

...

IV. ZUSTÄNDIGKEIT DES BUNDES ZUR GESETZGEBUNG UND VOLLZIEHUNG

Die Materialien (StProT 457 BlgNR 20. GP 68 f) zum Waffengesetz enthalten Ausführungen über die Kompetenz betreffend 'gewahrsamsfreies Kriegsmaterial'. Den Anlass lieferten die Entminungsdienste, die der Bundesminister für Inneres wahrnimmt. Für den (Bundes-)Gesetzgeber war nicht etwa zweifelhaft, ob der Bund für dieses 'gewahrsamsfreie Kriegsmaterial' zuständig sei. Die Kompetenz des Bundes erschien gleichsam selbstverständlich. Daher beschäftigte sich der Gesetzgeber in den zitierten Materialien nicht mit der Frage, ob der Bund zuständig sei. Den Gegenstand der Erörterungen bildete vielmehr die kompetenzmäßige Abgrenzung zwischen zwei Ministerien, nämlich dem Bundesministerium für Inneres und dem Bundesministerium für Landesverteidigung.

Wörtlich liest man in den Materialien, dass 'sprengkräftige Kriegsrelikte, insbesondere solche aus den beiden Weltkriegen, nicht mehr dem militärischen Waffen-, Schieß- und Munitionswesen zuzurechnen sind (...). Mit dem Jahr des Staatsvertrages und dem Abzug der Besatzungsmächte ist anzunehmen, dass Munitionsrelikte, die aus der Zeit danach stammen, bereits dem militärischen Waffen-, Schieß- und Munitionswesen zuzurechnen sind.'

Der Sinn dieser Erwägungen wird vor dem Hintergrund des Kompetenzkataloges der Bundesverfassung und der Kompetenzaufteilung, die das Bundesministeriengesetz vornimmt, deutlich. Nach Art10 Abs1 Z7 B-VG ist der Bund zur Gesetzgebung und Vollziehung zuständig für 'Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, Schießwesen'.

Die Anlage zu §2 BundesministerienG regelt in einem 'Teil 2' die Wirkungsbereiche der einzelnen Ministerien. Lit 'E' betrifft das Bundesministerium für Inneres. Punkt 1. erfasst die Angelegenheiten des Sicherheitswesens. Der zweite Absatz enthält folgende Materien:

'Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, mit Ausnahme des militärischen Waffen-, Schieß- und Munitionswesens'. Lit 'G' ist dem Bundesministerium für Landesverteidigung gewidmet. Die Überschrift lautet: 'Militärische Angelegenheiten'. Die nachfolgende vierte dieser Angelegenheiten hat nachstehenden Wortlaut: 'Angelegenheiten des militärischen Waffen-, Schieß- und Munitionswesens'.

Der Gesetzgeber sah sich daher mit einem Abgrenzungsproblem konfrontiert. Auch der Bund bezweifelt nicht, dass Fliegerbombenblindgänger (oder andere gefährliche Kriegsrelikte) dem Waffen-, Schieß- und Munitionswesen zuzuordnen sind. Im Rahmen einer Wortlautinterpretation würde man auch nicht zögern, diesen Kriegsrelikten militärische Qualität beizulegen. Die Konsequenz wäre die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Das wollte der Gesetzgeber (Bund) offenbar nicht. Deshalb nahm man eine Differenzierung nach einem zeitlichen Kriterium vor. Diese in den Materialien enthaltenen Erwägungen sind sodann auch in den Gesetzestext (§42 Abs5 WaffG) eingeflossen: Das 'Jahr des Staatsvertrages' (1955) sollte für die Abgrenzung maßgeblich sein. Munitionsrelikte aus der Zeit danach gehören zum 'militärischen Waffen-, Schieß- und Munitionswesen'; zuständig ist daher das Bundesministerium für Landesverteidigung. Munitionsrelikte aus früherer Zeit, 'insbesondere solche aus den beiden Weltkriegen', zählen freilich in einem historischen Sinn ebenfalls zum militärischen Waffen-, Schieß- und Munitionswesen, nicht aber in einem juristischen Sinn. Im Rechtssinn wollte der Bundesgesetzgeber, also die beklagte Partei, diese Kriegsrelikte nicht als eine Angelegenheit des Bundesministeriums für Landesverteidigung, sondern als eine Angelegenheit des Bundesministeriums für Inneres verstehen.

Die Richtigkeit dieses Gesetzesverständnisses soll hier nicht erörtert oder vertieft werden. Für die Beurteilung dieses Falles ist es nicht erheblich, ob die Angelegenheit in den Zuständigkeits- und Aufgabenbereich des Bundesministeriums für Inneres oder in jenen des Bundesministeriums für Landesverteidigung gehört. Entscheidend ist allein die Kompetenz des Bundes, also der beklagten Partei. Die zitierten Materialien belegen, dass das Thema für die beklagte Partei nie strittig oder unklar war. Nur die innere Abgrenzung zwischen zwei Ministerien hat man diskutiert, die Zuständigkeit des Bundes für gefährliche Kriegsrelikte war und ist evident.

Die Position, die die beklagte Partei bei Schaffung des §42 WaffG eingenommen hat und die Behauptung, der Bund sei für Fliegerbomben nicht zuständig, sind schlechthin unvereinbar. Der Bund hat aber nicht die Freiheit, Kompetenzen nach Anlass und Bedarf hin und her zu transferieren. Die Republik Österreich kann nicht auf der Grundlage einer Kompetenzregelung der Bundesverfassung eine Regelung über Kriegsrelikte (§42 Abs4 und 5 WaffG) schaffen (wobei auch noch die Feinabstimmung zwischen den einzelnen Ministerien vorgenommen wird) und ebenso (in dieser Angelegenheit) den Standpunkt einnehmen, dass es eine derartige Kompetenz gar nicht gebe.

Die Materialien zum WaffG belegen, dass auch Kriegsrelikte unter das 'Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, Schießwesen' nach Art10 Abs1 Z7 B-VG fallen. Zusammenfassend kann man daher festhalten, dass die Zuständigkeit der beklagten Partei nicht zweifelhaft erscheint.

Im vorliegenden Zusammenhang verdient auch noch die 'Rechtsmittelbelehrung', die der Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 11. September 2007 enthält, Beachtung. Diese 'Belehrung' ist für die grundsätzliche Haltung, die die Gegenseite einnimmt, charakteristisch.

Mit Antrag vom 25. Juni 2007 hatte die klagende Partei auf der Grundlage des §42 Abs5 Waffengesetz den Versuch unternommen, eine Zuerkennung des bezahlten Werklohnes in Höhe von € 73.200,00 zu erreichen. Das Bundesministerium für Inneres hat, wie bereits ausgeführt, diesen Antrag mit Bescheid vom 11. September 2007 abgewiesen.

Der Bescheid endet mit folgendem Hinweis: 'Eine Anfechtung des Bescheides bei Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof ist unzulässig. Auf die Möglichkeit der Geltendmachung des Ersatzanspruches durch Klage gegen den Bund gemäß §9 Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz wird hingewiesen.'

Mit diesem 'Hinweis' legt die Behörde der Partei geradezu eine Klagsführung nach §9 Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz nahe. Freilich zeigt allein die oberflächliche Lektüre, dass eine Klagsführung auf der Grundlage dieser Bestimmung aussichtslos wäre. Nach §9 Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz können Ansprüche nach §2 Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz durch Klage gegen den Bund verfolgt werden. §2 Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz betrifft jedoch den 'Schaden, der einer Person durch Verletzung am Körper oder durch Beschädigung einer körperlichen Sache entsteht. Hier geht es aber nicht um Schadenersatz, sondern um Aufwendungen im Zusammenhang mit der Freilegung eines Kriegsreliktes.

V. HANDLUNGSPFLICHTEN DER BEKLAGTEN PARTEI

Nach den Ausführungen unter IV. ist die beklagte Partei für Kriegsrelikte (Fliegerbomben) zuständig. Die Verwaltungspolizei für Fliegerbomben fällt daher in den Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich der beklagten Partei. Der Grundsatz, dass die Verwaltungspolizei der Sachkompetenz folgt, ist offenbar unbestritten (Antoniolli, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1954, 234:

'Verwaltungspolizei ist die Tätigkeit des Staates zur Abwehr von Gefahren auf den einzelnen Gebieten der übrigen Verwaltung. (...). Die Zuständigkeit zu polizeilichen Maßnahmen folgt der Kompetenz des Sachgebietes, in dessen Rahmen die Maßnahme erfolgt.';

Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage 1996, 642:

'In der Regel gilt das Prinzip der 'Adhäsion' an die Sachmaterie, d. h. die Verwaltungspolizei ist Bestandteil der diversen Kompetenzbegriffe'; Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage 1998, Rz 258: 'Die Verwaltungspolizei hat die Vermeidung und Bekämpfung von Gefahren zum Gegenstand, die mit einer bestimmten Kompetenzmaterie zusammenhängen').

Der Rechtsträger, dem das B-VG eine Materie zuweist, ist grundsätzlich frei bei der näheren Ausgestaltung. Man bezeichnet die Kompetenzbestimmungen als Ermächtigungsnormen. Bei der Wahrnehmung der Rechtssetzungsbefugnis steht der Legislative ein weiter Spielraum zur Verfügung. Die Annahme, dass dieser Spielraum grenzenlos sei, wäre indes ein Irrtum. Zu jenen Vorgaben, die der Rechtsträger, dem die Verfassung eine Materie zuweist, beachten muss, gehört die Verwaltungspolizei.

Bei jeder Materie hat der Rechtsträger dafür zu sorgen, dass die verwaltungspolizeilichen Mindesterfordernisse gewahrt und beachtet werden. Das Gefahrenpotential für Leben, Gesundheit, Eigentum muss nach Möglichkeit begrenzt, jedenfalls eingeschränkt werden.

Diese Mindesterfordernisse sind nicht disponibel. Ein Rechtsträger hat nicht die Freiheit, auf die Verwaltungspolizei in Bezug auf eine bestimmte Materie zu verzichten. Diese Verwaltungspolizei ist so wenig disponibel wie die betroffenen Rechtsgüter (Leben, Freiheit, Eigentum). Der oberste Rang, den diese Rechtsgüter in der Wertehierarchie der Rechtsordnung einnehmen, schließt es aus, dass sich ein Rechtsträger über die Erfordernisse der Verwaltungspolizei hinwegsetzt.

Die Verfassung enthält keine Vorgaben darüber, wie der Rechtsträger die Verwaltungspolizei wahrzunehmen hat. Es kann sich als zweckmäßig erweisen, dass die zuständige Behörde die gebotenen Maßnahmen im Rahmen der nichthoheitlichen Verwaltung setzt (etwa:

Innenminister beauftragt ein Unternehmen, eine koordinierte und systematische Suchtätigkeit im gesamten Bundesgebiet auszuführen). Möglicherweise sprechen gute Gründe dafür, die Verwaltungspolizei, also hier die Waffenpolizei in Bezug auf Fliegerbomben im Detail gesetzlich zu konkretisieren.

Der Umstand, dass die Sicherheitspolizei wahrgenommen werden muss, also nicht disponibel ist, tritt deutlich hervor, wenn man bedenkt, dass die beklagte Partei ihren Standpunkt ('Es besteht kein Handlungsbedarf!') nicht regeln könnte. Ein Gesetz, dass die Position der Gegenseite widerspiegelt, könnte etwa folgenden Wortlaut haben:

'Die Suche (Sondierung) von Fliegerbomben (Kriegsrelikten) unterbleibt'. - Im Zuge eines Verfahrens nach Art140 B-VG würde der VfGH eine Gesetzesbestimmung dieses Inhalts wohl aufheben. Die Regelung ist evident unsachlich (vgl. die Formulierung bei Berka, Die Grundrechte, 1999, Rz 911, unter der dieser Autor die Rsp des VfGH zusammenfasst: 'Allgemeines und umfassendes verfassungsrechtliches Sachlichkeitsgebot, dem jedes Staatshandeln entsprechen muss').

Die beklagte Partei kann sich der ihr zugewiesenen Aufgabe, die Verwaltungspolizei bezüglich Fliegerbombenblindgänger wahrzunehmen, nicht entziehen. Die hier vertretene Position verschließt sich nicht dem Einwand, dass niemand einem Rechtsträger vorschreiben oder vorgeben dürfe, wie dieser die Verwaltungspolizei wahrzunehmen habe. Die klagende Partei stellt die Richtigkeit dieses Grundsatzes nicht in Frage.

Anders ist die Lage hingegen, wenn, aus der Perspektive der Verwaltungspolizei gesehen, nicht mehrere Varianten in Betracht kommen, sondern nur eine Vorgangsweise möglich ist. Diese Situation liegt vor, wenn seriöse Indikatoren auf eine Bombe in bewohntem Gebiet hindeuten und die öffentliche Hand dies weiß. In diesem Fall ist staatliche Untätigkeit ausgeschlossen. Allein der Gedanke, dass der Staat hier eine Tätigkeit ablehnt, erscheint unvereinbar mit der staatlichen Schutzpflicht in Bezug auf das menschliche Leben. Nach einer heute gefestigten Auffassung verpflichtet ua Art2 EMRK den Staat, 'sich schützend und fördernd vor das menschliche Leben zu stellen' (Öhlinger, Verfassungsrecht, 7. Auflage 2007, Rz 747:

'Positive Schutzpflicht des Staates'; ebenso Berka, Grundrechte, Rz 371). Freilich wird auch im öffentlichen Recht der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers betont. Dieser Gestaltungsspielraum darf aber nicht mit einem Freibrief für Indolenz und Untätigkeit verwechselt werden. So hebt z.B. Berka (Grundrechte Rz 375) hervor, dass die Schutzpflicht verfassungsrechtlich eindeutig greifbar wird, wenn etwa ein Schutz vor erkennbaren Gefährdungen gänzlich unterlassen oder ein bestehendes Schutzniveau drastisch abgesenkt würde'. Diese Kriterien sind hier erfüllt. Die grundsätzliche Weigerung des zuständigen Rechtsträgers, einem hinreichend indizierten Bombenverdacht nachzugehen, ist ein gänzliches Unterlassen von Schutzmaßnahmen.

Durch das Auffinden der in Verstoß geratenen Fliegerbombenkarte hatte sich - bezogen auf das Gebiet der Stadtgemeinde Salzburg - eine besondere Konstellation ergeben. Von Anfang an konnte kein Zweifel darüber bestehen, dass verantwortungsbewusste und weitsichtige Menschen mit diesen Aufzeichnungen den Versuch unternommen hatten, das Auffinden von Fliegerbombenblindgängern späterhin zu ermöglichen oder zumindest zu erleichtern.

In dieser Lage kann von einem 'Gestaltungsspielraum' oder einer 'Bandbreite der möglichen Maßnahmen' sinnvoll nicht die Rede sein. Der Inhalt der Waffenpolizei ist nicht mehrdeutig, sondern eindeutig: Derjenige, dem die Waffenpolizei obliegt, muss diesen Verdachtspunkten nachgehen. Untätigkeit wäre ein 'gänzliches Unterlassen von Schutzmaßnahmen vor erkennbaren Gefährdungen' (Berka, aa0, Rz 375).

Die beklagte Partei hat es abgelehnt, irgendeine Tätigkeit zu entfalten. Im Vordergrund stand und steht der Hinweis, dass das Waffengesetz derartige Maßnahmen nicht vorsehe. Der Rechtsirrtum, dem die beklagte Partei unterlag und unterliegt, besteht darin, dass Verwaltungsrecht und Verwaltungspolizei verwechselt werden. Der Text des Waffengesetzes ist Verwaltungsrecht. Dieser Text ist für die Ausgestaltung der Verwaltungspolizei, hier also der Waffenpolizei, vollständig irrelevant. Wenn sich eine von Waffen ausgehende Gefahr für Menschen ergibt, oder wenn (wie hier) eine bereits bestehende (von Bomben ausgehende) Gefahr für Menschen durch neue Erkenntnismöglichkeiten (hier: Bombenkarte) eingeschränkt oder beseitigt werden kann, dann hat derjenige, dem die Waffenpolizei obliegt, zu handeln, und zwar sofort! Die Behörde kann sich nicht auf das Fehlen gesetzlich positivierter Handlungspflichten berufen. Mit dem Zweck der Verwaltungspolizei - unverzügliche und effiziente Gefahrenabwehr durch die Behörde - wäre es unvereinbar, wenn die Behörde den Standpunkt einnehmen könnte, man habe die Maßnahme, die verwirklicht werden müsse, um eine Gefahr für Menschen abzuwenden, leider nicht in einem Gesetz finden können. - Die Unverzichtbarkeit einer Überprüfung jener Verdachtspunkte, die sich aus der Salzburger Bombenkarte ergaben, ist nicht zweifelhaft.

Ein Innenminister, der verwaltungspolizeiliche Maßnahmen setzen soll, hat, wenn Bombengefahren aufgezeigt werden, die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen zur Gefahrenabwehr einzusetzen, nicht hingegen seinen Beamten aufzutragen, Gesetzestexte aufzuspüren, die als mögliche Rechtfertigung für Untätigkeit ins Treffen geführt werden können. - Ein Vorgang wie dieser dürfte in der Verwaltungspraxis kaum vorkommen. In der Literatur wird die Verweigerung jeglicher Schutzmaßnahmen als eine Extremkonstellation diskutiert (Berka, Grundrechte, Rz 375).

Das Problem der Fliegerbombenblindgänger ist in der Öffentlichkeit Salzburgs intensiv erörtert worden. Durch Einsichtnahme in die 'Bombenkarte' stellte die klagende Partei fest, dass ihre Liegenschaft als Verdachtsfläche ausgewiesen war. Für die klagende Partei bestand von Anfang Klarheit darüber, dass diese Gefahr beseitigt werden müsse.

Durch den beabsichtigten und in der Folge auch verwirklichten Verkauf der Liegenschaft änderte sich die Einschätzung und Beurteilung der Lage durch die klagende Partei nicht grundsätzlich. Die klagende Partei wies den Vertragspartner sogleich auf das Gefahrenpotential hin. Die entsprechende Regelung im Kaufvertrag ist bereits oben (S. 7) zitiert worden. Die klagende Partei wäre aber jedenfalls weiterhin in Bezug auf die von dem Bombenblindgänger ausgehende Gefahr durch ihre Stellung als Verkäuferin (Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche) gegenüber dem Vertragspartner zur Beseitigung verpflichtet gewesen.

...

Die Notwendigkeit einer Gefahrenbeseitigung bestand für die klagende Partei nach ihrem Verständnis nicht allein deshalb, weil sie die Pflichten einer Verkäuferin trafen. Die Bombe befand sich - allem Anschein nach - auf der Liegenschaft der Klägerin und im Falle einer unkontrollierten Explosion wäre mit einer geradezu unüberschaubaren Gefahr für Leben, Gesundheit und Eigentum zu rechnen gewesen. Dieses Risiko wollte die klagende Partei vermeiden.

Andererseits nahm und nimmt die klagende Partei an, dass die Sondierung gefährlicher Kriegsrelikte in den Aufgabenbereich des Bundes fällt. Die klagende Partei ist also auch im Interesse der beklagten Partei tätig geworden. Nachdem die Sondierungsmaßnahmen, die die klagende Partei veranlasst hat, erfolgreich waren, und eine Zeitzünderbombe, also ein extrem gefährliches Kriegsrelikt (siehe oben S. 3 ff) entschärft werden konnte, bedarf die Sinnhaftigkeit des Vorgehens keiner weiteren Erklärung oder Begründung.

VI. ANSPRUCHSGRUNDLAGEN

1. Allgemeines

Die Sondierungen, die die klagende Partei veranlasst hat, sind Maßnahmen, die nach der hier vertretenen Auffassung die beklagte Partei verwirklichen hätte müssen.

Es liegt daher nahe, die Tätigkeit der klagenden Partei als eine Geschäftsführung ohne Auftrag zu qualifizieren (dazu unter 2.). Als weitere Anspruchsgrundlage ist §1042 ABGB in Betracht zu ziehen. Zu dieser Bestimmung wird unter 3. Stellung genommen.

2. Geschäftsführung ohne Auftrag

Die klagende Partei stützt ihre Ansprüche zunächst auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag (§§1035 ff ABGB). Nach §1035 ABGB kann sich eine Partei grundsätzlich nicht 'in das Geschäft eines anderen einmengen'. Die klagende Partei geht davon aus, dass die Sondierung der Bombenblindgänger ein 'Geschäft' der beklagten Partei darstellt.

Die klagende Partei ist tätig geworden und hat somit ein Geschäft der beklagten Partei wahrgenommen. Im Rahmen dieser Tätigkeit ist die klagende Partei sowohl im eigenen, als auch im fremden Interesse tätig geworden. Eine Tätigkeit in fremdem Interesse, also im Interesse der beklagten Partei, lag deshalb vor, weil die Untätigkeit der beklagten Partei eine schadenersatzrechtliche Haftung begründen würde, wenn es zu einer Detonation oder einer Selbstdetonation eines Bombenblindgängers kommen würde. Das gilt jedenfalls dann, wenn deutliche Verdachtsmomente auf die Lage eines Bombenblindgängers hinweisen und gleichwohl eine Abwehrtätigkeit seitens des zuständigen Rechtsträgers unterbleibt.

Es ist nicht zu bezweifeln, dass die klagende Partei auch eigene Interessen verfolgt hat. Der Bombenverdachtspunkt befand sich auf einer Liegenschaft, die im Eigentum der klagenden Partei stand. Allein die Vorstellung, dass es (in dicht bebautem Wohngebiet) zu einer Selbstdetonation kommen könnte und dadurch eine unüberschaubare Gefahrensituation für Menschen geschaffen würde, ist schlechthin unannehmbar.

Die Geschäftsführung ohne Auftrag erfolgte also sowohl in fremdem Interesse, als auch in eigenem Interesse. Nach hM sind Ansprüche aufgrund einer Geschäftsführung ohne Auftrag in Fällen des Zusammentreffens von Eigen- und Fremdinteresse zu bejahen (vgl etwa SZ 45/137; 59/95 und 60/65; weitere Nachweise bei Rummel in Rummel, ABGB3, §1035, Rz 3).

§1036 ABGB regelt die Geschäftsführung im Notfall. Demnach ist demjenigen, dessen Geschäft 'zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens besorgt' wurde, der notwendige und zweckmäßig gemachte Aufwand zu ersetzen. Die Notfalllage ist nach der oben skizzierten Gefahrensituation (...) nicht zweifelhaft. Die Anwendungsvoraussetzungen des §1036 ABGB liegen mithin vor.

Richtig ist, dass §1036 ABGB nicht angewendet werden kann, wenn Zustimmung eingeholt werden könnte (SZ 54/176; 57/167). Dabei hat man jedoch Fallgestaltungen vor Augen, in welchen Gefahrenabwendung durch den Geschäftsherrn selbst möglich wäre. Nachdem der 'Geschäftsherr' in casu jegliche Sondierungsmaßnahmen ausgeschlossen hat, ist der Gesichtspunkt der fehlenden Zustimmung rechtlich irrelevant.

Zusammenfassend kann man demnach festhalten, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch aufgrund einer Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§1035 ff ABGB vorliegen.

3. §1042 ABGB

Nach §1042 ABGB hat derjenige, der 'für einen anderen einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetze selbst hätte machen müssen, das Recht, den Ersatz zu fordern'.

In dem Fall SZ 74/187 hat der OGH den Anspruch des Bundes als Eigentümer einer Liegenschaft auf Ersatz der Sanierungskosten gegenüber einer Gemeinde bejaht, die auf dieser Liegenschaft eine Hausmülldeponie betrieben hatte (eine Verpflichtung der Gemeinde zur Gefahrenbeseitigung bestand hier aufgrund von wasserrechtlichen Bestimmungen). Die Aufwendungen des Bundes bestanden in Rechnungsbeträgen die für die Tätigkeit von Unternehmen (Sanierungsmaßnahmen) aufgewendet werden mussten. Der OGH hat §1042 ABGB angewandt.

Die Erwägung, dass §1042 ABGB auf das 'zweipersonale Verhältnis' nicht passe, trifft nicht zu. Die hier zu beurteilende Sachlage ist ein 'klassischer Anwendungsfall' des §1042 ABGB (dreipersonales Verhältnis, bei dem der Dritte eine Leistung an einen Gläubiger anstelle des tatsächlichen Schuldners erbringt).

Zusammenfassend bleibt demnach festzuhalten, dass auch die Voraussetzungen für die Anwendung des §1042 ABGB erfüllt sind.

4. Weitere Anspruchsgrundlagen

Die klagende Partei vertritt die Auffassung, dass als Anspruchsgrundlagen vor allem die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§1035 ff ABGB) und §1042 ABGB in Betracht kommen. Diese Anspruchsgrundlagen möchte die klagende Partei jedoch nicht im Sinne einer taxativen, abschließenden Zählung verstanden wissen. In diesem Sinn stützt die klagende Partei ihre Ansprüche darüber hinaus auf jeden denkbaren Rechtsgrund.

VII. ZUSTÄNDIGKEIT DES VFGH NACH ART137 B-VG

Der OGH vertritt die Meinung, dass der VfGH für die Beurteilung des hier geltend gemachten Anspruchs nach Art137 B-VG zuständig sei. Die privatrechtlichen Anspruchsgrundlagen (Geschäftsführung ohne Auftrag, §1042 ABGB) änderten nichts an dem Umstand, dass die Verpflichtung des Bundes zur Sondierung von Bombenverdachtspunkten unmittelbar und ausschließlich im öffentlichen Recht wurzle (Beschluss des OGH vom 05. November 2008, S. 14, 7 Ob 110/08i).

Die klagende Partei schließt sich somit (im Rahmen dieses Verfahrens) der Rechtsauffassung des OGH an. Der VfGH ist für die Beurteilung der hier erhobenen Ansprüche im Sinne des Art137 B-VG zuständig. Der Ersatzanspruch der Klägerin, der die staatliche Fürsorgepflicht gegenüber der Allgemeinheit als öffentlich-rechtliche Aufgabe voraussetzt, muss wegen des untrennbaren Zusammenhangs dem öffentlichen Recht zugewiesen sein. Die Klagebefugnis nach Art137 B-VG erscheint demnach begründet.

VIII. HÖHE DER ANSPRÜCHE

Unter dem 22. August 2006 hat die K … GmbH der klagenden Partei ein Anbot betreffend die Freilegung eines Bombenverdachtspunktes übermittelt. Der Gesamtpreis betrug € 73.200,00. In der Zeit zwischen dem 19. September 2006 und 08. November 2006 sind die Arbeiten durchgeführt worden. Die Rechnung datiert vom 30. März 2007. Die klagende Partei hat mit Überweisungen vom 19. April 2007 und 27. April 2007 bezahlt.

...

Die klagende Partei hat die beklagte Partei bereits mit Brief vom 27. September 2007 aufgefordert, den Werklohn in Höhe von € 73.200,00 zu bezahlen. Die beklagte Partei hat nicht bezahlt. Der Betrag ist seit längstens 01. Oktober 2007 fällig.

..."

2. Verfahren

2.1. Die beklagte Partei, vertreten durch die Finanzprokuratur, erstattete am 3. Juli 2009 eine Gegenschrift. Darin wird das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach bestritten und die kostenpflichtige Klageabweisung beantragt. An Kosten wurden insgesamt € 1.715,85 verzeichnet.

2.2. Der Gegenschrift liegt nachstehende Argumentation zugrunde (Hervorhebungen wie im Original):

"...

B.

Dem Sachvorbringen unter II. der Klage, in dem die Gefahrenlage dargestellt werden soll, wird entgegen gehalten:

Die klagende Partei führt aus, dass die Blindgängerquote bei Zeitzünderbomben relativ hoch gewesen sei, sie habe etwa 20% - 25% betragen.

Nach Informationsstand des Entminungsdienstes sind Blindgängerraten über alle Fliegerbombenblindgänger, einschließlich derer mit Langzeitzündern, bis ca. 10% bekannt. Die Quote von '20% - 25%' wird daher ausdrücklich bestritten und die klagende Partei noch darzulegen haben, auf welchen Daten die von ihr in der […] Klage angegebene Rate von 20% - 25% beruht.

Weiters behauptet die klagende Partei, aus technischer Sicht sei die Detonation einer Zeitzünderbombe, die viele Jahre oder Jahrzehnte nach dem Abwurf einer Bombe erfolgt, nicht ungewöhnlich, sondern geradezu naheliegend.

Dem ist entgegen zu halten, dass bei Langzeitzündern mehrere Möglichkeiten bestehen, warum diese als 'Blindgänger' vorliegen. Meist hat entweder die Zündpille bei Aufschlag des Schlagbolzens nicht durchgezündet, oder hat das Aceton aus der zerborstenen Ampulle das Zelluloid nicht aufgelöst, sodass der vorgespannte Schlagbolzen nicht freigeben wurde. Wissenschaftliche Untersuchungen, wonach das Zelluloid jedenfalls unter den Lagebedingungen unter der Erde unter teilweisem, wenn nicht vollständigem, Luftabschluss die in der Klage geschilderten Alterungserscheinungen aufweist, sind der beklagten Partei nicht bekannt. Dass die Detonation derartiger Blindgänger 'sondern geradezu nahe liegend' sei, ist daher lediglich eine Schlussfolgerung der klagenden Partei, die nicht weiter wissenschaftlich untermauert ist.

Soweit die klagende Partei ihre Such- und Sondierungstätigkeit aufgrund des zusammengeführten Bombe[n]blindgängerplan[es] (Salzburger Bombenkarte und Luftbildauswertung) als 'sinnvoll' bewertet[,] ist festzuhalten, dass von der Stadtgemeinde Salzburg 28 von 29 Bombenverdachtspunkten mittels Bohrlochsondierung untersucht wurden. Dabei konnten nur 3 Bombenblindgänger - diese jedoch ohne Langzeitbezünderung - geborgen werden.

Hingewiesen werden darf auf die Detonationen in der Stadt Salzburg in den Jahren 1965 und 1996 - diese detonierten Blindgänger waren in keiner Bombenkarte eingezeichnet und auch nicht durch die Luftbildauswertungen feststellbar. Demnach wäre auch ein Sondieren aller bekannten Verdachtspunkte nicht geeignet gewesen, diese Detonationen zu vermeiden.

Ein Sondieren aller bekannten Verdachtspunkte würde auch nicht zur Beseitigung der von Fliegerbombenblindgänger ausgehenden Gefahr führen, sondern nur die Aussage rechtfertigen, dass bezüglich bestimmter Punkte sich der Verdacht nicht bestätigt hat. Das Vorhandensein von in Auswertungen nicht erkannten bzw. vorhandenen Blindgängern kann durch die Sondierung bekannter Verdachtspunkte nicht ausgeschlossen werden.

C.

Außer Streit steht, dass die Klägerin Eigentümerin der Liegenschaft EZ … GB … KG Salburg ist. Gemäß historischem Grundbuchsauszug wurde ihr Eigentumsrecht aufgrund Einantwortungsurkunde vom 05.12.2002 und Urkunde vom 18.11.2002 einverleibt.

In der Folge hat sie die Liegenschaft an eine Wohnbaugesellschaft veräußert und vertraglich eine Haftung für die Freiheit der Liegenschaft von einer Kontaminierung in Form von auf oder unter dem Grundstück befindlichen Bomben übernommen. Diese Haftungsübernahme ist im Ergebnis nichts anderes, als die Vereinbarung einer Kaufpreisminderung an Stelle eines Rücktritts vom Vertrag, wenn sich die Liegenschaft als mangelhaft, weil kontaminiert erweist, und die Klägerin diesen Mangel nicht innerhalb der im Vertrag vorgesehenen Zeit behebt; dann ist die Käuferin berechtigt, den Mangel auf Kosten der Verkäuferin beheben zu lassen.

Die Sondierung der von der Klägerin veräusserten Liegenschaft war demnach deswegen geboten, weil von der Käuferin eine Bautätigkeit auf der Liegenschaft geplant war, und das Risiko der Käuferin, zusätzlich zum Kaufpreis allenfalls noch - € 6.000,00 übersteigende - Kosten aufwenden zu müssen, um die Liegenschaft für den von Zweck gefahrenfrei verwenden zu können, den Kaufpreis der Liegenschaft entsprechend gemindert hätte.

Die Verkäuferin hat die Haftung gegenüber der Käuferin daher nicht deswegen übernommen, um quasi an Stelle der nunmehr beklagten Partei eine mögliche Gefahr für die Allgemeinheit abzuwenden, sondern um den Kaufpreis für eine mängelfreie Bauliegenschaft lukrieren zu können.

Nachdem die Klägerin selbst die Liegenschaft schon mit dem Mangel, dass sich unter der Liegenschaft möglicherweise ein Kriegsrelikt befindet (oder die Liegenschaft in anderer Form kontaminiert ist) erworben hat, steht die Klägerin trotz Tragung der Kosten der Sondierung wirtschaftlich nicht schlechter da, als wenn sie diese Arbeiten nicht hätte durchführen lassen, sondern eben nur einen - um die klagsgegenständlichen Kosten - geminderten Kaufpreis erzielt hätte.

Soferne eine verwaltungspolizeiliche Pflicht der beklagten Partei vorgelegen hätte, an Stelle der Klägerin die Sondierungsmaßnahmen durchzuführen - was von der beklagten Partei bestritten ist - , wäre deren Schutzzweck nicht die Beseitigung von Kriegsschäden, die die Rechtsvorgänger der Klägerin als damalige Liegenschaftseigentümer durch die Fliegerbomben erlitten haben und die sich jetzt bei der Klägerin aufgrund der geplanten Bebauung der Liegenschaft in der Form verwirklicht haben, als bei Unterlassung der Sondierungsarbeiten nur ein geringerer Kaufpreis für die Liegenschaft hätte erzielt werden können.

Diesbezüglich unterscheiden sich die Beweggründe der Klägerin, die Sondierungsmaßnahmen bis zum 'wahrnehmen' des Kriegsreliktes im Sinn des §42 Abs4 Waffgesetz durchführen zu lassen, mit denen der klagenden Partei im Verfahren A4/09.

Eine allfällige staatliche Fürsorgepflicht im Zusammenhang mit der Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit umfasst auch nicht besondere Gefahrenlagen, die erst geschaffen werden (sollen), wie hier die Gefahrenerhöhung durch die geplanten Baumaßnahmen. Eine Abwehr dieser Gefahr wäre auch schlicht dadurch möglich, dass derartigen Maßnahmen eine Genehmigung unter Bedachtnahme auf die Gefahrenlage nicht erteilt wird.

D.

Das Vorhandensein von Fliegerbombenblindgängern stellt zweifellos einen Kriegsfolgeschaden dar und besteht keine allgemeine Handlungspflicht der beklagten Partei, diesen auf ihre Kosten zu beseitigen.

§42 Waffengesetz stellt lediglich Sonderregeln für das 'Finden von Waffen oder Kriegsmaterial' auf und ist damit eine Spezialnorm zu den allgemeinen diesbezüglichen Bestimmungen des ABGB. Da sprengkräftige Kriegsrelikte wie die gegenständlichen Fliegerbomben, nicht 'verloren' im Sinne des ABGB sind, findet in §42 Abs4 Waffengesetz die Formulierung 'Wer wahrnimmt' Verwendung. Ohne die Spezialbestimmungen des §42 Abs4 und 5 Waffengesetz würde im Falle der 'Wahrnehmung' derartiger Kriegsrelikte §386 ABGB anwendbar sein, 'jedes Mitglied des Staates' könnte sich dieses Relikt 'eigen machen'.

Aus dieser - aufgrund deren Gefährlichkeit durchaus gebotenen - Sonderregelung für das Finden bzw. Wahrnehmen von Waffen oder Kriegsmaterial eine allgemeine Kompetenz und damit Verpflichtung des Bundes, selbst nach Fliegerbomben zu sondieren um dann, wenn ein Relikt tatsächlich wahrgenommen wird, gemäß §42 Abs5 Waffengesetz vorzugehen, abzuleiten, ist nicht zulässig.

Die Kompetenz des Bundes in Gesetzgebung und Vollziehung in Angelegenheiten des Zivilrechtswesens - und damit Fundwesens - ist unbestritten.

E.

Die beklagte Partei hat bereits dargelegt, dass sie dann einzuschreiten hat, wenn entsprechende Relikte wahrgenommen wurden und ihr dieser Umstand auch gemeldet [wurde]. Die Klage enthält keinerlei Vorbringen dahingehend, wann die klagende Partei der beklagten Partei die Wahrnehmung welchen Reliktes gemeldet hätte, sodass eine Pflicht der beklagten Partei zum Tätigwerden entstanden wäre.

F.

Soweit schließlich die Rechsmittelbelehrung in dem nach dem Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz ergangenen Bescheid problematisiert wird[,] ist festzuhalten, dass eine derartige Belehrung in Bescheiden eben vorgesehen ist und in keinem Fall mit der Belehrung der Partei nahegelegt wird, das Rechtsmittel (so eines zulässig) bzw. eine Klage auch zu erheben.

G.

Die Höhe des Klagsbetrages kann derzeit nicht ausser Streit gestellt werden. Alleine aufgrund der Rechnung der Fa K kann nicht beurteilt werden, welcher Aufwand tatsächlich erforderlich war, bzw. in welchen Bereichen Leistungen überhöht in Rechnung gestellt wurden. Es werden daher die von der klagenden Partei angebotenen Beweise aufzunehmen sein.

..."

2.3. Der Verfassungsgerichtshof räumte mit Schreiben vom 4. Juni 2009 den Ämtern der Landesregierungen die Möglichkeit ein, eine Stellungnahme zu der vorliegenden Klage (sowie zu der unter A4/09-1 protokollierten Klage der Stadtgemeinde Salzburg auf Ersatz ihrer Aufwendungen für Sondierungsmaßnahmen betreffend Fliegerbombenblindgänger) abzugeben.

2.4. Darauf erstattete das Amt der Wiener Landesregierung folgende, mit 26. Juni 2009 datierte Äußerung (Hervorhebungen wie im Original):

"...

Das Land Wien schließt sich den Ausführungen der Klägerinnen hinsichtlich der Zuständigkeit des Bundes zur Sondierung von Fliegerbomben gemäß Art10 Abs1 Z7 B-VG vollinhaltlich an. Für eine Zuständigkeit der Länder besteht diesbezüglich kein Raum.

Zu Recht gehen die Klägerinnen davon aus, dass trotz Fehlens einer ausdrücklichen bundesgesetzlich positivierten Handlungspflicht den Bund auf Grund der Verwaltungspolizei (Waffenpolizei) eine Pflicht zum Schutz des menschlichen Lebens vor erkennbaren Gefahren durch Kriegsrelikte trifft. Dies entspricht auch den Grundsätzen des Art2 EMRK. Der Bund hat daher für eine unverzügliche und effiziente Gefahrenabwehr, wozu naturgemäß auch die Erhebung und Lokalisierung von Gefahrenquellen gehört, auf seine Kosten zu sorgen.

Bei den angeführten Bestimmungen des Bereicherungsrechtes bzw. der Geschäftsführung ohne Auftrag handelt es sich um taugliche Grundlagen dafür, dass die Klägerinnen die von ihnen getätigten finanziellen Aufwendungen für die Bombensondierungen, die nach der dargestellten Rechtslage vom Bund zu leisten gewesen wären, ersetzt bekommen. Die Säumigkeit des Bundes bezüglich geeigneter Auffindungsmaßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr kann nicht zu Lasten Privater bzw. anderer Gebietskörperschaften gehen.

Wenn im Übrigen die Rechtslage tatsächlich (zu Gunsten des Bundes) eindeutig wäre und die Verantwortlichkeit des Bundes in Ansehung von Kriegsdelikten sich erst dann ergeben würde, wenn Bomben oder andere solche potenziell gefährliche Relikte wahrgenommen und ihre Situierung geklärt ist, hätte insbesondere auch der Bund in der Vergangenheit es zweifellos nicht für notwendig erachtet, einschlägige legistische Maßnahmen in Richtung einer Klarstellung in die Wege zu leiten.

Gerade dies ist aber vor kurzem in der Form geschehen, dass das Bundesministerium für Inneres den Entwurf eines Bundesgesetzes (bei gleichzeitiger Änderung des Waffengesetzes) ausarbeitete, das die finanzielle Unterstützung durch Fliegerbombenblindgänger betroffener Personen regeln sollte. Auch wenn diese Vorlage letztendlich nicht beschlossen wurde, zeigt dies doch ein unbestrittenes Naheverhältnis des Bundes zur Regelungsmaterie, zumal es sich bei diesem Entwurf um die Bemühung zur 'Schadensbegrenzung' dahingehend handelte, dass der Bund grundsätzlich die Freilegungskosten den zufällig betroffenen Grundeigentümer[n] überlassen und lediglich einen Kostenanteil von 35 % ersetzen wollte.

Wäre die Rechtssituation in diesem Zusammenhang eindeutig, hätte es einer solchen Regelung wohl nicht bedurft, da gerade auch in diesem Konnex die wirtschaftliche Halbherzigkeit der Vorgangsweise des Bundes letztlich aus den Erläuternden Bemerkungen zu erkennen ist, zumal einerseits zugegeben wird, dass eine Rechtsunsicherheit beendet werden soll und weiters auf Grundeigentümer eine unzumutbare Problemstelle zukommen kann, gleichzeitig aber eine vergleichsweise geringe finanzielle Belastung des Bundes mit einem Drittel der Kosten - höchstens aber EUR 35.000,-- pro Fall - hätte normiert werden sollen.

..."

2.5. Das Amt der Kärntner Landesregierung nahm zu der Anfrage des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Juni 2009 folgendermaßen Stellung:

"...

Von Bundesseite wurde mit Schreiben vom 25. Jänner 2008, GZ BMI-LR1305/0001-III/1/2008, der Entwurf eines Gesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über finanzielle Unterstützung von Personen, die durch Fliegerbombenblindgänger betroffen sind, erlassen sowie das Waffengesetz 1996 (WaffG) geändert wird einem allgemeinen Begutachtungsverfahren unterzogen. Ziel dieses Gesetz[es]entwurfes war es, die jahrzehntelange Diskussion und die rechtlichen Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, wer für die Freilegung eines vermuteten Fliegerbombenblindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg zuständig ist, zu beenden. Der Entwurf sollte eine finanzielle Entlastung der betroffenen Grundstückseigentümer für ihre Aufwendungen für die Freilegung eines Fliegerbombenblindgängers bringen, allerdings war eine solche nur für Fälle vorgesehen, dass die Freilegungskosten eine wirtschaftliche Existenzbedrohung für den Grundeigentümer bedeuten oder das Grundstück einem dringenden Wohnbedürfnis dient.

Seitens des Amtes der Kärntner Landesregierung wurde sowohl diese Regelungsabsicht wie auch die in den Erläuterungen angedachte Möglichkeit, durch landesrechtliche Normen im Hinblick auf Art17 B-VG eine Unterstützung durch das Land und die Gemeinden im Fall der Freilegung eines vermuteten Fliegerbombenblindgängers zu erreichen, ablehnend beurteilt. Dieser Versuch, eine Kostenbeteiligung aller betroffenen Gebietskörperschaften zu erreichen, obwohl 'Kriegsschadenangelegenheiten' gemäß Art10 Abs1 Z15 zweifelsfrei Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung sind, wurden von Landesseite im Begutachtungsverfahren ebenso abgelehnt, wie die mit der Novelle in Aussicht genommene authentische Interpretation des §42 Abs4 Waffengesetz 1996 wonach bei unter der Erdoberfläche befindlichen sprengkräftigen Kriegsrelikten die Sicherstellungsverpflichtung der Behörde erst mit der Freilegung [der] Gegenstände eintritt.

Unbeschadet der inhaltlichen Ablehnung der Regelungsinitiative des Bundesministeriums für Inneres verdeutlichte dieser Schritt allerdings zumindest das Einbekenntnis der Bundeszuständigkeit im Gegenstand. Soweit dem Amt der Kärntner Landesregierung bekannt ist, wurde diese ablehnende Haltung unter Verweis auf die Bundeszuständigkeit von sämtlichen Ländern geteilt."

2.6. Das Amt der Burgenländischen Landesregierung äußerte sich zur Anfrage des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Juni 2009 folgendermaßen (Hervorhebungen wie im Original):

"...

Gemäß Art137 B-VG können nur im öffentlichen Recht wurzelnde Ansprüche geltend gemacht werden. Art137 B-VG nimmt im Unterschied dazu die Abgrenzung der zulässigen Ansprüche anhand formeller Kriterien vor. Es kommt demnach für die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs lediglich darauf an, dass der einfache Gesetzgeber die Durchsetzung der Ansprüche weder den ordentlichen Gerichten zugewiesen noch dafür den Verwaltungsrechtsweg eröffnet hat.

Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs zur Entscheidung über eine bei ihm gestützt auf Art137 B-VG anhängig gemachte Klage hängt vom Vorliegen der drei im Art137 B-VG explizit angeführten Voraussetzungen ab. Danach muss es sich bei dem geltend gemachten Begehren

1. um einen vermögensrechtlichen Anspruch handeln, der

2. gegenüber einer Gebietskörperschaft oder einem Gemeindeverband geltend gemacht wird und über den zu entscheiden weder

3. ein ordentliches Gericht noch eine Verwaltungsbehörde berufen ist.

Ein vermögensrechtlicher Anspruch ist damit jedenfalls ein solcher, der unmittelbar auf Geld oder doch zumindest auf eine geldwerte Leistung oder einen geldwerten Gegenstand gerichtet ist.

Wie oben bereits angeführt, ist die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs nach Art137 B-VG dann gegeben, wenn ein vermögensrechtlicher Anspruch im ordentlichen Rechtsweg auszutragen ist. Dies ist immer dann der Fall, wenn zur Entscheidung über einen solchen Fall die ordentlichen Gerichte entweder ausdrücklich durch ein Gesetz berufen sind oder sich ihre Zuständigkeit aus §1 JN ableiten lässt, dem zufolge die Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fällt, sofern nicht durch ein Gesetz etwas anderes verfügt wird.

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um einen vermögensrechtlichen Anspruch, nämlich um 73.200 Euro sowie um 851.012,11 Euro. Der Anspruch richtet sich auch gegen eine Gebietskörperschaft, den Bund. Der OGH vertritt die Auffassung, dass der Verfassungsgerichtshof für die Beurteilung der Ansprüche nach Art137 B-VG zuständig ist. Die privatrechtlichen Anspruchsgrundlagen (Geschäftsführung ohne Auftrag, §1042 ABGB) änderten nichts an dem Umstand, dass die Verpflichtung des Bundes zur Sondierung von Bombenverdachtspunkten unmittelbar und ausschließlich in öffentlichem Recht wurzle (Beschluss des OGH vom 5. November 2008).

Sowohl ein Höchstgericht hat den ordentlichen Rechtsweg abgelehnt als auch die Bestimmungen des Waffengesetzes 1996 lassen es nicht zu, den Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten.

Die Klage scheint somit zulässig und die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs gemäß Art137 B-VG gegeben.

3.

Zur Zuständigkeit des Bundes in Gesetzgebung und Vollziehung:

Der Bund ist gemäß Art10 Abs1 Z7 B-VG in Angelegenheiten des 'Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, Schießwesen' in Gesetzgebung und Vollziehung zuständig.

Die einfachgesetzliche Regelung zu dieser Kompetenzbestimmung ist ua das Waffengesetz, welches auch Regelungen über Kriegsmaterial enthält, was darauf hindeutet, dass der Bund in derartigen Angelegenheiten sehr wohl zuständig ist.

Wie bereits in der Klage angeführt, haben die Erläuterungen zu §42 Waffengesetz 1996 ua folgenden Wortlaut:

'Da der Entminungsdienst Aufgabe des Bundesministers für Inneres ist und sprengkräftige Kriegsrelikte, insbesondere solche aus den beiden Weltk

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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