TE Vwgh Erkenntnis 2009/2/26 2007/09/0095

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Veröffentlicht am 26.02.2009
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Index

E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ARB1/80 Art6 Abs1;
ARB1/80 Art7;
AuslBG §14a Abs1 Z1;
AuslBG §14a Abs3;
AuslBG §14e Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des O I in W, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 14. März 2007, Zl. LGSW/Abt. 3/08115/1460589/2007, betreffend Verlängerung einer Arbeitserlaubnis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 3. Jänner 2007 beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung seiner vom 4. Jänner 2005 bis 3. Jänner 2007 gültigen Arbeitserlaubnis.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 9. Jänner 2007 wurde dieser Antrag gemäß § 14e Ausländerbeschäftigungsgesetz abgelehnt. In der Begründung dieses Bescheides wurde darauf verwiesen, dass nach der zitierten Bestimmung die Arbeitserlaubnis nur verlängert werden könne, wenn der Antragsteller in den letzten zwei Jahren vom Zeitpunkt der Antragseinbringung zurückgerechnet mindestens 18 Monate im Bundesgebiet gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt und rechtmäßig niedergelassen war. Innerhalb des Beobachtungszeitraumes, das sei vom 3. Jänner 2005 bis 2. Jänner 2007, sei der Beschwerdeführer lediglich 502 Tage (und nicht 540 Tage = 18 Monate) beschäftigt gewesen. Im Übrigen sei die nunmehr zu verlängernde Arbeitserlaubnis für den Geltungsbereich Niederösterreich ausgestellt worden, die zurückgelegten Beschäftigungszeiten seien aber im Rahmen von Dienstverhältnissen in Wien ohne gültige Beschäftigungsbewilligung und daher nicht rechtmäßig zurückgelegt worden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. März 2007 wurde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 14e Abs. 1 und § 14a Abs. 1 AuslBG keine Folge gegeben. Die belangte Behörde ging dabei erkennbar von den - im Übrigen unbestritten gebliebenen - Sachverhaltsgrundlagen der Behörde erster Instanz aus, wonach dem Beschwerdeführer eine Arbeitserlaubnis für den Geltungsbereich Niederösterreich und die Geltungsdauer vom 4. Jänner 2005 bis zum 3. Jänner 2007 ausgestellt worden war und er für die Zeit vom 20. Mai 2005 bis zum 30. März 2007 über eine Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck verfügte, sowie dass der Beschwerdeführer ab dem 16. Februar 2005 in dem im Bundesland Wien ansässigen Bäckereiunternehmen seines Vaters laufend beschäftigt ist. Ausgehend davon resümierte auch die belangte Behörde, dass nach dem wiedergegebenen Sachverhalt die für eine Verlängerung erforderliche Rechtmäßigkeit der Beschäftigungszeiten infolge einer Beschäftigung in Wien trotz einer nur für Niederösterreich gültigen Arbeitserlaubnis nicht vorgelegen sei, und daher die Voraussetzungen gemäß § 14e Abs. 1 in Verbindung mit § 14a Abs. 1 AuslBG nicht gegeben seien. Auch aus dem Assoziationsabkommen EU/Türkei, insbesondere dem Assoziationsratsbeschluss Nr. 1/80, sei kein Recht auf amtswegige Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung abzuleiten, da die Niederlassung in Österreich nicht auf eine Zusammenführung mit einem in Österreich dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden Elternteil gerichtet gewesen sei, was bereits aus dem ihm erteilten Aufenthaltstitel hervorgehe, andererseits auch aus dem Umstand, dass der Vater des Beschwerdeführers in Österreich nicht unselbstständig erwerbstätig sei (und daher dem regulären Arbeitsmarkt nicht angehöre).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer erachtete sich in seinem Recht auf "Erteilung einer Arbeitserlaubnis" und in seinem Recht "gem. dem Assoziationsabkommen, das zwischen der EWG (EU) und der Türkei abgeschlossen wurde, sowie dem entsprechenden Beschluss 1/1980" verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In Ausführung der Beschwerde macht der Beschwerdeführer lediglich geltend, er befinde sich seit dem 20. August 2000 legal in Österreich und sei spätestens seit dem 5. Mai 2003 (Beginn der Arbeitsaufnahme bei der Y KEG) in den österreichischen Arbeitsmarkt integriert. Er sei stets legal beschäftigt gewesen und habe einen legalen Aufenthaltstitel in Österreich. Die Fristen des Artikel 6 und 7 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 seien erfüllt. Der Beschwerdeführer habe daher das Recht, in Österreich zu arbeiten, was von der belangten Behörde "deklarativ festzustellen" gewesen wäre.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Vorauszuschicken ist, dass es sich im vorliegenden Verfahren lediglich um einen Antrag auf Verlängerung einer Arbeitserlaubnis handelt; Gegenstand des Verfahrens war daher weder die Ausstellung einer Beschäftigungsbewilligung im Sinne des § 4 noch die Ausstellung eines Befreiungsscheines nach § 4c AuslBG. Inwieweit daher der Beschwerdeführer allenfalls nach diesen Bestimmungen Rechte geltend zu machen in der Lage wäre, war im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.

Gemäß § 14a Abs. 1 Z. 1 AuslBG ist einem Ausländer auf Antrag eine Arbeitserlaubnis auszustellen, wenn der Ausländer in den letzten 14 Monaten insgesamt 52 Wochen im Bundesgebiet im Sinne des § 2 Abs. 2 mit einer dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Tätigkeit erlaubt beschäftigt war und rechtmäßig niedergelassen ist.

Nach Abs. 3 dieser Gesetzesbestimmung ist die Arbeitserlaubnis für den Bereich jenes Bundeslandes auszustellen, in welchem die letzte Beschäftigungsbewilligung erteilt oder die erlaubte Beschäftigung zuletzt ausgeübt wurde. Der örtliche Geltungsbereich kann bei saisonal bedingten unterschiedlichen Beschäftigungsorten auf den Bereich mehrerer Bundesländer ausgedehnt werden.

Nach § 14e Abs. 1 AuslBG ist die Arbeitserlaubnis gemäß § 14a zu verlängern, wenn

1.

die Anspruchsvoraussetzungen nach § 14a gegeben sind oder

2.

der Ausländer während der letzten zwei Jahre mindestens 18 Monate nach diesem Bundesgesetz beschäftigt war und rechtmäßig niedergelassen ist.

Im vorliegenden Fall steht die Rechtmäßigkeit der Niederlassung des Beschwerdeführers außer Frage.

Es war also zu prüfen, inwieweit der Beschwerdeführer die zeitlichen Voraussetzungen der vorgenannten Bestimmungen erfüllt oder nicht. Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Arbeitsmarktservice war der Beschwerdeführer seit dem 16. Februar 2005 im Betrieb seines Vaters in Wien laufend beschäftigt. Eine Beschäftigungsbewilligung wurde für ihn nicht ausgestellt; seine Arbeitserlaubnis (Gültigkeit vom 4. Jänner 2005 bis 3. Jänner 2007) war ihm gemäß § 14a Abs. 1 AuslBG allerdings lediglich für den Geltungsbereich Niederösterreich ausgestellt. Eine Ausdehnung des Geltungsbereiches im Sinne des § 14a Abs. 3 AuslBG auf das Bundesland Wien lag nicht vor.

Damit aber war die vom Beschwerdeführer im Unternehmen seines Vaters in Wien keine "erlaubte", weshalb diese in Wien zurückgelegten Beschäftigungszeiten nicht in die Berechnung des anzurechnenden Zeitraumes im Sinne der §§ 14a oder e AuslBG einbezogen werden konnten.

Selbst wenn der Beschwerdeführer daher während der in diesen Gesetzesbestimmungen normierten Zeiträumen (von insgesamt 52 Wochen in den letzten 14 Monaten bzw. mindestens 18 Monate während der letzten zwei Jahre) beschäftigt gewesen wäre - was nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen der Behörden nicht der Fall gewesen ist -, handelte es sich um nicht anrechenbare Beschäftigungszeiten.

Der Beschwerdeführer beruft sich allerdings auch auf die Art. 6 und 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80); diese Bestimmungen haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"Art. 6:

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat

-

nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;

-

nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorranges

-

das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;

-

nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.

...

Art. 7:

Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,

-

haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben;

-

haben freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben.

..."

Was bereits für die zeitlichen Voraussetzungen des § 14a AuslBG gesagt wurde, gilt gleichermaßen auch für die Beurteilung der "ordnungsgemäß" zurückzulegenden Beschäftigungszeiten im Sinne des Art. 6 ARB 1/80. Die Beschwerdeausführungen gehen auch auf die weiteren Voraussetzungen des Art. 6 ARB 1/80 nicht ein. Der Beschwerdeführer vermochte sich daher nicht zu Recht auf diese Bestimmung zu stützen.

Insoweit der Beschwerdeführer seine Argumentation auf Art. 7 ARB 1/80 stützt, ist ihm zu entgegnen, dass nach dieser Bestimmung - neben der zeitlichen - weitere Voraussetzung für die dort umschriebenen Rechte der Umstand ist, dass der Beschwerdeführer durch den ihm gewährten Aufenthaltstitel auch "die Genehmigung" erhalten hat, zu seinem Vater zu ziehen. Dies war nach den von der Beschwerde unbestritten gelassenen Feststellungen der belangten Behörde nicht der Fall, es ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Verwaltungsakten, dass der Beschwerdeführer über einen Aufenthaltstitel zum Zwecke der Familienzusammenführung verfügt hätte. Schon aus diesem Grunde konnte der Berufung auf Art. 7 ARB 1/80 auch kein Erfolg beschieden sein.

Bereits aus diesem Grunde erweist sich der angefochtene Bescheid als mit der Rechtslage in Einklang stehend.

Schon aus diesem Grunde war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere dessen § 3 Abs. 2.

Wien, am 26. Februar 2009

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2009:2007090095.X00

Im RIS seit

31.03.2009

Zuletzt aktualisiert am

15.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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