TE Vwgh Erkenntnis 2009/2/4 2007/15/0116

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Veröffentlicht am 04.02.2009
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1994 §10 Abs2 Z4 litd;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der Wgemeinschaft in T, vertreten durch Dr. Herwig Rischnig, Dr. Harald Skrube und Dr. Bernhard Hundegger, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Peraustraße 33, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom 4. April 2007, GZ. RV/0169-K/05, betreffend Umsatzsteuer 2003, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung bei der beschwerdeführenden Wohnungseigentumsgemeinschaft wurde u. a. festgestellt, dass im streitgegenständlichen Jahr 2003 Aufwendungen im Zusammenhang mit dem im Haus befindlichen Hallenbad (Sanierung der Badewasseraufbereitung) angefallen und die damit zusammenhängenden Leistungen den einzelnen Wohnungseigentümern zum ermäßigten Steuersatzes von 10% weiterverrechnet worden seien.

Im nach Wiederaufnahme des Verfahrens ergangenen Umsatzsteuerbescheid 2003 schloss sich das Finanzamt der Ansicht des Prüfers an, wonach der ermäßigte Steuersatz zu Unrecht angewandt worden sei, weil die zu Grunde liegenden Aufwendungen für Liegenschaftsteile geleistet worden seien, welche nicht Wohnzwecken dienten.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass das im Haus gelegene Hallenbad zur Allgemeinfläche zähle und von allen Wohnungseigentümern benützt werden könne. Da der Betrieb eines Hallenbades nicht Aufgabe einer Wohnungseigentumsgemeinschaft sei und die Nutzung des Hallenbades ausschließlich den Wohnungseigentümern vorbehalten sei, könne das Hallenbad nur als Nebenleistung des Wohnens definiert werden. Daher seien die mit dem Hallenbad verbundenen Kosten gleich den Kosten anderer Allgemeinflächen und gemeinsam betriebener Anlagen, wie Lifte, Schiställe, Waschküchen, Fitnessräume, etc. dem ermäßigten Steuersatz zu unterziehen.

Die belangte Behörde wies die Berufung ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass es sich bei Hallenbädern um Einrichtungen handle, die primär weder Wohnzwecken, noch der Erfüllung üblicher Wohnbedürfnisse dienten. Eine Subsumierung hiermit verbundener Aufwendungen unter die Begünstigungsbestimmung des § 10 Abs. 2 Z. 4 lit. d UStG 1994 käme schon begrifflich nicht in Betracht. Zudem würde die Einbeziehung derartiger Leistungen unter die angeführte Begünstigungsbestimmung der Intention des Gesetzgebers (Gleichstellung von Mitgliedern von Wohnungseigentumsgemeinschaften mit Mietern) zuwiderlaufen, weil sich Mietern im Rahmen einer landläufigen, klassischen Wohnungsmiete nicht die Möglichkeit der Benützung eines Hallenbades eröffne. Mangels Verwendung für Wohnzwecke seien die weiterverrechneten Leistungen daher letztlich unter die Befreiungsbestimmung des § 6 Abs.1 Z. 17 UStG 1994 zu subsumieren. Für derartige Leistungen sei gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 eine Option vorgesehen, die von der Wohnungseigentumsgemeinschaft gegenständlich durch die steuerpflichtige Behandlung dieser Umsätze auch ausgeübt worden sei. Daran knüpfe sich zwingend die Anwendung des Normalsteuersatzes.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde. Die beschwerdeführende Wohnungseigentumsgemeinschaft erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht verletzt, Umsätze aus der Weiterverrechnung von Leistungen im Zusammenhang mit der Erneuerung der Badewasseraufbereitung des hauseigenen Hallenbades dem begünstigten Steuersatz zu unterziehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung Wohnungseigentumsgemeinschaften Unternehmereigenschaft zukommt, weil sie einerseits im eigenen Namen nach außen auftreten, Leistungen in Auftrag geben und bezahlen und andererseits dadurch nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig werden, dass sie von den einzelnen Mit- und Wohnungseigentümern den auf sie entfallenden Anteil an den Kosten erheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 2003, 99/15/0238, und Ruppe, UStG3, § 10 Tz. 79).

Nach § 10 Abs. 2 Z. 4 lit. d UStG 1994 unterliegen die Leistungen von Personenvereinigungen zur Erhaltung, Verwaltung oder zum Betrieb der in ihrem gemeinsamen Eigentum stehenden Teile und Anlagen einer Liegenschaft, an der Wohnungseigentum besteht und die Wohnzwecken dienen, ausgenommen eine als Nebenleistung erbrachte Lieferung von Wärme, dem ermäßigten Steuersatz von 10%.

Strittig ist im Beschwerdefall ausschließlich, ob das im gegenständlichen Appartementhaus gelegene Hallenbad Wohnzwecken dient und daher auf die diesbezüglichen Leistungen der beschwerdeführenden Partei der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.

Wohnzwecken dienen Grundstücke, Gebäude oder Teile und Anlagen hievon dann, wenn sie dazu bestimmt sind, in abgeschlossenen Räumen privates Leben zu ermöglichen, wenn sie Menschen somit auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft gewähren. Die Begünstigung erstreckt sich nicht nur auf die unmittelbaren Wohnräume, sondern auch auf die mitvermieteten oder mitbenutzten Nebenräume wie Keller, Dachböden, Waschküchen, Balkone und Terrassen oder ähnliches (vgl. Tanzer, Die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken im neuen Umsatzsteuerrecht (UStG 1994), AnwBl. 1994, 961 (963); Ruppe, UStG3, § 10 Tz. 63; Scheiner/Kolacny/Caganek, UStG, § 10 Abs. 2 Z. 4 Anm. 11 und 18; Berger/Wakounig in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG, § 10 Rz. 49).

Besagte Nebenräume müssen mit den eigentlichen Wohnräumen nicht unmittelbar verbunden sein, doch muss ein Nutzungszusammenhang bestehen, wie z.B. ein mit der Wohnung räumlich nicht verbundener Hobbyraum. Wird ein Wohngebäude mit Garten vermietet, wird das gesamte Grundstück "für Wohnzwecke" vermietet (vgl. Berger/Wakounig, aaO).

Auch ein Hallenbad, das in einem einheitlichen Nutzungszusammenhang zu den unmittelbaren Wohneinheiten steht, ist dazu bestimmt und geeignet, den Wohnungseigentümern Aufenthalt zu bieten, dadurch privates Leben zu ermöglichen und insofern den persönlichen Wohnbedürfnissen, wenn auch in qualifizierter Weise zu dienen (vgl. das zu einem Hallenbad samt Sauna ergangene hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1974, 73/1359, VwSlg. 4.708/F). Auf die "Üblichkeit" solcher Einrichtungen im Rahmen "klassischer Wohnungsmieten" kommt es dabei nicht an. Somit kann auch ein Hallenbad unter jene im gemeinsamen Eigentum stehenden Teile und Anlagen einer Liegenschaft subsumiert werden, zu dessen Erhaltung, Verwaltung oder Betrieb erbrachte Leistungen der Wohnungseigentumsgemeinschaft gemäß § 10 Abs. 2 Z 4 lit. d UStG 1994 mit dem ermäßigten Steuersatz von 10% zu besteuern sind.

Der angefochtene Bescheid war deshalb wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 4. Februar 2009

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2009:2007150116.X00

Im RIS seit

02.03.2009

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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