TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/14 B3 308533-2/2008

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Veröffentlicht am 14.08.2008
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Spruch

B3 308.533-2/2008/14E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Karin WINTER als Vorsitzende und den Richter Mag. Florian NEWALD als Beisitzer über den Wiederaufnahmeantrag des E.I., geboren am 00.00.1980, StA:

Republik Kosovo, vom 24. September 2007 in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Der Wiederaufnahmeantrag wird gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1.1. Der Wiederaufnahmewerber, ein Staatsbürger der Republik Kosovo und ein Angehöriger der albanischen Volksgruppe und der moslemischen Glaubensgemeinschaft, brachte am 19. Dezember 2005 einen Asylantrag ein. Dazu gab er bei seinen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 15. Jänner und 7. November 2006 im Wesentlichen an, er sei in seiner Heimat mit Blutrache bedroht worden, weil sein im Jahre 2005 verstorbener Vater einen Mann aus Albanien erschossen habe.

 

1.2. Mit Bescheid vom 30. November 2006, Zl. 05 22.413-BAL, wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, ab (Spruchpunkt I.), erklärte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "nach Serbien Provinz Kosovo" für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies ihn gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach "Serbien Provinz Kosovo" aus (Spruchpunkt III.). Das Bundesasylamt beurteilte das Fluchtvorbringen für unglaubwürdig.

 

1.3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies der unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 22. Juni 2007, Zl. 308.533-C1/7E-II/04/07, gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 ab. Er wertete das Vorbringen des Wiederaufnahmewerbers - u.a. unter Berufung auf die Ausführungen des dem Verfahren beigezogenen landeskundigen Sachverständigen S.M. - für unglaubwürdig. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 29. Juni 2007 zugestellt.

 

2.1. Mit Schreiben vom 24. September 2007, eingelangt beim Bundesasylamt am selben Tag, beantragte der Wiederaufnahmewerber das Verfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG wieder aufzunehmen. Begründend führte er aus, er habe bisher keine Dokumente vorlegen können, um sein Vorbringen - durch Blutrache einer Gefährdung ausgesetzt zu sein - zu bestätigen. "In der Zwischenzeit" habe er diesbezüglich jedoch eine "Bestätigung" vom 00.00.2007 des "Büros des Chefs der Exekutive" erhalten und "bitte" darum, diese "zum zweiten Verfahren dazuzufügen".

 

2.2. Am 8. April 2008 langte beim unabhängigen Bundesasylsenat eine "Stellungnahme" des landeskundigen Sachverständigen S.M. vom 7. April 2008 zu der vorgelegten "Bestätigung" ein. In dieser Stellungnahme wird im Wesentlichen ausgeführt, es "könnte" sich um eine "Gefälligkeitsbestätigung" handeln, weil inhaltlich "nur" ausgesagt werde, dass der vorgebrachte Blutrachekonflikt aufgrund einer Zeugenaussage bestätigt werde und auf der Bestätigung "kein eigentlicher Briefkopf vorhanden" sei.

 

Zu dieser Stellungnahme führte der Wiederaufnahmewerber mit Schreiben vom 30. April 2008 aus, dass es sich "keinesfalls" um eine "Gefälligkeitsbestätigung" handle. Die Bestätigung sei "aufgrund von Tatsachen erstellt" worden.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Gemäß § 75 Abs. 7 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

 

Nach § 69 Abs. 2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Gemäß § 69 Abs. 4 AVG steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem.

 

2. Tatsachen und Beweismittel können nur dann einen Grund für die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens gem. § 69 Abs. 1 Z 2 AVG darstellen, wenn sie bei Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens schon vorhanden gewesen sind, ihre Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich geworden ist ("nova reperta"), nicht aber, wenn es sich um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt ("nova causa superveniens") (vgl. z. B. VwGH 20.6.2001, 95/08/0036, und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998,

E 124 zu § 69 AVG zitierte Rechtsprechung). Im Neuerungstatbestand des § 69 Abs 1 Z 2 AVG wird ausdrücklich festgelegt, dass die Wiederaufnahme nur dann in Betracht kommt, wenn der Wiederaufnahmsgrund allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Es obliegt daher der Behörde, bereits im Wiederaufnahmeverfahren zu prüfen, ob die neue Tatsache oder das neue Beweismittel einen anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (vgl. VwGH 22.2.2001, 2000/04/0195).

 

3.1. Der Wiederaufnahmewerber begründet seinen Antrag auf Wiederaufnahme des (am 29. Juni 2007) rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens mit der von ihm vorgelegten "Bestätigung" des "Büros des Chefs der Exekutive". Unabhängig von der Frage, ob diese Bestätigung eine bloße Gefälligkeitsbestätigung ist oder nicht, trägt dieses Schreiben als Datum im Briefkopf den "00.00.2007". Es handelt sich daher bei dem vom Wiederaufnahmewerber vorgelegten Beweismittel jedenfalls nicht um ein solches, das schon vor Erlassung des - das wieder aufzunehmende Verfahren - abschließenden Bescheides bestanden hat, aber erst nach diesem Zeitpunkt bekannt geworden ist. Zusätzlich war der zu bezeugende Sachverhalt bereits Gegenstand des Verfahrens vor dem unabhängigen Bundesasylsenat. Damit scheidet auch das Vorliegen einer "neuen Tatsache" aus.

 

3.2. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Beweise, Blutrache, neu entstandene Tatsache, Wiederaufnahme
Zuletzt aktualisiert am
14.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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