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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Manfred Steininger, Rechtsanwalt in Wien I, Schottengasse 4, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 3. Oktober 2000, Jv 4303-33a/00, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Laszlo R. erhob gegen den Beschwerdeführer als Beklagten vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien Klage auf Zahlung von S 2,594.165,37 samt Anhang, wofür dem Kläger mit Beschluss vom 2. September 1997 Verfahrenshilfe bewilligt worden war. Mit Vergleich vom 24. September 1998 verpflichtete sich der Beschwerdeführer, dem Kläger einen Betrag von S 1,700.000,-- "(S 1,340.610,70 Kapital, S 259.625,69 Kosten des Verfahrens gegen Frau Z., S 21.635,49 Zinsen aus diesen Kosten und S 78.128,14 Kosten des gegenständlichen Verfahrens)" zu bezahlen.
Mit Zahlungsauftrag vom 20. Juli 2000 wurde dem Beschwerdeführer eine halbe Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG zuzüglich Einhebungsgebühr in Höhe von zusammen S 20.385,-- vorgeschrieben.
Im Berichtigungsantrag gegen diesen Zahlungsauftrag wurde insbesondere vorgebracht, der Kläger Laszlo R. habe nach dem Vergleich einen Betrag von mindestens S 1,340.610,70 ausbezahlt erhalten, sodass er ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts im Stande sei, die Gerichtsgebühren zu entrichten. Es sei nach § 71 ZPO vorzugehen; eine Vorschreibung gemäß § 70 ZPO sei unzulässig.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag keine Folge gegeben. In der Begründung des Bescheides wurde darauf hingewiesen, dass sich der Beschwerdeführer im Vergleich verpflichtet hatte, die Kosten in Höhe von S 78.128,14 zu übernehmen. Nach § 70 ZPO seien die im § 64 Abs 1 Z 1 ZPO genannten Beträge, von deren Bestreitung die Partei einstweilen befreit sei, unmittelbar beim Gegner einzuheben, soweit diesem die Kosten des Rechtsstreites auferlegt worden sind oder er sie in einem Vergleich übernommen hat.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer durch die Vorschreibung der Gerichtsgebühren in seinen Rechten verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte
die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 20 GGG ist in den Fällen des § 70 ZPO sowie bei persönlicher Gebührenfreiheit aus anderen Gründen der Gegner zur Zahlung der Gerichtsgebühren, die die gebührenbefreite Partei zu entrichten gehabt hätte, verpflichtet, soweit ihm die Kosten des Rechtsstreites auferlegt sind oder soweit er die Kosten durch Vergleich übernommen hat.
Nach § 70 ZPO sind die im § 64 Abs 1 Z 1 ZPO genannten Beträge, von deren Bestreitung die Partei einstweilen befreit ist, unmittelbar beim Gegner einzuheben, soweit diesem die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind oder er sie in einem Vergleich übernommen hat.
Die die Verfahrenshilfe genießende Partei ist gemäß § 71 Abs 1 ZPO mit Beschluss zur Nachzahlung der Beträge zu verpflichten, von deren Berichtigung sie einstweilen befreit gewesen ist und die noch nicht berichtigt sind, wie ebenso zur tarifmäßigen Entlohnung des ihr beigegebenen Rechtsanwalts, soweit sie und sobald sie ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts dazu imstande ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die das GGG und das GEG 1962 vollziehenden Justizverwaltungsorgane an die Entscheidungen des Gerichtes gebunden. Die Gerichtsgebührenpflicht knüpft dabei bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden (vgl das hg Erkenntnis vom 18. April 1990, Zl 89/16/0021).
Im Beschwerdefall wurde der klagenden Partei mit Beschluss vom 2. September 1997 Verfahrenshilfe bewilligt und dabei unter anderem die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Gerichtsgebühren gewährt. Nach dem klaren Wortlaut des § 20 GGG und des § 70 ZPO waren damit dem Beschwerdeführer als Prozessgegner, der in dem zwischen Streitparteien abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich vom 25. September 1998 die Kosten des Verfahrens übernommen hatte, die Gerichtsgebühren vorzuschreiben.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kommt dabei der Frage, ob die Voraussetzungen für die Erlassung eines Beschlusses iSd § 71 ZPO vorgelegen waren, keine entscheidende Bedeutung zu. Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen dabei übereinstimmend davon aus, dass ein solcher Beschluss, mit dem die klagende Partei zur Nachzahlung insbesondere der Gerichtsgebühren verpflichtet werden konnte, bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht ergangen ist. Insoweit und solange aber ein solcher Beschluss nach § 71 Abs 1 ZPO nicht ergangen ist, war es der belangten Behörde aber nicht anheimgestellt, selbst zu beurteilen, wer als Gebührenschuldner in Betracht kam. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der gerichtliche Beschluss betreffend die Gewährung der Verfahrenshilfe dem Rechtsbestand angehörte und daher zu beachten war. Aus diesem Gerichtsbeschluss folgte aber wie ausgeführt die Gerichtsgebührenpflicht des Beschwerdeführers.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist im Ergebnis des Beschwerdefalles, wer die Gerichtsgebühren zu tragen hat, eine Unsachlichkeit nicht zu erkennen, weil die Frage, ob beide Streitteile oder nur einer von ihnen und in diesem Falle welcher von ihnen in Anspruch zu nehmen sind, ist im Hinblick auf die Zweckbestimmung der Erhebung der Gerichtsgebühren in die zulässige Disposition des Gesetzgebers gelegt ist. Sollte aber das Gericht die ihm allenfalls zwingend auferlegte Aufforderung zur Nachzahlung der gestundeten Beträge an den Gegner des Beschwerdeführers unterlassen, so unterliegt ein allenfalls rechtswidriges Verhalten des Gerichts nicht der Beurteilung im vorliegenden Verfahren, dem die Erlassung eines Bescheides der Justizverwaltungsbehörde zugrunde liegt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. April 2001
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000160771.X00Im RIS seit
24.10.2001