RS UVS Oberösterreich 1999/07/30 VwSen-230719/2/Gf/Km

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Veröffentlicht am 30.07.1999
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Rechtssatz

Nach Art.IX Abs.1 Z2 EGVG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen, der sich die Beförderung durch eine dem öffentlichen Verkehr dienende Einrichtung verschafft, ohne das nach den Tarifbestimmungen und Beförderungsbedingungen dieser Einrichtung festgesetzte Entgelt zu entrichten.

Abgesehen davon, daß im gegenständlichen Fall der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dem Erfordernis des § 44a Z1 VStG in jener Ausprägung, die diese Bestimmungen durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfahren hat, schon insofern nicht gerecht wird, als mit diesem die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale nicht näher konkretisiert, sondern lediglich wiederholt werden (vgl. dazu Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A, 1996, 970 f. mwN) - so wäre jedenfalls anstelle der Wendung "ohne das dafür festgesetzte Entgelt ordnungsgemäß entrichtet zu haben" anzuführen gewesen, in welcher Höhe dieses festgesetzt und auf welche Art und Weise es zu entrichten ist -, kommt der vorliegenden Berufung auch aus folgenden Gründen Berechtigung zu:

Entgegen den Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Sraferkenntnisses fußen die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde nicht auf einer "Anzeige" iSd § 47 Abs.1 VStG, weil es sich bei einem Kontrollorgan einer öffentlichen Verkehrseinrichtung nicht um ein "Organ der öffentlichen Aufsicht" im Sinne dieser Bestimmung handelt. Damit lagen aber schon die Voraussetzungen zur Erlassung der - das angefochtene Straferkenntnis tragenden - Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von B vom 21.4.1999, Zl. Sich96, nicht vor.

Im übrigen bleibt unverständlich, weshalb die belangte Behörde - allenfalls im Rechtshilfeweg - eine zeugenschaftliche Einvernahme jenes Kontrollorganes unterlassen hat, wenn der Rechtsmittelwerber bereits mit seinem Einspruch gegen die Strafverfügung vom 14.5.1999 seine Tätereigenschaft bestritten hat.

Nicht zeugenschaftlich dokumentierte Angaben eines Kontrollorganes eines Verkehrsunternehmens allein vermögen sohin - insbesondere unter dem Aspekt des Art.6 Abs.2 MRK - eine Bestrafung wegen Art.IX Abs.1 Z2 EGVG nicht zu tragen.

Aus allen diesen Gründen, vornehmlich aber deshalb, weil dem Oö. Verwaltungssenat von Verfassungs wegen die Funktion eines unabhängigen Gerichtes (vgl. Art.129ff B-VG sowie Art.6 Abs.1 MRK; siehe dazu jüngst auch VfGH v. 2.3.1999, B 3103/97: "Die Art.129a f. B-VG gehen also davon aus, daß der UVS in allen ihm durch einfaches oder Verfassungsgesetz zur Entscheidung zugewiesenen Angelegenheiten als "Tribunal" im Sinne des Art.6 EMRK bzw. im Sinne des Art.6 PersFrG zu entscheiden hat, mag auch die im Einzelfall zu beurteilende Sache nicht zu den von Art.5 und 6 EMRK bzw. Art.6 PersFrG erfaßten Angelegenheiten zählen.", sodaß die insoweit auf einer Fehlinterpretation des § 66 Abs.4 AVG beruhende frühere Auffassung des VwGH, wonach der UVS bei offener Verfolgungsverjährungsfrist das Straferkenntnis nicht bloß aufheben darf (vgl. zB. VwGH v. 4.9.1992, 92/18/0353), als überholt angesehen werden kann) und nicht jene einer Strafverfolgungsbehörde zukommt, war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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