RS UVS Oberösterreich 2000/02/08 VwSen-560000/13/Ki/Ka

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Veröffentlicht am 08.02.2000
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Rechtssatz

Gemäß § 47 Abs.1 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 haben gesetzlich zum Unterhalt verpflichtete Angehörige des Empfängers sozialer Hilfe im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Ersatz zu leisten.

Gemäß § 70 Abs.4 leg.cit. ist dieses Landesgesetz auf Ersatzansprüche und Ansprüche auf Rückerstattung für Leistungen, die für die Zeit vor dem Inkrafttreten dieses Landesgesetzes gewährt wurden, anzuwenden, sofern nicht das Oö. Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr.66/1973, eine günstigere Regel für den Verpflichteten enthält.

Das Oö. Sozialhilfegesetz 1998 ist mit 1.1.1999 in Kraft getreten. Dies bedeutet, dass hinsichtlich der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Herrn N gewährten Krankenhilfe die Rechtslage vor dem 1.1.1999, nämlich nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1973, gilt, während für die formelle Betrachtung der Rückforderung, sofern nicht ursprünglich eine günstigere Regelung für den Verpflichteten enthalten war, die Bestimmungen des nunmehr in Kraft stehenden Oö. Sozialhilfegesetzes 1998 relevant sind.

Tatsache ist, dass Herrn N mit Bescheiden nach den Bestimmungen des Oö. Sozialhilfegesetzes 1973 Krankenhilfe gewährt und diese auch geleistet wurde. In dem der Gewährung dieser Sozialhilfeleistung zugrundeliegenden Verfahren war jedoch die Bw nicht mit einbezogen. Dies bedeutet, dass, wenn auch die Bescheide bezüglich der Gewährung der Sozialhilfeleistungen in Rechtskraft erwachsen sind, diese nicht schlechthin eine generelle Wirkung gegenüber der Bw haben. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht ein Gewährungsbescheid nicht der Berücksichtigung von Einwendungen des zum Kostenersatz Herangezogenen gegen die Berechtigung der Gewährung der Sozialhilfeleistung in dem die Ersatzpflicht betreffenden Verfahren entgegen (vgl. VwGH 90/19/0526 vom 18.2.1991 ua). Daraus folgt, dass die Behörde in diesem Falle gehalten ist, in dem die Ersatzpflicht betreffenden Verfahren die Rechtmäßigkeit der Zuerkennung der Leistung ohne Bindung an den Gewährungsbescheid neuerlich zu klären.

Wie bereits oben dargelegt wurde, war zum Zeitpunkt der Gewährung der verfahrensgegenständlichen Sozialhilfeleistungen das Oö. Sozialhilfegesetz 1973 (i.d.g.F.) anzuwenden. § 15 Abs.3 leg.cit. bestimmte, dass der Antrag auf Gewährung erforderlicher Maßnahmen zur Sicherung einer ausreichenden Krankenhilfe auch von einer Krankenanstalt für einen in die Krankenanstalt aufgenommenen oder in einer Krankenanstalt ambulant behandelten Hilfeempfänger (Hilfesuchenden) bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde gestellt werden kann.

Die in § 15 Abs.3 Oö. Sozialhilfegesetz 1973 festgelegte Antragslegitimation der Krankenanstalten war jedoch durch das zum Vorfallszeitpunkt geltende Oö. Krankenanstaltengesetz 1976 dahingehend eingeschränkt, als nach dessen § 35 Abs.3 unbeschadet des § 15 Abs.3 und § 5 Oö. Sozialhilfegesetz 1973, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr.2/1984, der zuständige Sozialhilfeträger erst dann zur Bezahlung der in einer Krankenanstalt aufgelaufenen Pflege-(Sonder-)Gebühren verpflichtet war, wenn sie weder nach Absatz 1 noch auch bei unterhaltsberechtigten Personen gemäß Abs.2 hereingebracht werden konnten.

Gemäß § 35 Abs.1 Oö. Krankenanstaltengesetz 1976 ist zur Bezahlung der in einer Krankenanstalt aufgelaufenen Pflege-(Sonder-) Gebühren in erster Linie der Pflegling selbst verpflichtet, sofern nicht eine andere physische oder juristische Person aufgrund sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen, sonstiger gesetzlicher Vorschriften oder vertraglich ganz oder teilweise hiezu verpflichtet ist oder hiefür Ersatz zu leisten hat.

Gemäß § 35 Abs.2 leg.cit. sind, wenn die Pflege- (Sonder)Gebühren nicht beim Pflegling selbst oder bei den sonstigen im Abs.1 genannten Personen hereingebracht werden können, zum Ersatz die für ihn unterhaltspflichtigen Personen heranzuziehen.

Diese zitierten Bestimmungen des Oö. Krankenanstaltengesetzes 1976 legen verbindlich fest, dass die Krankenanstalten, bevor eine entsprechende Antragslegitimation gegeben ist, zunächst den Versuch zu unternehmen haben, die anfallenden Gebühren entweder beim Pflegling selbst oder ua bei den für ihn unterhaltspflichtigen Personen hereinzubringen. Wie aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen zu ersehen ist, wurde ein derartiger Versuch vom Landeskrankenhaus Steyr im gegenständlichen Verfahren nicht unternommen. Es wurde zwar offensichtlich ein Schriftverkehr mit der Oö. Gebietskrankenkasse geführt und es ist in den vorliegenden Antragsschreiben an den Magistrat Steyr die Rede davon, dass die Vorschreibungen nach § 36 Oö. KAG an die Lebensgefährtin erlassen wurden bzw die Oö. Gebietskrankenkasse die Kostenübernahme abgelehnt hat, weitere Fakten dahingehend, dass seitens des Krankenhauses der Versuch unternommen wurde, den Verpflichteten selbst oder für ihn unterhaltspflichtige Personen zum Ersatz heranzuziehen, sind nicht zu erkennen.

Die Berufungsbehörde vertritt daher die Auffassung, dass das Landeskrankenhaus Steyr im vorliegenden Falle (noch) nicht legitimiert war, einen entsprechenden Antrag auf Leistung der Sozialhilfe zu stellen, weshalb im konkreten Falle die Voraussetzungen für die Gewährung der Krankenhilfe nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1973 nicht gegeben waren.

Wenn auch die Bw den dargelegten Umstand nicht eingewendet hat, so war dieser im Berufungsverfahren von Amts wegen festzustellen. Da, wie bereits dargelegt wurde, die Voraussetzungen für die Gewährung der Krankenhilfe, jedenfalls was die Pflegegebühren des Landeskrankenhauses Steyr anbelangt, nicht gegeben waren, konnte die Bw nicht zum Ersatz der Sozialhilfeleistung herangezogen werden, weshalb schon aus diesem Grunde der Berufung Folge zu geben war.

Weiters war zu prüfen, ob die Berufungswerberin überhaupt verpflichtet war bzw ist, zur Deckung der Lebensverhältnisse (gesetzlicher Unterhalt) ihres Sohnes beizutragen. Diese Verpflichtung ist nach den Bestimmungen des ABGB zu beurteilen.

Gemäß § 140 Abs.1 ABGB haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.

§ 140 Abs.3 leg.cit. bestimmt, dass sich der Anspruch auf Unterhalt insoweit mindert, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist.

Dazu wird zunächst festgestellt, dass die Unterhaltsverpflichtung durch die Selbsterhaltungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten jedenfalls erlischt. Allerdings steht eine einmal eingetretene Selbsterhaltungsfähigkeit dem Wiederaufleben der Unterhaltspflicht der Eltern unter bestimmten Voraussetzungen nicht entgegen. So ist aus Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes abzuleiten, dass etwa infolge längerfristiger Unmöglichkeit der Berufsausübung wegen Krankheit, unverschuldeter Arbeitslosigkeit oder ähnlichen Gründen bei Fehlen ausreichender Absicherung die Unterhaltspflicht durchaus wieder aufleben kann (vgl. etwa 1Ob 2307/96p vom 28.1.1997). Ein wesentliches Kriterium für das Wiederaufleben der Unterhaltspflicht ist jedoch der Umstand, dass der Wegfall der Einkommensmöglichkeit des Unterhaltsberechtigten unverschuldet ist (vgl. etwa LGZ Wien 28.10.1976 EFSlg.26.181, aber auch VwGH 94/08/014 vom 26.9.1995).

Im gegenständlichen Falle hat Herr N zunächst seine Selbsterhaltungsfähigkeit erlangt. Offensichtlich bedingt durch Einnahme von Drogen ist er infolge des Drogenkonsums bzw allenfalls auch Alkoholkonsums an Hepatitis C erkrankt, was schließlich zur Folge hatte, dass er keiner Beschäftigung mehr nachgehen konnte. Eine soziale Absicherung wäre aber trotzdem gegeben gewesen, zumal Herrn N einerseits Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz gewährt wurden und er überdies, so lange Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz bezogen wurden, auch krankenversichert war. Zur Zeit des verfahrensgegenständlichen Krankenhausaufenthaltes bzw Krankentransportes war er deshalb nicht krankenversichert, weil er keine Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz bezogen hat. Dies deshalb, weil er seiner Meldepflicht beim Arbeitsmarktservice nicht nachgekommen ist. Dazu führte Herr N im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung selbst aus, dass er den Umstand, dass er sich nicht persönlich gemeldet habe, auf seine Schlamperei zurückführe.

Unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände erscheint es äußerst fraglich, ob die dem gegenständlichen Verfahren zugrundegelegte Selbsterhaltungsunfähigkeit des Herrn N tatsächlich von ihm unverschuldet war, zumal einerseits die ihn an der Berufsausübung hindernden Erkrankungen offensichtlich auf den zunächst erfolgten Drogenkonsum zurückzuführen sind. Darüber hinaus wäre Herr N auch dahingehend sozial abgesichert gewesen, als die gegenständlichen Pflegegebühren bzw Transportkosten im Rahmen der Krankenversicherung durch die Oö. Gebietskrankenkasse getragen worden wären, wenn er rechtzeitig seiner Meldepflicht beim Arbeitsmarktservice Steyr nachgekommen wäre. Dies hat Herr N, wie er selbst ausführte, aus Schlamperei unterlassen. All diese Umstände sprechen dafür, dass die Selbsterhaltungsunfähigkeit des Herrn N zum Zeitpunkt der Leistung der Sozialhilfe durch die Stadt Steyr von ihm selbstverschuldet war und daher eine Unterhaltspflicht der Bw und damit auch die Ersatzpflicht nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 auszuschließen ist.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

Schlagworte
SH-Leistung-Rückforderung an Unterhaltsverpflichtete; Schuldfrage hinsichtlich Selbsterhaltungsfähigkeit; Pflegegebühren sind primär Krankenanstalt für Hereinbringung zuständig.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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