RS UVS Kärnten 2004/06/23 KUVS-1239/2/2004

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Veröffentlicht am 23.06.2004
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Rechtssatz

Gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum allgemeinen Wiederaufnahmsgrund der ?Erschleichung" eines Bescheides kann von einem Erschleichen nur dann gesprochen werden, wenn der Bescheid seitens der Partei durch eine verpönte Einflussnahme auf die Entscheidungsunterlagen veranlasst wird. Insbesondere ist dieser Tatbestand verwirklicht, wenn die Behörde durch unrichtige Angaben oder durch Verschweigen wesentlicher Umstände mit Absicht irregeführt wurde. Allerdings ist unter einem ?Erschleichen" iSd § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ein vorsätzliches, nicht aber bloß ein kausales oder bloß fahrlässiges Verhalten der Partei im Zuge des Verfahrens zu verstehen, das darauf abzielt, einen für sie günstigen Bescheid zu erlangen, wobei es sich um die Aufstellung unrichtiger Behauptungen oder um das Verschweigen relevanter Umstände handeln kann (VwGH 21.11.2001; 97/08/0579). ?Erschleichen" ist ein Verhalten einer Partei, das darauf abzielt, mit ungesetzlichen oder unsittlichen Mitteln einen sonst nicht gebührenden Vorteil zu erlangen. Denn ?Erschleichen" bedeutet die Herbeiführung eines Erfolgs auf unrechtmäßigem oder unmoralischem Weg. Von einem ?Erschleichen" kann nur dann gesprochen werden, wenn der Bescheid seitens der Partei durch eine verpönte Einflussnahme auf die Entscheidungsunterlagen veranlasst wird (E.84 zu § 69 AVG in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze² [1998]). Eine ?Erschleichung" kann nur von einer Partei oder ihrem Vertreter vorgenommen werden, da in dem Tatbestand ?Erschleichen" ein ?Sichzuwenden" liegt, wofür jedenfalls nicht die Behörde in Betracht kommt (E.85 zu § 69 AVG a.a.O). Im vorliegenden Fall wurde in einem amtswegig geführten Verfahren ein die nunmehrige Berufungswerberin belastender Bescheid erlassen, aus dem niemandem ein Vorteil erwachsen ist. Der Wiederaufnahmsgrund des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG liegt nicht vor.

Schlagworte
Wiederaufnahme, Wiederaufnahmegrund, Wiederaufnahmeantrag, Erschleichen eines Bescheides, Einflussnahme, Erschleichen als Rechtsbegriff, Urteil
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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