TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/18 2001/18/0152

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Veröffentlicht am 18.09.2001
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Index

19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
MRK Art8 Abs2;
StGB §128 Abs1 Z4;
StGB §164 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde der K P, geboren am 24. Mai 1964, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 2. Juli 2001, Zl. SD 416/01, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 2. Juli 2001 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine südafrikanische Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die Beschwerdeführerin sei im Jahr 1986 nach Österreich eingereist und seither durchgehend auf Grund von Aufenthaltstiteln, zuletzt gültig bis 10. März 2001, im Inland aufhältig. Am 23. August 1993 sei sie wegen des Verbrechens des schweren Einbruchsdiebstahles zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Diesem Urteil liege zugrunde, dass die Beschwerdeführerin zwischen 2. September 1989 und Anfang Dezember 1991 fünf Personen Bargeld in der Höhe von insgesamt S 37.000,--, im Jänner 1992 einer anderen Person Schmuck und Elektronische Geräte im Gesamtwert von S 200.000,-- sowie am 18. Februar 1993 einer anderen Peron einen Bargeldbetrag von S 15.000,-- gestohlen habe.

Am 23. November 1995 sei sie wegen des Vergehens des schweren Diebstahls gemäß §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon fünf Monate unter bedingter Strafnachsicht, rechtskräftig verurteilt worden. Diesem Urteil liege zugrunde, dass die Beschwerdeführerin am 21. August 1995 einer anderen Person Schmuck und Bargeld gestohlen habe.

Am 4. Februar 1997 habe sie versucht, Kleidungsstücke zu stehlen, weshalb sie am 28. Mai 1997 wegen versuchten Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von vier Wochen rechtskräftig verurteilt worden sei.

Am 9. Juli 1999 habe sie versucht, Kosmetikartikel zu stehlen, und sei deswegen am 18. März 2000 wegen versuchten Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen rechtskräftig verurteilt worden.

Zuletzt sei die Beschwerdeführerin am 10. Juni 2000 wegen Hehlerei gemäß § 164 Abs. 4 StGB sowie gemäß § 27 Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Dieser Verurteilung liege zugrunde, dass die Beschwerdeführerin in der Zeit von 23. bis 27. März 2000 einem wegen Einbruchs verfolgten Täter geholfen habe, die bei der Straftat erlangten Sachen zu verheimlichen bzw. zu verwerten. Weiters habe sie in der Zeit von 20. bis 27. März 2000 1,2 g eines Heroin-Kokain-Gemisches von einer anderen Person erworben und 10,2 g Kokain besessen.

Auf Grund dieser Verurteilungen sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt. Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass das diesen Verurteilungen zugrunde liegende Fehlverhalten der Beschwerdeführerin, die öffentliche Ordnung und Sicherheit in höchstem Maß gefährde. Die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei daher gerechtfertigt.

Die Beschwerdeführerin lebe seit 15 Jahren in Österreich. Familiäre Beziehungen bestünden zu ihrem 12-jährigem Sohn und ihrer 19-jährigen Tochter, mit denen sie allerdings nicht im gemeinsamen Haushalt lebe. Das Aufenthaltsverbot sei daher mit einem Eingriff in das Privat- und Familienleben verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz des Vermögens Dritter, Verhinderung der Suchtgiftkriminalität) dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Die Vielzahl von Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen verdeutliche sehr augenfällig, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage oder nicht gewillt sei, die zum Schutz fremden Vermögens aufgestellten Normen einzuhalten. Eine Prognose zugunsten der Beschwerdeführerin sei von daher keinesfalls möglich. Dies umso weniger, als die Beschwerdeführerin zuletzt auch wegen Suchtgifthandels verurteilt worden sei.

Im Rahmen der gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung sei auf den langjährigen inländischen Aufenthalt der Beschwerdeführerin Bedacht zu nehmen gewesen. Die daraus ableitbare Integration werde in ihrer sozialen Komponente durch das strafbare Verhalten der Beschwerdeführerin erheblich beeinträchtigt. Die Beziehung zu den Kindern erfahre dadurch eine erhebliche Relativierung, dass die alleinige Obsorge dem Vater übertragen worden sei. Abgesehen davon könne die Beschwerdeführerin den Kontakt zu ihren Kindern auch dadurch aufrecht erhalten, dass sie von diesen im Ausland besucht werde. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin in unregelmäßigen Abständen einer Beschäftigung nachgegangen sei, vermöge ihre privaten Interessen nicht in relevanter Weise zu verstärken. Jedenfalls müssten die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin gegenüber den hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen an der Verhinderung der Suchtgift- und Eigentumskriminalität in den Hintergrund treten. Die Erlassung eines Aufenthaltverbotes im Zusammenhang mit Suchtgiftdelikten wäre selbst bei ansonsten voller sozialer Integration nicht rechtswidrig. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihrer Kinder wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.

Da die Beschwerdeführerin ihr strafbares Verhalten, das den maßgeblichen Sachverhalt für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes darstelle, bereits im September 1989 begonnen habe, stünden die Bestimmungen der §§ 35 und 38 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Im Hinblick auf die unbestrittenen rechtskräftigen Verurteilungen der Beschwerdeführerin bestehen gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

1.2. Die Beschwerdeführerin hat zunächst in der Zeit zwischen 2. September 1989 und 18. Februar 1993, also in einem Zeitraum von fast dreieinhalb Jahren, mehrere Diebstähle bzw. Einbruchsdiebstähle begangen, wobei sie sieben Personen geschädigt und Bargeld sowie andere Gegenstände im Wert von insgesamt S 252.000,-- erbeutet hat. Nur zwei Jahre nach der deswegen erfolgten Verurteilung zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten hat sie am 21. August 1995 einen weiteren Diebstahl von Schmuck und Bargeld begangen. Aus der deswegen erfolgten Verurteilung u.a. wegen § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB ist ersichtlich, dass die gestohlenen Gegenstände einen Wert von mehr als S 25.000,-- darstellen. Obwohl die Beschwerdeführerin diesmal zu einer teilweise unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden war, hat sie bereits 14 Monate danach wieder einen Diebstahl versucht, weshalb sie am 28. Mai 1997 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Auch dadurch hat sie sich nicht abhalten lassen, etwas mehr als zwei Jahre nach dieser Verurteilung neuerlich einen Diebstahl zu versuchen, wofür sie am 18. März 2000 wieder zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Die Unverbesserlichkeit der Beschwerdeführerin zeigt sich darin, dass sie nur etwa eine Woche nach dieser rechtskräftigen Verurteilung, nämlich ab 23. März 2000, wieder ein Vermögensdelikt begangen hat. Aus der Verurteilung u.a. wegen Hehlerei gemäß § 164 Abs. 4 StGB ist ersichtlich, dass sie die Hehlerei entweder an einer Sache im Wert von mehr als S 500.000,-- oder gewerbsmäßig oder in Kenntnis des Umstandes, dass die verhehlte Sache aus einer mit mindestens fünfjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung stammt, begangen hat. Im Hinblick auf diese Qualifikation und den überaus raschen Rückfall kann dieses Delikt - anders als die Beschwerde ausführt - auch dann nicht als nur geringfügig bezeichnet werden, wenn die Beschwerdeführerin dabei nur "Billagutscheine" zwischen den Matratzen versteckt hat, um ihren Lebensgefährten zu decken.

Überdies liegt der letztgenannten Verurteilung auch zugrunde, dass die Beschwerdeführerin ab 20. März 2000, also nur zwei Tage nach der rechtskräftigen Verurteilung vom 18. März 2000, (besonders gefährliche) Suchtgifte erworben und besessen hat. Wenn auch der Erwerb und Besitz von Suchtgiften nicht als "Suchtgifthandel" bezeichnet werden kann, stellt dieses Delikt mit Rücksicht auf die große Sozialschädlichkeit der Suchtgiftkriminalität doch eine erhebliche Gefährdung öffentlicher Interessen dar.

Im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung sowohl der Eigentums- als auch der Suchtgiftkriminalität kann die Ansicht der belangten Behörde, die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

2. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes seit dem Jahr 1986, den inländischen Aufenthalt der Kinder der Beschwerdeführerin und die Berufstätigkeit in unregelmäßigen Abständen berücksichtigt. Die Beziehung zu den Kindern wird dadurch relativiert, dass diese unstrittig nicht bei der Mutter leben, sondern die alleinige Obsorge dem Vater zusteht. Dem Beschwerdevorbringen, dass die Beschwerdeführerin den Sohn wöchentlich und häufig auch die Tochter besuche, ist zu entgegnen, dass durch diese Besuche die Beziehung zu den Kindern zwar verstärkt wird, jedoch keineswegs das gleiche Gewicht erlangt wie die Beziehung zu Kindern, die im Haushalt der Mutter leben. Zu Recht hat die Behörde darauf verwiesen, dass die Integration durch die häufigen Straftaten in ihrer sozialen Komponente erheblich beeinträchtigt wird.

Den insgesamt - insbesondere auf Grund der langen Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes - dennoch sehr beachtlichen persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet steht die Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die Straftaten der Beschwerdeführerin gegenüber. Mit Rücksicht auf den mehrmaligen, teils sehr raschen Rückfall der Beschwerdeführerin trotz einschlägiger rechtskräftiger Verurteilungen auch zu unbedingten Freiheitsstrafen und die Steigerung des strafbaren Verhaltens durch das zuletzt begangene Suchtgiftdelikt begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Verhängung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Gesundheit, Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihrer Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), keinen Bedenken.

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 18. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001180152.X00

Im RIS seit

19.12.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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