Im gegenständlichen Fall ist allseits unbestritten, dass der Berufungswerber zwar zunächst einen Parkschein für eine halbe Stunde gelöst, dann jedoch die Parkzeit um 15 Minuten überschritten hat. Es liegt somit objektiv gesehen ein tatbestandsmäßiges Handeln iSd § 6 Abs.1 lit.a OöParkGebG iVm den §§ 1, 2, 3, 5 und 6 der ParkGebV Linz vor.
Als essentiellen Verfahrensfehler rügt der Rechtsmittelwerber jedoch, dass das Vorgehen der belangten Behörde gegen Art.6 MRK verstoße, weil gegen ihn zuerst eine Strafverfügung erlassen und er erst im Nachhinein aufgefordert worden ist, den Fahrzeuglenker bekannt zu geben.
Aus dem gegenständlichen Akt geht hervor, dass der Beschwerdeführer gegen die im Strafverfahren erlassene (im Akt nicht vorfindliche) Strafverfügung vom 15. Oktober 2007, Zl., fristgerecht Einspruch erhoben und einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt hat. Daraufhin wurde dem Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 19. Oktober 2007, Zl., ein Ausdruck des Organmandates mit dem Bemerken übermittelt, dass bis dato noch keine weiteren Aktenbestandteile aufliegen. Gleichzeitig wurde ihm eine Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers zur Beantwortung übermittelt und ihm dadurch Gelegenheit gegeben, mitzuteilen, ob er das Fahrzeug einer anderen Person überlassen habe.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die o.a. Strafverfügung durch den eingebrachten Einspruch ex lege außer Kraft getreten ist. Dies bewirkt jedoch nicht, dass damit das bereits zuvor eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gleichsam "ungeschehen" gemacht worden wäre. Vielmehr war dieses durch die Einleitung des ordentlichen Ermittlungsverfahren weiter fortzuführen. Die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers stellt dem gegenüber ein Administrativverfahren dar. Unter dem Aspekt, dass ein Beschuldigter nach Art.6 MRK in einem Strafverfahren nicht dazu gezwungen werden kann, Beweise gegen sich selbst beizubringen, ist die Behörde daher nur solange berechtigt, vom Zulassungsbesitzer eine sanktionsbewehrte Auskunft über den Fahrzeuglenker einzufordern, als sie sich noch im Bereich des Administrativverfahrens bewegt. Sobald hingegen das Strafverfahren bereits eingeleitet ist, gilt nach der Rechtssprechung des EGMR, dass die Behörde einen Beschuldigten nicht unter Zwang stellen darf, sodass er sich - wie im gegenständlichen Fall bei der Lenkererhebung
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selbst beschuldigen muss (vgl. dazu Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 2008, RN 119). Würde er nämlich zum Ausdruck bringen, selbst das KFZ ordnungswidrig abgestellt zu haben
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entweder dadurch, dass er explizit oder dadurch, dass er keinen Dritten benennt, angibt, selbst gefahren zu sein -, dann hätte die Anfragebeantwortung den Effekt, dass sich der Zulassungsbesitzer selbst als Täter bezeichnet.
In diesem Zusammenhang trifft es zwar zu, dass - worauf die belangte Behörde hingewiesen hat - der Verwaltungsgerichtshof auf dem Standpunkt steht, dass im Verwaltungsstrafverfahren auch rechtswidrigerweise erlangte Beweismittel verwendet werden dürfen. Dies gilt jedoch nicht allgemein bzw. kann aus der Judikatur insgesamt abgeleitet werden, dass eine derartige Vorgangsweise nur in jenen Fällen als Grundsatz herangezogen werden kann, wo es um gravierende Delikte geht oder dem gesetzlich festgelegte Beweiserlangungs- und Verwertungsregeln nicht entgegen stehen (vgl. zu letzterem z.B. VwSlg. 9975 A/1979 im Zusammenhang mit der Blutabnahme bei Alkoholdelikten im Straßenverkehr; s.a. Grabenwarter, a.a.O., RN 121). Ob daher ein rechtswidrigerweise erlangtes Beweismittel verwertet werden darf oder nicht, ist danach zu entscheiden, ob die Art seiner Erlangung noch im oder bereits außer Verhältnis zur Schwere der Tat, des Deliktes oder des Strafrahmens steht.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Bagatelldelikt. Schon von daher besehen ist es offenkundig nicht gerechtfertigt, dass die Erstbehörde ein Beweismittel verwerten konnte, das nur durch eine Umgehung des fundamentalen Grundsatzes des Verbotes der Selbstbezichtigung erlangt werden konnte. Denn der Beschwerdeführer gab hier auf die entsprechende Aufforderung um Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers vom 19. Oktober 2007, Zl., am 23. Oktober 2007 an, das verfahrensgegenständliche KFZ niemandem überlassen zu haben. Damit hat er sich aber implizit selbst als Täter im Sinne des § 6 Abs. 1 lit. a iVm § 2 Abs. 1 OöParkGebG bezeichnet. Generell ist es daher in Angelegenheiten einer Verletzung des OöParkGebG erforderlich, dass die Behörde in einem ersten Schritt, und zwar noch bevor eine Strafverfügung erlassen wird, im Wege eines Administrativverfahrens ermittelt, wer das KFZ unmittelbar vor dem Abstellen gelenkt hat. Denn in diesem Stadium bewegt sich die Behörde noch nicht in einem konkreten Strafverfahren, sodass insoweit das Prinzip des Verbotes der Selbstbeschuldigung ("nemo tenetur"; vgl. wiederum Grabenwarter, RN 119) noch nicht gilt. Ist sodann der Fahrzeuglenker bekannt, kann daraufhin gegen diesen - für den Fall, dass ihm ein entsprechender Tatvorwurf angelastet werden kann - ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werden. Ab diesem Zeitpunkt darf aber kein Zwang zur Selbstbeschuldigung mehr ausgeübt werden und in Entsprechung zum Verhältnismäßigkeitsprinzip gilt weiters ein entsprechendes Beweisverwertungsverbot. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG aus den genannten Gründen stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.
Eine Einstellung hätte hingegen im Hinblick auf die noch offene Verfolgungsverjährungsfrist (vgl. § 31 Abs.2 erste Alternative VStG) nicht zu erfolgen, weil der Bürgermeister der Stadt Linz als ausschließlich zur Strafverfolgung berufene Behörde aus eigenem zu beurteilen hätte, ob bzw. in welchem Umfang das Strafverfahren fortzuführen ist. Im gegenständlichen Fall kommt jedoch eine Weiterführung des Strafverfahrens deshalb nicht in Betracht, weil hier ein ex post nicht mehr sanierbarer Verfahrensfehler vorliegt. Deshalb war das Verwaltungsstrafverfahren auch nach § 45 Abs.3 VStG einzustellen.