TE UVS Niederösterreich 1992/02/12 Senat-GD-91-012

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Veröffentlicht am 12.02.1992
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Spruch

Der Berufung wird gem §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft xx über Herrn R H gemäß §137 Abs3 WRG 1959 eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Woche)  verhängt, da er als das gemäß §9 Abs2 VStG für die K W GesmbH bestellte Organ dafür verantwortlich sei, daß am 25. März 1991 auf der Parzelle 629 (KG xx) durch die K W GesmbH im Grundwasserschwankungsbereich Sand abgebaut worden wäre, obwohl hiefür keine wasserrechtliche Bewilligung gemäß §32 WRG 1959 vorgelegen sei. Darüber hinaus wurde auch Herr H zur Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von S 1.000,-- verpflichtet.

 

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung mit dem Vorbringen, daß lediglich ein für einige Sekunden zur Ansicht vorgelegtes Foto kein taugliches Beweismittel wäre, die bereits vorgebrachten Argumente hinsichtlich schwerer Versäumnisse der Bezirkshauptmannschaft xx nicht berücksichtigt worden wären und es überdies aufgrund der Novelle zum Berggesetz 1990 fraglich sei, ob die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft überhaupt gegeben wäre.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ als Berufungsbehörde wie folgt erwogen:

 

Primär muß im gegenständlichen Fall Klarheit darüber geschaffen werden, ob die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 auf den gegenständlichen Sachverhalt überhaupt Anwendung finden. Dies insbesondere deswegen, da im Falle einer Konkurrenz mit dem Berggesetz 1975 unter gewissen Voraussetzungen eine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörden nicht vorliegt und lediglich bergrechtliche Bestimmungen zur Anwendung gelangen.

 

Für den Fall, daß der zur Last gelegte Sandabbau im Grundwasserschwankungsbereich nicht auch nach bergrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen wäre, ist jedenfalls eine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde gegeben und bestünde bei mehr als geringfügigen Einwirkungen auf Gewässer im Sinne des §32 WRG 1959 eine Bewilligungspflicht.

 

Liegt jedoch eine Zuständigkeit der Bergbehörde bei einem bestimmten Sachverhalt vor, so normiert §98 Abs3 WRG 1959, daß die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde unbeschadet der Zuständigkeit der Bergbehörde auch bei Bergbaubetrieben gegeben ist, wenn auf die Beschaffenheit fremder Gewässer oder die Wasserführung öffentlicher Gewässer eingewirkt wird oder wenn es sich außerhalb des Werkbereiches um Wasseranlagen oder erhebliche Veränderungen des Grundwasserstandes handelt.

 

Aufgrund der Zitierung des §32 WRG 1959 im Spruch des angefochtenen Straferkenntisses dürfte die Erstbehörde den zur Last gelegten Sandabbau im Grundwasserschwankungsbereich als "Einwirkung auf Gewässer" qualifiziert haben (offensichtlich im konkreten Fall als eine Einwirkung auf das Grundwasser) und ist aufgrund des §3 Abs1 lita WRG 1959 das Grundwasser als Privatgewässer anzusehen. Allerdings - und ist dieser Umstand im konkreten Fall von erheblicher Bedeutung - unterliegt der Grundwasserkörper in aller Regel diversen Strömungen, weshalb eine Einwirkung auf das Grundwasser des eigenen Grundstückes infolge des Strömungsverhaltens zwangsläufig im Laufe der Zeit auch zu einer Einwirkung auf das Grundwasser von Nachbargrundstücken und somit eines fremden Gewässers führt.

 

Aus dieser Überlegung heraus ist bei einer Einwirkung auf das eigene Grundwasser zwangsläufig auch von einer Einwirkung auf die Beschaffenheit fremder Gewässer auszugehen. Daher ist gemäß §98 Abs3 WRG 1959 für eine Einwirkung auf das eigene Grundwasser im Falle des Vorliegens der Zuständigkeit der Bergbehörde jedenfalls auch eine eigene Bewilligung durch die Wasserrechtsbehörde erforderlich. Aus diesem Grunde hat die Bezirkshauptmannschaft xx ihre Zuständigkeit als Wasserrechtsbehörde rechtmäßigerweise bejaht und geht das Berufungsvorbringen diesbezüglich ins Leere.

 

Ohne im weiteren auf das übrige Berufungsvorbringen näher einzugehen, erscheint der Berufungsbehörde eine Prüfung des angefochtenen Straferkenntnisses im Hinblick auf die Erfordernisse des §44a VStG notwendig. Nach dieser Bestimmung hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.

die als erwiesen angenommene Tat;

2.

die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.

die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.

den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.

im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

Der Vorschrift des §44a Z1 VStG ist jedoch nur dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Dies bedeutet, daß jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben worden sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Es muß daher die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatsbestandsmerkmale möglich sein. Ist dies nicht möglich, so verstößt der Spruch gegen §44a Z1 VStG (VwGH 29.1.1987, 86/08/0208, uva).

 

Nach Prüfung des angefochenen Straferkenntnisses in diese Richtung gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ zur Ansicht, daß den Erfordernissen des §44a Z1 VStG nicht Genüge getan ist. Dies insbesondere deshalb, da eine Zuordnung des zur Last gelegten Verhaltens (Sandabbau im Grundwasserschwankungsbereich) zu einem konkreten Tatbestand nicht vorgenommen wird.

 

Aus der zitierten Übertretungsnorm (§137 Abs3 litg WRG 1959) und der Formulierung im Spruch des Straferkenntnisses (".... obwohl hiefür keine wasserrechtliche Bewilligung gemäß §32 Wasserrechtsgesetz 1959 vorgelegen ist") kann zwar abgeleitet werden, daß die Erstbehörde das zur Last gelegte Verhalten unter §32 WRG 1959 subsumiert hat, doch hätte dies im Rahmen der Tatbeschreibung auch ausdrücklich zum Ausdruck kommen müssen. §32 leg cit normiert nämlich nach seinem Wortlaut keine Bewilligungspflicht für Sandabbau im Grundwasserschwankungsbereich, sondern für (mehr als geringfügige) Einwirkungen auf Gewässer! Überdies sind die Absätze 1 und 2 des §32 WRG 1959 nur auf solche Maßnahmen anzuwenden, die nach dem natürlichen Lauf der Dinge typischer Weise zu einer (mehr als geringfügigen) Einwirkung auf Gewässer führen (VwGH 391/63, 30.1.1964, P.72). Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses leidet somit am Fehlen eines wesentlichen Tatbestandselementes. Ebenso kann auch aus der Bescheidbegründung wie überhaupt aus dem gesamten Verwaltungsstrafakt kein einziges Mal die Feststellung entnommen werden, daß das Beschuldigtenverhalten eine mehr als geringfügige und somit bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer darstellt.

 

Eine Sanierung des Bescheidspruches durch die Berufungsbehörde scheidet aus den eben genannten Gründen ebenfalls aus, da Voraussetzung hiefür ua eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des §32 Abs2 VStG ist.

 

Es ist jedoch der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz unbenommen, innerhalb der Frist für den Eintritt der Verfolgungsverjährung das Verwaltungsstrafverfahren mit entsprechend konkretisierter Tatbeschreibung fortzusetzen. Für diesen Fall wäre jedoch zusätzlich zu beachten, daß die durch §44a Z2 leg cit verlangte Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift sichlich nicht bloß in der Angabe des §137 Abs3 litg WRG 1959 bestehen kann, sondern zusätzlich die tatsächlich übertretene materiellrechtliche Bestimmung des WRG 1959 (nämlich §32 leg cit im Falle einer Einwirkung auf Gewässer) anzugeben sein wird.

 

Überdies wäre noch zu berücksichtigen, daß Anordnungen über den Kostenersatz im Rahmen des Strafvollzuges den rechtskräftigen Abschluß eines Verwaltungsstrafverfahrens zur Voraussetzung haben und somit in einem Straferkenntnis fehl am Platze sind.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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