TE UVS Niederösterreich 1993/05/17 Senat-MD-92-461

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Veröffentlicht am 17.05.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991 dahingehend Folge gegeben, als der erstinstanzliche Bescheid in seinen Punkten 2 und 4 behoben wird.

 

Hinsichtlich des Punktes 2 wird gemäß §45 Abs1 Ziff1,

1. Fall, VStG BGBl Nr 52/1991, die Einstellung des Verfahrens verfügt, bezüglich des Punktes 4 erfolgt die Einstellung gemäß §45 Abs1 Ziff3.

 

Im übrigen wird das Straferkenntnis in seinen Punkten 1 und 3 hinsichtlich seiner Schuld-, Straf- und Kostenaussprüche vollinhaltlich bestätigt und der Berufung keine Folge gegeben.

 

Gemäß §64 VStG, BGBl Nr 52/1991 hat die Berufungswerberin somit insgesamt einen Betrag von S 1.200,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu bezahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu zahlen. (§59 Abs2 AVG).

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 6. Juli 1992, Zl: 3-*****-92, wurde über Frau G H in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin und somit als die nach der Bestimmung des §9 VStG strafrechtlich Verantwortliche der Firma G H GesmbH eine Geldstrafe von viermal S 3.000,--, insgesamt somit S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle vier mal 3 Tage, somit 12 Tage) verhängt.

 

Amgelastet wurde ihr, dafür verantwortlich zu sein, daß die im Spruch des Straferkenntnisses namentlich angeführte Jugendliche am 2. November 1991 und 7. Dezember 1991 derart beschäftigt wurde, daß ihr die wöchentliche ununterbrochene 43- stündige Wochenfreizeit nicht gewährt wurde (§19 Abs1 KJBG), Punkt 1 des Bescheides, daß am 7. Dezember 1991 in der Filiale die Arbeitszeitaufzeichnungen nur mangelhaft auflagen und somit die Bestimmung des §26 Abs1 Ziff5 KJBG verletzt wurde, Punkt 2, daß unterlassen wurde, einen geeigneten Ausbilder mit der Ausbildung einer Jugendlichen zu betrauen (Punkt 3 des Straferkenntnisses), und somit eine Verletzung des §9 Abs1 BAG vorlag und daß schließlich - wie im Punkt 4 des Straferkenntnisses angelastet - am 7. Dezember 1991 in der Filiale kein Kollektivvertrag auflag und somit der Bestimmung des §15 Arbeitsverfassungsgesetz zuwider gehandelt wurde.

 

Somit war die Geldstrafe hinsichlich der Punkte 1 und 2 des erstinstanzlichen Bescheides gemäß §30 KJBG zu verhängen, nach Punkt 3 die Strafe gemäß §32 Abs1 BAG auszusprechen und hinsichtlich des Punktes 4 die Bestrafung nach §160 Arbeitsverfassungsgesetz zur Anwendung zu bringen.

 

Dagegen erhob die Beschuldigte durch ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung, in der hinsichtlich des Punktes 1 des Straferkenntnisses auf eine personelle Notstandssituation verwiesen wurde, hinsichtlich des Punktes 2 der angelasteten Verwaltungsübertretung darauf verwiesen wird, daß die Einschreiterin alles unternommen habe, um die Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmung zu gewährleisten, zu Punkt 3 wird vorgebracht, daß entgegen der Tatanlastung die betreffende jugendliche Arbeitnehmerin doch von einer dazu befugten Person ausgebildet wurde, und hinsichtlich der Nichtauflage des Kollektivvertrages festgestellt wird, daß die entsprechende Broschüre laut Auskunft der eigenen gesetzlichen Interessensvertretung zu diesem Zeitpunkt noch nicht verfügbar gewesen sei.

Somit werde daher der Antrag auf Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gestellt.

 

Im Rahmen des Parteiengehörs hat das zuständige am Verfahren mitbeteiligte Arbeitsinspektorat hinsichtlich der Punkte 1 und 2 des Straferkenntnisses den gestellten Strafantrag vollinhaltlich aufrecht gehalten und um Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung ersucht.

 

In der am 15. April 1993 am Sitz der Bezirkshauptmannschaft xx durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wurden die allseitigen Verhältnisse der Beschuldigen erhoben, hinsichtlich des Punktes 2 des Straferkenntnisses seitens der Rechtsmittelwerberin vorgebracht, daß der gesetzlichen Bestimmung entsprechende Formulare schon im Zeitpunkt der Inspektion im Jahre 1991 in ihren Betrieben schon in Verwendung standen und zu Punkt 4 wurde seitens der Rechtsvertreterin ergänzt, daß ihrer Rechtsauffassung nach die angelastete Verwaltungsübertretung nach dem ArbVG der Beschuldigten deshalb nicht anlastbar sei, da das anzeigelegende Organ nicht aktiv legitimiert gewesen und im Betrieb der Beschuldigten ein Betriebsrat nicht installiert sei.

Bezüglich der Punkte 1 und 3 wurde von der Beschuldigten in ihrem Schlußwort nunmehr ausschließlich die Strafhöhe bekämpft und eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe in diesen beiden Punkten beantragt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:

 

Die angelasteten Taten bzw. Unterlassungen hinsichlich der Punkte 1 und 3 des Straferkenntnisses erster Instanz werden von der Beschuldigten nicht in Abrede gestellt. Somit ist davon auszugehen, daß der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses in seinen Punkten 1 und 3 in Rechtskraft erwachsen und die angelastete Tat bzw. Unterlassung auch unter Berücksichtigung des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen anzusehen ist.

 

Zur Höhe der verhängten Geldstrafe der Punkte 1 und 3 des erstinstanzlichen Bescheides wird festgestellt:

 

Gemäß §19 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Überdies ist nach  dieser Gesetzesbestimmung im ordentlichen Verfahren auf Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, Bedacht zu nehmen. Auch das Ausmaß des Verschuldens ist besonders zu berücksichtigen und bei Bemessung von Geldstrafen sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Strafdrohung zugrunde zu legen.

 

Die Behörde erster Instanz hat bei der Strafzumessung ihrer Beurteilung den Erschwerungsgrund der mehrfachen Bestrafung wegen Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften festgestellt.

 

Von der Strafbehörde erster Instanz wurde im vorliegenden Fall in diesen beiden Punkten eine Geldstrafe verhängt, die im unteren Bereich der jeweiligen gesetzlichen Strafnorm liegt.

 

Nach ständiger Judiktatur des Verwaltungsgerichtshofes sind Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften als Angriffe auf die höchstpersönlichen Rechtsgüter der einzelnen Arbeitnehmer wie Leben und Gesundheit zu werten, wobei diesen Übertretungen ein hoher Schuldgehalt beizumessen ist. Einschlägige Verwaltungsübertretungen sind mit aller Strenge zu ahnden.

Im vorliegenden Fall hat die Beschuldigte ein Teilgeständnis zu einem Zeitpunkt abgelegt, als aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens die angelasteten Taten mit der für das Strafverfahren notwendigen Sicherheit schon als erwiesen anzusehen waren. Da aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens leugnen keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, war das Geständnis nicht als mildernder Umstand zu werten (EvBl 1960/324). Bloßes Zugeben von Tatsachen ohne Eingeständnis der Schuld ist nicht strafmildernd (LSK 1980/90).

 

Die verhängte Geldstrafe erweist sich somit unter Berücksichtung dieses Umstandes und der nicht ungünstigen allseitigen Verhältnisse der Beschuldigten als tat- und schuldangemessen, sowie persönlichkeitsadäquat und notwendig, um der Täterin die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens klarzumachen und sie an der Setzung gleichgelagerter Verhaltensweisen in Zukunft zu hindern. Durch die Höhe der Bestrafung wird gleichfalls eine generalpräventive Wirkung erzielt.

Es war daher hinsichtlich der Punkte 1 und 3 des Straferkenntnisses spruchgemäß zu entscheiden und dem Rechtsmittel ein Erfolg zu versagen.

 

Hinsichtlich der Punkte 2 und 4 des erstinstanzlichen Erkenntnisses kommt der Berufung Berechtigung zu:

 

Dazu wird hinsichtlich des Punktes 2 des vorliegenden Straferkenntnisses festgehalten:

 

Ausgehend vom durchgeführten Ermittlungsverfahren und dem gesamten in der Verhandlung verlesenen Akteninhalt steht fest, daß das anzeigende Organ der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich im Rahmen seiner Erhebungen hinsichlich allfälliger Verstöße gegen die Bestimmungen des KJBG nur Mangelhaftigkeit der Arbeitsaufzeichungen in der Filiale festgestellt hat, Erhebungen in der Zentrale der Firma G H GesmbH wurden nicht getätigt. Die Beschuldigte hat angegeben, daß die fehlenden Aufzeichnungen in der Zentrale der Firma vorgelegen sei.

Gemäß der Bestimmung des §26 Abs1 Ziff5 KJBG ist in jedem Betrieb, in dem Jugendliche beschäftigt werden, ein Verzeichnis der Jugendlichen zu führen, welches unter anderem Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu enthalten hat. Diese Bestimmung basiert auf der Norm des §26 Abs1 des Arbeitszeitgesetzes (AZG).

Da der Anzeigeleger nach seiner eigenen Angabe diesbezügliche Erhebungen ausschließlich in der Filiale der G H GesmbH getätigt hat, in der Zentrale dieses Unternehmens jedoch keinerlei Nachforschungen anstellte, ist der unter Punkt 2 des Straferkenntnisses angelastete Tatbestand der Überschreitung der Bestimmung des §26 KJBG mit der für das Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit nicht erwiesen. Diese Schlußfolgerung gründet sich auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, welche ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlußfolgerung lieferten.

 

Zu Punkt 4 des Straferkenntnisses wurde erwogen wie folgt:

 

Der Beschuldigten wurde vorgeworfen, in der Filiale ihres Betriebes in W N, Hauptplatz **, keinen Kollektivvertrag für die Arbeitnehmer aufliegen zu haben, welcher Umstand anläßlich einer Betriebsüberprüfung am 7. Dezember 1991 durch den Sachbearbeiter für Lehrlings- und Jugendschutz der Arbeiterkammer in Niederösterreich, Bezirksstelle W N, festgestellt wurde.

Dadurch sei der Bestimmung des §15 ArbVG zuwidergehandelt worden, somit seien die Strafbestimmungen des §160 des oben angeführten Gesetzes zur Anwendung zu bringen, wonach

Zuwiderhandeln gegen die Bestimmungen des §15, sofern die Tat nach anderen Gesetzen nicht einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu ahnden ist. Abs2 des §160 ArbVG bestimmt allerdings, daß Verwaltungsübertretungen, unter die auch die Bestimmung des §15 ArbVG fällt, nur zu verfolgen und zu bestrafen sind, wenn der Betriebsrat binnen 6 Wochen ab Kenntnis von der Übertretung und der Person des Täters bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde einen Strafantrag stellt.

Aus dieser zwingenden Gesetzesbestimmung, nämlich der taxativen Aufzählung des §15 unter Ziff2 des Abs2 des §160 ArbVG ergibt sich schlüssig, daß seitens einer gesetzlichen Interessensvertretung keine Aktivlegitimation besteht, Verstöße des §15 ArbVG zur Anzeige zu bringen. Die Stellung eines Strafantrages steht ausschließlich dem Betriebsrat zu.

Da es aufgrund der übereinstimmenden, schlüssigen und glaubhaften Angaben sowohl des Anzeigelegers als auch der Beschuldigten es als erwiesen anzunehmen ist, daß in der Firma G H GesmbH kein Betriebsrat eingerichtet wurde, somit kein Privatankläger vorhanden ist, ist Punkt 4 des Straferkenntnisses der Beschuldigten mangels Aktivlegitimation des anzeigeerstattenden Organs nicht anlastbar und war das Straferkenntnis in diesem Punkt spruchgemäß zu beheben.

 

Aufgrund dieser Entscheidung hat die Berufungswerberin insgesamt folgende Beträge in der aus dem Spruch ersichlichen Frist zu entrichten:

 

1. verhängte Geldstrafe zu

   Punkt 1 und 3 des Straferkenntnisses          S 6.000,--

2. Kostenbeitrag zum Verfahren

   erster Instanz                                S   600,--

3. Kostenbeitrag zum Verfahren

   zweiter Instanz                               S 1.200,--

                                                 -----------

   G e s a m t b e t r a g                       S 7.800,--

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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