TE UVS Niederösterreich 1993/11/19 Senat-F-93-031

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Veröffentlicht am 19.11.1993
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Spruch

1. Die Beschwerde wird gemäß §67c Abs3 AVG, BGBl Nr 51/1991, in Verbindung mit §52 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl Nr 838/1992, abgewiesen.

 

2. Gemäß §52 Abs4 erster Satz FrG wird festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

3. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß §79a AVG in Verbindung mit §52 Abs2 FrG abgewiesen.

Text

Wie dem fremdenpolizeilichen Akt der belangten Behörde Zl I/3-Fr-****/93, zu entnehmen ist, reiste der Beschwerdeführer am 9. September 1991 bei der Grenzkontrollstelle S********-S**** nach Österreich ein. Am 26. Juli 1993 (rechtskräftig seit 7. Oktober 1993) wurde er vom Landesgericht xx zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten wegen §§127, 130 erster Fall StGB (gewerbsmäßiger Diebstahl) verurteilt. Er befand sich vom 23. Juni 1993 bis zum 13. Oktober 1993 in Untersuchungshaft, anschließend - bis zum Beginn der Schubhaft - in Strafhaft.

 

Die belangte Behörde verhängte über den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 20. Oktober 1993, Zl I/3-Fr-****/93, gemäß §41 Abs1 FrG iVm §57 AVG die Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw zur Erlassung einer Ausweisung und zur Sicherung der Abschiebung. Der Bescheid wird im wesentlichen mit der strafgerichtlichen Verurteilung begründet. Der Fremde sei offensichtlich nicht gewillt, die österreichischen Rechtsvorschriften zu beachten und neige zur Begehung strafbarer Handlungen. Die belangte Behörde befürchtet unter anderem, der Fremde würde sich dem Zugriff der Behörde entziehen und erachtet deshalb seine Anhaltung für notwendig.

 

Mit Bescheid vom 8. November 1993, Zl I/3-Fr-****/93, erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein bis zum 8. November 2003 befristetes Aufenthaltsverbot. Dieses wird insbesondere darauf gestützt? daß er zu einer Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten verurteilt worden ist. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß §27 Abs4 FrG ausgeschlossen, das Aufenthaltsverbot ist daher durchsetzbar (§22 Abs2 FrG). Die Abschiebung nach Bosnien soll per Bahn erfolgen.

 

In der am 12. November 1993 beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ rechtzeitig eingebrachten Beschwerde gemäß §51 FrG gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft wird beantragt, die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der andauernden Schubhaft festzustellen. An Kosten werden S 7.533,33,-- verzeichnet.

 

In der Beschwerdebegründung wird bemängelt, die belangte Behörde habe es unterlassen darzulegen, wieso sich der Beschwerdeführer ihrer Ansicht nach dem behördlichen Zugriff entziehen werde. Die bloße Ausführung, daß dies zu befürchten sei, vermöge die Schubhaft nicht zu begründen. Der Beschwerdeführer wäre an seinem ordentlichen Wohnsitz jederzeit für die Behörde erreichbar. Anzeichen dafür, er werde sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen, gäbe es keine. Schließlich sei festzuhalten, daß eine Abschiebung nach Bosnien nicht möglich sei und das Ziel der Schubhaft nicht erreicht werden könne, sie dürfe daher gemäß §48 Abs2 FrG nicht länger aufrecht erhalten werden.

 

Die belangte Behörde übermittelte den fremdenpolizeilichen Akt mit dem Hinweis, der Fremde sei von seinem Unterkunftsgeber bereits am 2. Juli 1993 abgemeldet worden, es dürfte sich nur um eine Scheinmeldung gehandelt haben. Diese Mitteilung wurde der Vertreterin des Beschwerdeführers per Telefax zur Kenntnis gebracht, sie hat von der ihr eingeräumten Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des §1 Abs1 FrG, er wird seit 20. Oktober 1993 in Schubhaft angehalten.

 

§41 Abs1 FrG ermächtigt die Behörde, Fremde festzunehmen und anzuhalten (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist gemäß Abs2 mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß §57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befindet sich bei der Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus einem anderen Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß §51 Abs1 FrG hat, wer gemäß §43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme und der Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist gemäß §52 Abs1 legcit der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Die Festnahme erfolgte in xx, die Behandlung der Beschwerde fällt daher in die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ.

 

Bezüglich der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides (formelle Mängel wurden keine geltend gemacht und liegen aufgrund der Aktenlage auch keine vor) ist festzuhalten:

 

Es ist dem Beschwerdeführer zuzustimmen, wenn er einwendet, daß sicherheitspolizeilichen Aspekten bei der Verhängung der Schubhaft keine Bedeutung zukommt. Er übersieht dabei aber, daß die belangte Behörde in der Bescheidbegründung ausdrücklich darauf hinweist, daß sie befürchtet, der Fremde werde sich dem Zugriff der Behörde entziehen. Es entspricht nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß sich jemand, gegen den fremdenpolizeiliche Maßnahmen (zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung diente die Schubhaft der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes) gesetzt werden sollen, diesen zu entziehen versucht, und zwar auch dann, wenn er ordnungsgemäß polizeilich gemeldet ist. Die belangte Behörde hat auch schlüssig dargetan, daß sie die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wegen der strafgerichtlichen Verurteilung des Fremden zu einer 4-monatigen unbedingten Freiheitsstrafe für notwendig erachtet. Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ teilt daher die Ansicht der belangten Behörde, daß die Schubhaft zur Verfahrenssicherung notwendig ist, sowohl die Anordnung der Schubhaft als auch die Festnahme sind daher sachlich gerechtfertigt.

 

Zweifelhaft könnte höchstens sein, ob die belangte Behörde berechtigt war, den Schubhaftbescheid im Mandatsverfahren zu erlassen, weil sich der Fremde bereits seit 23. Juni 1993 in Haft befand, §41 Abs2 FrG das abgekürzte Verfahren dagegen grundsätzlich für den Fall vorsieht, daß sich der Fremde bei Einleitung des Verfahrens nicht oder bloß kurzfristig in Haft befindet. Diesbezügliche Zweifel können jedoch auch dann keine Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides begründen, wenn man die Haft zwischen dem 23. Juni 1993 und dem 18. Oktober 1993 (Einleitung des Verfahrens zur Verhängung der Schubhaft) als nicht bloß kurzfristig ansieht, weil die belangte Behörde den Bescheid zwar formell auf §57 AVG stützt, de facto aber zumindest hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilung und der Beendigung der Strafhaft Ermittlungen gepflogen hat. Überdies läßt §41 Abs2 FrG aufgrund seiner Textierung offen, ob nicht die Bescheiderlassung im Verfahren nach §57 AVG ohnedies immer dann möglich ist, wenn Gefahr im Verzug vorliegt und es sich um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt. Daß dieser Tatbestand erfüllt wäre, hat die belangte Behörde ebenfalls ausreichend dargetan (Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Diebstahls; der Fremde ist offensichtlich nicht gewillt, die österreichischen Rechtsvorschriften zu beachten und neigt zur Begehung strafbarer Handlungen - diese Annahmen sind im Hinblick auf seine Verurteilung durchaus plausibel).

 

Die Feststellung, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzung vorliegen, gründet sich auf die Tatsache, daß in den bei der Erlassung des Schubhaftbescheides vorgelegenen Umständen, welche die Verhängung der Schubhaft gerechtfertigt erscheinen lassen, bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorliegende Beschwerde nur insoweit eine Änderung eingetreten ist, als bereits ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot vorliegt. Die Schubhaft dient daher nunmehr der Sicherung der Abschiebung, wobei hier dieselben Sicherungsinteressen gelten wie bei der Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes - auf die diesbezüglichen obenstehenden Ausführungen wird verwiesen.

 

In der Beschwerde wird ohne nähere Begründung behauptet, "daß eine Abschiebung nach Bosnien nicht möglich ist", Abschiebungshindernisse im Sinne des §37 Abs1 oder 2 FrG werden keine geltend gemacht. Auch der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ konnte keine stichhaltigen Gründe für die Annahme finden, daß der Fremde - er ist bosnischer Staatsangehöriger moslemischen Bekenntnisses - Gefahr liefe, in Bosnien einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden bzw daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Der Abschiebung stehen daher keine Abschiebungshindernisse entgegen. Die tatsächliche Durchführbarkeit erscheint ebenfalls gegeben, weil es möglich sein sollte, den Fremden per Bahn (die Abschiebung ist auf diesem Weg geplant) zur Ausreise aus Österreich zu verhalten.

 

Da die Schubhaft auch noch nicht unverhältnismäßig lange dauert (die Zustellung des Aufenthaltsverbotsbescheides an die Vertreterin des Beschwerdeführers erfolgte am 9. November 1993), war die Beschwerde insgesamt abzuweisen.

 

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §52 Abs2 Z1 FrG unterbleiben, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

 

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz war abzuweisen, weil gemäß §79a AVG iVm §52 Abs2 FrG (eine andere Kostenersatzbestimmung kommt im gegenständlichen Verfahren nicht in Betracht) nur die obsiegende Partei Anspruch auf den Ersatzes der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten hat.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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