TE UVS Niederösterreich 1994/03/08 Senat-MD-93-413

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Veröffentlicht am 08.03.1994
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl 51 - AVG, Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Ziff1 VStG wird die Einstellung des gegenständlichen Strafverfahrens verfügt.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx erkannte den Berufungswerber mit Straferkenntnis vom 16. November 1992, Zl 3-*****-92, für schuldig, am 29. Mai 1992, um 20,40 Uhr, im Ortsgebiet von P*************, W********, nächst dem Haus Nr 2, in Fahrtrichtung R************, als Lenker des PKWS, mit dem amtlichen Kennzeichen, ** ** **,

 

1

Entgegen dem angebrachten Vorschriftszeichen "Einfahrt verboten" in die Weingasse eingefahren zu sein und

 

2

die Einbahnstraße in der unzulässigen Fahrtrichtung befahren zu haben und dadurch

 

zu 1 eine Übertretung gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 in Verbindung mit §52 lita Z2 StVO 1960 und

 

zu 2 eine Übertretung gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 in Verbindung mit §7 Abs5 StVO 1960

 

begangen zu haben.

 

Gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 wurde zu 1 eine Geldstrafe von S 1.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden und

 

gemäß §99 Abs3 lita StVO zu 2 1960 eine Geldstrafe von S 1.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden

 

verhängt.

 

Gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes wurde der Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren mit S 200,-- bestimmt.

 

In seiner gegen dieses Erkenntnis innerhalb offener Frist erhobenen Berufung führt der Rechtsmittelwerber im wesentlichen aus, daß er vorschriftsmäßig in die W******** (P*************) über den Marktplatz und die H********** eingefahren wäre und im Anschluß daran ordnungsgemäß eingeparkt hätte.

 

Aus diesem Grunde, zumal er kein strafbares Verhalten gesetzt hätte, beantrage er die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des gegen ihn anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens.

 

Die Bezirkshauptmannschaft xx ersuchte mit Schreiben vom 29. Dezember 1992 um Bestätigung des Straferkenntnisses vom 16. November 1992.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. Februar 1994 nachstehend angeführten Sachverhalt als erwiesen angenommen und dieser Entscheidung zugrunde gelegt.

 

Am 29. Mai 1992 vernahm die Anzeigerin, Frau G G, welche in P*************, in der H*********, Eingang W********, wohnhaft ist und deren Wohnung auch drei Fenster, welche in die W******** münden, aufweist, ein Geräusch, welches typisch für das Einlegen eines Retourganges in einem Kraftfahrzeug ist und wurde dadurch in ihrer Abendruhe gestört.

 

Die Genannte begab sich daraufhin zu dem mittleren Wohnzimmerfenster, von welchem aus sie einen Überblick in die W******** hat und bemerkte, daß der Lenker des PKWs, mit dem amtlichen Kennzeichen, ** ** **, der Marke Mitsubishi Colt, weiß lackiert, in der W******** zurückschob und das Fahrzeug hinter dem dort befindlichen Behindertenparkplatz in der W******** einparkte.

 

Aufgrund vorstehend angeführter Wahrnehmung verständigte die Anzeigerin fernmündlich den Gendarmerieposten P*************, welcher ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes am 5. Juni 1992, über den gegenständlichen Vorfall Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft xx erstattete.

 

Obiger Sachverhalt ist deshalb unbedenklich, weil er weder von der Anzeigerin noch vom Berufungswerber inhaltlich in Abrede gestellt wird.

 

Strittig hingegen sind lediglich die aus dem vorstehend angeführten Sachablauf gezogenen Schlüsse.

 

In Anbetracht des Umstandes, daß der Rechtsmittelwerber dabei gesehen worden ist, als er gegen die, in der W******** verordnete Einbahnregelung mit seinem Fahrzeug ca 10 bis 15 m zurüchgefahren ist, um einzuparken, mutmaßten die Organe des Gendarmeriepostens P*************, daß der vorerwähnte Lenker von der H********* kommend, im Retourgang in die W******** eingefahren ist und in weiterer Folge seine Fahrt gegen die in der W******** geltende Einbahnregelung gelenkt hätte.

 

Der Rechtsmittelwerber bestritt jedoch die vorstehend erwähnten Schlußfolgerungen und beharrte auf seinem bereits im erstinstanzlichen Verfahren zum Ausdruck gebrachten Standpunkt, er wäre ordnungsgemäß in die W******** eingefahren, gegen Ende derselben stehen geblieben und hätte ca 10 bis 15 m, um einen Parkplatz anzusteuern, zurückgeschoben.

 

Da die vom Berufungswerber sowohl im erstinstanzlichen als auch im Berufungsverfahren beibehaltene Sachverhaltsdarstellung in Ermangelung jeglicher subjektiver oder auch objektiver Beweismittel nicht zu widerlegen ist, war von dessen Version auszugehen.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich demnach, daß dem Beschuldigten weder die unter Punkt 1 der Tatbeschreibung zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in die W********, entgegen dem angebrachten Vorschriftszeichen "Einfahrt verboten" eingefahren zu sein noch das unter Punkt 2 angeführte Delikt, die Einbahnstraße in unzulässiger Fahrtrichtung befahren zu haben, zur Last gelegt werden kann:

 

Zu Punkt 1 ist in diesem Zusammenhang auszuführen, daß weder subjektive noch objektive Beweismittel vorliegen, die ausreichend gesicherte Anhaltspunkte dafür liefern würden, daß der Berufungswerber diesbezüglich tatbildmäßig gehandelt hat.

 

Hinsichtlich des 2 ihm zur Last gelegten Deliktes ist wie folgt auszuführen:

 

Vorangestellt sei, daß das Oberlandesgericht Wien mit Entscheidung vom 28. Juli 1987, 23 BS 284/87, welche auch in der Zeitschrift für das Verkehrsrecht 1988, 1, veröffentlicht  ist, einen gleichgelagerten Fall folgendermaßen entschieden hat:

 

"Fährt ein KFZ-Lenker auf Parkplatzsuche etwa vier Autolängen rückwärts, so kann von ihm weder die Beziehung eines Einweisers verlangt werden, noch ist ihm diese Fahrweise entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung einer Einbahnstraße als Verstoß gegen die Verkehrsregeln anzulasten".

 

In Anbetracht des weiteren Umstandes, daß die in Rede stehende Entscheidung auch im Kommentar "Cuscoleca/Slunsky" die österreichische StVO, 3 Auflage, publiziert ist, ergibt sich, daß die in Rede stehende Entscheidung auch in weiten Kreisen der Bevölkerung, insbesondere interessierter Kraftfahrzeuglenker bekannt ist.

 

Aus diesem Grunde war, zumal Gegenteiliges nicht erweislich ist, auch davon auszugehen, daß sich der Berufungswerber am Inhalt dieser strafrechtlichen Entscheidung orientiert und sein Verhalten danach ausgerichtet hat.

 

Allein schon deshalb konnte dem betroffenen Lenker ein schuldhaftes Verhalten, bei dem von ihm durchgeführten Fahrmanöver nicht angelastet werden, weil diesem nicht zumutbar war, den Inhalt der zitierten Gerichtsentscheidung in Zweifel zu ziehen.

 

In Anbetracht des Umstandes, daß das Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl 52 - VStG, ausschließlich die Verschuldungshaftung kennt und in seinem §5 auch unmißverständlich postuliert, daß zur Strafbarkeit zumindest die Schuldform der Fahrlässigkeit erforderlich ist, erhellt, daß im gegenständlichen Fall aus den genannten Überlegungen, in Ermangelung auch der subjektiven Tatseite spruchgemäß zu entscheiden war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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