TE UVS Wien 1994/03/24 04/21/926/93

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Veröffentlicht am 24.03.1994
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 2. Aufsichtsbezirk, Zl 1053/21/-2/93, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 10. Bezirk, vom 7.10.1993, Zl MBA 10- S 5160/92 entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 10. Bezirk, vom 7.10.1993, Zl MBA 10 - S 5160/92, womit gemäß §45 Abs1 Ziffer 2 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens gegen Frau Renate G abgesehen und die Einstellung verfügt wurde, bestätigt.

Text

Begründung:

Mit Bescheid vom 7.10.1993, Zl MBA 10 - S 5160/92, sah der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 10. Bezirk, gemäß §45 Abs1 Ziffer 2 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens gegen Frau Renate G wegen Verwaltungsübertretungen nach 1) §28 AZG iVm §26 Abs1 und Abs2 AZG und 2) §31 Abs3 litb ASchG iVm §86 Abs1 ASchG ab und verfügte die Einstellung. Begründet wurde dieser Bescheid im wesentlichen damit, daß bei Vorstandsmitgliedern eines Vereines, welche nach außen berufene Organe sind und daher den Arbeitgeber repräsentieren, von einem Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis im Sinne des §1 Abs5 ASchG nicht gesprochen werden könne. Da die Vorstandsmitglieder keine Angestellten im Sinne des §1 Abs5 ASchG seien, könnten sie auch keine leitenden Angestellten im Sinne des AZG sein. Somit seien weder auf die Mitglieder noch auf die Vorstandsmitglieder des Vereines das AZG noch die AAV anzuwenden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte, gemäß §11 Abs1 ArbIG eingebrachte Berufung des Arbeitsinspektorates für den

2. Aufsichtsbezirk, in welcher das Arbeitsinspektorat die Meinung vertritt, daß die fünf Vorstandsmitglieder sehr wohl unter den Geltungsbereich des ASchG als auch des AZG fallen. Diese Personen werden von §1 Abs5 ASchG erfaßt. Da es sich bei diesen fünf Vorstandsmitgliedern um keine leitenden Angestellten handle, würden diese unter den Geltungsbereich des AZG fallen. Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien erfolgte die bescheidmäßige Einstellung des gegenständlichen Strafverfahrens durch die Behörde erster Instanz zu Recht:

Gemäß §1 Abs5 ASchG sind Arbeitnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die in Betrieben nach Abs2 im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses tätig sind. Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind somit alle Personen zu verstehen, die in Betrieben im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses tätig sind. Es ist belanglos, ob diese Beschäftigung auf Grund eines Arbeitsvertrages geschieht oder aus einem anderen Titel. Der Arbeitnehmer muß in einem faktischen Arbeitsverhältnis stehen, bei dem die rechtliche Grundlage durch die Tatsache der Einordnung entstanden ist; dies selbst dann, wenn die Beschäftigung auch ohne einen gültigen Vertrag ausgeübt wird. Bezüglich der Arbeitnehmereigenschaft der beschäftigten Vereinsmitglieder hat sich auch das Arbeitsinspektorat in seiner Stellungnahme vom 11.11.1992 den Ausführungen der Beschuldigten angeschlossen. Eine für das Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft vorausgesetzte Weisungsgebundenheit und organisatorische Eingliederung in den Betrieb des Vereines hat sich nämlich für die mit der Vermittlung von Kursen beschäftigten Vereinsmitgliedern nicht ableiten lassen.

Zur Arbeitnehmereigenschaft der fünf Vorstandsmitglieder ist auszuführen, daß der Vorstand zu den Vereinsorganen zu zählen ist. Der Vorstand ist Kollegialorgan, die Statuten haben anzugeben, wer ihm angehört (meistens der Obmann, der Schriftführer, der Kassier, allenfalls deren Stellvertreter sowie weitere Vorstandsmitglieder), wie er bestellt wird (meist Wahl durch die Generalversammlung), welche Aufgaben er hat, wer ihn einberuft und wer den Vorsitz führt.

Allein aus der Tatsache aber, daß eine Person Vorstandsmitglied ist, kann sich aber noch nicht die Eigenschaft dieser Person als Arbeitnehmer des Vereines ableiten lassen. Der Verein handelt durch seine Statuten gemäß hiezu berufene Organe (OGH vom 10.7.1973, 3 OB 100/73). Der Verein wird somit vom Vorstand geleitet und haben daher die Vorstandsmitglieder keineswegs eine Stellung als Arbeitnehmer bzw eine arbeitnehmerähnliche Stellung bezüglich des Vereines inne. Die Vorstandsmitglieder erhalten kein Entgelt oder sonstige Vorteile vom Verein. Die Übernahme ehrenamtlicher Vereinsfunktionen begründet kein Dienstverhältnis, auch wenn laufend (pauschale) Aufwandentschädigungen gezahlt werden (siehe Fessler/Kölbl, Österreichisches Vereinsrecht 5. Auflage, Seite 121).

Wohl kann ein Verein Angestellte haben (zB Sekretäre). Es ist aber davon abzuraten, daß diese Angestellten dem Vorstand angehören, da dadurch allenfalls der Verdacht aufkommen könnte, der Verein stelle nur den Deckmantel für die Erwerbsmäßigkeit dieser Personen dar; bei Zutreffen würde dies einen Grund für seine behördliche Auflösung abgeben (VSlg 1498/32, 3731/60, 4411/63, aaO Seite 45/46).

Somit ergibt sich eindeutig, daß allein durch die Funktion eines Vorstandsmitgliedes eine Person nicht automatisch ein Arbeitnehmer des Vereines werden muß. Eine solche Koppelung - ein Vorstandsmitglied ist Angestellter bzw Arbeitnehmer des Vereines - ist vielmehr nach den Bestimmungen des Vereinsgesetzes rechtswidrig. Dafür, daß die fünf Vorstandsmitglieder zwar nicht rechtlich, aber tatsächlich Arbeitnehmer des Vereines sind, findet sich im gesamten Verwaltungsstrafakt kein Hinweis und werden von Seiten des Arbeitsinspektorates diesbezüglich auch keine weiterführenden Angaben gemacht.

Mangels Arbeitnehmereigenschaften der fünf Vorstandsmitglieder, sind auf diese weder die Bestimmungen des AZG, noch die Bestimmungen des ASchG (AAV) anzuwenden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Vereinsvorstand, Angestellter, Arbeitnehmereigenschaft
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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