TE UVS Wien 1994/04/11 04/01/213/93

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.04.1994
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch die Mitglieder Dr Wintersberger als Vorsitzende, Mag Engelhart als Berichterin und Dr Wilfert als Beisitzer über die Berufung der Frau Sonja O, vertreten durch Rechtsanwalt, vom 14.4.1993, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 21. Bezirk, Zl: MBA 21 - S-1355/93, vom 7.4.1993, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf S 20.000,--, die Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit auf 4 Tage herabgesetzt wird.

Gemäß §64 Abs1 und 2 VStG verringert sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz auf S 2.000,--, das sind 10% der nunmehr milderen Geldstrafe.

Im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß in der Tatumschreibung die Wortfolge "durchschnittlich mind 30" "pro Woche", sowie die Wortfolge "durchschnittlich mind einmal pro Woche" "durchschnittlich je 3" zu entfallen hat.

Gemäß §65 VStG hat die Berufungswerberin keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

1. Das angefochtene Straferkenntnis vom 7.4.1993 ist gegen die nunmehrige Berufungswerberin als Beschuldigte gerichtet und enthält folgenden Spruch:

"Sie haben es vom 5.11.1992 bis 15.12.1992 als persönlich haftende Gesellschafterin und somit als zur Vertretung nach außen Berufene und vom 16.12.1992 bis 11.3.1993 als gewerberechtliche Geschäftsführerin der O-KEG zu verantworten, daß diese in der Zeit vom 5.11.1992 bis 11.3.1993 in Ausübung des Handelsgewerbes (Exporthandel mit gebrauchten Kraftfahrzeugen) in Wien, G-Straße eine Betriebsanlage, die infolge der Anlieferung (Zufahrt und Abstellen auf dieser Liegenschaft) von durchschnittlich mind 30 Fahrzeugen (PKW und Klein-LKW als Handelsware) pro Woche und infolge des tagsüber oder nachts durchschnittlich mind einmal pro Woche mit durchschnittlich je 3 Autotransportern, die dafür auf dieser Liegenschaft abgestellt und über einen Zeitraum von je mehreren Stunden mit den gehandelten Gebrauchtfahrzeugen zT unter Zuhilfenahme einer Seilwinde beladen werden, erfolgenden Abtransports dieser Gebrauchtfahrzeuge geeignet ist, Nachbarn (insb die Bewohner der Liegenschaft Wien, G-Straße) durch Lärm zu belästigen, somit eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage im Sinne des §74 Abs2 der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, BGBl 1974/50 idgF, ohne die erforderliche Genehmigung betrieben hat.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§74 Abs2 GewO 1973 in Verbindung mit §366 Abs1 Z3 leg cit Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe von S 30.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen, gemäß §366 Abs1 Z3 Ferner haben Sie gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: S 3.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 50,-- angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 33.000,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

In der Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, daß der Sachverhalt von Anrainern angezeigt und bei amtlichen Erhebungen festgestellt wurde.

Die Beschuldigte habe zu ihrer Rechtfertigung vorgebracht, es würde mangels eines ständigen Betriebes überhaupt keine genehmigungspflichtige Betriebsanlage vorliegen. Im übrigen habe sie bei Übernahme des Betriebsplatzes das Vorliegen einer Betriebsanlagengenehmigung vorausgesetzt. Jedoch sei der Umstand, daß der für ein Grundstück dieser Größe gewaltige Umschlag von Fahrzeugen geeignet ist, Anrainer zu belästigen, für die Beschuldigte leicht erkennbar gewesen. Ob eine Betriebsanlagengenehmigung vorliegt, sei zumindest von der Gewerbebehörde vor Inbetriebnahme zu erfragen gewesen. Der Tatbestand sei daher als erfüllt anzusehen gewesen. Bei der Strafbemessung sei mildernd das Fehlen einschlägiger Vorstrafen, erschwerend die gezeigte Uneinsichtigkeit und der Weiterbetrieb, trotz nächtlicher Belästigung von Anrainern, gewertet worden.

2. Dagegen richtet sich die Berufung der Beschuldigten vom 14.4.1993, worin diese beantragt, das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die Höhe der Strafe entsprechend ihren Vermögensverhältnissen herabzusetzen.

Entgegen der Rechtsmeinung der Behörde würde keine genehmigungspflichtige Betriebsanlage im Sinne des §74 Abs2 GewO 1973 vorliegen bzw ohne die erforderliche Genehmigung betrieben werden:

Auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung sei unter einer Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der regelmäßigen Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist.

Auf dem Grundstück würden sich aber weder bauliche Einrichtungen noch irgenwelche Maschinen befinden. Dieses diene lediglich als zeitweiliger Autoabstellplatz für eine kleinere Anzahl von PKW und würde nur in unregelmäßigen Abständen und gelegentlich zum Anliefern und Abholen von Fahrzeugen von größeren Sattelschleppern angefahren. Das Grundstück stehe nur vorübergehend als Abstellplatz in Verwendung, es seien schon mehrere andere Lagerplätze besichtigt und ein neuer Abstellplatz als geeignet gefunden worden.

Es handle sich daher weder um eine Betriebsanlage im Sinne einer stabilen Einrichtung, noch liege eine regelmäßig entfaltete gewerbliche Tätigkeit vor.

Vorsichtshalber werde weiters ausgeführt, daß die Berufungswerberin unverschuldet in einen Rechtsirrtum geführt wurde:

Die Berufungswerberin sei davon ausgegangen, daß der Vermieter, der auf demselben Grundstück eine Werkstätte betreibt, eine Betriebsanlagengenehmigung dafür hat. Der Betrieb einer Werkstätte habe den Anschein für sich, daß eine genehmigte Betriebsanlage vorliegt, die dazu berechtigt, Fahrzeuge ganz allgemein dort abzustellen. Die Berufungswerberin habe nicht davon ausgehen können, daß eine nicht den verwaltungsrechtlichen Vorschriften entsprechende Betriebsstätte schon jahrelang betrieben wurde. Die Behörde habe im übrigen mit der Verhängung einer Geldstrafe von S 30.000,-- die höchstmögliche Strafe verhängt:

Die Berufungswerberin habe keine Möglichkeit gehabt, ihre Vermögensverhältnisse, die als äußerst ungünstig einzuschätzen seien, bekanntzugeben. Die Behörde habe weiters Uneinsichtigkeit der Berufungswerberin als straferschwerend herangezogen, obwohl bereits nach einem neuen Standort als Autoabstellplatz gesucht worden sei. Eine Reihe von weiteren Milderungsgründen habe die Erstinstanz überhaupt unberücksichtigt gelassen.

3. In der Sache wurde am 11.4.1994 vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

Die Berufungswerberin hat an der Verhandlung persönlich und durch ihren Vertreter teilgenommen. Der Magistrat der Stadt Wien hat nach Ladung, die den Hinweis enthielt, daß gemäß §51f Abs2 VStG die Tatsache, daß eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses hindert, zu der Verhandlung keinen Vertreter entsandt.

Der Vertreter der Berufungswerberin legte eine Verhandlungsschrift vom 15.3.1994 des Magistrates der Stadt Wien vor und brachte dazu vor, bei dem Grundstück würde es sich lediglich um einen Abstellplatz handeln, der keine stabile Einrichtung im Sinne des §74 Abs1 GewO 1973 sei. Außer einem Schuppen würden sich dort absolut keine Einrichtungen befinden.

Die Berufungswerberin gab dazu ergänzend an, daß der Schuppen nicht vom Mietvertrag inkludiert sei. Der Vermieter, Herr H, habe dieses Grundstück auch noch an fünf Privatpersonen vermietet, die (ua) dort ebenfalls KFZ abstellen würden.

Der Vertreter der Berufungswerberin gab über Befragen an, daß der Abstellplatz nach wie vor von der O-KEG im Rahmen ihres Handelsgewerbes zum Abstellen von Kraftfahrzeugen benützt wird. Jedoch werde bereits jetzt nach einem anderen Abstellplatz gesucht.

Die Berufungswerberin wurde als Partei, Frau H, Herr Gottfried B und Herr Wolfgang F wurden als Zeugen vernommen.

Der Vertreter der Berufungswerberin stellte keine weiteren Beweisanträge und erstattete Schlußausführungen.

4. Die Berufung ist lediglich zur Strafhöhe begründet.

a. Gemäß §9 Abs1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Gemäß §39 Abs1 Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973), BGBl Nr 50/1974 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl Nr 399/1988, kann der Gerwerbeinhaber für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, der dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist; er hat einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn er keinen Wohnsitz im Inland hat.

Gemäß §39 Abs4 erster Satzteil GewO 1973 hat der Gewerbeinhaber die Bestellung eines Geschäftsführers für die Ausübung eines Anmeldungsgewerbes der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen. Gemäß §39 Abs6 GewO 1973 ist der Gewerbeinhaber von seiner Verantwortung für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften im Rahmen des §370 nur befreit, wenn er die Bestellung eines dem Abs2 entsprechenden Geschäftsführers gemäß Abs4 angezeigt hat.

Gemäß §370 Abs2 GewO 1973 sind, wurde die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt, Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen.

Die Gewerbeordnung enthält sohin eine Spezialnorm zu §9 VStG. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist, wenn zur Tatzeit ein Geschäftsführer nach der Gewerbeordnung nicht bestellt ist, der zur Vertretung nach außen Berufene der juristischen Person nach §9 VStG für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich (vgl VwGH 4.11.1983, Zl 83/04/0185). Die strafrechtliche Verantwortung des gewerberechtlichen Geschäftsführers nach §39 Abs1 GewO 1973 beginnt bei Anmeldungsgewerben mit der Erstattung der Anzeige gemäß §39 Abs4 GewO 1973.

Festgestellt wird, daß im Tatzeitraum die O-KEG das Handelsgewerbe, sohin ein Anmeldungsgewerbe, ausgeübt hat. Die Berufungswerberin war im gesamten Tatzeitraum persönlich haftende Gesellschafterin der O-KEG. Am 16.12.1992 wurde die Bestellung der Berufungswerberin zur gewerberechtlichen Geschäftsführerin der O-KEG für die Ausübung des Handelsgewerbes dem Magistrat der Stadt Wien angezeigt.

Diese Feststellungen erfolgen nach Einsichtnahme in den Bericht der Marktamtsabteilung für den 10. Bezirk vom 16.12.1992 (Blatt 4/MBA Akt) und in den Aktenvermerk vom 7.4.1993 betreffend die telefonische Auskunft des Gewerbereferates des Magistratischen Bezirksamtes für den 10. Bezirk (Blatt 27/MBA Akt). Dieser Sachverhalt wurde von der Berufungswerberin anläßlich ihrer Parteieneinvernahme in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien ausdrücklich nicht bestritten. Die Berufungswerberin war sohin bis zum 15.12.1992 als persönlich haftende Gesellschafterin und damit iSd §9 Abs1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene, ab dem 16.12.1992 als gewerberechtliche Geschäftsführerin der O-KEG für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften bei der Ausübung des Handelsgewerbes durch dieses Unternehmen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

b. Gemäß §366 Abs1 Z3 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50 000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt. Gemäß §74 Abs2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl Nr 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im §2 Abs1 Z4 litg angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

Festgestellt wird, daß die O-KEG in dem im angefochtenen Straferkenntnis genannten Zeitraum auf der dort näher bezeichneten, von ihr angemieteten, Liegenschaft ohne die dafür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung im Rahmen ihres Handelsgewerbes (Exporthandel mit gebrauchten Kraftfahrzeugen) einen Abstellplatz für Kraftfahrzeuge insofern betrieben hat, als in Ausübung des Handelsgewerbes angekaufte und zum Export bestimmte Kraftfahrzeuge auf diese Liegenschaft angeliefert, dort vorübergehend abgestellt, und danach verladen und wieder abtransportiert wurden. Festgestellt wird weiters, daß dieser Abstellplatz durch das Zu- und Abliefern der Kraftfahrzeuge geeignet war, die Nachbarn durch Lärm zu belästigen. Diese Feststellungen erfolgen nach Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt, insbesondere in die darin zahlreich enthaltenen Anrainerbeschwerden und Berichte über durchgeführte behördliche Ermittlungen. Dieser Sachverhalt wird von der Berufungswerberin auch nicht bestritten. Sie hat dazu in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien angegeben, die O-KEG betreibe das Handelsgewerbe. Im Rahmen der Ausübung dieses Gewerbes sei der Abstellplatz angemietet worden und werde dieser im Rahmen der Ausübung dieses Handelsgewerbes zum Abstellen von Kraftfahrzeugen verwendet. Konkret würden Kraftfahrzeuge angekauft, zu der gegenständlichen Liegenschaft angeliefert, dort abgestellt, in weiterer Folge von dort abgeholt und sodann weiter exportiert. Dies seit etwa November 1992 bis zum Tag der Verhandlung.

Die Berufungswerberin wendet sich aber gegen die rechtliche Beurteilung dieses Abstellplatzes als "Betriebsanlage" im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung.

Gemäß §74 Abs1 GewO 1973 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Entgegen der Rechtsansicht der Berufungswerberin ist nun eine stabile Einrichtung eines Abstellplatzes, auf dem Kraftfahrzeuge abgestellt werden, schon an sich als "örtlich gebundene Einrichtung" zu qualifizieren. Die Bestimmung dieser örtlich gebundenen Einrichtung für die "Entfaltung der gewerblichen Tätigkeit", nämlich der Ausübung des Handelsgewerbes durch die O-KEG, die die Liegenschaft zu diesem Zweck angemietet hat, ergibt sich zweifelsfrei aus den bereits dargestellten Angaben der Berufungswerberin anläßlich ihrer Parteieneinvernahme in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien. Mit dem festgestellten und von der Berufungswerberin in der Verhandlung ausdrücklich nicht bestrittenen Tatzeitraum vom 5.11.1992 bis zum 11.3.1993 ist auch das Tatbestandsmerkmal "regelmäßig" erfüllt. Saisonal bedingte Schwankungen in der Frequenz der Zu- und Ablieferungen, deren Häufigkeit die Berufungswerberin selbst zwischen einmal pro Woche und einmal alle drei Wochen angibt, (der Zeuge F bezifferte die Vorgänge mit durchschnittlich zwei Transporten in der Woche, meist Mittwoch und Freitag bzw Samstag), sind in diesem Zusammenhang ohne rechtliche Relevanz (vgl dazu VwGH 19.6.1990, Zl 90/04/0041, VwGH 28.4.1992, Zl 91/04/0340). Insgesamt war daher, entgegen der Rechtsansicht der Berufungswerberin, der verfahrensgegenständliche Abstellplatz als örtlich gebundene Einrichtung, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist, sohin als "Betriebsanlage" im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, zu qualifizieren, und insgesamt die objektive Tatseite der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erwiesen.

c. Gemäß §5 Abs1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Da zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und auch über das Verschulden keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt iSd §5 Abs1 VStG (vgl VwGH 30.11.1977, 2103/76). Bei diesem besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche von diesem jedoch widerlegt werden kann, ihm obliegt es, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Der Beschuldigte hat hiezu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht; dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Die Berufungswerberin bringt zu ihrem mangelden Verschulden vor, sie sei unverschuldet in einen Rechtsirrtum geführt worden. Sie habe davon ausgehen können, daß die gewerbebehördliche Genehmigung für den Betrieb eines Abstellplatzes bereits vorliegt. Mit diesem Vorbringen macht die Berufungswerberin aber, entgegen ihrer Rechtsansicht, nicht etwa das Vorliegen eines Rechtsirrtums nach §5 Abs2 VStG, sondern das eines Tatbildirrtums geltend. Beim Tatbildirrtum irrt der Täter über jene Umstände, die zum Tatbild gehören, also über die äußere Tatseite. Beim Rechtsirrtum (Verbotsirrtum) irrt der Täter über eine Verbotsnorm (bzw über einen Erlaubnissatz): der Täter erkennt zwar den Sachverhalt, irrt aber über die rechtliche Seite der Tat und erkennt deshalb nicht das Unrecht seines Verhaltens (vgl Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, RZ8 zu §5 VStG).

Gegenständlich behauptet die Berufungswerberin, sie sei gutgläubig vom Vorliegen einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für den Betrieb eines Abstellplatzes ausgegangen. Der Vermieter der Liegenschaft betreibe auf demselben Grundstück eine Werkstätte. Der Betrieb einer Werkstätte habe den Anschein für sich, daß eine genehmigte Betriebsanlage vorliegt, die dazu berechtigt, Fahrzeuge ganz allgemein dort abzustellen. Dieses Vorbringen ist aber, wie bereits die erstinstanzliche Behörde zutreffend ausgeführt hat, nicht geeignet, mangelndes Verschulden der Berufungswerberin an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung darzutun. Sie wäre bei Anmietung der Liegenschaft verpflichtet gewesen, sich (allenfalls bei der zuständigen Gewerbebehörde) darüber zu informieren, ob eine gewerbebehördliche Genehmigung für den Betrieb eines Abstellplatzes auf der angemieteten Liegenschaft besteht. Dies schon deshalb, weil bei Bestehen einer solchen Genehmigung die für den Betrieb des Abstellplatzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen auch von der O-KEG verpflichtend einzuhalten gewesen wären. Es ist weder hervorgekommen, noch wurde von der Berufungswerberin behauptet, daß sie im Tatzeitraum persönlich nicht fähig gewesen wäre, sich in dieser Weise sorgfaltsgemäß zu verhalten, oder daß ihr dies im Tatzeitraum nicht zumutbar war. Insgesamt war daher auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite, zumindest in der Form fahrlässigen Verhaltens der Berufungswerberin, auszugehen.

d. Gemäß §10 VStG richten sich Strafart und Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften, soweit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist.

Im Hinblick auf die Bestimmung des §366 Abs1 GewO 1973 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl Nr 399/1988 war, entgegen den Ausführungen der Berufungswerberin, von einem bis zu S 50.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen auszugehen.

Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß §19 Abs2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die gegenständliche Strafdrohung dient (ua) dem Interesse an der Hintanhaltung von möglichen Beeinträchtigungen von Anrainern, etwa auch durch Lärm, durch den Betrieb einer gewerblichen Betriebsanlage. Das durchgeführte Beweisverfahren hat, insbesondere nach Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt sowie weiters nach zeugenschaftlicher Einvernahme des Anrainers F in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien ergeben, daß es durch den ungenehmigten und daher unter Außerachtlassung jedweder Vorkehrungen zum Anrainerschutz (zB durch zeitliche Reglementierung der Verladetätigkeiten) erfolgten Betrieb des Abstellplatzes auch tatsächlich zu massiven Anrainerbeschwerden, insbesondere wegen Lärm, gekommen ist. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat war daher, auch im Hinblick auf den langen Tatzeitraum, bedeutend.

Wie bereits ausgeführt, hat die Berufungswerberin zumindest fahrlässig gehandelt. Für das Vorliegen einer qualifizierten Verschuldensform gibt es keine Anhaltspunkte, da nach der Aktenlage es zwar zu zahlreichen behördlichen Erhebungen gekommen ist, die Berufungswerberin vom Magistrat der Stadt Wien aber nicht ausdrücklich aufgefordert wurde, um gewerbebehördliche Genehmigung für den Betrieb der Betriebsanlage anzusuchen. Das Verschulden kann aber auch nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Aus dem erstinstanzlichen Akt, insbesondere aus der Meldung der Bundespolizeidirektion Wien vom 14.1.1993, (Bl 14f/MBA Akt), ist vielmehr ersichtlich, daß der Berufungswerberin die Probleme, die mit dem ungenehmigten Betrieb des Abstellplatzes entstanden, bekannt waren. So hat sie den einschreitenden Beamten, weil sie regelmäßig in der Ausübung ihrer Tätigkeit als Fahrzeughändler beeinträchtigt werde, zwar mit Beschwerden bei deren Vorgesetzten gedroht, sich selbst aber zu keinem Zeitpunkt mit der Gewerbebehörde in Verbindung gesetzt und zu keinem Zeitpunkt ein Ansuchen auf gewerbebehördliche Genehmigung eingebracht. Lediglich erwähnt wird in diesem Zusammenhang, daß im Tatzeitraum auch die Gewerbeausübung selbst in diesem Standort unberechtigt war. Das Verschulden war daher als durchschnittlich bis erheblich zu werten.

Bereits die erstinstanzliche Behörde hat zutreffend die nach der Aktenlage zur Tatzeit absolute verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin als mildernd gewertet. Soweit die Berufungswerberin zu der von der Erstinstanz als Erschwerungsgrund gewerteten Uneinsichtigkeit im Berufungsschriftsatz vom 14.4.1993 ausgeführt hat, daß bereits nach einem neuen Standort als Autoabstellplatz gesucht und auch ein neuer Abstellplatz als geeignet gefunden wurde, genügt es darauf hinzuweisen, daß die Berufungswerberin am 11.4.1994 in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien angegeben hat, daß der gegenständliche Abstellplatz nach wie vor in der dargestellten Weise ohne gewerbebehördliche Genehmigung betrieben wird. Die Berufungswerberin zeigte sich auch in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien im persönlichen Eindruck uneinsichtig.

Die von der Berufungswerberin geltend gemachten Milderungsgründe, es sei danach getrachtet worden, weitere nachteilige Folgen zu verhindern, was insbesondere durch den Umstand deutlich gemacht werde, daß ein neuer Standort ernsthaft gesucht wurde, sowie weiters, daß die Tat mindestens unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungsgrund, nämlich dem des unverschuldeten Rechtsirrtums nahekommen, liegen, wie bereits ausgeführt, nicht vor.

Nach den Angaben der Berufungswerberin war vom Bestehen von Vermögen, einem unterdurchschnittlichen Einkommen und keinen Sorgepflichten auszugehen.

Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungsgründe, insbesondere im Hinblick auf die zur Tatzeit absolute verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin und ihre ungünstigen persönlichen Verhältnisse, war die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen.

Eine weitere Strafherabsetzung kam im Hinblick auf den bis zu

S 50.000,-- reichenden Strafrahmen, den langen Tatzeitraum, und das Verhalten der Berufungswerberin, welche sich nicht nur in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien uneinsichtig gezeigt hat, sondern das strafbare Verhalten, wie sie selbst angegeben hat, bis zum Tag der gegenständlichen Entscheidung fortgesetzt hat, aus spezialpräventiven Erwägungen nicht in Betracht. Es muß nach den Umständen befürchtet werden, daß nur eine einschneidende Strafe geeignet ist, die Berufungswerberin von der Fortsetzung des strafbaren Verhaltens abzuhalten.

5. Gemäß §51f Abs2 VStG erfolgte die Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit des Magistrates der Stadt Wien, die Fällung des Erkenntnisses in Abwesenheit beider Verfahrensparteien.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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