TE UVS Wien 1995/11/22 05/F/28/283/95

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Veröffentlicht am 22.11.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Zotter betreffend die Berufung des Herrn Michael N vom 5.7.1995 gegen

das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 14.6.1995,

Zln

MA 4/5-AZAG 45024/5/0, 45027/5/9, wegen Übertretung des § 7 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983, LGBl für Wien Nr 22, in der geltenden Fassung, entschieden:

I.) Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung gegen das Straferkenntnis zur Zahl MA 4/5-AZAG 45024/5/0 hinsichtlich des Strafausspruches Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich behoben.

II.) Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung gegen das Straferkenntnis

zur Zahl MA 4/5-AZAG 45027/5/9 insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von S 10.000,-- auf S 5.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Tagen auf 5 Tage reduziert wird. Demgemäß ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens auf S 500,--, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe.

Gemäß § 65 VStG ist kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

ad I.) Unter diesem Spruchpunkt des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er hätte als Medieninhaber

(Verleger) die Abrechnung über die von ihm im Monat Juni 1991 für die

Vornahme oder Verbreitung von Anzeigen aller Art vereinnahmten Entgelte von S 141.980,-- dem Magistrat bis 25. Oktober 1994 nicht vorgelegt und den sich danach ergebenden Abgabenbetrag bis 25. Oktober 1994 nicht gezahlt und hiedurch die Anzeigenabgabe um den Betrag von S 14.198,-- fahrlässig verkürzt. Dadurch hätte er § 7 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes verletzt und wurde über ihn eine Geldstrafe von S 7.100,-- verhängt.

Gemäß § 7 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983 in der anzuwendenden

Fassung hat der Abgabepflichtige für jeden Monat bis längstens 14. des darauffolgenden Monats dem Magistrat unaufgefordert eine Abrechnung über die für die Vornahme oder Verbreitung von Anzeigen aller Art vereinnahmten Entgelte vorzulegen und innerhalb der gleichen Frist den sich danach ergebenden Abgabenbetrag an die Stadt Wien bar oder mittels Überweisung einzuzahlen.

Gemäß § 9 Abs 1 leg cit sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Abgabe mit einem Betrag von höchstens S 300.000,-- verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis S 600.000,-- zu bestrafen.

In seinem Erkenntnis vom 15. September 1995, Zl 93/17/0250, hat der Verwaltungsgerichtshof zur mit § 9 Abs 1 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes identen Strafbestimmung des § 10 Abs 1 des Wiener Getränkesteuergesetzes, LGBl für Wien Nr 2 in der Fassung LGBl Nr 73/1990 folgendes festgestellt:

Dieser Straftatbestand ist dem Tatbild nach ein Erfolgsdelikt. Das Tatbild ist dabei auf die Herbeiführung eines Erfolges, der Verkürzung der Abgabe entweder durch ein aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen (unechtes Unterlassungsdelikt) abgestellt. Eine Verkürzung liegt in solchen Fällen bereits dann vor,

wenn die Abgabe nicht zu den vorgesehenen Terminen - dies ist nach § 7 Abs 1 erster Satz Wr GetrStG der zehnte Tag eines jeden Monats für den Vormonat - entrichtet wird (vgl hg Erkenntnis vom 23. Jänner 1970, Zl 94/69). Mit der Verkürzung ist auch der Erfolg eingetreten, das Delikt nicht nur vollendet sondern auch beendet. Spätere nach Ablauf des vorgesehenen Termins vorgenommene Handlungen oder weiter andauernde Unterlassungen vermögen an der bereits eingetretenen Verkürzung nichts zu ändern. Ein solches Verhalten nach diesem Zeitpunkt ist auch nicht vom Tatbild erfaßt. Vielmehr sind nur die Handlungen und Unterlassungen vom Tatbild erfaßt, die in einem Kausalzusammenhang mit der Verkürzung stehen (arg: Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer .. verkürzt wird). Dies kann bei einem Verhalten nach bereits eingetretenem Erfolg nicht mehr der Fall sein. In diesem Zusammenhang wird klarstellend darauf hingewiesen, daß ein Dauerdelikt nur dann vorliegt, wenn das gesetzliche Tatbild sich nicht darin erschöpft, die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes zu pönalisieren, sondern auch die Aufrechterhaltung dieses Zustandes in das Tatbild einbezogen ist. Dies ist bei § 10 Abs 1 Wr GetrStG nicht gegeben, sodaß ein Dauerdelikt nicht vorliegt.

Da die Strafbestimmungen des Wiener Getränkesteuergesetzes und des Wiener Anzeigenabgabegesetzes betreffend Verkürzung der Abgaben (§ 10 Abs 1 bzw 9 Abs 1) ident konzipiert sind, finden die in zitiertem Erkenntnis getroffenen Feststellungen auch auf den gegenständlichen Fall Anwendung.

Gemäß § 7 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983 in der anzuwendenden

Fassung ist die Abgabe für jeden Monat bis längstens 14. des darauffolgenden Monats zu entrichten. Wird die Anzeigenabgabe zu diesem Termin nicht entrichtet, liegt eine Verkürzung vor. Damit ist der Erfolg eingetreten und das Delikt beendet. Ein nach eingetretenem

Erfolg gesetztes Verhalten ist vom Tatbild nicht erfaßt, da ein solches für die Verkürzung niemals kausal sein kann. Gemäß § 31 Abs 3 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem im Abs 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind.

Gemäß § 31 Abs 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährung, Verkürzung oder Hinterziehung

von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Im gegenständlichen Fall wurde dem Berufungswerber angelastet, den für Juni 1991 zu entrichtenden Abgabenbetrag nicht gezahlt zu haben. Dieser Abgabenbetrag wäre bis 14. Juli 1991 zu entrichten gewesen. Durch die unterlassene Zahlung zu diesem Termin hat der Berufungswerber die Abgabe verkürzt; der verwaltungsstrafrechtlich relevante Erfolg ist damit eingetreten und das Delikt zu diesem Zeitpunkt beendet gewesen. Die dreijährige Strafbarkeitsverjährungsfrist war daher von diesem Zeitpunkt an zu berechnen und endete demnach am 14. Juli 1994, sodaß das angefochtene

Straferkenntnis nicht mehr hätte gefällt werden dürfen. Da sich die vorliegende Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet, ist das angefochtene Straferkenntnis allerdings in der Schuldfrage in Rechtskraft erwachsen, sodaß lediglich der Strafausspruch zu beheben war.

ad II.) Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch:

"Sie haben als Medieninhaber (Verleger) die Abrechnung über die von Ihnen im Monat September 1993 für die Vornahme oder Verbreitung von Anzeigen aller Art vereinnahmten Entgelte von S 200.000,-- dem Magistrat bis 25. Oktober 1994 nicht vorgelegt und den sich danach ergebenden Abgabenbetrag bis 25. Oktober 1994 nicht gezahlt und hiedurch die Anzeigenabgabe um den Betrag von S 20.000,-- fahrlässig verkürzt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 7 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983, LGBl für Wien Nr 22, in der geltenden Fassung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 10.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Tagen gemäß § 9 Abs 1 Anzeigenabgabegesetz in der geltenden Fassung.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 1.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der

Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 11.000,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Die dagegen erhobene Berufung richtet sich ausschließlich gegen das verhängte Strafausmaß, sodaß das angefochtene Straferkenntnis in der Schuldfrage in Rechtskraft erwachsen ist und im Berufungsverfahren nur mehr über die Strafhöhe abzusprechen war.

Zur Strafhöhe führt die Berufung aus, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse im Steuerzeitraum sehr ungünstig gewesen wären. Es hätten uneinbringliche Kundenforderungen von mehreren hunderttausend Schilling bestanden. Es sei versucht worden, mit dem unbedingt nötigen Personal und mit enormem Arbeitseinsatz die Ausfälle auszugleichen, was kurzfristig nicht gelungen sei. Erst in der Folge hätte sich ein günstigerer Geschäftsverlauf eingestellt. Die termingerechte Bezahlung der Anzeigenabgabe hätte sofortige weitere Personaleinsparungen notwendig gemacht, was zum damaligen Zeitpunkt die sehr schnell eintretende Insolvenz des Verlages zur Folge gehabt hätte. Das Ziel des Berufungswerbers hätte nicht darin bestanden die Anzeigenabgabe mutwillig zu hinterziehen, sondern eine finanzielle Erholungsphase für das Unternehmen zu erreichen. Der nach der Anzeigenabgabenprüfung getroffenen Vereinbarung, die ausstehende Anzeigenabgabe in Raten zu bezahlen, sei immer pünktlich nachgekommmen worden. Die nunmehr auferlegten Strafbeträge gefährdeten die Zukunft des Verlages und seiner zehn Mitarbeiter. Hinsichtlich der persönlichen Situation führt der Berufungswerber aus, daß er für eine minderjährige Tochter Unterhaltszahlungen zu leisten habe. Beim Verlust seiner selbständigen Tätigkeit sei er als schwer zu vermittelnde Arbeitskraft anzusehen, die ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld auf die soziale Wohlfahrt angewiesen wäre. Gemäß § 9 Abs 1 des Wiener Anzeigenabgabengesetzes 1983 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Abgabe mit einem Betrag von höchstens S 300.000,-- verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis S 600.000,-- zu bestrafen. Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen.

Zur Strafbemessung bestimmt § 19 VStG folgendes:

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von

Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im gegenständlichen Fall wurde das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der vollständigen und fristgerechten Steuerentrichtung erheblich beeinträchtigt, da die Abgabe im Steuerzeitraum im Ausmaß von mehr als 50 % verkürzt wurde.

Was das Ausmaß des Verschuldens anbelangt, konnte dieses ebenfalls nicht als geringfügig angesehen werden. Zwar ist nicht davon auszugehen, wie dies auch die Erstbehörde festgestellt hat, daß die Anzeigenabgabe vom Berufungswerber vorsätzlich hinterzogen wurde, allerdings rechtfertigen die vom Berufungswerber geschilderten Begleitumstände nicht die Annahme eines besonders geringen Verschuldens. Die Anzeigenabgabe ist im Ausmaß von 10 % des für die Vornahme und Verbreitung von Anzeigen vereinnahmten Entgeltes zu leisten. Das bedeutet, daß ein Bruchteil des tatsächlich vereinnahmten Entgelts für die Entrichtung der Abgabe aufzuwenden ist. Wenn der Berufungswerber diesen Anteil für andere Zwecke verwendet, kann daraus kein geringes Verschulden, was die daraus resultierende Verkürzung der Abgabe angeht, abgeleitet werden. Maßgeblich für die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe war die nach der Aktenlage anzunehmende und als mildernd zu wertende verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers, der

keine Erschwerungsgründe gegenüber stehen.

Im Hinblick auf die sonstigen Strafzumessungskriterien kam eine weitere Herabsetzung der verhängten Geldstrafe, selbst unter Berücksichtigung der vom Berufungswerber bekanntgegebenen ungünstigen

wirtschaftlichen Verhältnisse, nicht in Betracht, wobei bemerkt wird,

daß der Berufungswerber sein monatliches Einkommen nicht konkret beziffert hat.

Die nunmehr verhängte Geldstrafe scheint jedenfalls erforderlich um den Berufungswerber künftig wirksam von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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